Beschluss vom Verwaltungsgericht Würzburg - W 8 K 18.1040

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre Klage gegen den Bescheid des Beklagten (vertreten durch das Landratsamt Bad K.) vom 26. Juli 2018, in dem gegenüber der Klägerin die Duldung der Wegnahme, Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung ihrer beiden Pferde angeordnet wurde.

1. Mit Bescheid vom 26. Juli 2018 ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin an, dass sie die Wegnahme, Unterbringung, Verpflegung und Veräußerung der Pferde „U.“, geb. 24. Oktober 2014, und „P.“, geb. 15. Mai 2015, die dem Tierhalter Herrn B. G. durch Bescheid vom 6. Februar 2018 ab dem 5. März 2018 weggenommen, untergebracht, verpflegt und am 26. April 2018 veräußert worden sind, zu dulden hat (Nr. 1). Der Sofortvollzug dieses Bescheids wurde angeordnet (Nr. 2). Kosten für diesen Bescheid wurden nicht erhoben (Nr. 3). In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Bei der Tierhaltung durch den Tierhalter B. G. seien wiederholt Mängel festgestellt worden in Form eines fehlenden oder unzureichenden Witterungsschutzes, einer mangelhaften und nicht artgerechten Versorgung mit geeignetem Futter und Wasser und eines (wiederholt) reduzierten Ernährungszustandes. Zudem sei der Aufenthaltsbereich der Pferde stark verschlammt und verkotet gewesen. Es habe regelmäßig wiederkehrende und nicht dauerhaft abgestellte Mängel in der Gestaltung und Funktionsfähigkeit der Haltungseinrichtung und Einzäunung gegeben. Wiederholt seien Mängel in der Pflege der Tiere, insbesondere der Hufpflege, festgestellt worden. Aufgrund der bei der Kontrolle am 13. Oktober 2017 wiederholt festgestellten Mängel sei an B. G. am 25. Oktober 2017 ein zwangsgeldbewehrter Auflagenbescheid ergangen. Nachdem diese Anordnungen nicht erfüllt worden seien, sei gegenüber B. G. am 6. Februar 2018 ein Pferdehalte- und Betreuungsverbot ausgesprochen worden. Am 15. März 2018 seien unter anderem die beiden streitgegenständlichen Pferde der Klägerin abgeholt und am 26. April 2018 weiterveräußert worden. Die Duldungsanordnung gegenüber der Klägerin sei notwendig, da dem jeweiligen Eigentümer ein Recht an den Tieren zustehe, das die Zwangsmaßnahmen dagegen rechtlich hindern könnte. Die Duldungsanordnung diene auch dem Zweck, sicherzustellen, dass die Pferde ohne rechtliche Hindernisse auf Dauer aus dem Zugriffsbereichs des Pferdehalters Herrn B. G. verbracht, entsprechend versorgt, anderweitig untergebracht und an einem geeigneten Pferdehalter weiter veräußert werden konnten. Sie sei geeignet und erforderlich, um eine dauerhafte tierschutzgerechte Haltung und Betreuung der Pferde sicherzustellen. Die Rückführung an die Klägerin als milderes Mittel komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe mehrmals geäußert, dass sie aufgrund einer chronischen Krankheit und der damit einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht in der Lage sei, sich um die Pferde zu kümmern. Die erforderliche tierschutzgerechte Haltung habe somit nur durch Wegnahme und Weitervermittlung an zuverlässige Dritte gewährleistet werden können.

2. Am 9. August 2018 erhob die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte,

  • 1.Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 26. Juli 2018, Az.: 33-5680/4, wird aufgehoben.

  • 2.Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe bewilligt.

Zur Begründung gab sie zu Protokoll an: Am 15. März 2018 seien ihr die beiden Pferde weggenommen und ein paar Tage später bei Facebook veräußert worden. Die Klägerin habe bereits Klage gegen die Wegnahme der Pferde erhoben und die Rückführung beantragt. Die Pferde seien am 15. März 2018 weggenommen worden und nicht, wie im Bescheid angegeben, am 5. März 2018. Die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, sich zu der Wegnahme zu äußern bzw. zeitnah gegen die Wegnahme vorzugehen, da sie bislang keinen Bescheid über die Wegnahme erhalten habe. Die Klägerin finde es verwunderlich, dass nun etwa fünf Monate später eine Duldungsanordnung komme. Im Verfahren des Lebensgefährten Herrn B. G. sei außerdem bereits die Rechtswidrigkeit des unmittelbaren Zwangs festgestellt worden.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 31. August 2018:

- Die Klage wird abgewiesen.

- Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Zur Klageerwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Ausführungen der Klägerin sei die Wegnahme der Pferde nicht mit dem Datum am 5. März 2018, sondern ab dem 5. März 2018 angegeben. Die Feststellung der Rechtwidrigkeit des unmittelbaren Zwangs im Verfahren des Lebensgefährten habe keinen maßgeblichen Einfluss auf das anhängige Verwaltungsverfahren. Die Duldungsanordnung richte sich dagegen gegen die Klägerin als Duldungspflichtige, um rechtliche Hindernisse des Vollzugs zu beseitigen und als Gestaltungsakt zivilrechtliche Ansprüche der Duldungspflichtigen auszuschließen. Die vorgebrachten Einwände der Klägerin rechtfertigten auch zum jetzigen Zeitpunkt keine andere Entscheidung. Auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Juli 2018 werde vollumfänglich verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte einschließlich der Akten der Verfahren W 8 K 18.926 und W 8 E 18.927 bzw. W 5 K 16.293 und W 5 S 16.298 und betreffend den Lebensgefährten W 8 K 18.205 und W 8 S 18.206 bzw. den Vater W 8 K 18.1115 sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die erhobene Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.

Gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Klage gegen die Duldungsanordnung hat nach summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klage ist unbegründet, da die Duldungsverfügung rechtmäßig ist.

Die Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben Eigentümerin der Pferde „U. und P.“ ist, hat weder dargelegt noch nachgewiesen, dass sie in der Lage gewesen ist, eine dauerhafte, den Anforderungen des § 2 entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung ihrer beiden Pferde sicherzustellen. Wie bereits in den Verfahren gegen den Lebensgefährten B. G. (vgl. VG Würzburg, B.v. 07.03.2018 - W 8 S 18.206 - juris; U.v. 16.07.2018 - W 8 K 18.205 - juris) ausgeführt, waren die Tiere beim Lebensgefährten der Klägerin unter tierschutzwidrigen Umständen untergebracht und versorgt, worauf diesem auch die Haltung und Betreuung der Pferde untersagt wurde. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 als Zeugin ausdrücklich ausgesagt, dass sie selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, die Pferde zu versorgen. Die Klägerin hat des Weiteren in der Vergangenheit nichts unternommen, um die tierschutzwidrigen Zustände und die tierschutzwidrige Behandlung der Pferde durch den Lebensgefährten zu unterbinden. Die Klägerin hat bis heute keine überzeugenden konkreten Angaben über das etwaige Vorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit gemachte und auch nicht erklärt, wie sie in der Folgezeit eine artgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere gewährleisten können wolle (vgl. schon im Einzelnen VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 - W 8 E 18.927 - juris).

Rechtsgrundlage für die Duldungsverfügung ist § 16a TierSchG. Gemäß § 16a Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG ermächtigt die zuständige Behörde gegenüber dem Halter zur Fortnahme der Tiere, wenn diese erheblich vernachlässigt sind oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufweisen. Die Anordnungen können auch gegen den Eigentümer gerichtet sein, wenn sie zur Durchsetzung einer gegen den Halter erlassenen tierschutzrechtlichen Anordnung nötig sind, um die tierschutzwidrigen Bedingungen zu beseitigen. § 16a TierSchG bietet somit auch die Rechtsgrundlage für die Duldungsanordnung gegenüber der Eigentümerin, soweit diese erforderlich ist, um bei der Vollstreckung von Anordnungen nach dem Tierschutzgesetz etwa entgegenstehende private Rechte Dritter auszuräumen (VG München, B.v. 11.7.2000 - M 22 S 00.2921 - juris Rn. 27).

Im Rahmen der Duldungsverfügung ist aufgrund ihres Sinn und Zwecks zu prüfen, ob der Eigentümer im Falle der Rückgabe der Tiere an ihn in der Lage wäre eine tierschutzgerechte Haltung des Tieres zu gewährleisten. Denn Sinn und Zweck der Duldungsverfügung ist es in Bezug auf den Eigentümer sicherzustellen, dass ein Tier, das ein anderer Tierhalter tierschutzwidrig gehalten hat, nicht wieder an den Eigentümer herauszugeben ist, wenn dieser eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung nicht sicherstellen kann (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 38).

