Beschluss vom Verwaltungsgericht Trier (1. Kammer) - 1 L 1375/16.TR

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. März 2016 verfügte Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes und des unmittelbaren Zwangs wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Der dahingehend auszulegende Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom ... gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Pflicht zur Herausgabe des Führerscheins mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. März 2016 wiederherzustellen bzw. gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Anordnungen des Bescheids hinsichtlich der Zwangsmittelandrohungen und Gebührenfestsetzung anzuordnen, ist zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

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Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO - statthaft. Der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch hat, soweit er sich gegen die Fahrerlaubnisentziehung und die Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins des streitgegenständlichen Bescheides richtet, wegen der angeordneten sofortigen Vollziehung keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Soweit er sich gegen die in dem Bescheid enthaltene Androhung des Zwangsgeldes und des unmittelbaren Zwangs sowie die ausgesprochene Gebührenfestsetzung richtet, kommt ihm bereits von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. §§ 20 AGVwGO, 66 LVwVG).

3

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere gemäß § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend mit den überragenden Interessen der Verkehrssicherheit begründet.

4

Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Bescheides, was die Entziehung der Fahrerlaubnis anbelangt, das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, weil der Bescheid insoweit rechtmäßig ist und es aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist, das Führen von Kraftfahrzeugen durch den Antragsteller auch schon vor Bestandskraft des angefochtenen Bescheides zu unterbinden.

5

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers sind §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV. Danach darf die Behörde auf die Ungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er ein von ihm gefordertes Gutachten nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt. Dieser Schluss, den die Antragsgegnerin aus der nicht erfolgten Vorlage eines ärztlichen Gutachtens durch den Antragsteller gezogen hat, ist nur zulässig, wenn das Gutachten in formell und materiell rechtmäßiger Weise angefordert wurde. Davon ist hier auszugehen.

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Die Anordnung der Antragsgegnerin vom 29. Juli 2015 stützt sich zu Recht auf § 13 Nr. 1 FeV und § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV. Danach ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten – hier durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung – beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit rechtfertigen.

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Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung bestehen keine Bedenken. Dem Antragsteller sind darin alle gemäß § 11 Abs. 6 FeV erforderlichen Informationen und Hinweise erteilt worden.

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Nach § 46 Abs. 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die in §§ 11 bis 14 FeV geregelten Aufklärungsmaßnahmen zu treffen. Gemäß § 13 Nr. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde zwingend die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf diese nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen und die Fahrerlaubnis entziehen. Dies setzt zum einen gemäß § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV voraus, dass der Betroffene bei Anordnung auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV hingewiesen wurde. Zum anderen ist aber auch erforderlich, dass die Voraussetzungen für die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens vorlagen, diese somit rechtmäßig war, und dass die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

9

Ein Hinweis auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV war in der Anordnung zur Vorlage des ärztlichen Gutachtens vom 29. Juli 2015 enthalten.

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In materieller Hinsicht lagen vorliegend auch hinreichende Tatsachen für die Annahme von Alkoholabhängigkeit vor. Angesichts dessen, dass das auf § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV gestützte Verlangen der Vorlage eines ärztlichen Gutachtens dazu dienen soll, das Bestehen einer Alkoholabhängigkeit zu klären, ist nicht erforderlich, dass sich aus den vorliegenden Tatsachen bereits massive Anhaltspunkte für eine Fahrungeeignetheit ergeben oder dass gar bereits der volle Beweis für die Fahrungeeignetheit erbracht ist. Es genügen vielmehr alle Verdachtsmomente, die – sei es auch erst in ihrer Zusammenschau – das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit hinreichend wahrscheinlich machen.

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In materieller Hinsicht liegen jedenfalls aufgrund einer Gesamtschau der in der Anordnung im Einzelnen angeführten Umstände auch nach Auffassung der Kammer hinreichende Tatsachen vor, welche die Annahme einer Alkoholabhängigkeit des Antragstellers begründen können.

