Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (6. Kammer) - 6 B 28/22

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 6.250,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Anträge des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen:

2

„1. Die Vereidigung und Amtseinführung des am 16. Juni 2022 neu gewählten Landrats vor der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache durchzuführen.

3

2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld i.H.v. 100.000,00 € verhängt.“ bleiben ohne Erfolg. Sie sind unzulässig.

4

So begehrt der Antragsteller vorliegend, die für den 1. Oktober 2022 beabsichtigte Vereidigung des am 16. Juni 2022 neu gewählten Landrates zu untersagen, weil ein durch ihn geführtes Verfahren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abwahl des zuvor bestellten Landrates noch anhängig sei. Der Antragsteller hat am 17. Juli 2021 Klage beim beschließenden Gericht erhoben (Az.: 6 A 159/21) und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Abwahl des zuvor bestellten Landrates des Antragsgegners festzustellen. Unter dem 28. Mai 2022 hatte sich der Antragsteller bereits an das Gericht gewandt und um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Neuwahl des Landrates nachgesucht (Az.: 6 B 20/22). Diesen Antrag hat das Gericht mit Beschluss vom 13. Juni 2022 abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde durch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Juli 2022 verworfen (Az.: 3 MB 11/22). Mit Urteil vom 31. August 2022 hat das nunmehr beschließende Gericht schließlich die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abberufung des ehemaligen Landrates abgewiesen. Die Rechtskraft des Urteils ist noch nicht eingetreten.

5

Dies berechtigt den Antragsteller jedoch nicht, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Vereidigung eines bereits neu gewählten Landrates zu untersagen. Hierzu fehlt ihm die notwendige Antragsbefugnis. Auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wird vorausgesetzt, dass in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine Verletzung der subjektiven Rechte des Antragstellers nach seinem Vorbringen zumindest möglich erscheint (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 123, Rn. 107 ff.). Dies gilt auch in einem - wie hier vorliegenden - Kommunalverfassungsstreit (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 12. August 2019 – Au 7 K 18.1674 –, juris Rn. 25). Dieser - hier in Form eines Organstreits - ist oftmals dadurch gekennzeichnet, dass Organe oder Organteile über Bestand und Reichweite zwischen- oder innerorganschaftlicher Rechte streiten.

6

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch im Falle eines solchen Begehrens - wie vorliegend bei dem Antrag zu 1. - eine subjektiv-rechtliche Anbindung an die Rechtssphäre des Klägers notwendig ist. Allein dann, wenn dieser zumindest die Möglichkeit darlegen kann, selbst vom Gegenstand seines Antrages betroffen zu sein, ist er befugt, um Rechtsschutz nachzusuchen (vgl. Pietzecker, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 43, Rn. 28 ff. m.w.N.). Ist ein Rechtsschutzgesuch jedoch allein auf die Feststellung einer allein objektivrechtlichen Verletzung von Rechtsnormen gerichtet, ohne dass der Antragsteller für sich darlegen kann, durch rechtswidriges Organhandeln in einer ihm gesetzlich eingeräumten (Innen-)Rechtsposition als Teil jenes Organs verletzt zu sein, liegt auch bei Vorlage eines kommunalverfassungsrechtlichen Organstreits ein unzulässiges Rechtsschutzgesuch vor (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 1992 – 1 S 2242/91 – juris Rn. 13).

7

So liegt es hier. Eine Verletzung der Rechte des Antragstellers in seiner Stellung als Kreistagsabgeordneter kann nicht angenommen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass seine Rechte durch die beabsichtigte Vereidigung des bereits neu gewählten Landrates am 1. Oktober 2022 beeinträchtigt werden könnten.

8

Die Vereidigung eines Landrates richtet sich nach § 49 Kreisordnung für Schleswig-Holstein (KrO). Die Landrätin oder der Landrat und ihre oder seine Stellvertretenden werden nach dieser Vorschrift vor ihrem Amtsantritt von der Kreispräsidentin oder dem Kreispräsidenten in öffentlicher Sitzung vereidigt (Satz 1). Sie leisten den Beamteneid (Satz 2). Bei dieser Vorschrift handelt es sich im Wesentlichen um eine Vorgabe, wann der Eid zu leisten ist. Die Notwendigkeit der Vereidigung ergibt sich hingegen aus § 46 KrO (vgl. Brickner/Wolf, in: Kreisordnung für Schleswig-Holstein Kommentar, § 49 Rn. 3). Nach dessen Abs. 1 wird die gewählte Landrätin oder der gewählte Landrat im Falle des § 45 Abs. 3 Satz 1 nach Bestätigung zur Beamtin oder zum Beamten auf Zeit ernannt.

9

Dass die Durchführung der Vereidigung des neu gewählten Landrates als Beamten auf Zeit den Antragsteller in seiner kommunalverfassungsrechtlichen Stellung als Kreistagsabgeordneter verletzen könnte, weil durch die Wahl irreversible Fakten geschaffen werden, ist vorliegend nicht im Ansatz dargetan. Zwar erscheint es demnach theoretisch denkbar, dass durch eine nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abberufung des ehemals bestellten Landrates die Vereidigung am 1. Oktober 2022 ebenfalls rechtswidrig werden könnte. Auf die vorgetragenen irreparablen Schäden in Form von zu viel gezahlten Gehältern und Pensionsansprüchen, die zulasten des Antragsgegners anfallen würden, kann sich der Antragsteller jedoch nicht berufen, weil es sich bei diesen Interessen nicht um subjektive Rechte handelt, die ihm in seiner Funktion als Kreistagsabgeordneter zustehen. Es handelt sich hierbei gerade nicht um eine wehrhafte (Innen-)Rechtsposition. Eine objektive

10

Abwendungsbefugnis, um Schaden durch eine fehlerhafte Vereidigung von der Körperschaft, der er angehört, abzuwenden, steht dem Antragsteller nicht zu.

11

Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO.

12

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 1 und 3, § 53 Abs. 2 Ziff. 1 GKG. Das Gericht folgt dabei hinsichtlich des Antrags zu 1. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 164, Rn. 14 ff.) und hat nach dessen Ziffer 22.7 für einen Kommunalverfassungsstreit den Wert von 10.000,00 € angenommen, der nach Ziff. 1.5 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren ist. Nach Ziff. 1.7.1 des Streitwertkatalogs beträgt der Streitwert hinsichtlich der begehrten Androhung eines Zwangsgeldes die Hälfte von ¼ des Streitwertes der Hauptsache.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen