Der Beamte wird aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Dem Beamten wird für die Dauer von zwölf Monaten ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 Prozent der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen, gewährt.
Der Beamte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Klägerin begehrt die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten wegen Dienstvergehens.
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1. Der am ...1963 in G. geborene Beamte besuchte nach dem Hauptschulabschluss im Jahr 1979 die gewerblich-technische Berufsfachschule, an der er 1982 den Fachschulabschluss erwarb. Eine Ausbildung als Kaufmann im Eisenbahn- und Straßenverkehr beim Bahnhof P. schloss sich an. Zugleich besuchte er an der Kaufmännischen Schule T. die Fachklasse für Kaufleute im Eisenbahn- und Straßenverkehr, die er 1985 erfolgreich abschloss. Im Anschluss wurde er von der Deutschen Bundesbahn beim Bahnhof G. als Arbeiter eingestellt und in der Güterabfertigung beschäftigt. 1986 wurde er zur Bahnassistentenlaufbahn in der Fachrichtung Allgemeiner Dienst zugelassen. Mit Wirkung vom 1.9.1987 wurde er zum Bundesbahnassistenten zur Anstellung ernannt. Von September 1987 bis Februar 1988 wurde er beim Bahnhof U. im Hauptbahnhof im Zugbegleitdienst beschäftigt, anschließend als Rangierleiter, Schalterbeamter, bei der Güterabfertigung und als Aufsichtsbeamter. Am 1.9.1989 erfolgte seine Ernennung zum Bundesbahnassistenten und am 29.5.1990 zum Beamten auf Lebenszeit. Mit Wirkung vom 10.9.1990 folgte seine Beförderung zum Bundesbahnsekretär, zum 11.2.1992 zum Bundesbahnobersekretär und schließlich zum 28.5.1997 seine Beförderung zum Bundesbahnhauptsekretär (Besoldungsgruppe A 8). Eingesetzt wurde er zunächst als Aufsichtsbeamter und Rangierleiter und ab 1.12.1996 als Fahrdienstleiter in G. Nach Bekanntwerden seiner Alkoholkrankheit im Jahr 1998 und eines erneuten starken Alkoholmissbrauchs am 7.4.2000, wurde er mit Verfügung vom 28.4.2000 als Fahrdienstleiter abgesetzt. Er wurde fortan als Zugmelder verwendet, wobei ihm Handlungen im sicherheitsrelevanten Bereich untersagt waren. Am 15.10.2001 wurde er nach U. versetzt und dort mit Beihilfetätigkeiten befasst. Nach einer ersten 8-wöchigen Alkoholentwöhnungsbehandlung ab dem 7.1.2003 wurde er ab August 2004 wieder als Fahrdienstleiter in E., W., eingesetzt. Wegen erneuter Alkoholprobleme (Trunkenheitsfahrt zum Dienst am 15.9.2005 mit 2,49 Promille Blutalkoholkonzentration) erfolgte im Oktober 2005 seine erneute Herausnahme aus dem Dienst als Fahrdienstleiter und der Einsatz im Weichenreinigungs- und Innendienst.
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2. Der Beamte heiratete am ...1989 Frau R. F. Die Ehe, aus der die Kinder J., geboren ..., und M., geboren ..., hervorgingen, wurde am ...1999 geschieden. Am ...2000 heiratete der Beamte Frau M. B., die als Versicherungsfachfrau über eigene Einnahmen verfügt. Sie ist nach den Angaben des Beamten schwer erkrankt. Sie unterziehe sich nach Brustkrebs-OP derzeit einer Reha-Behandlung. Der Beamte erhält Dienstbezüge aus Besoldungsgruppe A 8 und zahlt nach seinen Angaben an die Kinder monatlichen Unterhalt in Höhe von 600 EUR. Über Vermögen oder weitere Einnahmen verfügt er nach seinen Angaben nicht.
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3. Die gesundheitliche Situation des Beamten ist durch seine chronische Alkoholsuchterkrankung gekennzeichnet. Von dieser erhielt die Dienstherrin nach dem Inhalt der Personalakte erstmals Kenntnis am 11.5.1998 durch einen anonymen schriftlichen Bericht. Eine daraufhin durchgeführte Tauglichkeitsuntersuchung durch den Bahnarzt ergab am 10.6.1998 körperliche Anzeichen und Hinweise im Labor auf einen zu hohen Alkoholkonsum. Mit Schreiben vom 23.6.1998 wurde der Beamte auf das Ergebnis der bahnärztlichen Untersuchung und seine Pflicht zur Erhaltung seiner Dienstfähigkeit hingewiesen. Bei ihm als Fahrdienstleiter könne Alkoholmissbrauch unter gar keinen Umständen hingenommen werden. Um seine Gesundheit zu erhalten, mache man ihm folgende Auflagen:
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a. dienstlich und außerdienstlich den Genuss alkoholischer Getränke zu unterlassen und in dem Fall, dass er wegen Suchterscheinungen dazu nicht in der Lage sein sollte, sich unverzüglich in ärztliche Behandlung zu begeben, weil dann eine Alkoholabhängigkeit vorliege;
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b. Mit der Sozialarbeiterin der Stiftung Bahnsozialwerk in Verbindung zu treten und sich strikt entsprechend ihrer Beratung zu verhalten;
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c. Darüber hinaus alle Maßnahmen zu treffen, um sich von der Alkoholsucht zu befreien.
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Komme der Beamte den Auflagen nicht nach, müsse er mit der Ablösung von seinem Arbeitsplatz und mit weitreichenden Disziplinarmaßnahmen rechnen. Am 15.7.1998 bestätigte der Beamte schriftlich, dass er das Schreiben vom 23.6.1998 erhalten habe und dass er sich bewusst sei, dass er bei Verstoß gegen die darin gemachten Auflagen mit der Ablösung von seinem Arbeitsplatz und mit weitreichenden disziplinarischen Maßnahmen, unter Umständen auch mit seiner Entfernung aus dem Dienst bzw. mit der Aberkennung seines Ruhegehalts, rechnen müsse.
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Im Anschluss fanden regelmäßige bahnärztliche Tauglichkeitsüberprüfungen statt. Mit Schreiben des Bahnarztes Dr. F. vom 10.10.2000 verwies dieser auf weiterhin bestehende deutliche körperliche Anzeichen für eine Alkoholkrankheit. Zwar seien die Leberwerte mittlerweile normal, jedoch sei das CDT deutlich hoch, obwohl es schon einmal normal gewesen sei. Dies sei ein zu 100 % spezifisches Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch. Der Beamte verhalte sich aber weiterhin völlig uneinsichtig, halte sich nicht für alkoholkrank und gehe selten in die Selbsthilfegruppe. Seine Angabe, dass er wenig Alkohol trinke, sei völlig unglaubwürdig. Am 12.2.2001 berichtete Bahnarzt Dr. F. von einem normalisierten und gebesserten körperlichen und Laborbefund. Der Beamte gehe jedoch weiterhin nur unregelmäßig zur Selbsthilfegruppe und halte keine völlige Alkoholkarenz. Mit Schreiben des Bahnarztes Dr. F. vom 9.7.2001 wurde von einer erneuten Verschlechterung der Laborwerte berichtet. Die Leberwerte seien noch normal, aber der CDT sei über dem Normalwert. Der Beamte halte auch keine Alkoholkarenz ein und sehe das auch nicht recht ein. Der Arzt halte inzwischen eine Alkoholentwöhnungskur für notwendig, das Konzept des konstruktiven Drucks müsse natürlich weiter und noch stärker angewandt werden. Alkoholkontrollen im Dienst einschließlich Alkotests seien notwendig.
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Ab dem 7.1.2003 unterzog sich der Beamte einer ersten achtwöchigen Alkoholentwöhnungsbehandlung in der Fachklinik W. in O. In der Folgezeit war er nach den Tauglichkeitsgutachten der Bahnärzte für seine Tätigkeit als Fahrdienstleiter noch nicht wieder tauglich und daher im Innendienst zu beschäftigen. Mit Tauglichkeitsgutachten des Bahnarztes Dr. F. vom 12.7. und 4.11.2004 wurde dann festgestellt, dass der Beamte wieder bahndiensttauglich für seine Stelle als Fahrdienstleiter sei.
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Nach einer Trunkenheitsfahrt des Beamten mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille am 15.9.2005 wurde mit Tauglichkeitsgutachten des Bahnarztes Dr. F. vom 19.9.2005 festgestellt, dass der Beamte nicht betriebsdienst- und alleindiensttauglich sei. Mit Schreiben des Durchführungsbereichs Betrieb U. vom 18.10.2005 wurde der Beamte daraufhin eine weiteres Mal auf sein Pflicht zur Erhaltung seiner Dienstfähigkeit hingewiesen. Ein Verhalten, das dieser Pflicht zuwiderlaufe (wie z.B. fortwährender Alkoholmissbrauch) stelle ein Dienstvergehen dar, das unweigerlich beamtenrechtliche und disziplinare Konsequenzen nach sich ziehe. Wer durch Alkoholkonsum seine Arbeitsleistung zeitweise oder auf Dauer beeinträchtige oder ausschließe, begehe ein Dienstvergehen, das zu strengen Disziplinarmaßnahme und unter Umständen zur Entfernung aus dem Dienst führen könne. Um seine Gesundheit und damit seine uneingeschränkte Beschäftigungstauglichkeit wieder herzustellen, würden dem Beamten folgende Auflagen erteilt: Er habe sowohl dienstlich wie auch außerbetrieblich jeglichen Genuss alkoholischer Getränke zu unterlassen. Sollte er infolge von Suchterscheinungen dazu nicht in der Lage sein, habe er sich unverzüglich in ärztliche Behandlung zu begeben. Er habe sich umgehend mit der Sozialarbeiterin beim Gesundheitszentrum ... in K. in Verbindung zu setzen und ein Beratungsgespräch zu vereinbaren. Er habe sich an dem Gespräch konstruktiv zu beteiligen. Er habe den Rat der Sozialarbeiterin und des ärztlichen Dienstes anzunehmen. Außerdem habe er eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen und an den Sitzungen regelmäßig teilzunehmen und kooperativ mitzuarbeiten. Am 19.10.2005 bestätigte der Beamte den Empfang des Hinweisschreibens. Er sei sich bewusst, dass er seinen Alkoholkonsum drastisch einschränken müsse, um nicht in eine schwere Alkoholabhängigkeit zu geraten, und dass er bei einer Zuwiderhandlung und dadurch bedingter Dienstunfähigkeit mit seiner Entfernung aus dem Dienst rechnen müsse.
