Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (9. Kammer) - 9 C 2/22
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag des Antragstellers, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig einen Studienplatz im Sommersemester 2022 für das 5. Fachsemester Humanmedizin ⎯ 1. klinisches Fachsemester ⎯ zuzuteilen bzw. hilfsweise ihn zum 4., 3., 2. oder 1. Fachsemester zuzulassen oder an einem gerichtlich angeordneten Auswahl-(Los-)Verfahren für die Vergabe zusä;tzlicher Studienplätze zu beteiligen, ist nach § 123 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet.
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Ein Anordnungsgrund besteht in kapazitätsrechtlichen Streitigkeiten deshalb, weil den Studienbewerber·innen ein Zuwarten bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, die in aller Regel erst geraume Zeit nach Abschluss des Bewerbungssemesters ergehen kann, nicht zumutbar ist.
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Es fehlt aber an einem Anordnungsanspruch.
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Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass über die faktisch durch Belegung genutzte Kapazität hinaus weitere Studienplätze zur Verfügung stehen.
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Zum Sommersemester 2022 stehen für das 1. klinische Fachsemester Humanmedizin bei der Antragsgegnerin keine weiteren Studienplätze zur Verfügung und eine Vergabe außerkapazitärer Plätze findet damit ohnehin nicht statt. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Überprüfung, ob die formalen Anspruchsvoraussetzungen des § 58 der Landesverordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularwerte, die Festsetzung von Zulassungszahlen, die Auswahl von Studierenden und die Vergabe von Studienplätzen (Hochschulzulassungsverordnung ⎯ HZVO) vom 04.12.2019 (Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, Nachrichtenblatt Hochschule ⎯ NBl. HS MBWK Schl.-H. 2019, S. 56) in der Fassung der Landesverordnung zur Änderung der HZVO vom 13.05.2022 (NBl. HS MBWK Schl.-H. 2022, S. 29) gegeben sind, nämlich ein fristgerechter Antrag auf Zulassung außerhalb der Kapazität und eine form- und fristgerechte Bewerbung für den Studienort.
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Der Anordnungsanspruch bemisst sich nach Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip. Gewährleistet ist damit für jeden, der die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, ein Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Soweit in dieses Teilhaberecht durch absolute Zulassungsbeschränkungen eingegriffen wird, ist dies nur auf einer gesetzlichen Grundlage statthaft und nur dann verfassungsgemäß, wenn dies zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes ⎯ Funktionsfähigkeit der Universitäten in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium ⎯ und nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet wird (BVerfG, Beschluss vom 22.10.1991 ⎯ 1 BvR 393/85 ⎯, juris Rn. 65).
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Mit diesem verfassungsrechtlich begründeten Kapazitätserschöpfungsgebot ist die für das Sommersemester 2022 durch § 1 Nr. 1b) der Zulassungszahlenverordnung (ZZVO Sommersemester 2022) vom 13.12.2021 (NBl. HS MBWK Schl.-H. 2021, S. 85) auf 12 festgesetzte Studienplätze für das 1. klinische Fachsemester Humanmedizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zu vereinbaren.
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Diese Festsetzung beruht auf der langjährigen und von der Kammer und vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht jeweils gebilligten Praxis der Besetzung klinischer Studienplätze in Schleswig-Holstein, die den Umstand berücksichtigt, dass die Kapazität im klinischen Studienabschnitt regelmäßig höher ist als die im vorklinischen, und die ihren Niederschlag in § 2 Nr. 3 ZZVO gefunden hat. Danach sind für das 1. klinische Fachsemester im Wintersemester alle an der jeweiligen Hochschule für den Studiengang Humanmedizin eingeschriebenen Studierenden zuzulassen, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im vorausgegangenen Sommersemester bestanden hatten. Im folgenden Sommersemester werden diejenigen an der jeweiligen Hochschule eingeschriebenen Studierenden zugelassen, die im vorangegangenen Wintersemester die Prüfung bestanden haben. Anschließend noch freie Studienplätze bestimmen sich nach der für das 1. klinische Fachsemester gem. Abschnitt 2 und 3 der Hochschulzulassungsverordnung ermittelten jährlichen Aufnahmekapazität. Dementsprechend wird für das Wintersemester keine Zulassungszahl festgesetzt, da alle eigenen Studierenden zugelassen werden, die das Physikum im Sommer bestanden haben. Die Zulassungszahl für das Sommersemester stellt die Differenz zwischen der Jahreskapazität und der Zahl der bereits im Wintersemester zugelassenen Studierenden dar.