12

Im Gegensatz zu dem in Ziffer 8.1 der Anlage 4 FeV aufgeführten Alkoholmissbrauch, von dem dann auszugehen ist, wenn ein Bewerber oder Inhaber einer Fahrerlaubnis das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann, ohne bereits abhängig zu sein, sind Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit nach 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung die Diagnosekriterien nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen ICD-10. Maßgebend sind danach ein süchtiges Verlangen des Betroffenen nach Alkohol, eine eingeschränkte Fähigkeit, den Alkoholkonsum zu steuern, ein körperliches Entzugssyndrom bei Reduktion des Alkoholkonsums, eine Toleranzbildung, eine Interessenseinengung und anhaltender Konsum trotz Folgeschäden. Die sichere Diagnose „Abhängigkeit“ sollte nur gestellt werden, wenn während des letzten Jahres mindestens drei Kriterien gleichzeitig vorhanden waren. Objektive Anknüpfungstatsachen sind neben den eigenen Angaben des Betroffenen die anlagebezogenen Vorfälle und die festgestellten Atem- bzw. Blutalkoholkonzentrationen (vgl erkennendes Gericht, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 1 L 1434/10.TR -, vgl. auch VG Neustadt, Beschluss vom 29. Mai 2013 – 1 L 372/13.NW -).

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Angesichts dieser auf wissenschaftliche Erkenntnisse gestützten Bewertungen ist jeder Hinweis auf Alkoholabhängigkeit eines Fahrerlaubnisinhabers geeignet, Bedenken gegen seine Fahreignung zu begründen.

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Eine singulär gebliebene, auch höhere Alkoholkonzentration stellt zunächst für sich allein wohl noch keine ausreichende Hinweistatsache auf eine mögliche Alkoholabhängigkeit dar, worin das Gericht dem Antragsteller folgt. Ein solcher Fall liegt bei ihm aber gerade nicht vor. Vielmehr sind hier zusätzlich besondere Umstände erkennbar geworden, die zumindest den Verdacht auf eine mögliche Alkoholabhängigkeit rechtfertigen können:

15

Bei dem streitgegenständlichen Vorfall vom Juli 2015 fiel der Antragsteller ausweislich des dazu gefertigten polizeilichen Einsatzprotokolls dadurch auf, dass er nach Zeugenangaben ebenso wie ein weiterer Begleiter Räder an einem fremden Fahrrad, welches an einem Fahrradständer gesichert war, abmontierte und mitnahm. Auf dem weiteren Weg in eine Gaststätte verhielt sich insbesondere der Antragsteller „äußerst aggressiv“. Er trat ständig mit Füßen gegen Häuserwände, Straßenschilder oder Verkehrseinrichtungen. Ebenso wurden dazu die mitgeführten Räder verwendet. Auf den Vorfall angesprochen, zeigte sich der Antragsteller „absolut uneinsichtig“. Er habe provoziert und sei aggressiv gewesen. Weiter hatte er ausweislich des Einsatzberichts den hohen Atemalkoholwert von 1,37 Promille erreicht; umgerechnet ein BAK –Wert von ca. 2,5 Promille (vgl. VG München, Beschluss vom 28. März 2014 – M 1 E 14.1045-, BayVGH, Beschluss vom 29. Oktober 2009 zum AAK- Wert von 1,40 mg/l: Bandbreite je nach Messmethode zwischen 2,94 und 3,24 Promille). Ein Wert von über 1,5 Promille rechtfertigt schon die Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und einer gewissen Giftfestigkeit (vgl. Begründung zu 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien). Er stellt damit – auch als singulärer Wert – jedenfalls ein Indiz dafür dar, dass die betreffende Person in hohem Maße alkoholgewöhnt ist (vgl. erneut die Begutachtungsleitlinien sowie BayVGH, Beschluss vom 20. Dezember 2004 – 11 CS 03.3412 – und VG München, Beschluss vom 26. Mai 2003 – M 6a S 03.2117 –, beide juris). Auch wenn der festgestellte Wert hier nicht auf einer Blutuntersuchung, sondern auf einer Atemalkoholmessung beruht, ist er für das vorliegende Verfahren, in dem es nicht um eine strafrechtliche Sanktionierung, sondern um Anhaltspunkte für eine weitere behördliche Sachaufklärung geht, verwertbar (vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 29. Mai 2013, a.a.O., VG Augsburg, Beschluss vom 17. Dezember 2002 – Au 3 K 02.1183 -, juris).