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In der Zeit vom 26.9.2006 bis 21.11.2006 schloss sich eine weitere Alkoholentwöhnungsbehandlung des Beamten an der Fachklinik W. in O. an. Danach fand am 6.12.2006 ein Dienstgespräch statt, in dem dem Beamten bezüglich seiner Alkoholabstinenz nochmals Hilfsangebote gemacht und Absprachen über das weitere Vorgehen getroffen wurden. Für den Fall, dass es dem Beamten nicht gelinge, seinen Pflichten zur Erhaltung seiner Dienstfähigkeit nachzukommen, wurden ihm nochmals Konsequenzen angedroht.
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Eine erste Tauglichkeitsuntersuchung nach der erneuten Alkoholentwöhnungsbehandlung am 27.2.2007 ergab keine Anzeichen für weiteren Alkoholkonsum. In einem weiteren Tauglichkeitsgutachten vom 4.4.2007 wies die Bahnärztin Dr. S. dann darauf hin, dass es nach dem Ergebnis ihrer Untersuchung beim Beamten einen Alkoholkonsum innerhalb von drei Tagen vor der Untersuchung gegeben habe.
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Am 26.5.2007 beantragte die DB Personalbetreuung die Zurruhesetzung des Beamten wegen Dienstunfähigkeit. Zur Begründung wurde auf die seit Jahren bestehende Suchtmittelabhängigkeit verwiesen, sowie auf die durchgeführten Therapien und die Rückfälligkeiten. Mit Entscheidung des Bundeseisenbahnvermögens - Dienststelle ... - vom 14.1.2008 wurde der Zurruhesetzungsantrag negativ beschieden. Zur Begründung wurde ausgeführt, die mangelnde Tauglichkeit für Tätigkeiten mit betrieblicher Verantwortung erfülle für sich allein nicht den Tatbestand der Dienstunfähigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 BBG. Aktuell sei der Beamte nicht dienstunfähig erkrankt. Es sei konzernweit nach einer adäquaten Beschäftigungsmöglichkeit für ihn zu suchen. Die Instrumente des beruflichen Eingliederungs-Managements und des Reintegrationsverfahrens würden auch für Beamte mit Alkoholproblemen gelten.
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Seit Februar 2009 und bis heute ist der Beamte dienstunfähig erkrankt. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung leidet er an einer durch dienstliche und private Belastungen hervorgerufenen, anhaltenden Depression.
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4. Der Beamte ist strafrechtlich wie folgt vorbelastet:
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a. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts U. - 1 Cs 26 Js 17856 - vom 29.9.2005, rechtskräftig seit dem 4.11.2005, wurde wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe verhängt und dem Beamten die Fahrerlaubnis entzogen. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beamte fuhr am 15.9.2005 gegen 11:40 Uhr mit einem PKW Corsa auf der ... ... von A. nach U. und auf dem ... in U. in Schlangenlinien, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig war. Die Blutalkoholkonzentration betrug nach der um 12:40 Uhr entnommenen Blutprobe 2,49 Promille.
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b. Mit Urteil des Amtsgerichts G. - 4 Ds 16 Js 11562/2008 - vom 18.9.2008, rechtskräftig seit dem 18.9.2008, wurde der Beamte wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Fahrerlaubnis der Klasse B, die dem Beamten am 10.9.2007 durch eine polnische Behörde erteilt worden war, wurde entzogen. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beamte nahm am Samstag, dem 31.5.2008, nachdem er seine morgendlichen Einkäufe erledigt hatte, in einem Lokal in G. mit Freunden erhebliche Mengen Alkohol zu sich. Obwohl er wusste, dass er aufgrund des Alkoholkonsums nicht mehr in der Lage war, ein Fahrzeug zu führen, fuhr er gegen 11:50 Uhr in seinem PKW durch die ..., um so wieder nach Hause zu gelangen. Weil er etwas zu schnell fuhr, wurde er kontrolliert. Die um 12:18 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 1,61 Promille.
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5. Der Beamte ist auch disziplinarrechtlich vorbelastet:
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Gegen ihn wurde mit Disziplinarverfügung vom 12.9.2006 eine Kürzung der Dienstbezüge um ein Zwanzigstel auf die Dauer von 12 Monaten verhängt. Dem lag zunächst die unter 4. a. beschriebene Trunkenheitsfahrt zugrunde. Zusätzlich wurde in der Verfügung festgestellt, der Beamte habe am 15.9.2005 planmäßig Dienstbeginn um 12:30 Uhr auf dem Stellwerk E. (W.) gehabt. Wäre seine Trunkenheitsfahrt nicht durch die Polizei gestoppt worden, hätte er seinen Dienst unter erheblichem Einfluss von Alkohol (BAK 2,49 Promille) angetreten. Für seinen Dienst habe an diesem Tag eine Ersatzkraft eingesetzt werden müssen und die Betriebsärztin habe am 19.9.2005 seine Untauglichkeit für den Betriebsdienst festgestellt. Ladungen zur Abklärung seiner weiteren Verwendbarkeit durch den Bahnarzt habe der Beamte ignoriert. Meldeauflagen für den Fall von Erkrankungen habe er nicht eingehalten. Vom 25.3. bis 2.4.2006 sei er schuldhaft dem Dienst ferngeblieben, woran die nachträgliche Verrechnung mit Erholungsurlaub nichts ändere. Der Beamte wurde in der Disziplinarverfügung, die Bestandskraft erlangte, darauf hingewiesen, dass er im Fall neuerlicher Dienstpflichtverletzungen mit weiteren Disziplinarverfahren zu rechnen habe, bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
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6. Am 6.11.2007 wurde dem Beamten durch BAR S., DB Netz AG, Produktionsdurchführung U., eröffnet, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet sei. Ihm werde zur Last gelegt, dass er nach der Entwöhnungsbehandlung vom 26.9. bis 21.11.2006 einen schuldhaften Rückfall in den erneuten Alkoholkonsum zu verantworten habe. Weiter werde ihm vorgeworfen, dass er im Jahr 2007 mindestens zwei Mal gegen die Anweisung verstoßen habe, bereits am ersten Tag der Dienstunfähigkeit eine ärztliche Dienstunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, obwohl ihm dies mehrmals auferlegt worden sei. Am 30.11.2007 wurde dem Beamten das Ermittlungsergebnis mitgeteilt. Mit Schreiben vom 19.6.2008 wurde der Beamte dann über die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens auf die Trunkenheitsfahrt am 31.5.2008 informiert. Zugleich wurde das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Die Fortsetzung des Disziplinarverfahrens erfolgte am 29.1.2009.
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Am 18.5.2009 wurde dem Beamten der Ermittlungsbericht vom 18.5.2009 überbracht, der Feststellungen zu den oben erwähnten drei Punkten (Rückfall in die nasse Phase seiner Alkoholkrankheit, verspätete Vorlage der Dienstunfähigkeitsbescheinigungen und die wiederholte Trunkenheitsfahrt) enthielt. In dem Schreiben wurde ihm eine abschließende Anhörung angeboten. Weiter wurde er darauf hingewiesen, dass er die Mitwirkung des Personalrats binnen einer Frist von einem Monat beantragen und Mitglieder des Besonderen Personalrats benennen könne, die im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens seine Personalakten einsehen könnten. Eine Reaktion des Beamten erfolgte nicht.
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7. Am 12.10.2009 hat die Klägerin die vorliegende Disziplinarklage erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dem Beamten sei nach erfolgreicher Alkoholentwöhnungsbehandlung vom 26.9.2006 bis 21.11.2006 ein Rückfall in die nasse Phase seines Alkoholkonsums, festgestellt am 4.4.2007, vorzuwerfen. Nach dem Gutachten von Dr. R. vom 12.9.2007 habe der Beamte den Rückfall voll zu verantworten. Kontroll- oder Kritikverlust habe nicht vorgelegen. Ihm sei zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Sein erneuter Alkoholmissbrauch habe bewirkt, dass er nicht mehr in seiner früheren Tätigkeit als Fahrdienstleiter oder in anderen Tätigkeiten des Eisenbahnbetriebsdienstes eingesetzt werden könne und nur noch als Bürohilfskraft Verwendung finden könne. Weiter werde dem Beamten vorgeworfen, dass er im Jahr 2007 mindestens zwei Mal gegen die Anweisung verstoßen habe, bereits am ersten Tag der Dienstunfähigkeit eine ärztliche Dienstunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, obwohl ihm dies mehrmals auferlegt worden sei. Schließlich werde ihm auch die Trunkenheitsfahrt vom 31.5.2008 und die deswegen erfolgte strafrechtliche Verurteilung zum Vorwurf gemacht. Zum Disziplinarmaß wird zunächst ausgeführt, der Beamte erweise sich aufgrund seiner Uneinsichtigkeit, mangelnder Kooperationsbereitschaft und Unempfindlichkeit gegenüber Strafen und Disziplinarmaßnahmen als untragbar, so dass er aus dem Dienst zu entfernen sei. Nur weil eine vorläufige Dienstenthebung des Beamten unterblieben sei, beschränke die Klägerin ihren Antrag auf die Degradierung in das Eingangsamt seiner Laufbahn (Bundesbahnsekretär A 6). Nach der Einlassung des Beamten in der mündlichen Verhandlung wird zum Disziplinarmaß vorgetragen, aufgrund der Angaben des Klägers und seiner Vorgeschichte sehe die Klägerin keine Möglichkeit einer positiven Prognose. Das Vertrauensverhältnis sei endgültig zerstört und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis daher unumgänglich.
