Beschluss vom Verwaltungsgericht Magdeburg (15. Kammer) - 15 B 16/18

Gründe

1

Die Antragstellerin begehrt als Disziplinarbehörde die disziplinarrechtliche Anordnung der Herausgabe der Insolvenzverfahrensakte zum Az. 340 IN 416/17, welche beim Amtsgericht – Insolvenzgericht – A-Stadt geführt wird. Das Insolvenzgericht hatte zuvor einen Antrag auf Akteneinsicht der Antragstellerin mit Beschluss vom 01.06.2018 abgelehnt. Ob hiergegen durch die Antragstellerin die statthafte sofortige Beschwerde eingelegt worden ist, ist nicht bekannt.

2

Die Antragstellerin wirft dem Antragsgegner disziplinarrechtlich vor, in Zeiten der Dienstunfähigkeit gegen das Nebentätigkeitsrecht verstoßen zu haben. Es stellten sich Fragen, deren Antworten sich aus den Unterlagen des Insolvenzverfahrens ergeben würden. So habe der Antragsgegner beim Betrieb einer Feldküche Mitarbeiter beschäftigt. Unklar sei, wie viele Mitarbeiter dies betreffe und welchen Umfang die Nebentätigkeit gehabt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wie eine vermeintlich nur stundenweise und während einer längeren Erkrankung angeblich überhaupt nicht ausgeübte Nebentätigkeit in ein Insolvenzverfahren münden könne.

II.

3

Der durch die Antragstellerin auf § 26 Abs. 1 DG LSA gestützte Antrag auf Herausgabe der Insolvenzverfahrensakte zum Az. 340 IN 416/17 ist abzulehnen, da er unbegründet ist.

4

Gemäß §§ 26 S. 2 i.V.m. 25 Abs. 3 DG LSA kann das Gericht gegenüber einem Beamten auf Antrag eines Dienstvorgesetzten, seines allgemeinen Vertreters oder eines beauftragten Beschäftigten die Herausgabe von Schriftstücken, Zeichnungen, bildlichen Darstellungen und Aufzeichnungen einschließlich technischer Aufzeichnungen, die einen dienstlichen Bezug aufweisen, anordnen, wenn der Beamte die Unterlagen nicht auf Verlangen für das Disziplinarverfahren zur Verfügung stellt. Erfasst werden von der Regelung nicht nur Unterlagen, die im Eigentum des Beamten stehen, sondern auch private Unterlagen, die Dritten gehören. Der dienstliche Bezug ist durch den Antragsteller darzulegen (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung des BDG Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl. 2012, § 26 Rn. 2). Diese Voraussetzungen erfüllt der Antrag vom 13.06.2018 nicht.

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Es kann dahingestellt bleiben, ob der Unterzeichner des Schriftsatzes der Antragstellerin im konkreten Fall mit der Antragstellung i.S.d. §§ 26 S. 2 i.V.m. 25 Abs. 3 DG LSA beauftragt war. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist der Antrag unbegründet.

6

Soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner richtet, besteht für diesen bereits keine Herausgabepflicht im obigen Sinne. Denn er selbst hat keinen Besitz an den Insolvenzakten und kann diese demnach auch nicht herausgeben (vgl. zum Besitzerfordernis im LDG Rheinland-Pfalz: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2008 – 3 B 10756/08.OVG –, Rn. 6, juris). Zudem handelt es sich bei den Unterlagen nicht um solche mit dienstlichem Bezug. Der Umstand allein, dass die Unterlagen ggf. zur weiteren Durchführung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beamten benötigt werden, macht die im Insolvenzverfahren getätigten, im Kern aber privaten Angaben nicht zu solchen mit dienstlichem Bezug. Andernfalls hätten alle Dokumente dienstlichen Bezug, solange sie nur für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens förderlich sein können. Für eine derart weite Auslegung geben weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Norm etwas her. Vielmehr stehen der Antragstellerin neben dem Antrag auf Herausgabe von Unterlagen auch Anträge auf Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen zur Verfügung, deren Eingriffsschwelle indes bedeutend höher liegt und eine entsprechend genauere Darlegung der Antragsvoraussetzungen fordert.