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Die Antragsgegnerin hat für das Studienjahr Wintersemester 2021/2022 und Sommersemester 2022 eine Jahreskapazität für das 1. klinische Fachsemester von 185,46, kapazitätsfreundlich aufgerundet auf 190 (Vorjahr: 213), Studienplätzen ermittelt (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 21.04.2022). Davon sind zum Wintersemester 2021/2022 ausweislich der mit Schriftsatz vom 27.07.2022 vorgelegten Belegungsliste 178 Plätze an Kieler Studierende vergeben worden, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bestanden hatten. Für das Sommersemester 2022 sind 12 Plätze festgesetzt worden. Diese Plätze sind bereits mit 27 Studierenden belegt und damit um 15 Plätze überbelegt. Darüber hinaus sind nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine Studienplätze vorhanden.
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Die der Festsetzung zugrundeliegende Jahreskapazität von aufgerundet 190 Studienplätzen für das Studienjahr Wintersemester 2021/2022 und Sommersemester 2022 ist nicht zu beanstanden.
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Die Antragsgegnerin hat dabei zu Recht lediglich die patient·innenbezogene Kapazität berücksichtigt. Zwar sieht die Hochschulzulassungsverordnung grundsätzlich in einem ersten Schritt auch für die Berechnung der Kapazität des klinischen Teils des Studienganges Medizin zunächst die Berechnung einer personalbezogenen Kapazität (Erster Teil, Abschnitt II HZVO) vor. Nach § 18 Abs. 2 HZVO ist jedoch in dem Falle, dass die nach § 18 Abs. 1 HZVO vorzunehmende Berechnung der patient·innenbezogenen Kapazität niedriger ist als die personalbezogene Kapazität, die patient·innenbezogene Kapazität der Festsetzung der Zulassungszahl zu Grunde zu legen. Aus diesem Grunde kann eine Kapazitätsfestsetzung, die lediglich auf einer patient·innenbezogenen Berechnung gemäß § 18 Abs. 1 HZVO basiert, nie zu einer zu geringen Festsetzung der Kapazität führen (vgl. z. B. OVG Schleswig, Beschluss vom 11.04.2008 ⎯; 3 NB 108/07 ⎯, n. v. S. 4; OVG Schleswig, Beschluss vom 28.10.2016 ⎯ 3 NB 5/16 ⎯, juris Rn. 3 zur gleichlautenden Vorschrift in der HZVO a. F.). Selbst wenn die personalbezogene Kapazität deutlich höher sein sollte, wird die Kapazität allein durch den Engpass der zur Ausbildung zur Verfügung stehenden Patient·innen bestimmt (Bahro/Berlin, Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl. 2003, § 18 KapVO Anm. 11). Die Vorlage einer personalbezogenen Kapazitätsberechnung ist damit nicht erforderlich.
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Für die Berechnung der patient·innenbezogenen Kapazität sind nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO als patient·innenbezogene jährliche Aufnahmekapazität zunächst 15,5 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten anzusetzen. Ist die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO errechnete Zahl niedriger als das personalbezogene Berechnungsergebnis, erhöht sich die Summe je 1.000 poliklinische Neuzugänge im Jahr um die Zahl 1. Die Zahl nach Nr. 1 wird jedoch höchstens um 50 % erhöht (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HZVO). Soweit in außeruniversitären Krankenanstalten Lehrveranstaltungen für diesen Studienabschnitt (zwischen 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und Praktischem Jahr) vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchgeführt werden, erhöht sich die patient·innenbezogene jährliche Aufnahmekapazität entsprechend (§ 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZVO).
