Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 10 S 236/22

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2022 - 4 K 185/22 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin richtet sich gegen die Wiederherstellung bzw. - in Bezug auf die Androhung von Zwangsmitteln - Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 19.01.2022 gegen ihre versammlungsrechtliche Allgemeinverfügung vom 19.12.2021 (zuletzt geändert durch Allgemeinverfügung vom 31.01.2022). Mit dieser hat die Antragsgegnerin unter Anordnung des Sofortvollzugs in ihrem Stadtgebiet alle mit generellen Aufrufen zu „Montagsspaziergängen“ oder „Spaziergängen“ in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen unabhängig vom Wochentag und unabhängig davon, ob einmalig oder wiederkehrend stattfindend, untersagt (Ziff. 1. Buchst. c in der Fassung vom 19.12.2022 bzw. Ziff. 1 in der Fassung vom 31.01.2022) und für den Fall der Zuwiderhandlung die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht (Ziff. 2). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, bei den untersagten Zusammenkünften seien erhebliche Gefahren für hochrangige Rechtsgüter Dritter zu befürchten, insbesondere dadurch, dass es zu einer erheblichen Anzahl physischer Kontakte komme, die Mindestabstände nicht eingehalten würden und keine geeignete Mund-Nasen-Bedeckung getragen werde. In Ansehung des derzeitigen Infektionsgeschehens kämen Versammlungen nur unter Einhaltung infektionshygienischer Auflagen in Betracht, sofern zudem eine hinreichende Gewähr bestehe, dass diese Auflagen auch mehrheitlich umgesetzt würden. Dabei sei die Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen, insbesondere die Einhaltung von Mindestabständen, ggf. Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, auch im Freien erforderlich, um das Übertragungsrisiko zu minimieren. Nach der Risikobewertung des Robert Koch-Instituts (RKI) stelle das generelle Tragen von Masken in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum weiterhin unabhängig vom individuellen Impfschutz einen wichtigen Schutz vor einer Übertragung durch Tröpfchen bei einem engen Kontakt dar. Wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern ohne Maske unterschritten werde, z. B. bei größeren Menschenansammlungen, bestehe auch im Freien ein Übertragungsrisiko. Die Einhaltung dieses Mindestabstands sei nach der Gefahrenprognose bei Durchführung der untersagten Versammlungen nicht gewährleistet. Vielfältige Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit hätten gezeigt, dass die Rechtstreue der „Querdenker-Szene“ letztlich nur als Lippenbekenntnis zu werten und im Gegensatz dazu vielmehr zu erwarten sei, dass zahlreiche Teilnehmende an solchen Versammlungen gerade nicht zuverlässig die Gewähr böten, auf die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Anforderungen effektiv hinzuwirken. Es sei zu erwarten, dass auch bei den untersagten Versammlungen vielfach insbesondere die erforderlichen Mindestabstände nicht eingehalten und keine geeigneten Mund-Nasen-Bedeckungen ordnungsgemäß getragen würden. In der Vergangenheit habe sich bei ähnlichen Veranstaltungen gezeigt, dass die Teilnehmenden zwar nach Ansprache der Versammlungsleitung durchaus bereit gewesen seien, sich an verfügte Auflagen zu halten, ohne permanente bzw. wiederholte Ansprache durch die Versammlungsleitung jedoch immer wieder gravierende Verstöße gegen die Abstands- und die Maskenpflicht zu verzeichnen gewesen seien. Eine Auflösung solcher Versammlungen sei zur effektiven Abwehr der Infektionsgefahren nicht in gleicher Weise geeignet, weil sie eine ggf. irreparable Verwirklichung der Gefahrensituation für Versammlungsteilnehmer, Polizeibeamte und Passanten nicht verhindern könne. Aus Gründen des effektiven Schutzes von Leib und Leben sei in der aktuellen angespannten Pandemielage nur ein präventives Vorgehen verhältnismäßig. Die gezielte Umgehung von rechtlichen Vorgaben, die wie das Anmeldungserfordernis gemäß § 14 VersG dem Schutz von Rechtsgütern zu dienen bestimmt seien, sei überdies nicht schutzwürdig, so dass das Instrument des Versammlungsverbots als ultima ratio auch zum Zweck des Infektionsschutzes, d. h. zum Schutz von Leib und Leben, eingesetzt werden könne.
