Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 86/20

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 30.09.2020 wird bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der am 30.07.1968 geborene Antragsteller ist neuseeländischer Staatsangehöriger. Er schloss am 02.07.2012 die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen xx A., geb. xxx. Nach der Eheschließung reiste er in das Bundesgebiet ein. Ihm wurde am 06.12.2012 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilt, die bis zum 05.12.2014 gültig war. In der Folgezeit wurde die Aufenthaltserlaubnis verlängert. Am 01.12.2013 wurde die Tochter xxx xxx xxx geboren, am 23.03.2016 die Tochter xxx xxx. Mit Beschluss des Amtsgerichts xxx vom 07.08.2019 wurde die Ehe geschieden. Am 18.10.2019 wurde dem Antragsteller die Aufenthaltserlaubnis als eine bis zum 16.10.2020 gültige eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG verlängert.

2

Gegen den Antragsteller wurden folgende Strafverfahren eingeleitet:

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1. 26.02.2020 wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. Der Antragsteller soll heimlich einen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen ihm und zwei Mitarbeitern des Jugendamtes aufgenommen und diesen Mitschnitt anderen Menschen vorgespielt haben.

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2. 05.06.2020 wegen Körperverletzung.

5

3. 13.07.2020 u.a. wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Der Antragsteller soll eine umfangreiche Website (xxx.com) erstellt haben, die sensible Informationen und persönliche Bilder beinhalte. In den Berichten beklage sich der Antragsteller über falsche Verhaltensweisen von Behörden und verweise direkt und unzensiert auf die entsprechenden Mitarbeiter. Weiterhin könnten der Seite zahlreiche Bilder und Filme entnommen werden, die seine Kinder zeigten. Hierbei liege von Seiten der Mutter, welche über das alleinige Sorgerecht der Kinder verfüge, keine Einverständniserklärung vor.

6

4. 22.07.2020 wegen Bedrohung. Der Antragsteller soll eine Mitarbeiterin eines Kindergartens mit den Worten „I will destroy you“ bedroht haben. Weiterhin habe er die Mitarbeiterin bei jedem Treffen in der Öffentlichkeit singend als „piece of shit“ bezeichnet. Ebenfalls habe er in Richtung der Mitarbeiterin obszön gestikuliert. Auf der von ihm eingerichteten Website habe er mitgeteilt, dass sich die Mitarbeiterin des Kindergartens rassistisch äußern würde und seine ältere Tochter auf die Hand geschlagen habe. Er habe zudem die Geschädigte gefilmt bzw. ihre Äußerungen aufgezeichnet. Zudem sollen diese Aufzeichnungen auf seiner Website veröffentlich worden sein.

7

Der Antragsteller beantragte am 18.08.2020 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bezieht er seit mehreren Jahren Leistungen nach dem SGB II.

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Mit Bescheid vom 30.09.2020 wurde (1.) der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Der Antragsteller wurde (2.) aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland bis zum 21.10.2020 zu verlassen. Für den Fall der nichtfreiwilligen Ausreise wurde ihm (3.) die Abschiebung nach Neuseeland angedroht. In der Begründung hieß es u.a., die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II stehe der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Die Befreiung nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gelte nur für ein Jahr.

9

Der Antragsteller legte Widerspruch ein, zu dessen Begründung er vortrug, es stehe noch eine Entscheidung des Familiengerichts hinsichtlich des Umgangsrechts für seine Töchter aus. Er bitte darum, den endgültigen Beschluss des Familiengerichts abzuwarten und danach ggfs. neu zu entscheiden. Eine Arbeitsaufnahme sei nicht möglich gewesen, da bis Ende November 2019 die Kinder wechselseitig bei ihrer Mutter und bei ihm gelebt hätten. Im Januar 2020 habe er intensiv mit der Arbeitssuche begonnen, ab März sei diese wegen des Lockdowns erschwert gewesen.

10

Der Antragsteller hat am 12.10.2020 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, zu dessen Begründung er sich auf den Widerspruch bezieht und im Einzelnen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung bezieht und diese zurückweist.