16

Der Antragsteller hat keinerlei Umstände vorgetragen, die Zweifel daran begründen könnten, dass die gemessene Atemalkoholkonzentration auf einen tatsächlich erfolgten, entsprechend hohen Konsum von alkoholischen Getränken zurückzuführen ist. Dazu kommt, dass der Antragsteller trotz der Wirkungen des Alkohols offenbar keine Ausfallerscheinungen gezeigt hat. So wirkte er nach dem Polizeibericht trotz Alkoholisierung „absolut klar und berechnend“. Diesen im Polizeibericht festgehaltenen tatsächlichen Umständen ist er nicht substantiiert entgegengetreten, so dass die Angaben der Polizei derzeit vom Gericht zugrunde zu legen sind. Sie stellen neben dem Atemalkoholwert eine zusätzliche Hinweistatsache dafür dar, dass bei ihm eine erhöhte Toleranz gegenüber dem Suchtmittel als Anknüpfungstatsache für den Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeit vorliegt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 28. Februar 2005 – 7 B 10167/05.OVG –; vgl. auch die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des VG Augsburg vom 8. Mai 2007 – Au 3 K 07.105 –).

17

Es liegt zudem nicht fern, dass das im Polizeibericht festgehaltene auffällige aggressive Verhalten zumindest mitursächlich auf eine nicht mehr sozialadäquate Alkoholisierung und einen dadurch bedingten Verlust der affektiven Steuerungsfähigkeit gegenüber der Umwelt zurückzuführen war. Jedenfalls liegen für die Kammer derzeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich das Verhalten des Antragstellers anders als alkoholbedingt erklären könnte.

18

Es liegen entgegen der Auffassung des Antragstellers vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Grundlagen auch keine widersprüchlichen Feststellungen im Einsatzbericht vor, sofern er als „klar und berechnend“ und „aggressiv“ beschrieben wurde. Die Feststellungen stehen möglicherweise mit anzudenkender Gewöhnung an das Rauschmittel und mit dem Umstand möglicher alkoholbedingter erhöhter Reizbarkeit in Einklang. Beides schließt sich nach den dargelegten Erkenntnissen nicht gegenseitig aus.

19

Nach alledem ergeben sich jedenfalls aus der Gesamtschau der vom Antragsgegner herangezogenen tatsächlichen Umstände hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Alkoholabhängigkeit des Antragstellers im Sinne des § 13 Nr. 1 FeV.

20

Der danach zulässigen Anordnung eines ärztlichen Gutachtens steht schließlich nicht entgegen, dass die Fahrerlaubnisverordnung in § 13 Nr. 2 c) FeV ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille erst im Zusammenhang mit einer Verkehrsteilnahme die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vorsieht. Demgegenüber ist es im Rahmen des vorliegend geforderten fachärztlichen Gutachtens gemäß § 13 Nr. 1 FeV gerade nicht erforderlich, dass der Betreffende unter Alkoholeinwirkung am Straßenverkehr teilgenommen hat, d.h. die zu fordernden - und hier vorliegenden – Hinweistatsachen auf eine Alkoholabhängigkeit müssen nicht in einer Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss bestehen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 28. Februar 2005 – 7 B 10167/05.NW –; VG Augsburg, Urteil vom 17. Dezember 2002, a.a.O.). Es geht hier nämlich nicht um die Frage, ob der Antragsteller zwischen Trinken und Fahren trennen kann, was nur durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung geklärt werden könnte. Diese unterliegt als erheblich weiter reichender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht den besonderen Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 FeV und setzt ab einer Blutalkoholkonzentration ab 1,6 Promille deshalb zusätzlich einen Bezug zum Straßenverkehr voraus. Eine solche medizinisch-psychologische Untersuchung wird vom Antragssteller aber gerade nicht gefordert, ihre Voraussetzungen dürften derzeit auch nicht vorliegen. Aus den speziellen Anforderungen an die Auflage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung lassen sich indessen keine Rückschlüsse auf die Zulässigkeit einer (nur) ärztlichen Begutachtung gemäß § 13 Nr. 1 FeV herleiten.