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Die Gesamtzahl tagesbelegter Betten des Klinikums ist aufgrund einer sog. „Mitternachtszählung“ zu ermitteln (vgl. zuletzt OVG Schleswig, Beschluss vom 24.06.2020 ⎯ 3 NB 8/19 ⎯, juris Rn. 6). Die Berechnung der patient·innenbezogenen Ausbildungskapazität in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO geht von klassischen stationären Patient·innen aus, die sich über einen Zeitraum von mehreren Tagen ununterbrochen im Krankenhaus aufhalten. Auf dieser Annahme basiert der Parameter von 15,5 %. Demzufolge ist die Anknüpfung an „Übernachtungspatient·innen“, die von der Mitternachtszählung erfasst werden, sachgerecht. Tageskliniken, die der Versorgung ambulanter, nicht stationär aufgenommener Patient·innen dienen, sind dagegen nicht zu berücksichtigen. Deren Patient·innen werden nach dem System des § 18 Abs. 1 HZVO ausschließlich bei dem Aufschlag für poliklinische Neuzugänge erfasst.p>
Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich in den letzten Jahren die Verweildauer im Krankenhaus verkürzt und sich die Anzahl der ambulant vorgenommenen Behandlungen zu Lasten der Bettenkapazität erhöht hat. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser Aufschlag die gegenwärtige reale Situation nicht mehr abdeckt, zumal belastbare Erhebungen und Kriterien dazu fehlen, dass und ggf. in welchem Umfang die ambulant versorgten Patient·innen zu Ausbildungszwecken überhaupt geeignet sind und hierfür zur Verfügung stehen (st. Rspr. der Kammer, zuletzt Beschluss vom 25.05.2021 ⎯ 9 C 3/21 ⎯, Rn. 12; Beschluss vom 03.07.2020 ⎯ 9 C 22/20 ⎯, juris Rn. 10; Beschluss vom 16.05.2019 ⎯ 9 C 17/19 ⎯, Rn. 11 juris; sowie des OVG Schleswig, zuletzt Beschluss vom 24.06.2020 ⎯ 3 NB 8/19 ⎯, juris Rn. 6).
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Insbesondere ist es dem Gericht verwehrt, einzelne Parameter des § 18 Abs. 1 HZVO für sich zu betrachten und im Sinne antragsbezogener Ausführungen zu verändern, weil es sich bei den Parametern der Hochschulzulassungsverordnung um ein System von aufeinander abgestimmten, hochaggregierten Rechengrößen handelt, die ihrerseits eine Vielzahl von Einzeltatbeständen berücksichtigen. Zwar ist der Normgeber verpflichtet, von Annahmen auszugehen, die dem aktuellen Erkenntnis- und Erfahrungsstand entsprechen. Dabei ist indes zu gewärtigen, dass die Eingabegrößen, die den patient·innenbezogenen Engpass bestimmen, in ihrer Höhe nicht im naturwissenschaftlichen Sinne beweisbar sind. Das System der Kapazitätsermittlung soll die realen Gegebenheiten soweit wie möglich zutreffend abbilden. Damit kann indes keine Einzelfallgerechtigkeit einhergehen. Dafür wäre nämlich ein Verfahren erforderlich, das sich aufgrund einer nahezu unbeschränkten Anzahl von Eingabegrößen als intransparent und kaum noch handhabbar erweisen würde. Daher ist es dem Normgeber im Rahmen seines Ermessens vorbehalten, die der Norm zugrundeliegenden Annahmen und die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen (OVG Schleswig, Beschluss vom 24.06.2020 ⎯ 3 NB 8/19 ⎯, juris Rn. 7 mit Verweis u. a. auf OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.12.2016 ⎯ 2 NB 120/16 ⎯, juris Rn. 14; VGH München, Beschluss vom 26.07.2016 ⎯ 7 CE 16.10143 u. a. ⎯, juris Rn. 10). Dass der Verordnungsgeber diesen Maßgaben nicht nachgekommen ist, ist auch anhand des antragsbezogenen Vorbringens nicht ersichtlich.