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den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Der beklagte Beamte beantragt,
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die Klage abzuweisen, hilfsweise, eine geringere Disziplinarmaßnahme auszusprechen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, der Rückfall in die nasse Phase der Alkoholabhängigkeit sei vom Beamten nicht zu verantworten. Alkoholkranke seien normalerweise nicht in der Lage, ihr Verhalten zu steuern. An der Schuldfähigkeit des Beamten bestünden daher Zweifel. Die Alkoholentwöhnungsbehandlung sei vermutlich zu kurz gewesen und deswegen nicht effektiv. Die unterwertige Beschäftigung des Beamten sei problematisch, sie belaste ihn zusätzlich. Hinzu komme die schwere Erkrankung seiner Ehefrau. Es sei sinnvoll, die vom Betrieb beantragte Zurruhesetzung weiter zu betreiben. Insofern bestehe der Verdacht, dass die Klägerin das Zurruhesetzungsverfahren absichtlich verzögere. Der Beamte solle wohl zunächst zurückgestuft werden, um damit die Ruhegehaltsbezüge zu schmälern. Diese Vorgehensweise sei aber nicht zulässig. Hinsichtlich der verspäteten Vorlage der Dienstunfähigkeitsbescheinigungen sei darauf hinzuweisen, dass der Beamte diese Bescheinigungen seit Februar 2009 lückenlos vorgelegt habe. Falls eine Zurückstufung in Betracht komme, genüge als Maßnahme die Rückstufung um eine Stufe.
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Das Gericht hat den Entlassbericht der Fachklinik W. vom 4.12.2006 zur Alkoholentwöhnungsbehandlung vom 26.9. bis 21 11.2006 beigezogen. Darin wird zum Ergebnis der Behandlung ausgeführt: „Bei Herrn S. besteht seit mindestens 10 Jahren eine Alkoholabhängigkeit. Ernsthafte psychische Folgeerkrankungen liegen nicht vor. Die Einsicht in auslösende und aufrechterhaltende Faktoren seiner Sucht hat Herr S. im Rahmen der jetzigen Behandlung eindeutig stabilisieren, bzw. in positiver Weise korrigieren können. Hierüber erschienen, im Gegensatz zur ersten stationären Behandlung, seine langfristigen Veränderungsziele, vor allem in Bezug auf dauerhafte Suchtmittelabstinenz, heute wesentlich realistischer, da Herr S. insbesondere die Einsicht in die Notwendigkeit von aktivem Vorgehen für sich erkannt und akzeptiert hat. Wohn- und Finanzsituation sind geregelt. Die Rückkehr an seine gewohnte Arbeitsstelle ist gesichert. Den hier auf ihn zukommenden Belastungen fühlt sich Herr S. gewachsen. Psychische oder körperliche Einschränkungen zur Ausübung des bekannten Vollzeitarbeitsprogramms gibt es nicht. Zur Weiterverfolgung seiner hier angestrebten Ziele wird Herr S. das gegebene Nachsorgeangebot über die Sozialberatung beim Arbeitgeber nutzen, parallel beabsichtigt er, den bestehenden Kontakt zur örtlichen Selbsthilfegruppe auch weiterhin regelmäßig zu pflegen. Vor dem Hintergrund der erreichten Einstellungs- und Verhaltensänderungen bringt Herr S. günstige Voraussetzungen für dauerhafte Suchtmittelabstinenz mit. ...“
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Der Facharzt für Innere Medizin M. B., G., der den Beamten seit Jahren behandelt, teilte dem Berichterstatter auf Anfrage am 22.1.2010 telefonisch mit, es seien im Laufe der Behandlung keinerlei Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit aufgetreten. Seine Ehefrau sei vor ca. 1 Jahr sehr schwer erkrankt, was den Beamten belaste.
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Der Beamte wurde in der mündlichen Verhandlung zu seinen persönlichen Verhältnissen und zu den Vorwürfen angehört. Er machte folgende Angaben:
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Auf Frage des Gerichts nach dem Grund der bestehenden Dienstunfähigkeit: Meine seit 18.2.2009 andauernde Dienstunfähigkeit ist Folge einer Depression, die auch stationär behandelt werden musste. Bei Beendigung der auf acht Wochen angesetzten stationären Behandlung Ende Februar 2010 war keine Heilung eingetreten. Die Behandlung wird seither bei der Psychiatrischen Tagesklinik G., einer Nebenstelle der Rehaklinik ..., G., fortgesetzt. Ich erhalte dort einmal in der Woche einen Termin. Bei meiner Ehefrau wurde im Juli/August 2009 Brustkrebs festgestellt. Sie wurde mittlerweile operiert und geht jetzt in eine Reha-Maßnahme. Ein erster Verdacht auf Brustkrebs im Jahr 2000 bestätigte sich bei ihr nicht. Die erneute Befürchtung einer Brustkrebserkrankung bestand bei ihr dann bereits ab 2007. Ihr Vater war an Krebs gestorben und eine Brust war vergrößert. Sie hatte aber Angst und ging deswegen bis Juli/August 2009 nicht zum Arzt. Auf Frage des Gerichts nach seinem Befinden nach Abschluss der Alkoholentwöhnungsbehandlung am 21.11.2006: Nach der Kur war es eine Zeitlang gut. Etwa bis April/Mai 2007 habe ich keinen Alkohol getrunken. Die vom Bahnbetrieb ausgesprochene Warnung habe ich ernst genommen und mir war klar, dass ich keinen Alkohol mehr trinken durfte. Dann kam es zu ehelichen Problemen. Mich hat belastet, dass meine Ehefrau wegen des Brustkrebsverdachts nicht zum Arzt gegangen ist. Ich habe gesagt: „Geh doch hin!“ Aber sie hat nie was gemacht. Es hat mich belastet, dass sie nicht zum Arzt ist. Ein Zwist darüber nach der Arbeit hat mich so aufgeregt, dass ich mir gesagt habe: „Jetzt trinkst Du ein Bier, dann wirst du ruhiger.“ In der Folgezeit habe er wieder vermehrt Alkohol zu sich genommen. Auf Nachfragen des Gerichts und des Klägervertreters, was er sich denn, auch im Hinblick auf dienstliche Warnungen und drohende Disziplinarmaßnahmen beim Rückfall gedacht habe: Ich habe einen Punkt erreicht, da hat es klick gemacht. Dann habe ich getrunken. Ich kann das nicht erklären. Auf Frage nach den Ursachen seiner Depression: Ich führe das auf die gesundheitlichen Probleme meiner Frau, die mich belastet haben, zurück, und auf meine Behandlung im Betrieb. Ich bin dort rumgereicht worden, wie das Letzte. Wenn ich einen Dienstposten hatte, den ich wollte und bei dem mich auch die anderen Mitarbeiter wollten, hat man mich wieder umgesetzt. Das hat bei mir Frust ausgelöst. Außerdem war der Schichtdienst nichts für mich. Ich kam mit den Schlafumstellungen nicht klar. Auf Vorhalt der Klägerseite, seine Angaben gäben keinen Anlass zu einer günstigen Prognose: Ich habe hier zu meinem Alkoholkonsum die Wahrheit gesagt. Ich hätte gelogen, wenn ich gesagt hätte, dass ich nichts mehr trinke.“
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Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Gerichts bestätigt, dass im Bereich der Bahn AG für alle Mitarbeiter im Dienst die Nullpromille-Blutalkoholkonzentrationsgrenze verbindlich angeordnet ist.
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Dem Gericht haben die Personal- und Disziplinarakten der Klägerin zum Beamten sowie die Strafakten des Amtsgerichts U. - 1 Cs 26 Js 17856 - und des Amtsgerichts G. - 4 Ds 16 Js 11562/2008 - vorgelegen. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen, auf die Ausführungen im ärztlichen und therapeutischen Entlassbericht der Fachklinik W. vom 4.12.2006 und in der gutachtlichen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Betriebsmedizin Dr. R., U., vom 12.9.2007, sowie auf die Ausführungen der Beteiligten in ihren Schriftsätzen verwiesen.
