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| Die Klägerin begehrt den Teilerlass des Kammerbeitrags für das Jahr 2006. |
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| Die Klägerin, die ihren Sitz in Hamburg hat, unterhält im Kammerbezirk der Beklagten mehre Betriebsstätten und ist danach Kammermitglied bei der Beklagten. Mit Wirkung vom 29.06.2006 veräußerte der Mutterkonzern der Klägerin seine Sparte „S.“. Ein Betrieb dieser Sparte war in B. und damit im Kammerbezirk der Beklagten angesiedelt. Aus der Veräußerung der Sparte erzielte die Klägerin insgesamt ein außerordentliches Ergebnis (nach Gewerbesteuer) von 253, 6 Millionen Euro; der gesamte Gewerbeertrag betrug ca. 461 Millionen. |
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| Mit Bescheid vom 11.02.2009 setzte die Beklagte den Kammerbeitrag für 2006 auf den Betrag von 137.986,54 EUR fest. Bemessungsgrundlage hierfür ist der Gewerbeertrag für das Jahr 2006 in Höhe von 65.707.977,40 EUR (Zerlegungsanteil für den Bezirk der Beklagten) multipliziert mit dem Hebesatz von 0,210 %. |
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| Mit Schreiben vom 04.03.2009 beantragte die Klägerin eines Teilerlass des Beitrags für 2006 in Höhe von 67.986,64 EUR. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass sich der Gewerbeertrag im Wirtschaftsjahr 2006 allein wegen des einmaligen Ereignisses des Verkaufs der Sparte „S.“ gegenüber dem normalen Ergebnis mehr als verdoppelt habe. Zwar bestimme sich der Umlageanteil des Beitrages nach dem Zerlegungsanteil der einzelnen Kammern am Gewerbeertrag. Anders als für Kapitalgesellschaften und gleichgestellte Unternehmen gehöre der Gewinn aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebes oder eines Teiles davon bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften nicht zum Gewerbeertrag. Diese Unausgewogenheit im steuerrechtlichen Bereich sollte nicht auch noch auf den Kammerbeitrag durchschlagen, so dass ein Teilerlass beantragt werde. |
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| Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.03.2009 den Antrag auf Teilerlass ab. Nach § 19 Abs. 2 der Beitragsordnung könnten im Falle einer unbilligen Härte ganz oder teilweise Beiträge erlassen werden. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Kammerzugehörigen werde an den Begriff der „unbilligen Härte“ jedoch ein strenger Maßstab angelegt. Die Voraussetzungen hierfür seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. |
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| Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2009 Widerspruch. Die Veräußerung einer ganzen Konzernsparte stelle auch für einen Konzern wie den der Klägerin einen außergewöhnlichen Vorgang dar. Ein Teilerlass sei daher gerade eine geeignete und notwendige Maßnahme um die Gleichbehandlung mit den anderen Kammermitgliedern wieder herzustellen, da hier die Höhe des Gewerbeertrages für das Jahr 2006 gerade maßgeblich durch den Verkauf bestimmt worden sei. |
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| Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Beitragsveranlagung für das Jahr 2006 sei auf der Basis der Bestimmungen des IHK-Gesetzes sowie der entsprechenden Wirtschaftssatzung der Beklagten korrekt erfolgt. Bezüglich der Möglichkeiten eines Erlasses seien die Grenzen dort zu sehen, wo über einen Erlass die insoweit eindeutigen Vorgaben des Gesetzgebers missachtet bzw. diese gegebenenfalls korrigiert würden. Deshalb wäre der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verletzt, wenn die Beklagte allein die Tatsache einer signifikanten Änderung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage aufgrund eines Sondereffekts zum Anlass für einen Erlass nehmen würde. Eine Berücksichtigung der durch die Aufgabe eines Betriebsteils oder einer Konzernsparte verursachten Effekte sehe das Gesetz gerade nicht vor, obwohl entsprechende Vorgänge seit jeher stattfänden. Es sei folglich auch nicht möglich, aufgrund eines solchen Vorgangs eine unbillige oder auch sachliche Härte anzunehmen und auf diesem Wege eine gesetzlich nicht vorgesehene Regelausnahme einzuführen. |
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| Am 06.11.2009 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Die Beklagte lege in ihrer Beitragsordnung zur Bemessung des Beitrages einen rein linearen Zusammenhang zum Gewerbeertrag fest. Dies führe zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips. Auch sei darauf hinzuweisen, dass es bei den verschiedenen Kammern einen sehr unterschiedlichen Beitragssatz gebe. Dies entspreche möglicherweise nicht dem Gleichheitsgebot. Im Rahmen der Erlassvorschrift des § 19 der Beitragsordnung sei eine Prüfung des einzelnen Falles erforderlich. Ohne eine solche Prüfung und den damit verbundenen Vergleich mit den Bemessungsgrundlagen des Durchschnitts der Kammermitglieder im IHK-Bezirk sei ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gegeben. Die Erlassvorschrift werde von der Beklagten ermessensfehlerhaft auf die Fälle persönlicher Härte beschränkt. Auch wenn die Höhe des Gewerbeertrages in der Regel ein zutreffendes Bild von der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens wiedergebe, werde die vorgeschriebene gleichmäßige Behandlung aller Kammerzugehörigen verletzt, wenn dieser Zusammenhang in der Praxis schematisch dazu benutzt