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Die Antragsgegnerin hat zu Recht die Privatpatient·innen ⎯ genauer: Wahlleistungspatient·innen ⎯ in ihrer Berechnung der tagesbelegten Betten nicht mit berücksichtigt. Die Kammer hält auch unter Berücksichtigung der neueren Entwicklung der Rechtsprechung an ihrer im Anschluss an das OVG Schleswig schon bislang vertretenen Auffassung fest, dass jedenfalls am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) die von Wahlleistungspatient·innen belegten Betten nicht zu den „tagesbelegten Betten des Klinikums“ i. S. d. § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO gehören. Das OVG Schleswig hat dazu zuletzt ⎯ auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung anderer Obergerichte ⎯ ausgeführt, dass Wahlleistungspatient·innen nicht ärztliche Patient·innen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein seien, da ein ärztlicher Behandlungsvertrag jeweils nur zwischen Wahlleistungspatient·innen und Wahlärzt·innen geschlossen werde. Eine vertragliche Beziehung zwischen dem Universitätsklinikum und den Wahlleistungspatient·innen hinsichtlich der Erbringung ärztlicher Leistungen entstehe nicht. Diese Praxis am UKSH ziele nicht darauf ab, die Ausbildungskapazität in dem bei der Antragsgegnerin angebotenen Studiengang Humanmedizin zu verknappen, sondern sei Ausdruck der dem Universitätsklinikum zustehenden Organisationshoheit. Dass die Wahlleistungspatient·innen infolge der Nichtberücksichtigung in § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO („tagesbelegte Betten des Klinikums“) aus der Ausbildungskapazität herausfielen, stelle sich daher nicht als zielgerichteter Eingriff in das Grundrecht der Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar, sondern als (rechtliche) Folge der aufgezeigten Vertragskonstruktion am UKSH. Der eingetretenen Kapazitätsverminderung stehe das Kapazitätserschöpfungsgebot nicht entgegen. Dieses beinhalte weder einen Kapazitätserhaltungs- noch einen Kapazitätsbeschaffungsanspruch im Sinne einer Kapazitätserweiterung, sondern nur einen Anspruch auf Erschöpfung und Teilhabe des Bewerbers an der im Rahmen des Auftrags und des Selbstentscheidungsrechts der Hochschule zulässigerweise tatsächlich vorhandenen Ausbildungskapazität nach den Regelungen der Hochschulzulassungsverordnung. Auch nach der Rechtsprechung anderer Obergerichte seien Patient·innen bei der Ermittlung der patient·innenbezogenen Kapazität nicht einzubeziehen, wenn diese ⎯ wie auch die Wahlleistungspatient·innen am UKSH ⎯ für die Ausbildung der Studierenden (Unterricht am Krankenbett) nicht zur Verfügung stünden (siehe zu diesem Abschnitt OVG Schleswig, Beschluss vom 24.06.2020 ⎯ 3 NB 8/19 ⎯, juris Rn. 20 ff.).
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Vor diesem Hintergrund bleibt auch die Kammer bei ihrer Rechtsauffassung. Die vertraglichen Grundlagen haben sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert.
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Nicht zu beanstanden ist auch der Abzug gesunder Neugeborener bei den Behandlungstagen der tagesbelegten Betten. Gesunde Neugeborene werden mit den Pflegesätzen der Mutter abgegolten, so dass Leistungen für gesunde Neugeborene nicht zu berücksichtigen sind, da das Kapazitätsrecht an die Zählweise des früheren Krankenhausabrechnungssystems anknüpft und danach ausschließlich die Aufenthaltstage der Mutter nach der Mitternachtszählung zu berücksichtigen sind (OVG Hamburg, Beschluss vom 21.04.2015 ⎯ 3 Nc 121/14 ⎯, juris Rn.13).