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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 30.09.2020 anzuordnen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Zur Begründung trägt der Antragsgegner u.a. vor, der Antrag sei abgelehnt worden, da der Antragsteller aufgrund des Leistungsbezuges die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 AufenthG nicht erfülle. Der Lebensunterhalt sei nicht gesichert. Es liege kein atypischer Ausnahmefall vor, der das Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung ermögliche. Es könne nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen eine Arbeitsaufnahme aufgrund einer weniger als hälftigen Kinderbetreuung nicht möglich sein solle. Der Antragsteller verfüge weder über das Sorgerecht für die Kinder, noch habe er ein bestehendes Umgangsrecht. Vielmehr liege aufgrund der eingeleiteten Strafverfahren ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Die Voraussetzungen für eine Duldung aus familiären Gründen seien nicht erfüllt, da der Antragsteller keinen Umgang mit seinen Kindern pflege.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

17

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

18

Der Antragsteller hat seinen Verlängerungsantrag vor Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt. Dieser Antrag wurde auch vor Ablauf der Aufenthaltserlaubnis beschieden. In dieser Konstellation tritt die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG nicht ein (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Stand Januar 2019, § 81 Rn. 81; Hofmann in Hofmann (Hrsg.), Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 81 AufenthG Rn. 73). Gleichwohl wäre es nicht gerechtfertigt, den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für nicht statthaft zu halten und den Antragsteller in das vorläufige Rechtsschutzsystem der einstweiligen Anordnung zu verweisen. Denn dies würde eine durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigte differenzierende und von Zufällen abhängige Schlechterstellung der Betroffenen darstellen, die die Möglichkeit verlören, die auch hier infolge der Ablehnung jedenfalls nach Ablauf der Geltungsdauer eintretende Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht abzuwenden und nur eine Aussetzung der Abschiebung erreichen könnten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2011 – 11 S 1305/11 – juris Rn. 14; Funke-Kaiser, a.a.O., Rn. 128; Hofmann, ebenda).

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Der Widerspruch gegen die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels hat nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung.

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Die in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung ist in erster Linie an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszurichten. Sie fällt regelmäßig zugunsten der Behörde aus, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist und ein besonderes Interesse an seiner sofortigen Vollziehung besteht oder der Sofortvollzug gesetzlich angeordnet ist. Dagegen ist dem Aussetzungsantrag stattzugeben, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da an der sofortigen Vollziehung eines solchen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann. Lässt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht zu, so hat das Gericht eine eigenständige, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.03.2016 - 1 B 1375/15 - juris Rn. 9; OVG Schleswig, Beschluss vom 06.08.1991 - 4 M 109/91 - SchlHA 1991, 220).

21

Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, da der Bescheid vom 30.09.2020 offensichtlich rechtswidrig ist, da er keine Ermessenserwägungen enthält.

22

Der Antragsteller hat die Verlängerung einer ihm nach § 31 Abs. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis beantragt, sodass sich die Rechtmäßigkeit der Ablehnung dieses Antrages nach § 31 Abs. 4 AufenthG beurteilt. Der Anspruch nach § 31 Abs. 1 AufenthG bezieht sich auf den Aufenthalt nur in dem Jahr unmittelbar nach Ablauf der Gültigkeit der ehegattenbezogenen Aufenthaltserlaubnis. Läuft die ehegattenbezogene Aufenthaltserlaubnis aus, so kann das Aufenthaltsrecht aus § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nur in dem sich unmittelbar anschließenden Jahr erteilt werden. Ist das Jahr abgelaufen, so kann die Aufenthaltserlaubnis nur noch als Übergangstitel für den Verlängerungsanspruch nach § 31 Abs. 4 AufenthG erteilt werden. Denn die Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist Voraussetzung für eine darauf aufbauende Verlängerung im Ermessenswege nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 31 AufenthG Rn. 9 m.w.N.). Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen steht der Behörde ein Ermessen zu, welches hier nicht erkennbar ausgeübt wurde.

23

Nach § 8 Abs. 1 i. V. mit § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis auch nach der erstmaligen auf ein Jahr befristeten Verlängerung (§ 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) erneut verlängert werden, wenn die Verlängerung rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeitsdauer beantragt worden ist und die sich aus § 5 AufenthG ergebenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.05.2017 – 3 B 297/16 – juris Rn. 6; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.05.2018 – OVG 11 B 18.16 – juris Rn. 19).

24

Der Antragsteller hat seinen Verlängerungsantrag vor Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt. Es fehlt vorliegend allerdings an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Nach dieser Norm setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Dies ist im Falle des Antragstellers nicht der Fall. Dass der Antragsteller während der Dauer seines bisherigen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland erwerbstätig gewesen ist, ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller ist vielmehr zur Sicherung seines Lebensunterhaltes seit mehreren Jahren auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Dies folgt aus den in dem vorliegenden Verwaltungsvorgang befindlichen Leistungsbescheiden aus den Jahren 2014, 2016, 2019 und 2020.