7

Soweit die Antragstellerin mit dem Antrag das Ziel verfolgt, eine Herausgabeanordnung gegenüber dem Amtsgericht – Insolvenzgericht – A-Stadt zu erwirken, räumt § 26 DG LSA dem Disziplinargericht eine solche Anordnungsbefugnis nicht ein. Die Regelung über die Herausgabe von Gegenständen richtet sich bereits ihrem Wortlaut nach nur unmittelbar gegen den Beamten selbst, gegen den ein Disziplinarverfahren geführt wird. Nur dieser ist gegenüber seinem Dienstherrn verpflichtet, die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen mit dienstlichem Bezug zum Zwecke der Durchführung disziplinarrechtlicher Ermittlungen herauszugeben. Anders als im Rahmen des § 27 DG LSA besteht keine Möglichkeit zum Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber Dritten (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. März 2009 – DB 16 S 57/09 –, Rn. 13, juris).

8

Der Vortrag der Antragstellerin, am 14.02.2018 sei ein Akteneinsichtsgesuch beim Amtsgericht – Insolvenzgericht – A-Stadt gestellt worden, welches mit Beschluss vom 01.06.2018 abgelehnt worden sei, verhilft ebenfalls nicht zum Erfolg der hier gestellten Anträge. Denn die Ablehnung eines Akteneinsichtsgesuchs durch eine andere Behörde führt nicht zu einer Herausgabepflicht des Beamten. Die Antragstellerin mag gegen die Entscheidung des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – A-Stadt sofortige Beschwerde einlegen.

9

Das Disziplinargericht geht weiterhin davon aus, dass eine Beschlagnahme der Insolvenzakten bei dem Insolvenzgericht nach § 27 DG LSA nicht beantragt worden ist. Denn die Antragstellerin hat ihren Antrag ausdrücklich nur auf § 26 DG LSA und nicht auch auf § 27 DG LSA gestützt; wobei das Gericht auch die in § 27 DG LSA geforderten strengen Voraussetzungen nicht sieht (Verhältnismäßigkeit). Zudem liegen dem Disziplinargericht keine Unterlagen zu dem behaupteten Dienstvergehen vor.

10

Auch der hilfsweise gestellte Antrag, das Gericht möge die Beweiserhebung in dieser Sache gemäß § 25 Abs. 2 DG LSA vornehmen, ist abzulehnen. Nach dieser Norm kann, wenn Zeugen oder Sachverständige ohne Vorliegen der in den §§ 52 bis 55 und § 76 der StPO bezeichneten Gründe die Aussage oder die Erstattung eines Gutachtens verweigern, das Gericht um die Vernehmung ersucht werden. In dem Ersuchen sind der Gegenstand der Vernehmung dazulegen sowie die Namen und Anschriften der Beteiligten anzugeben. Das Gericht entscheidet über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aussage und nimmt im Falle der Rechtswidrigkeit der Verweigerung die entsprechenden Beweiserhebungen vor.

11

Diese Voraussetzungen sind mit Blick auf den Hilfsantrag der Antragstellerin nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat bereits nicht benannt, welcher Zeuge oder Sachverständige vernommen werden soll. Vielmehr beabsichtigt sie scheinbar, den gesamten Ermittlungsaufwand auf das Gericht zu verlagern. Hierfür findet sich in § 25 DG LSA jedoch keine Grundlage. Diese Regelung soll dem Dienstherrn lediglich im Einzelfall eine Möglichkeit an die Hand geben Aussagen zu erlangen, wenn sich die Zeugen oder Sachverständige weigern, ihren Pflichten nachzukommen, ohne dass ihnen ein Verweigerungsgrund der StPO zur Seite steht (vgl. Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl. 2012, § 25 Rn. 12). Denn nur das Gericht könnte aufgrund der Eingriffsintensität eine Aussage erzwingen. Dass es der Antragstellerin um eine derartige Ermittlungshandlung geht, ist nicht im Ansatz vorgetragen.

12

Die Anträge konnten vor Anhörung des Antragsgegners und ohne weitere Stellungnahme der Antragstellerin abgelehnt werden, da nach dem vorgetragenen Sachverhalt unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich ist, mit welchem Sachvortrag die Antragstellerin ihren gestellten Anträgen noch hätte zum Erfolg verhelfen können.


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