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Lehrveranstaltungen außeruniversitärer Lehrkrankenhäuser, die gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZVO zu berücksichtigen wären, werden nach den Ausführungen der Antragsgegnerin nicht in Anspruch genommen. Diese hat dazu bereits in den Vorjahren erklärt, dass Lehrkrankenhausverträge mit anderen Kliniken nur für das Praktische Jahr abgeschlossen werden und diese keine Ausbildung im 1. klinisch-praktischen Abschnitt des Studiums durchführen. Es besteht auch keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, zur Erhöhung der patient·innenbezogenen Kapazität Verträge mit außeruniversitären Krankenanstalten abzuschließen. Dies würde der Sache nach eine Verpflichtung der Universität nicht nur zur Ausschöpfung der vorhandenen Kapazitäten, sondern zur Schaffung neuer Ausbildungskapazitäten bedeuten; ein solcher Kapazitätsverschaffungsanspruch besteht grundsätzlich jedoch nicht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.12.2006 ⎯ 2 NB 347/06 ⎯, juris Rn. 46 und Zimmerling/Brehm, Kapazitätsrecht, Band 2, 2013, Rn. 762 m. w. N.).
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Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der auf dieser Basis ermittelten Fallzahlen zu zweifeln.
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Die Antragsgegnerin hat in Anlage 1 zu ihrem Schriftsatz vom 21.04.2022 die Pflegetage für das dem Stichtag 01.02.2021 vorangehende maßgebliche Jahr 2020 in den einzelnen Kliniken des UKSH/Campus A-Stadt aufgelistet. Die dort genannten Zahlen ergeben sich aus der Anlage 3 zu diesem Schriftsatz, wobei von der Gesamtzahl je Klinik (Spalte 1 „tagesbelegte Betten“) jeweils die Pflegetage abgezogen sind, die auf tagesklinische Belegung, Wahlleistungspatient·innen („Wahlarzt“) und „gesunde Neugeborene“ (Spalte 2 ⎯ 4) entfallen. Die in der Anlage 3 mit aufgeführten Zahlen für die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurgie) sind in der Anlage 1 zu Recht außer Ansatz geblieben, da diese der Lehreinheit Zahnmedizin zuzurechnen sind. In der Anlage 4 sind die Zahlen für das Zentrum f252;r Integrative Psychiatrie ⎯ ZIP ⎯ aufgelistet; auch hier sind die Betten mit tagesklinischer Belegung und für Wahlleistungspatient·innen abgezogen. Insgesamt hat die Antragsgegnerin für 2020 zu Recht 291.186 (Vorjahr: 331.924) Pflegetage angesetzt.
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Die Kammer geht davon aus, dass die Zahl der zum Stichtag am 01.02.2021 ermittelten Pflegetage für das Jahr 2020 keiner Korrektur bedürfen. Zwar ist die Zahl der tagesbelegten Betten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Soweit ersichtlich ist dies zu großen Teilen auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen. Dennoch der stichtagsgemäßen Erfassung der tagesaktuellen Betten gemäß § 6 Abs. 1 HZVO zu folgen, erscheint der Kammer geboten und auch angemessen. Es handelt sich bei dem Rückgang der Zahlen der berücksichtigungsfähigen stationären Aufenthalte gerade nicht um eine lediglich punktuelle Erscheinung, die ausschließlich im Jahr 2020 Eingang in die Zahlen fand. Denn der Wert aus dem Jahr 2020 spiegelt einen schon länger andauernden Abwärtstrend wider (2018: 344.669; 2019: 331.924). Für eine Mittelwertlösung, wie sie in anderen Bundesländern zum Teil angewendet wird, besteht kein Raum. Es ist nicht ersichtlich, dass die Zahl der stationären Aufenthalte sich in den Folgejahren so deutlich erhöhen wird, dass nur der Mittelwert eine realistische Prognose darstellen würde. Die Kammer sieht auch keine so drastische Abweichung von der tats28;chlichen Entwicklung, dass die Entscheidung des Verordnungsgebers für eine Stichtagsregelung sich als verfassungswidrig darstellen würde. Abweichungen im Vergleich zum Vorjahr bei der Studienplatzzahl sind natürliche Konsequenzen einer Stichtagsregelung. Starke Unschärfen, die sich aus der Stichtagsregelung und Veränderungen im Einzelnen ergeben könnten, hat der Verordnungsgeber jedoch mit den Abweichungsregelungen in § 6 Abs. 2 und 3 HZVO berücksichtigt. Derzeit sind wesentliche Änderungen der Daten jedoch weder erkennbar noch eingetreten.