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| Gegen die Zulässigkeit der Disziplinarklage bestehen keine durchgreifenden Einwände. |
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| 1. Das Abrücken der Klägerin vom schriftlich angekündigten Antrag auf Zurückstufung des Beamten in das Eingangsamt seiner Laufbahn und die Beantragung der Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis in der mündlichen Verhandlung ist für die Zulässigkeit unschädlich. Die Änderung der Sachanträge tangiert die Zulässigkeit der vorliegenden, nach §§ 34 Abs. 1, 52 Abs. 1 BDG erhobenen Disziplinarklage grundsätzlich nicht. Der Sachantrag in der Klageschrift einer Disziplinarklage ist lediglich Folge des Entschlusses der Dienstherrin zur Klageerhebung. Mit dem Antrag wird dem betroffenen Beamten und der Beschäftigtenvertretung das mit der Klage verfolgte Ziel verdeutlicht, so dass er sich mit seinem Verteidigungsverhalten darauf einstellen kann. Für das Gericht ist der Sachantrag aber unverbindlich. Das Gericht hat nach der Feststellung des dem Beamten gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG zur Last gelegten Sachverhalts und dessen disziplinarrechtlichen Würdigung von Gerichts wegen auf die erforderliche und zulässige Disziplinarmaßnahme zu erkennen; anderenfalls hat es die Disziplinarklage abzuweisen oder das Disziplinarverfahren einzustellen (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 2, § 59 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG). Die Klageschrift muss deshalb auch keinen Sachantrag enthalten. Dies ergibt sich aus § 52 Abs. 1 BDG, der die formalen Anforderungen an die Disziplinarklage regelt. Die Formulierung eines bestimmten Antrags ist dort, anders als bei § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der wegen des abschließenden Sonderregelungscharakters des § 52 Abs. 1 BDG auch über § 3 BDG auf Disziplinarklagen keine Anwendung findet, noch nicht einmal als Soll-Vorschrift vorgesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12/04 -, BVerwGE 124, 252; zur früheren Rechtslage nach der BDO: BVerwG, Urteil vom 11.1.2007 - 1 D 16/05 -, Juris). Wegen der Befugnis des Gerichts, gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 1 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5 BDG) zu erkennen, besteht auch keine Möglichkeit der Dienstherrin, das Ziel einer Disziplinarklage auf bestimmte Maßnahmen zu begrenzen. In der Folge ist im Rahmen einer Disziplinarklage ein Verstoß gegen die in § 88 VwGO enthaltene Beschränkung (ne-ultra-petita-Grundsatz) grundsätzlich ausgeschlossen (a.A. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: November 2009, § 60 BDG, Rdnr. 20). Steht damit die Änderung des Sachantrags der Zulässigkeit der Disziplinarklage nicht entgegen, so ist auch unerheblich, ob hinsichtlich der Umstellung die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 3 BDG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 und 2 VwGO vorliegen würden. Würde von der Relevanz des klägerischen Antrags ausgegangen, wären die Voraussetzungen einer Klageänderung hier aber ohne weiteres zu bejahen, nachdem sich der beklagte Beamte in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen, und nachdem das Gericht die Änderung auch für sachdienlich halten würde, weil hier mit einer Zurückstufung das Ziel des Disziplinarverfahrens, nämlich die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Dienstes, nicht erreicht werden kann (vgl. dazu unten). |
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| 2. Der Zulässigkeit der Disziplinarklage steht - entgegen den Einwänden der Beklagten-Vertreterin - auch kein vorgreiflich zu klärendes Zurruhesetzungsverfahren entgegen. Der insofern erhobene Vorwurf, die Klägerin stelle ein Zurruhesetzungsverfahren absichtlich zurück, um damit zu erreichen, dass der Beamte zuerst zurückgestuft wird und dann bei geringeren Kosten in den Ruhestand versetzt werden kann, trifft nach den Feststellungen des Gerichts nicht zu. Der Beamte selbst hat nach seinem Vortrag und dem Inhalt der vorgelegten Akten bereits keinen Zurruhesetzungsantrag gestellt. Der von der DB Personalbetreuung am 26.5.2007 von Amts wegen gestellte Antrag auf Zurruhesetzung des Beamten wegen Dienstunfähigkeit wurde mit Entscheidung des Bundeseisenbahnvermögens - Dienststelle ... - vom 14.1.2008 abgelehnt. Damit ist gegenwärtig ein Zurruhesetzungsverfahren nicht anhängig und steht der Zulässigkeit der Disziplinarklage daher bereits aus tatsächlichen Gründen nicht entgegen. Ob die Einwände in disziplinarrechtlicher Hinsicht zutreffen, kann damit dahinstehen. Die Annahme, dass ein laufendes Zurruhesetzungsverfahren vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheids Wirkungen auf ein Disziplinarverfahren entfalten und diesem entgegenstehen könnte, überzeugt das Gericht dabei aber nicht, nachdem sich der für das Disziplinarverfahren maßgebliche Status des aktiven Beamten erst mit dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheids ändert. Gegen eine Sperrwirkung des Zurruhesetzungsverfahrens spricht auch § 10 Abs. 2 Satz 2 BDG, nach dem die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Aberkennung des Ruhegehalts gilt, wenn der Beamte vor der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung in den Ruhestand versetzt wird. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass beide Verfahren zugleich betrieben werden können, das Zurruhesetzungsverfahren der Durchführung des Disziplinarverfahrens also grundsätzlich nicht entgegensteht. |
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| 3. Der Zulässigkeit der Disziplinarklage steht schließlich auch nicht § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG entgegen. Die danach vorgeschriebene Mitwirkung des Personalrats vor Erhebung der Disziplinarklage ist im vorliegenden Fall zu Recht unterblieben. Der Beamte wurde mit Schreiben der DB Netz AG vom 18.5.2009, überbracht am 18.5.2009, über das Ergebnis der Ermittlungen informiert. Hierbei wurde er auch auf die Möglichkeit hingewiesen, die Mitwirkung des Personalrats gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG innerhalb eines Monats zu beantragen. Nachdem der Beamte hierauf nicht reagierte und insbesondere keinen Antrag stellte, ist die Mitwirkung des Personalrats zu Recht unterblieben. |
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| Anderweitige Einwände gegen die Zulässigkeit der Disziplinarklage sind weder vorgebracht noch ersichtlich. |
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| Die zulässige Disziplinarklage führt zur Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis. Nach den Feststellungen des Gerichts treffen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu (1.). Der Beamte hat damit ein einheitlich zu bewertendes äußerst schwerwiegendes Dienstvergehen begangen (2.). Durch sein Dienstvergehen hat der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, so dass er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (3). Dem Beamten ist ein Unterhaltsbeitrag für die Dauer von zwölf Monaten zu bewilligen (4.). |
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| 1.a. Nach den Feststellungen des Gerichts liegt beim Beamten ein disziplinarrechtlich relevanter Rückfall in die nasse Phase seiner Alkoholerkrankung vor. Hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, dass eine Alkoholabhängigkeitserkrankung vorliegt und eine erfolgreiche Entwöhnungstherapie durchgeführt wurde, das heißt, dass der Beamte danach in der Lage war, der Gefahr eines Rückfalls in die Alkoholabhängigkeit mit Erfolg zu begegnen, und zusätzlich, dass die Fortsetzung des Alkoholkonsums nach erfolgreicher Entwöhnungstherapie Folgen zeitigt, die auch in den dienstlichen Bereich hineinreichen. Dabei sind die dienstlichen Auswirkungen nicht nur Folgen, sondern selbst Tatbestandsmerkmal des Dienstvergehens (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2001 - 1 D 64/00 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 12.10.1999 - 1 D 25.98 -; BVerwG, Urteil vom 11.2.1998 - 1 D 21/97 -, Juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und es ergibt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen und den darin enthaltenen ärztlichen Stellungnahmen, dass beim Beamten mindestens seit 1996 eine Alkoholabhängigkeitserkrankung vorliegt. Nach den Feststellungen des Gerichts wurde der Kläger wegen dieser Erkrankung in der Fachklinik W. in der Zeit vom 26.9. bis 21.11.2006 erfolgreich behandelt. Das Gericht ist insofern aufgrund der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, den Ausführungen der Oberärztin S., der Diplomsozialpädagogin und Bereichsleiterin S., des Suchtkrankentherapeuten E. und des Chefarztes Dr. K. im Entlassbericht der Fachklinik W. vom 4.12.2006 und aufgrund der Bewertung in der gutachtlichen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Betriebsmedizin Dr. R., U., davon überzeugt, dass die Behandlung vom 26.9. bis 21.11.2006 erfolgreich war. Der Beamte war im Anschluss zumindest bis Anfang April 2007 und damit über 4 Monate alkoholabstinent. Die Behandlung hat eine hinreichende Motivation zu einem weiteren alkoholabstinenten Lebenswandel bewirkt und den Beamten in die Lage gesetzt, mit der Rückfallneigung umzugehen. Nach dem glaubhaften Geständnis des Beamten in der mündlichen Verhandlung und nach den Feststellungen der Bahnärztin Dr. S. im Tauglichkeitsgutachten vom 11.4.2007 lebte der Beamte nach der Entwöhnungsbehandlung bis April 2007 alkoholabstinent und kam damit gut klar. Er nahm seinen Alkoholkonsum erst im April 2007 wieder auf. Der Rückfall in die nasse Phase der Alkoholabhängigkeit hat beim Beamten auch anhaltende Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich bewirkt. Als Bundesbahnhauptsekretär und Fahrdienstleiter trägt der Beamte ein großes Maß an Verantwortung für die Sicherheit des Bahnverkehrs und die körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer und Bahnmitarbeiter. Dieser Verantwortung wird er nur gerecht, wenn er zuverlässig auf Alkohol verzichtet. Nur dann ist er in der Lage, die im Aufgabenbereich eines Fahrdienstleiters ständig anfallenden Entscheidungen richtig zu treffen und ansonsten drohende Schäden an Menschen und Material zu vermeiden. Hierfür ist es unumgänglich, dass ein Fahrdienstleiter die im Bereich der Bahn AG für Mitarbeiter verbindlich angeordnete Nullpromillegrenze verlässlich einzuhalten vermag. Das ist dem Beamten, der nach dem Entlassbericht der Fachklinik W. ein Spiegeltrinker ist, also ein Trinker, der einen im Tagesablauf möglichst gleichbleibenden Alkoholspiegel beibehalten muss, nach seinem Rückfall aber nicht mehr möglich. Dem entsprechend wird bahnärztlicherseits von einem Fehlen der Tauglichkeit für den Dienst als Fahrdienstleiter ausgegangen. Der Beamte ist damit nach wiederholtem Rückfall auf Dauer in seinem Aufgabenbereich als Fahrdienstleiter nicht mehr einsetzbar. Der Rückfall hat daher erhebliche Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich, denn der Beamte ist in seiner Laufbahn für die Dienstherrin in Folge des Rückfalls nicht mehr verwendbar. Damit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen disziplinarrechtlich relevanten Rückfall in die nasse Phase der Alkoholabhängigkeit erfüllt. |