Nach dem aktuellen Sachstand war und ist die Klägerin nicht in der Lage, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung ihrer beiden Pferde sicherzustellen. Die Klägerin hat sich lediglich auf ihre formale Eigentümerstellung und die Rechtswidrigkeit des unmittelbaren Zwangs gegenüber B. G. berufen. Ein Vorbringen oder gar einen Nachweis, ob und wie sie selbst im Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides im Stande gewesen wäre, eine mangelfreie Ernährung, Pflege und Unterbringung ihrer Pferde sicherzustellen, hat die Klägerin dagegen nicht geleistet. Hierfür sind auch keine sonstigen Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr spricht für die gegenteilige Annahme, dass die Klägerin ihre beiden Pferde selbst nicht tierschutzgerecht gehalten und einem Tierhalter überlassen hatte, der nicht zu einer mangelfreien Tierhaltung in der Lage gewesen ist (vgl. VG Würzburg U.v. 16.7.2018 - W 8 K 18.205 - juris). Die Klägerin stand während des Verwaltungsverfahrens sowohl mit dem Tierhalter, ihrem Lebensgefährten, als auch mit dem Landratsamt bzw. mit dem Veterinäramt in Kontakt und hatte dadurch die Kenntnis von den seitens des Landratsamts beanstandeten tierschutzwidrigen Mängeln. Dennoch hat die Klägerin nicht einmal versucht, die tierschutzwidrige Haltung zu verbessern, geschweige denn erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung vorgenommen. Weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren hat die Klägerin ansatzweise die Einsicht gezeigt, dass die Tierhaltung durch B. G. tierschutzwidrig war und hätte verbessert werden müssen. Die Klägerin hat vielmehr auch als Zeugin im Verfahren W 8 K 18.205 deutlich gemacht, dass sie selbst mit der Haltung der Tiere nichts mehr zu tun haben wolle (vgl. auch schon VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 - W 8 E 18.927 - juris Rn. 30, S. 10 des Beschlussabdrucks).

Auch der Einwand der Klägerin, sie habe keine Möglichkeit gehabt, sich zu der Wegnahme zu äußern bzw. zeitnah gegen die Wegnahme vorzugehen, da sie bislang keinen Bescheid über die Wegnahme erhalten habe, verfängt nicht. Zunächst ist festzuhalten, dass der gegenüber ihrem Lebensgefährten B. G. als Halter ergangene Bescheid vom 6. Februar 2018, mit dem dieser unter anderem zur Duldung der Wegnahme und Veräußerung der Pferde verpflichtet wurde, mangels dinglicher Wirkung für sich nicht in die Rechte der Klägerin eingriff, sondern nur die Rechtsbeziehung zwischen dem Lebensgefährten B. G. als Adressaten des Bescheides und den Beklagten regelte (vgl. OVG Bremen, B.v. 29.10.2018 - 1 B 230/18 - juris).

Unabhängig davon hat das Gericht keine Zweifel, dass der Klägerin sowohl die tierschutzwidrigen Umstände als auch der an ihren Lebensgefährten ergangene Bescheid mit der diesem gegenüber angeordneten Duldung der Wegnahme und Weiterveräußerung der Tiere bekannt waren. Gleichwohl hat die Klägerin nichts unternommen, um für tierschutzgemäße Zustände bzw. konkret eine anderweitige tierschutzgerechte Unterbringung und Haltung zu sorgen.

Das Gericht hat den Eindruck, dass sich die Klägerin nunmehr auf ihre formale zivilrechtliche Eigentümerposition beruft, ohne auch nur ansatzweise eine tierschutzgerechte Haltung ihrer Pferde gewährleisten zu können. Vor diesem Hintergrund erscheint der Erlass einer Duldungsanordnung das zweckdienliche und auch verhältnismäßige Mittel, um dauerhaft und rechtlich einwandfreie tierschutzgerechte Haltung und Betreuung der Pferde durch Dritte sicherzustellen. Durch die Nachholung der Duldungsanordnung werden jedenfalls im Nachhinein etwaige Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Übereignung an Dritte endgültig beseitigt. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Dritten mittlerweile Eigentum erworben haben und die Klägerin ihr Eigentum verloren hat. Eine Rückabwicklung der Veräußerung der Tiere kommt nicht mehr in Betracht (vgl. auch OVG Bln-Bbg, B.v. 08.10.2018 - OVG 5 S 13.18 - juris).

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