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Die Kammer geht im Rahmen einer Kapazitätsberechnung davon aus, dass mit der Anzahl von vier Stellen hinter dem Komma gerechnet wird, wobei die weiteren Stellen hinter dem Komma wegfallen, d. h. keine Aufrundungen vorgenommen werden. Lediglich am Ende des gesamten Rechenvorganges erfolgt eine Aufrundung.
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Nach diesen Maßgaben ergibt sich folgender Rechengang für die Berechnung der patient·innenbezogenen Kapazität nach § 18 Abs. 1 HZVO:
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1. Die Zahl der tagesbelegten Betten i. S. d. § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO (Zahl der Pflegetage dividiert durch 365) hat die Antragsgegnerin für das Jahr 2020 mit 797,69 angegeben. Nach der oben dargestellten Rechenweise der Kammer sind hier (291.186 : 365 =) 797,7698 tbB anzunehmen (das geringfügig abweichende Ergebnis dürfte darauf beruhen, dass die Antragsgegnerin die Zahl der Behandlungstage bei jeder einzelnen Klinik durch 365 dividiert und diese auf 2 Stellen hinter dem Komma gerundeten Zahlen dann addiert). 15,5 % davon ergeben 123,6543.
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2. Die Zahl poliklinischer Neuzugänge hat die Antragsgegnerin mit 145.318 angegeben (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 21.04.2022). Dividiert durch 1.000 ergibt dies 145,318. Da nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 HZVO jedoch höchstens 50 % des nach Ziffer 1 errechneten Wertes aufgeschlagen werden, erfolgt eine Erhöhung um 61,8271 Plätze (123,6543:2).
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Die patient·innenbezogene Gesamtkapazität errechnet sich aus der Summe der vorstehend errechneten beiden Teilwerte. 123,6543 (siehe oben Ziffer 1.) zuzüglich 61,8271 (siehe oben Ziffer 2.) ergibt 185,4814, aufgerundet 186. Die Antragsgegnerin hat 185,46 Plätze errechnet und kapazitätsfreundlich weitergehend auf 190 Plätze aufgerundet.