21

Der zulässigen Anordnung steht rechtlich ferner nicht entgegen, dass dem Gutachter auch die Frage nach dem Alkoholmissbrauch bzw. der Erwartung zukünftigen verkehrs- bzw. strafrechtlich relevanten Verhaltens gestellt werden sollte. Richtig ist zwar, dass § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV nur erlaubt, ein ärztliches Gutachten anzufordern, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen; jedoch ordnet die Fahrerlaubnisbehörde nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für (fahrerlaubnisrechtlichen, vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. März 2009 – 11 CE 08.3308 –) Alkoholmissbrauch vorliegen. Aus dem Kontext dieser beiden Vorschriften ergibt sich, dass im Rahmen eines nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV angeordneten ärztlichen Gutachtens auch gefragt werden darf, ob Anzeichen für Alkoholmissbrauch im medizinischen Sinn, also für übermäßigen, schädlichen Gebrauch vorliegen; schließlich hat sich das Gutachten nach Anlage 15 zur FeV (vgl. dort Nr. 1 Buchst. a Satz 2) an die durch die Fahrerlaubnisbehörde vorgegebene Fragestellung zu halten. Der medizinische Alkoholmissbrauch kann bei der gutachterlichen Abklärung, ob Alkoholabhängigkeit vorliegt, ohne zusätzlichen Aufwand mitüberprüft werden. Hierzu bedarf es keiner weiteren Ausforschung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 – 11 CS 13.2562 -, m.w.N.). Entsprechendes gilt für die Frage, ob zu erwarten ist, dass erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche und/oder strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werden wird, dies zumal nach dem Akteninhalt strafrechtliches Verhalten in Rede steht. Soweit im vorliegenden Verfahren vorgebracht wurde, dass es sich um ein „Schrottrad“ gehandelt haben soll, dessen Reifen entwendet worden waren, so hat der Antragsteller dies nicht substantiiert. Aus dem Akteninhalt lässt sich für diesen Vortrag auch nichts herleiten.

22

Durfte die Antragsgegnerin nach alledem von der Ungeeignetheit des Antragstellers ausgehen, weil er das von ihr zu Recht geforderte ärztliche Gutachten nicht vorgelegt hat, ist auch nach Auffassung des Gerichts das überwiegende öffentliche Interesse am Sofortvollzug in dem gebotenen effektiven Schutz des öffentlichen Straßenverkehrs zu sehen. Die gegenläufigen privaten Interessen des Antragstellers treten dahinter zurück. Aus dem Umstand des geltend gemachten Angewiesenseins auf die Fahrerlaubnis aus beruflichen Gründen ergibt sich sogar noch eine gesteigerte Gefährdung für die öffentliche Sicherheit, der mit sofortiger Wirkung zu begegnen ist.

23

Die Ablieferungspflicht hinsichtlich des Führerscheins folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV.

24

Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die in dem Bescheid enthaltene Gebührenfestsetzung (vgl. §§ 1 bis 4 i.V.m. Ziff. 206 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 26. Juni 1970, BGBl I 1970, 865, 1298, in der Fassung vom 11. Februar 2011, BGBl. I 98). Da der Antragsteller insoweit keine Einwände erhoben hat und die Maßnahme der Entziehung die Gebührenpflicht bereits auslöst, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

25

Der streitgegenständliche Bescheid enthält jedoch keine ordnungsgemäße Androhung der Vollstreckungsmaßnahmen, da vorliegend nebeneinander die Festsetzung eines Zwangsgeldes „sowie die zwangsweise Einziehung der Fahrerlaubnis“ angedroht wurde. Gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 LVwVG muss sich die Androhung auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Werden mehrere Zwangsmittel angedroht, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewandt werden sollen (§ 66 Abs. 3 Satz 2 LVwVG), was im Bescheid nicht der Fall war. Weder aus dem Tenor noch aus der Begründung ist erkennbar, in welcher Reihenfolge die parallel angedrohten Zwangsmittel des Zwangsgelds (§ 64 LVwVG) und des unmittelbaren Zwangs (§ 65 LVwVG) zur Vollstreckung gebracht werden sollen. Eine Androhung, mit der sich die Vollstreckungsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält, ist unzulässig (vgl. § 66 Abs. 3 Satz 3 LVwVG; vgl. auch: VG Trier, Beschluss vom 13. August 2015 - 1 N 2340/15.TR -).

26

Nachdem der Antrag nur in geringem Umfang Erfolg hat, erscheint es gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO angemessen, den Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten ganz tragen zu lassen (vgl. VG Bayreuth, Beschluss vom 17. Februar 2014 – 1 B S 14.19 -).

27

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 GKG i.V.m. Ziffer 46 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichte 2013. Da hier die Fahrerlaubnisklasse B die Einschlussklassen AM und L enthält (vgl. § 6 FeV), ist der Streitwert für das Eilverfahren auf 2.500,00 € festzusetzen.

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