werde, das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 19 der Beitragsordnung zu verneinen und als Begründung auf die Festsetzung durch das Finanzamt zu verweisen. Dieser Hinweis sei prinzipiell untauglich für die Beurteilung der Frage, ob ein Härte vorliege, da diese wegen der schematischen Umsetzung der durch das zuständige Finanzamt festgesetzten Bemessungsgrundlage ja gerade erst eintrete. Für die Beantwortung der Frage, ob - wie im Falle der Klägerin - eine sachliche Härte vorliege, gebe dieses Vorgehen erkennbar nichts her. Dazu sei auf die Komponente der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage des jeweiligen Erhebungszeitraums abzustellen. Diese setze sich grundsätzlich aus den Erträgen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (betriebliches Ergebnis) und aus dem Finanzergebnis zusammen. Außerordentliche Ergebnisse einschließlich der Ergebnisse aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen und Geschäftsaktivitäten würden grundsätzlich einer dieser Kategorien zugeordnet, allerdings mit Ausnahme von derart außergewöhnlichen Ergebnissen, für die wegen der gebotenen Transparenz des Jahresabschlusses eine gesonderte Ausweisung vorgeschrieben sei (§ 277 Abs. 4 HGB). Zu dieser Kategorie gehöre das außerordentliche Ergebnis aus der Veräußerung der Sparte S. , das qualitativ und quantitativ weit über die vorgenannten - im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb auftretenden - Veräußerungsergebnisse hinausgehe. Wegen der Regelungen in § 277 Abs. 4 HGB sei auch der Nachweis entsprechender Vorgänge im Rahmen der Prüfung eines Erlassantrags unschwer möglich und führe nicht zu einer unangemessenen administrativen Belastung seitens der Beklagten, zumal das Erlassverfahren kein Massenverfahren sei. Die Erhebung der Umlage auf ein außerordentliches Ergebnis i.S.v. § 277 Abs. 4 HGB führe ersichtlich zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Klägerin im Vergleich zum Durchschnitt der übrigen Kammerzugehörigen, weil derartige Vorgänge bei der Mehrheit der Kammermitglieder selten seien. Ferner wachse der Kammer in derartigen außerordentlichen Veräußerungsfällen eine additionelle Bemessungsgrundlage zu, da an einen anderen Unternehmensträger veräußerte Betriebe ihre Leistungskraft prinzipiell nicht verlören. Die Kammer könne daher von einer fortgesetzten Beitragsleistung dieser Betriebe ausgehen und erhalte zusätzlich die volle Umlage auf das außerordentliche Verkaufsergebnis. Dieses offensichtlich unangemessene Ergebnis sei durch einen rechtsfehlerfreien Gebrauch der Erlassvorschrift des § 18 der Beitragsordnung vermeidbar und daher herbeizuführen. |
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| Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich eine Verletzung des Äquivalenzprinzips aus der völligen Beitragsfreiheit großer Teile der Mitglieder ergebe. So hätten nach der Gewerbesteuerstatistik 2004 61 % der Gewerbesteuerpflichtigen einen Steuermessbetrag von Null und würden somit zu den Kammerbeiträgen maximal mit dem Grundbetrag herangezogen. |
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| den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Kammerbeitrag für das Jahr 2006 in einer Höhe von 67.986,54 EUR zu erlassen. |
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| Einwendungen gegen den Beitragsbescheid vom 11.03.2009 seien unbeachtlich, da dieser bestandskräftig geworden sei. Ein Erlassantrag könne stets nur mit den Umständen des Einzelfalles begründet werden und sei nicht dazu geeignet, Einwände gegen das Gewerbesteuerrecht zu berücksichtigen und indirekt den Gewerbeertrag oder den Zerlegungsanteil zu korrigieren. Eine persönliche Härte sei nicht erkennbar, auch keine unbillige Härte aus sachlichen Gründen. Sachliche Unbilligkeit setze voraus, dass die Erhebung einer Abgabe nach dem Zweck der zugrundeliegenden Norm nicht zu rechtfertigen sei und deren Wertungen zuwiderlaufe. Dabei müssten jedoch sämtliche Folgen unbeachtet bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringe. Eine Billigkeitsmaßnahme dürfte nicht dazu führen, dass die generelle Geltungsanordnung einer Rechtsgrundlage unterlaufen werde. Nach § 3 Abs. 3 S. 6 IHKG i.V.m. § 7 Abs. 1 der Beitragsordnung richte sich die Kammerumlage nach dem Gewerbeertrag. Diese gesetzliche Verknüpfung sei vom Normgeber gewollt und könne daher im Erlassverfahren nicht überprüft werden. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Bemessung der Beitragsforderung nach dem Gewerbeertrag im Falle der Klägerin unbillig sein solle. Eine Ungleichbehandlung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil alle Mitglieder, die einen gleich hohen Gewerbeertrag erzielten, in gleicher Weise zum Beitrag herangezogen würden. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass es sich bei der Veräußerung von Betriebsteilen um einen einmaligen Vorgang handele, der nur selten anfalle. Die Art des gewerblichen Vorgangs, aus dem ein Gewerbeertrag entstanden sei, bleibe nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers im Regelfall ohne Bedeutung. Auch der Umstand, dass der Veräußerungserlös nach § 277 Abs. 4 HGB als „außergewöhnlicher Ertrag“ im Jahresabschluss gesondert auszuweisen war, gebiete keine andere Beurteilung, da diese Vorschrift erkennbar einen anderen Schutzzweck verfolge. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. |
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