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Eines Schwundaufschlages bedurfte es nicht, da die Antragsgegnerin im klinischen Abschnitt des Medizinstudiums gemäß § 1 Nr. 1 b) ZZVO freiwerdende Studienplätze höherer Semester auffüllen muss und so sämtliche freigewordene Studienplätze wiederbesetzt. Darüber hinaus ist ein Schwundaufschlag bei der von der Antragsgegnerin für die klinischen Semester ausschließlich durchgeführten Berechnung der patient·innenbezogenen Kapazität schon deshalb nicht zu berücksichtigen, da es dabei um Parameter geht, die nicht von der Lehrnachfrage abhängen. Die Einbeziehung eines Schwundausgleichsfaktors in eine ausstattungsbezogene Berechnung wäre systemwidrig. Die Annahme einer Schwundkorrektur beruht darauf, dass die wegen Studienabbruchs, Fach- oder Hochschulwechsels eingesparten Lehrkapazitäten in höheren Fachsemestern zur Möglichkeit der Zulassung einer erhöhten Zahl von Studienanfängern führen. Grundlage der Schwundkorrektur ist damit die durch tatsächliche Abgänge in höheren Fachsemestern eingetretene Entlastung des Lehrpersonals, die mit der Erhöhung der Zulassungszahlen im 1. Fachsemester „abgeschöpft“ werden soll. Eine entsprechende Verrechen- oder Austauschbarkeit liegt für die nach dem „Flaschenhalsprinzip“ bestehenden ausstattungsbezogenen Engpässe aber nicht vor, so dass eine Schwundkorrektur hier schon aus strukturellen Gründen ausscheiden muss (OVG Schleswig, Beschluss vom 25.06.2020 ⎯ 3 NB 8/19 ⎯, juris Rn. 13; OVG Schleswig, Beschluss vom 24.07.2017 ⎯ 3 NB 20/17 ⎯, juris Rn. 16; VGH Mannheim, Beschluss vom 30.09.2008 ⎯ NC 9 S 2234/08 ⎯, juris Rn. 7). Es ist daher unerheblich, dass § 18 HZVO eine derartige Einschränkung nicht enthält (a. A.: OVG Hamburg, Beschluss vom 30.07.2014 ⎯ 3 Nc 10/14 ⎯, juris Rn. 35; Zimmerling/Brehm, Kapazitätsrecht, Band 2, 2013, Rn. 672).
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Damit ist die auf der Grundlage einer Jahreskapazität von 190 Studienplätzen im gesamten Studienjahr unter Abzug der 178 bereits zum Wintersemester eingeschriebenen Studierenden erfolgte Festsetzung von 12 Studienplätzen für das Sommersemester 2022 nicht zu beanstanden.
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Diese Studienplätze sind auch belegt. Die Antragsgegnerin hat nach den von ihr vorgelegten Belegungslisten zum Wintersemester 2021/2022 178 Studierende zum 1. klinischen Fachsemester zugelassen, zum Sommersemester 2022 dann noch weitere 27 Studierende. Insgesamt sind damit im Studienjahr Wintersemester 2021/2022 und Sommersemester 2022 im 1. klinischen Fachsemester 205 Studierende zugelassen worden.
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Damit sind alle vorhandenen Plätze besetzt und die auf Zulassung außerhalb der Kapazität gerichteten Anträge abzulehnen.
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Das gleiche gilt für einen ggf. hilfsweise gestellten Antrag auf Zulassung innerhalb der Kapazität bzw. auf Verlosung offener Studienplätze Alle festgesetzten Plätze sind besetzt. Konkrete Fehler im Vergabeverfahren sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Auch soweit Anträge hilfsweise auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin in einem niedrigeren als dem 5. Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität zum Sommersemester 2022 gerichtet waren, fehlt es an einem Anordnungsanspruch.
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Die Verpflichtung zur vorläufigen Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität in einem niedrigeren Fachsemester kommt nicht in Betracht. Diejenigen, die den vorklinischen Studienabschnitt des Studiums der Humanmedizin erfolgreich mit Ablegen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung abgeschlossen haben, haben im außerkapazitären Verfahren keinen Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG auf formale Zulassung in einem niedrigeren Fachsemester, die lediglich dem Ziel dient, in der Folgezeit ins 5. Fachsemester aufzurücken und damit das für externe Bewerber zum 5. Fachsemester vorgesehene Bewerbungsverfahren zu umgehen (VG Freiburg, Urteil vom 29.11.2013 ⎯ NC 6 K 2390/13 ⎯, juris Rn. 46).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. 52 Abs. 2 GKG.
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Referenzen
- § 2 Nr. 3 ZZVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 HZVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 18 KapVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 1 HZVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 18 HZVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 6 Abs. 2 und 3 HZVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 18 Abs. 2 HZVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZVO 6x (nicht zugeordnet)
- § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HZVO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 123 1x
- VwGO § 154 1x
- § 18 Abs. 1 HZVO 5x (nicht zugeordnet)
- § 18 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZVO 2x (nicht zugeordnet)