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| b. Weiter hat der Beamte am 31.5.2008 die ihm vorgeworfene weitere vorsätzliche Trunkenheitsfahrt begangen. Insofern sind nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren für das Gericht bindend. Der Beamte wurde durch das Urteil des Amtsgerichts G. - 4 Ds 16 Js 11562/2008 - vom 18.9.2008, rechtskräftig seit dem 18.9.2008, wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt. An die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils ist das Disziplinargericht gebunden. Zweifel an den Feststellungen des Strafgerichts, die einen Lösungsbeschluss und eigene Feststellungen des Disziplinargerichts erforderlich machen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. |
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| c. Schließlich hat der Beamte nach den Feststellungen des Gerichts im Jahr 2007 in zwei Fällen seine Dienstunfähigkeitsbescheinigungen verspätet vorgelegt, obwohl er zuvor mehrfach angewiesen worden war, die Bescheinigungen am ersten Tag der Erkrankung vorzulegen. |
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| 2. Durch die damit festgestellten Verfehlungen hat der Beamte ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen i.S. von § 77 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz - BBG - begangen. |
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| a. Durch den festgestellten Rückfall in die nasse Phase seiner Alkoholerkrankung hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG verstoßen. Aus dem in dieser Vorschrift enthaltenen Gebot, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen, folgt nicht nur die Verpflichtung des Beamten, seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, sondern auch die Pflicht, Einschränkungen oder den Verlust der Einsatzfähigkeit im Rahmen des Zumutbaren best- und schnellstmöglichst zu beseitigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.1.1984 - 1 D 13.83, BVerwGE 76, 128). Wird der Beamte diesen Anforderungen nicht gerecht, so begeht er eine dienstliche Verfehlung, die schon deshalb an die Grundlagen des Beamtenverhältnisses rührt, weil eine der ohne weiteres erkennbaren Kernpflichten verletzt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.11.1999 - D 17 S 9/99 -, Juris). Das festgestellte, nicht gerechtfertigte Verhalten des Beamten war auch schuldhaft. Nach seinem Geständnis in der mündlichen Verhandlung, den Ausführungen der Oberärztin S., der Diplomsozialpädagogin und Bereichsleiterin S., des Suchtkrankentherapeuten E. und des Chefarztes Dr. K. im Entlassbericht der Fachklinik W. vom 4.12.2006 und nach der Bewertung in der gutachtlichen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Betriebsmedizin Dr. R., U., ist das Gericht davon überzeugt, dass der vielfach vorgewarnte Beamte bedingt vorsätzlich handelte, also bei seinem Rückfall den erneuten Eintritt seiner bahnbetrieblichen Untauglichkeit billigend in Kauf nahm. Insofern waren neben der Vorgeschichte die vielzähligen Verwarnungen und Hilfsangebote, die Drohungen der Dienststelle mit disziplinaren Folgen weiteren Alkoholmissbrauchs, die Bestrafungen und die vorausgegangene Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen. All dies war dem Beamten bekannt und bewusst, als er im April 2007 den Alkoholkonsum wieder aufnahm. Er musste davon ausgehen, dass sein erneuter Alkoholkonsum und die damit verbundene Fortsetzung der nassen Phase seiner Alkoholerkrankung zu seiner bahnbetriebsdienstlichen Untauglichkeit führen würde. Anhaltspunkte für eine fehlende Schuldfähigkeit vermochte das Gericht nicht festzustellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet die Alkoholabhängigkeit allein keine Verminderung der Schuldfähigkeit oder gar eine Schuldunfähigkeit. Solche Wirkungen kommen nur dann in Betracht, wenn die Erkrankung zu schwersten Entzugserscheinungen geführt oder wenn der Betroffene im Zustand eines akuten Rausches gehandelt hat. Diese Voraussetzungen für eine Verminderung der Schuldfähigkeit lagen hier nach der Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt des Rückfalls Anfang April 2007 ersichtlich nicht vor. Der Internist B., der den Beamten seit Jahren behandelt, hat bei ihm nach seiner Auskunft an den Berichterstatter vom 22.1.2010 keinerlei Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit erkennen können. Der Entlassbericht vom 4.12.2006 stellt insofern ebenfalls fest, dass die seit mindestens 10 Jahren bestehende Alkoholabhängigkeit keine ernsthaften psychischen Folgeerkrankungen bewirkt habe und dass es im Hinblick auf die Dienstfähigkeit des Beamten zum Zeitpunkt der Entlassung weder psychische noch körperliche Einschränkungen gebe. Danach und nach der sachverständigen Äußerung von Dr. R. vom 12.9.2007 lagen beim Beamten Anfang April 2007 keine die Schuldfähigkeit beeinträchtigenden Störungen vor. Hinzu kommt, dass der Beamte die Entwöhnungsbehandlung am 26.9.2006 entgiftet antreten musste und dass er nach eigenen glaubhaften Angaben nach der Behandlung bis Anfang April 2007 keinen Alkohol zu sich genommen hat. Damit war der Beamte zum Zeitpunkt des Rückfalls etwas mehr als ein halbes Jahr trocken, was eine alkoholbedingte Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt ausschließt. Die als Grund für den Rückfall vom Beamten angeführten ehelichen und dienstlichen Probleme geben ebenfalls keinen Anlass zu Zweifeln an der Schuldfähigkeit des Beamten. Die von ihm dargestellte, eher alltägliche, auslösende Situation ist zur Begründung einer psychischen Zwangslage nicht geeignet. Dies gilt auch dann, wenn dem Beamten geglaubt wird, dass sich die im Juli/August 2009 festgestellte Brustkrebserkrankung seiner Ehefrau bereits im April 2007 in der dargestellten Weise abgezeichnet hat. |
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| b. Durch seine vorsätzlich begangene Trunkenheitsfahrt vom 31.5.2008 hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, das sein Beruf erfordert. Insofern gelten für Fahrdienstleiter der Bahn AG erhöhte Anforderungen. Im Hinblick auf die ihnen übertragene große Verantwortung für Menschen und Material muss erwartet werden, dass sie die Belange der Verkehrssicherheit besonders zuverlässig beachten und insofern jeden Verstoß vermeiden. Zeigt ein Fahrdienstleiter, wie hier der Beamte, dass er nicht bereit oder nicht in der Lage ist, das Führen von Kraftfahrzeugen und die Aufnahme von Alkohol zu trennen, so ruft das erhebliche Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit seiner Person und den Sicherheitseinrichtungen des Bahnunternehmens, das ihn beschäftigt, hervor. Außerdem hat der Beamte mit der weiteren Trunkenheitsfahrt gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss der Beamte die Anordnungen seiner Vorgesetzten ausführen. Dies hat der Beamte bezüglich der Anordnung, weiteren Alkoholkonsum zu unterlassen oder sich zur Behandlung in eine Entziehungseinrichtung zu begeben, unterlassen. Das Amtsgericht G. hat in seinem Urteil vom 18.9.2008 die Schuldfähigkeit des Beamten inzident festgestellt. An diese Feststellung ist die Disziplinarkammer gemäß § 57 Abs. 1 BDG ebenfalls gebunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.1993 - 1 D 69/91 -, NJW 93, 2632). |
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| c. Durch die verspätete Vorlage seiner Dienstunfähigkeitsbescheinigungen in zwei Fällen im Jahr 2007 hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen. Nachdem ihm gegenüber mehrfach angeordnet worden war, seine Dienstunfähigkeitsbescheinigungen bereits am ersten Krankheitstag vorzulegen, hat er durch die spätere Vorlage der Bescheinigungen gegen Anordnungen seiner Vorgesetzten verstoßen. |
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| 3. a. Wegen des oben festgestellten einheitlich zu bewertenden Dienstvergehens ist vom Gericht gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 1 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5 BDG) zu erkennen. Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht dabei nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (vgl. § 13 Abs. 1 BDG). Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 BDG). Ein solcher endgültiger Vertrauensverlust liegt hier wegen des Rückfalls in die nasse Phase der Alkoholkrankheit und wegen der wiederholten Trunkenheitsfahrt vor. Der verspäteten Vorlage der Dienstunfähigkeitsbescheinigungen kommt dagegen bezüglich der Auswahl der Maßnahme kein eigener Stellenwert zu. |