25

Angesichts dessen fehlt es an der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorausgesetzten Sicherung des Lebensunterhalts. Dies steht in der Regel der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 31 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, nach dem die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des § 31 Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht entgegensteht. Diese Privilegierung gilt nur für die erstmalige Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG. Bei allen weiteren Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als eheunabhängiges Aufenthaltsrecht muss grundsätzlich die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 02.02.2011 – 11 ME 441/10 – juris Rn. 13; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17.06.2013 – 10 C 13.881 – juris Rn. 15; Dienelt, a.a.O. Rn. 97 jeweils m.w.N.).

26

Vorliegend liegt jedoch ein Ausnahmefall vor, der zu einem Abweichen von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG führt. Ob ein Ausnahmefall von der Regel vorliegt, stellt eine gerichtlich voll überprüfbare gebundene Entscheidung dar. Ein Ausnahmefall ist dann anzunehmen, wenn aufgrund bedeutsamer Umstände ein atypischer Geschehensablauf vorliegt, der so gewichtig ist, dass er das sonst die Regel begründende Gewicht beseitigt. Erforderlich ist, dass eine vorliegende Abweichung die Anwendung des Regeltatbestandes nach seinem Sinn und Zweck unpassend oder grob unverhältnismäßig oder untunlich erscheinen lässt. Der Ausnahmefall wird daher wesentlich durch verfassungsrechtliche Wertentscheidungen geprägt, die der Anwendung der Regel entgegenstehen, wobei dabei insbesondere Art. 6 GG und Art. 8 EMRK in Betracht kommen (vgl. Bayerischer VGH, a.a.O. Rn. 17 m.w.N.).

27

Der Antragsteller ist Vater zweier Töchter mit deutscher Staatsangehörigkeit. Ein Sorgerecht besteht nicht. In der Vergangenheit hatte der Antragsteller Umgang mit seinen Kindern, gegenwärtig offenbar nicht. Es ist jedoch bei dem Amtsgericht xxx – Familiengericht – ein Verfahren anhängig, in dem ein Umgangsrecht des Antragstellers Gegenstand ist. Aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ergibt sich eine rechtliche Schutzwirkung zugunsten eines Ausländers, der sich ernsthaft um die Erlangung eines Umgangsrechts bemüht, wenn die Ausreise des Ausländers oder eine Abschiebung den Ausgang des Verfahrens über das Umgangsrecht vorwegnimmt und / oder eine prozessual gebotene Verfahrensbeteiligung vereiteln würde (vgl. EGMR, Urteil vom 11.07.2020 – 29192/95 – juris; Haedicke, HTK-AuslR / § 60a AufenthG / zu Abs. 2 Satz 1 – familiäre Gründe, Rn. 68 m.w.N.). Eine Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers vor einem Abschluss eines laufenden familiengerichtlichen Verfahrens würde – insbesondere angesichts der erheblichen Entfernung seines Heimatstaates – die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen in diesem Verfahren nachhaltig beeinträchtigen und den Schutzbereich des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK verletzen. Dieser Umstand rechtfertigt, von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abzusehen.

28

Ob aufgrund der strafrechtlichen Ermittlungen ein Ausweisungsinteresse besteht und es damit an der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG fehlt, kann offen bleiben, da auch bei Vorliegen eines Ausweisungsinteresses aus den oben genannten Gründen von dem Regelfall abzuweichen wäre. Soweit der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren auf gegen den Antragsteller eingeleitete Ermittlungsverfahren abgestellt hat, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es in Fällen, in denen eine Verurteilung (noch) nicht vorliegt, für die Annahme eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG eigener Ermittlungen und Feststellungen bedarf, sofern die Ausländerbehörde aufgrund einer Auskunft oder Unterrichtung oder bei Gelegenheit ihrer eigenen Tätigkeit von einem Straftatbestand erfährt (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 54 AufenthG Rn. 93). Den dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten des Antragsgegners ist nicht zu entnehmen, dass dies bereits vorgenommen wurde.

29

Sind die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG erfüllt oder ist von diesem Erfordernis – wie hier – ausnahmsweise abzusehen, steht die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG im Ermessen des Antragsgegners. Der Bescheid vom 30.09.2020 enthält keine Ermessenserwägungen, er lässt auch nicht erkennen, dass dem Antragsgegner bewusst war, dass er eine Ermessensentscheidung zu treffen hat. Der Bescheid genügt damit den Anforderungen des § 109 Abs. 1 LVwG nicht. Danach ist ein Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

30

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung war bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides zu befristen, da der Antragsgegner den aufgezeigten Mangel im Widerspruchsverfahren beheben kann.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.


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