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| Folgende belastenden Umstände wurden vom Gericht eingestellt und bewertet: Der Beamte war seit 1998 mehrfach dienstlich und strafrechtlich sowie disziplinarisch gewarnt worden. Dies konnte ihn jedoch zusammen mit vielfältigen Hilfsangeboten der Dienstherrin nicht zu einer Änderung seines Verhaltens bewegen. Eine Beeindruckbarkeit durch dienstliche, strafrechtliche und disziplinarische Maßnahmen besteht bei ihm nicht. Der Beamte wusste, nachdem er mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass eine Fortsetzung seines pflichtwidrigen Verhaltens den Bestand seines Beamtenverhältnisses gefährden würde. Das Verhalten des Beamten führte zu einer schwerwiegenden Schädigung der Dienstherrin. Wegen des schuldhaften Rückfalls des Beamten ist dieser seit April 2007 und auf nicht absehbare Zeit bahnbetriebsuntauglich und daher nicht amtsangemessen als Fahrdienstleiter einsetzbar. Seine dienstlichen Aufgaben mussten von anderen Mitarbeitern erledigt werden. Gleichwohl erhielt der Beamte Besoldungsbezüge aus der Besoldungsgruppe A 8. Schließlich war und ist das Verhalten des Beamten auch geeignet, einen gravierenden Ansehensverlust der Bahn zu bewirken. Von der Bahn wird erwartet, dass sie ausschließlich zuverlässiges bahnbetriebstaugliches Personal einsetzt. Nur so kann sie Störungen und Schäden an Menschen und Material zuverlässig vermeiden und das in sie insofern gesetzte Vertrauen rechtfertigen. Dass der Beamte jetzt schon mehrfach als Trunkenheitsfahrer in Erscheinung getreten ist und weiterhin trinkt, kann dazu führen, dass Außenstehende wegen der Weiterbeschäftigung des Beamten an der Zuverlässigkeit der Bahn zweifeln. Die Fortsetzung der nassen Phase der Alkoholkrankheit beseitigt dabei auch die Tauglichkeit des Beamten für Aufgaben in seiner Laufbahn. Bahnsekretäre nehmen nach § 8 der Eisenbahn-Laufbahnverordnung in der Regel folgende Aufgaben und Funktionen wahr: 1. Aufsicht in Bahnhöfen und an Bahnsteigen, Ladeaufsicht, Zugvorbereitung und Zugabfertigung, Fahrdienst- und Rangierdienstleitung, Lokrangierdienst; 2. Serviceleistungen eines Verkehrsunternehmens in Bahnhöfen, Reisezentren und Zügen; 3. Sachbearbeitung, insbesondere Einkauf, Verkauf, Disposition und Verwaltung. Für die Klägerin und die Bahn AG ist eine weitere Verwendung des Beamten in diesen Bereichen mit großer Verantwortung und mit Außenkontakt nicht mehr vertretbar. Der Beamte ist in der Folge im Bahndienst untragbar. Die Prognose bezüglich seines zukünftigen Verhaltens und seiner zukünftigen Verwendbarkeit ist negativ. Künftige Pflichtverstöße sind nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Ein völliger Vertrauensverlust ist eingetreten. |
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| Milderungsgründe, die eine für den Beamten günstigere Entscheidung ermöglichen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei den vorgeworfenen Pflichtverstößen handelt es sich keineswegs um persönlichkeitsfremde Gelegenheitstaten. Die Verstöße sind auch nicht Ausdruck einer mittlerweile überwundenen negativen Lebensphase. Es bestand bei der Begehung weder eine verminderte Schuldfähigkeit noch ein psychischer Ausnahmezustand. Nachträgliche Therapiemaßnahmen, die eine positivere Einschätzung möglich machen würden, wurden beim Beamten nach den hier vorgeworfenen Pflichtverstößen nicht durchgeführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2001 - 1 D 64/00 -, Juris). Die vom Beamten angeführten Belastungen durch den Dienst und durch eheliche Unstimmigkeiten bewegen sich im üblichen Rahmen und können ihn daher nicht wesentlich entlasten. Das in der mündlichen Verhandlung vom Beamten abgelegte Geständnis, der Umstand, dass die Beibehaltung der Abstinenz für Alkoholkranke nicht leicht ist und die mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses für den Beamten verbundenen schwerwiegenden Folgen wie auch die Krankheit seiner Ehefrau, wurden vom Gericht ebenfalls gesehen und in die Abwägung eingestellt. Diese Gesichtspunkte lassen ein Absehen von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aber ebenfalls nicht zu, nachdem die Entfernungsentscheidung hier die einzige Möglichkeit zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Bahnbetriebsdienstes darstellt. Sonstige Gesichtspunkte, die die getroffene Maßnahme als unverhältnismäßig erscheinen lassen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. |
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| b. Der Umstand, dass die Dienstherrin nach Begehung der vorgeworfenen Dienstvergehen von einer vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 BDG abgesehen und dem Beamten Gelegenheit zur Beschäftigung auf gänzlich unterwertigen, nicht zu seiner Laufbahn zählenden Dienstposten gegeben hat, steht seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht entgegen. Die Entscheidung über die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses obliegt den Verwaltungsgerichten unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung. Sie haben ohne Bindung an die Auffassung des Dienstherrn zu beurteilen, ob ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Ist dies der Fall, so vermag daran auch eine vorübergehende Weiterbeschäftigung auf einem anderen Dienstposten während des Disziplinarverfahrens nichts zu ändern. Denn das Vertrauen bezieht sich auf das Amt im statusrechtlichen Sinne (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.1.2007 - 1 D 16/05 -, Juris). |
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| 4. Der Unterhaltsbeitrag ergibt sich aus § 10 Abs. 3 BDG. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss liegen nicht vor. Der Beamte ist nach seinen Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftig. Wegen seiner gesundheitlichen Situation, die voraussichtlich zu einer Erschwerung der Arbeitssuche führen wird, verlängert das Gericht die Bezugszeit auf zwölf Monate. |
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| Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BDG. Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nach den Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes erhoben (§ 78 BDG). |
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| Gegen die Zulässigkeit der Disziplinarklage bestehen keine durchgreifenden Einwände. |
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| 1. Das Abrücken der Klägerin vom schriftlich angekündigten Antrag auf Zurückstufung des Beamten in das Eingangsamt seiner Laufbahn und die Beantragung der Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis in der mündlichen Verhandlung ist für die Zulässigkeit unschädlich. Die Änderung der Sachanträge tangiert die Zulässigkeit der vorliegenden, nach §§ 34 Abs. 1, 52 Abs. 1 BDG erhobenen Disziplinarklage grundsätzlich nicht. Der Sachantrag in der Klageschrift einer Disziplinarklage ist lediglich Folge des Entschlusses der Dienstherrin zur Klageerhebung. Mit dem Antrag wird dem betroffenen Beamten und der Beschäftigtenvertretung das mit der Klage verfolgte Ziel verdeutlicht, so dass er sich mit seinem Verteidigungsverhalten darauf einstellen kann. Für das Gericht ist der Sachantrag aber unverbindlich. Das Gericht hat nach der Feststellung des dem Beamten gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG zur Last gelegten Sachverhalts und dessen disziplinarrechtlichen Würdigung von Gerichts wegen auf die erforderliche und zulässige Disziplinarmaßnahme zu erkennen; anderenfalls hat es die Disziplinarklage abzuweisen oder das Disziplinarverfahren einzustellen (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 2, § 59 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG). Die Klageschrift muss deshalb auch keinen Sachantrag enthalten. Dies ergibt sich aus § 52 Abs. 1 BDG, der die formalen Anforderungen an die Disziplinarklage regelt. Die Formulierung eines bestimmten Antrags ist dort, anders als bei § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der wegen des abschließenden Sonderregelungscharakters des § 52 Abs. 1 BDG auch über § 3 BDG auf Disziplinarklagen keine Anwendung findet, noch nicht einmal als Soll-Vorschrift vorgesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12/04 -, BVerwGE 124, 252; zur früheren Rechtslage nach der BDO: BVerwG, Urteil vom 11.1.2007 - 1 D 16/05 -, Juris). Wegen der Befugnis des Gerichts, gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 1 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5 BDG) zu erkennen, besteht auch keine Möglichkeit der Dienstherrin, das Ziel einer Disziplinarklage auf bestimmte Maßnahmen zu begrenzen. In der Folge ist im Rahmen einer Disziplinarklage ein Verstoß gegen die in § 88 VwGO enthaltene Beschränkung (ne-ultra-petita-Grundsatz) grundsätzlich ausgeschlossen (a.A. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: November 2009, § 60 BDG, Rdnr. 20). Steht damit die Änderung des Sachantrags der Zulässigkeit der Disziplinarklage nicht entgegen, so ist auch unerheblich, ob hinsichtlich der Umstellung die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 3 BDG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 und 2 VwGO vorliegen würden. Würde von der Relevanz des klägerischen Antrags ausgegangen, wären die Voraussetzungen einer Klageänderung hier aber ohne weiteres zu bejahen, nachdem sich der beklagte Beamte in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen, und nachdem das Gericht die Änderung auch für sachdienlich halten würde, weil hier mit einer Zurückstufung das Ziel des Disziplinarverfahrens, nämlich die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Dienstes, nicht erreicht werden kann (vgl. dazu unten). |
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| 2. Der Zulässigkeit der Disziplinarklage steht - entgegen den Einwänden der Beklagten-Vertreterin - auch kein vorgreiflich zu klärendes Zurruhesetzungsverfahren entgegen. Der insofern erhobene Vorwurf, die Klägerin stelle ein Zurruhesetzungsverfahren absichtlich zurück, um damit zu erreichen, dass der Beamte zuerst zurückgestuft wird und dann bei geringeren Kosten in den Ruhestand versetzt werden kann, trifft nach den Feststellungen des Gerichts nicht zu. Der Beamte selbst hat nach seinem Vortrag und dem Inhalt der vorgelegten Akten bereits keinen Zurruhesetzungsantrag gestellt. Der von der DB Personalbetreuung am 26.5.2007 von Amts wegen gestellte Antrag auf Zurruhesetzung des Beamten wegen Dienstunfähigkeit wurde mit Entscheidung des Bundeseisenbahnvermögens - Dienststelle ... - vom 14.1.2008 abgelehnt. Damit ist gegenwärtig ein Zurruhesetzungsverfahren nicht anhängig und steht der Zulässigkeit der Disziplinarklage daher bereits aus tatsächlichen Gründen nicht entgegen. Ob die Einwände in disziplinarrechtlicher Hinsicht zutreffen, kann damit dahinstehen. Die Annahme, dass ein laufendes Zurruhesetzungsverfahren vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheids Wirkungen auf ein Disziplinarverfahren entfalten und diesem entgegenstehen könnte, überzeugt das Gericht dabei aber nicht, nachdem sich der für das Disziplinarverfahren maßgebliche Status des aktiven Beamten erst mit dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheids ändert. Gegen eine Sperrwirkung des Zurruhesetzungsverfahrens spricht auch § 10 Abs. 2 Satz 2 BDG, nach dem die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Aberkennung des Ruhegehalts gilt, wenn der Beamte vor der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung in den Ruhestand versetzt wird. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass beide Verfahren zugleich betrieben werden können, das Zurruhesetzungsverfahren der Durchführung des Disziplinarverfahrens also grundsätzlich nicht entgegensteht. |
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| 3. Der Zulässigkeit der Disziplinarklage steht schließlich auch nicht § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG entgegen. Die danach vorgeschriebene Mitwirkung des Personalrats vor Erhebung der Disziplinarklage ist im vorliegenden Fall zu Recht unterblieben. Der Beamte wurde mit Schreiben der DB Netz AG vom 18.5.2009, überbracht am 18.5.2009, über das Ergebnis der Ermittlungen informiert. Hierbei wurde er auch auf die Möglichkeit hingewiesen, die Mitwirkung des Personalrats gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG innerhalb eines Monats zu beantragen. Nachdem der Beamte hierauf nicht reagierte und insbesondere keinen Antrag stellte, ist die Mitwirkung des Personalrats zu Recht unterblieben. |
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| Anderweitige Einwände gegen die Zulässigkeit der Disziplinarklage sind weder vorgebracht noch ersichtlich. |
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| Die zulässige Disziplinarklage führt zur Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis. Nach den Feststellungen des Gerichts treffen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu (1.). Der Beamte hat damit ein einheitlich zu bewertendes äußerst schwerwiegendes Dienstvergehen begangen (2.). Durch sein Dienstvergehen hat der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, so dass er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (3). Dem Beamten ist ein Unterhaltsbeitrag für die Dauer von zwölf Monaten zu bewilligen (4.). |
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| 1.a. Nach den Feststellungen des Gerichts liegt beim Beamten ein disziplinarrechtlich relevanter Rückfall in die nasse Phase seiner Alkoholerkrankung vor. Hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, dass eine Alkoholabhängigkeitserkrankung vorliegt und eine erfolgreiche Entwöhnungstherapie durchgeführt wurde, das heißt, dass der Beamte danach in der Lage war, der Gefahr eines Rückfalls in die Alkoholabhängigkeit mit Erfolg zu begegnen, und zusätzlich, dass die Fortsetzung des Alkoholkonsums nach erfolgreicher Entwöhnungstherapie Folgen zeitigt, die auch in den dienstlichen Bereich hineinreichen. Dabei sind die dienstlichen Auswirkungen nicht nur Folgen, sondern selbst Tatbestandsmerkmal des Dienstvergehens (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2001 - 1 D 64/00 -, Juris; BVerwG, Urteil vom 12.10.1999 - 1 D 25.98 -; BVerwG, Urteil vom 11.2.1998 - 1 D 21/97 -, Juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und es ergibt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen und den darin enthaltenen ärztlichen Stellungnahmen, dass beim Beamten mindestens seit 1996 eine Alkoholabhängigkeitserkrankung vorliegt. Nach den Feststellungen des Gerichts wurde der Kläger wegen dieser Erkrankung in der Fachklinik W. in der Zeit vom 26.9. bis 21.11.2006 erfolgreich behandelt. Das Gericht ist insofern aufgrund der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, den Ausführungen der Oberärztin S., der Diplomsozialpädagogin und Bereichsleiterin S., des Suchtkrankentherapeuten E. und des Chefarztes Dr. K. im Entlassbericht der Fachklinik W. vom 4.12.2006 und aufgrund der Bewertung in der gutachtlichen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Betriebsmedizin Dr. R., U., davon überzeugt, dass die Behandlung vom 26.9. bis 21.11.2006 erfolgreich war. Der Beamte war im Anschluss zumindest bis Anfang April 2007 und damit über 4 Monate alkoholabstinent. Die Behandlung hat eine hinreichende Motivation zu einem weiteren alkoholabstinenten Lebenswandel bewirkt und den Beamten in die Lage gesetzt, mit der Rückfallneigung umzugehen. Nach dem glaubhaften Geständnis des Beamten in der mündlichen Verhandlung und nach den Feststellungen der Bahnärztin Dr. S. im Tauglichkeitsgutachten vom 11.4.2007 lebte der Beamte nach der Entwöhnungsbehandlung bis April 2007 alkoholabstinent und kam damit gut klar. Er nahm seinen Alkoholkonsum erst im April 2007 wieder auf. Der Rückfall in die nasse Phase der Alkoholabhängigkeit hat beim Beamten auch anhaltende Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich bewirkt. Als Bundesbahnhauptsekretär und Fahrdienstleiter trägt der Beamte ein großes Maß an Verantwortung für die Sicherheit des Bahnverkehrs und die körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer und Bahnmitarbeiter. Dieser Verantwortung wird er nur gerecht, wenn er zuverlässig auf Alkohol verzichtet. Nur dann ist er in der Lage, die im Aufgabenbereich eines Fahrdienstleiters ständig anfallenden Entscheidungen richtig zu treffen und ansonsten drohende Schäden an Menschen und Material zu vermeiden. Hierfür ist es unumgänglich, dass ein Fahrdienstleiter die im Bereich der Bahn AG für Mitarbeiter verbindlich angeordnete Nullpromillegrenze verlässlich einzuhalten vermag. Das ist dem Beamten, der nach dem Entlassbericht der Fachklinik W. ein Spiegeltrinker ist, also ein Trinker, der einen im Tagesablauf möglichst gleichbleibenden Alkoholspiegel beibehalten muss, nach seinem Rückfall aber nicht mehr möglich. Dem entsprechend wird bahnärztlicherseits von einem Fehlen der Tauglichkeit für den Dienst als Fahrdienstleiter ausgegangen. Der Beamte ist damit nach wiederholtem Rückfall auf Dauer in seinem Aufgabenbereich als Fahrdienstleiter nicht mehr einsetzbar. Der Rückfall hat daher erhebliche Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich, denn der Beamte ist in seiner Laufbahn für die Dienstherrin in Folge des Rückfalls nicht mehr verwendbar. Damit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen disziplinarrechtlich relevanten Rückfall in die nasse Phase der Alkoholabhängigkeit erfüllt. |
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| b. Weiter hat der Beamte am 31.5.2008 die ihm vorgeworfene weitere vorsätzliche Trunkenheitsfahrt begangen. Insofern sind nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren für das Gericht bindend. Der Beamte wurde durch das Urteil des Amtsgerichts G. - 4 Ds 16 Js 11562/2008 - vom 18.9.2008, rechtskräftig seit dem 18.9.2008, wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt. An die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils ist das Disziplinargericht gebunden. Zweifel an den Feststellungen des Strafgerichts, die einen Lösungsbeschluss und eigene Feststellungen des Disziplinargerichts erforderlich machen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. |
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| c. Schließlich hat der Beamte nach den Feststellungen des Gerichts im Jahr 2007 in zwei Fällen seine Dienstunfähigkeitsbescheinigungen verspätet vorgelegt, obwohl er zuvor mehrfach angewiesen worden war, die Bescheinigungen am ersten Tag der Erkrankung vorzulegen. |
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| 2. Durch die damit festgestellten Verfehlungen hat der Beamte ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen i.S. von § 77 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz - BBG - begangen. |
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| a. Durch den festgestellten Rückfall in die nasse Phase seiner Alkoholerkrankung hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG verstoßen. Aus dem in dieser Vorschrift enthaltenen Gebot, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen, folgt nicht nur die Verpflichtung des Beamten, seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, sondern auch die Pflicht, Einschränkungen oder den Verlust der Einsatzfähigkeit im Rahmen des Zumutbaren best- und schnellstmöglichst zu beseitigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.1.1984 - 1 D 13.83, BVerwGE 76, 128). Wird der Beamte diesen Anforderungen nicht gerecht, so begeht er eine dienstliche Verfehlung, die schon deshalb an die Grundlagen des Beamtenverhältnisses rührt, weil eine der ohne weiteres erkennbaren Kernpflichten verletzt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.11.1999 - D 17 S 9/99 -, Juris). Das festgestellte, nicht gerechtfertigte Verhalten des Beamten war auch schuldhaft. Nach seinem Geständnis in der mündlichen Verhandlung, den Ausführungen der Oberärztin S., der Diplomsozialpädagogin und Bereichsleiterin S., des Suchtkrankentherapeuten E. und des Chefarztes Dr. K. im Entlassbericht der Fachklinik W. vom 4.12.2006 und nach der Bewertung in der gutachtlichen Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Betriebsmedizin Dr. R., U., ist das Gericht davon überzeugt, dass der vielfach vorgewarnte Beamte bedingt vorsätzlich handelte, also bei seinem Rückfall den erneuten Eintritt seiner bahnbetrieblichen Untauglichkeit billigend in Kauf nahm. Insofern waren neben der Vorgeschichte die vielzähligen Verwarnungen und Hilfsangebote, die Drohungen der Dienststelle mit disziplinaren Folgen weiteren Alkoholmissbrauchs, die Bestrafungen und die vorausgegangene Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen. All dies war dem Beamten bekannt und bewusst, als er im April 2007 den Alkoholkonsum wieder aufnahm. Er musste davon ausgehen, dass sein erneuter Alkoholkonsum und die damit verbundene Fortsetzung der nassen Phase seiner Alkoholerkrankung zu seiner bahnbetriebsdienstlichen Untauglichkeit führen würde. Anhaltspunkte für eine fehlende Schuldfähigkeit vermochte das Gericht nicht festzustellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet die Alkoholabhängigkeit allein keine Verminderung der Schuldfähigkeit oder gar eine Schuldunfähigkeit. Solche Wirkungen kommen nur dann in Betracht, wenn die Erkrankung zu schwersten Entzugserscheinungen geführt oder wenn der Betroffene im Zustand eines akuten Rausches gehandelt hat. Diese Voraussetzungen für eine Verminderung der Schuldfähigkeit lagen hier nach der Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt des Rückfalls Anfang April 2007 ersichtlich nicht vor. Der Internist B., der den Beamten seit Jahren behandelt, hat bei ihm nach seiner Auskunft an den Berichterstatter vom 22.1.2010 keinerlei Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit erkennen können. Der Entlassbericht vom 4.12.2006 stellt insofern ebenfalls fest, dass die seit mindestens 10 Jahren bestehende Alkoholabhängigkeit keine ernsthaften psychischen Folgeerkrankungen bewirkt habe und dass es im Hinblick auf die Dienstfähigkeit des Beamten zum Zeitpunkt der Entlassung weder psychische noch körperliche Einschränkungen gebe. Danach und nach der sachverständigen Äußerung von Dr. R. vom 12.9.2007 lagen beim Beamten Anfang April 2007 keine die Schuldfähigkeit beeinträchtigenden Störungen vor. Hinzu kommt, dass der Beamte die Entwöhnungsbehandlung am 26.9.2006 entgiftet antreten musste und dass er nach eigenen glaubhaften Angaben nach der Behandlung bis Anfang April 2007 keinen Alkohol zu sich genommen hat. Damit war der Beamte zum Zeitpunkt des Rückfalls etwas mehr als ein halbes Jahr trocken, was eine alkoholbedingte Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt ausschließt. Die als Grund für den Rückfall vom Beamten angeführten ehelichen und dienstlichen Probleme geben ebenfalls keinen Anlass zu Zweifeln an der Schuldfähigkeit des Beamten. Die von ihm dargestellte, eher alltägliche, auslösende Situation ist zur Begründung einer psychischen Zwangslage nicht geeignet. Dies gilt auch dann, wenn dem Beamten geglaubt wird, dass sich die im Juli/August 2009 festgestellte Brustkrebserkrankung seiner Ehefrau bereits im April 2007 in der dargestellten Weise abgezeichnet hat. |
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| b. Durch seine vorsätzlich begangene Trunkenheitsfahrt vom 31.5.2008 hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, das sein Beruf erfordert. Insofern gelten für Fahrdienstleiter der Bahn AG erhöhte Anforderungen. Im Hinblick auf die ihnen übertragene große Verantwortung für Menschen und Material muss erwartet werden, dass sie die Belange der Verkehrssicherheit besonders zuverlässig beachten und insofern jeden Verstoß vermeiden. Zeigt ein Fahrdienstleiter, wie hier der Beamte, dass er nicht bereit oder nicht in der Lage ist, das Führen von Kraftfahrzeugen und die Aufnahme von Alkohol zu trennen, so ruft das erhebliche Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit seiner Person und den Sicherheitseinrichtungen des Bahnunternehmens, das ihn beschäftigt, hervor. Außerdem hat der Beamte mit der weiteren Trunkenheitsfahrt gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss der Beamte die Anordnungen seiner Vorgesetzten ausführen. Dies hat der Beamte bezüglich der Anordnung, weiteren Alkoholkonsum zu unterlassen oder sich zur Behandlung in eine Entziehungseinrichtung zu begeben, unterlassen. Das Amtsgericht G. hat in seinem Urteil vom 18.9.2008 die Schuldfähigkeit des Beamten inzident festgestellt. An diese Feststellung ist die Disziplinarkammer gemäß § 57 Abs. 1 BDG ebenfalls gebunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.1993 - 1 D 69/91 -, NJW 93, 2632). |
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| c. Durch die verspätete Vorlage seiner Dienstunfähigkeitsbescheinigungen in zwei Fällen im Jahr 2007 hat der Beamte gegen die ihm obliegende Pflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen. Nachdem ihm gegenüber mehrfach angeordnet worden war, seine Dienstunfähigkeitsbescheinigungen bereits am ersten Krankheitstag vorzulegen, hat er durch die spätere Vorlage der Bescheinigungen gegen Anordnungen seiner Vorgesetzten verstoßen. |
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| 3. a. Wegen des oben festgestellten einheitlich zu bewertenden Dienstvergehens ist vom Gericht gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 1 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5 BDG) zu erkennen. Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht dabei nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (vgl. § 13 Abs. 1 BDG). Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 BDG). Ein solcher endgültiger Vertrauensverlust liegt hier wegen des Rückfalls in die nasse Phase der Alkoholkrankheit und wegen der wiederholten Trunkenheitsfahrt vor. Der verspäteten Vorlage der Dienstunfähigkeitsbescheinigungen kommt dagegen bezüglich der Auswahl der Maßnahme kein eigener Stellenwert zu. |
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| Folgende belastenden Umstände wurden vom Gericht eingestellt und bewertet: Der Beamte war seit 1998 mehrfach dienstlich und strafrechtlich sowie disziplinarisch gewarnt worden. Dies konnte ihn jedoch zusammen mit vielfältigen Hilfsangeboten der Dienstherrin nicht zu einer Änderung seines Verhaltens bewegen. Eine Beeindruckbarkeit durch dienstliche, strafrechtliche und disziplinarische Maßnahmen besteht bei ihm nicht. Der Beamte wusste, nachdem er mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass eine Fortsetzung seines pflichtwidrigen Verhaltens den Bestand seines Beamtenverhältnisses gefährden würde. Das Verhalten des Beamten führte zu einer schwerwiegenden Schädigung der Dienstherrin. Wegen des schuldhaften Rückfalls des Beamten ist dieser seit April 2007 und auf nicht absehbare Zeit bahnbetriebsuntauglich und daher nicht amtsangemessen als Fahrdienstleiter einsetzbar. Seine dienstlichen Aufgaben mussten von anderen Mitarbeitern erledigt werden. Gleichwohl erhielt der Beamte Besoldungsbezüge aus der Besoldungsgruppe A 8. Schließlich war und ist das Verhalten des Beamten auch geeignet, einen gravierenden Ansehensverlust der Bahn zu bewirken. Von der Bahn wird erwartet, dass sie ausschließlich zuverlässiges bahnbetriebstaugliches Personal einsetzt. Nur so kann sie Störungen und Schäden an Menschen und Material zuverlässig vermeiden und das in sie insofern gesetzte Vertrauen rechtfertigen. Dass der Beamte jetzt schon mehrfach als Trunkenheitsfahrer in Erscheinung getreten ist und weiterhin trinkt, kann dazu führen, dass Außenstehende wegen der Weiterbeschäftigung des Beamten an der Zuverlässigkeit der Bahn zweifeln. Die Fortsetzung der nassen Phase der Alkoholkrankheit beseitigt dabei auch die Tauglichkeit des Beamten für Aufgaben in seiner Laufbahn. Bahnsekretäre nehmen nach § 8 der Eisenbahn-Laufbahnverordnung in der Regel folgende Aufgaben und Funktionen wahr: 1. Aufsicht in Bahnhöfen und an Bahnsteigen, Ladeaufsicht, Zugvorbereitung und Zugabfertigung, Fahrdienst- und Rangierdienstleitung, Lokrangierdienst; 2. Serviceleistungen eines Verkehrsunternehmens in Bahnhöfen, Reisezentren und Zügen; 3. Sachbearbeitung, insbesondere Einkauf, Verkauf, Disposition und Verwaltung. Für die Klägerin und die Bahn AG ist eine weitere Verwendung des Beamten in diesen Bereichen mit großer Verantwortung und mit Außenkontakt nicht mehr vertretbar. Der Beamte ist in der Folge im Bahndienst untragbar. Die Prognose bezüglich seines zukünftigen Verhaltens und seiner zukünftigen Verwendbarkeit ist negativ. Künftige Pflichtverstöße sind nicht ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Ein völliger Vertrauensverlust ist eingetreten. |
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| Milderungsgründe, die eine für den Beamten günstigere Entscheidung ermöglichen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei den vorgeworfenen Pflichtverstößen handelt es sich keineswegs um persönlichkeitsfremde Gelegenheitstaten. Die Verstöße sind auch nicht Ausdruck einer mittlerweile überwundenen negativen Lebensphase. Es bestand bei der Begehung weder eine verminderte Schuldfähigkeit noch ein psychischer Ausnahmezustand. Nachträgliche Therapiemaßnahmen, die eine positivere Einschätzung möglich machen würden, wurden beim Beamten nach den hier vorgeworfenen Pflichtverstößen nicht durchgeführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2001 - 1 D 64/00 -, Juris). Die vom Beamten angeführten Belastungen durch den Dienst und durch eheliche Unstimmigkeiten bewegen sich im üblichen Rahmen und können ihn daher nicht wesentlich entlasten. Das in der mündlichen Verhandlung vom Beamten abgelegte Geständnis, der Umstand, dass die Beibehaltung der Abstinenz für Alkoholkranke nicht leicht ist und die mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses für den Beamten verbundenen schwerwiegenden Folgen wie auch die Krankheit seiner Ehefrau, wurden vom Gericht ebenfalls gesehen und in die Abwägung eingestellt. Diese Gesichtspunkte lassen ein Absehen von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aber ebenfalls nicht zu, nachdem die Entfernungsentscheidung hier die einzige Möglichkeit zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Bahnbetriebsdienstes darstellt. Sonstige Gesichtspunkte, die die getroffene Maßnahme als unverhältnismäßig erscheinen lassen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. |
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| b. Der Umstand, dass die Dienstherrin nach Begehung der vorgeworfenen Dienstvergehen von einer vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 BDG abgesehen und dem Beamten Gelegenheit zur Beschäftigung auf gänzlich unterwertigen, nicht zu seiner Laufbahn zählenden Dienstposten gegeben hat, steht seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht entgegen. Die Entscheidung über die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses obliegt den Verwaltungsgerichten unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung. Sie haben ohne Bindung an die Auffassung des Dienstherrn zu beurteilen, ob ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Ist dies der Fall, so vermag daran auch eine vorübergehende Weiterbeschäftigung auf einem anderen Dienstposten während des Disziplinarverfahrens nichts zu ändern. Denn das Vertrauen bezieht sich auf das Amt im statusrechtlichen Sinne (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.1.2007 - 1 D 16/05 -, Juris). |
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| 4. Der Unterhaltsbeitrag ergibt sich aus § 10 Abs. 3 BDG. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss liegen nicht vor. Der Beamte ist nach seinen Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftig. Wegen seiner gesundheitlichen Situation, die voraussichtlich zu einer Erschwerung der Arbeitssuche führen wird, verlängert das Gericht die Bezugszeit auf zwölf Monate. |
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| Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BDG. Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nach den Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes erhoben (§ 78 BDG). |
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