Das Verwaltungsgericht hat dem Aussetzungsantrag des Antragstellers stattgegeben, weil das von der Antragsgegnerin verfügte Versammlungsverbot den an eine solche Maßnahme zu stellenden materiellen Anforderungen nicht gerecht werde. Es beruhe zwar auf einer tauglichen Rechtsgrundlage, die sich aus § 15 Abs. 1 VersG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 CoronaVO ergebe. Die Antragsgegnerin habe bei deren Anwendung jedoch die sich verfassungsrechtlich aus Art. 8 GG ergebenden Vorgaben verkannt. Die Pflicht zur optimalen Wahrung der Versammlungsfreiheit gebiete neben einer hohen Wahrscheinlichkeit in der Gefahrenprognose die vorherige Ausschöpfung aller sinnvoll anwendbaren Mittel zur Ermöglichung der Grundrechtsverwirklichung friedlicher Demonstranten. Dem werde die angegriffene Allgemeinverfügung nicht gerecht. Bereits die von der Antragsgegnerin angestellte Gefahrenprognose begegne Bedenken. Allein die Verletzung der Anmeldepflicht sei für sich genommen nicht geeignet, ein Versammlungsverbot zu tragen. Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit könne zwar darauf beruhen, dass die Versammlungsbehörde aufgrund einer unterbliebenen Anzeige keine gefahrenabwehrenden Sicherheitsmaßnahmen treffen könne. Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben, weil die Antragsgegnerin selbst davon ausgehe, dass auf ihrer Gemarkung planmäßig immer montags unangemeldete Versammlungen stattfänden und sie deshalb in die Lage sei, hierauf gefahrenabwehrrechtlich etwa durch den Vorhalt adäquater Polizeikapazitäten zu reagieren. Aus der angestellten Prognose ergebe sich auch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass es bei der Durchführung der untersagten Versammlungen durch die Nichteinhaltung erforderlicher Mindestabstände oder das Nichttragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu einem Infektionsgeschehen innerhalb der Versammlung oder zu einer Übertragung des Corona-Virus auf Dritte kommen könnte. Allein der Umstand, dass in der Vergangenheit Teilnehmer mehrheitlich keine Mund-Nasen-Bedeckungen getragen hätten, reiche für sich genommen nicht aus, um die Prognose einer besonders schwerwiegenden Infektionsgefahr bei künftigen unangemeldeten Versammlungen dieser Art zu begründen. Zum einen gehe der Landesverordnungsgeber in der Corona-Verordnung (Corona-VO) gegenwärtig davon aus, dass die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 m im öffentlichen Raum zur Vermeidung eines Ansteckungsrisikos ausreichend sei. Zum anderen führe die Antragsgegnerin selbst aus, dass angemeldete Versammlungen in der Vergangenheit jedenfalls nach entsprechenden Ansprachen weitgehend störungsfrei hätten durchgeführt werden können. Weshalb dies nicht auch bei unangemeldeten Versammlungen gelingen solle, erschließe sich nicht. Auch in solchen Fällen könnten die Sicherheitskräfte auf die Versammlungsteilnehmer einwirken, um die Wahrung des Abstands- und Maskentragungsgebots zu erreichen. Entscheidend zur Rechtswidrigkeit des Versammlungsverbots führe dessen fehlende Erforderlichkeit, weil der Antragsgegnerin mildere Mittel zur Verfügung stünden, um der befürchteten Gefahr einer Verbreitung des Corona-Virus im Rahmen derartiger Versammlungen zu begegnen. So könne die Antragsgegnerin für sämtliche Versammlungen in ihrem Stadtgebiet das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und die Einhaltung bestimmter Mindestabstände zwischen den Teilnehmern anordnen. Dass derartige Anordnungen generell unbeachtet bleiben würden, sei nach den Erfahrungen in der Vergangenheit nicht ersichtlich. Auch erschließe sich nicht, welcher Unterschied in der Gefahrenbeurteilung im Vergleich zu angemeldeten Versammlungen bestehen sollte, wenn auf Grund von Verstößen gegen solche Vorgaben eine Versammlungsauflösung notwendig werde. Auch ein relevanter Mangel an Polizeikräften sei nicht dargetan, zumal sich die Antragsgegnerin auf die jeden Montag stattfindenden Versammlungen organisatorisch und personell einstellen könne.
II. Die hiergegen von der Antragsgegnerin fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) hat Erfolg.
1. Sie ist trotz Ablaufs des ursprünglich nur bis zum 31.01.2022 reichenden Geltungszeitraums der Allgemeinverfügung (Ziff. 5 der Allgemeinverfügung vom 19.12.2021) zulässig. Eine Erledigung ist nicht eingetreten, weil die Antragsgegnerin mit der weiteren Allgemeinverfügung vom 31.01.2022 deren Fortgeltung bis zum 14.02.2022 angeordnet hat und die Wirkungen der streitigen Regelungen daher nicht weggefallen sind (vgl. insoweit Riese in Schoch/Schneider, VwGO, § 113 Rn. 112, 115). Der Widerspruch des Antragstellers ist vor diesem Hintergrund sachdienlich dahin auszulegen, dass er sich gegen die Allgemeinverfügung auch in der Fassung der Verfügung vom 31.01.2022 richtet. Es ist insbesondere nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller nicht auch im Februar 2022 an Veranstaltungen teilnehmen möchte, die unter die fortgeltende Untersagungsregelung fallen. Dementsprechend ist auch die angegriffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht gegenstandslos geworden. Da mit der Allgemeinverfügung vom 31.01.2022 kein neuer Verwaltungsakt erlassen wurde, sondern nur die Wirkungsdauer der Allgemeinverfügung vom 19.12.2021 verlängert wurde, bleibt es vielmehr bei der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des - sich in sachdienlicher Auslegung auch auf die geänderte Allgemeinverfügung beziehenden - Widerspruchs des Antragstellers. Die Antragsgegnerin ist durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts somit weiter beschwert und in der Folge beschwerdebefugt.
2. Die Beschwerde ist auf Grundlage der von der Antragsgegnerin dargelegten, nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigenden Gründe begründet. Danach erweist sich die angegriffene Allgemeinverfügung aller Voraussicht nach als rechtmäßig, weswegen das - formal auch ordnungsgemäß begründete (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) - öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Vollziehbarkeit gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt und dem Antrag deswegen der Erfolg versagt bleiben muss.
a) Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung ist § 15 Abs. 1 VersG, wonach die zuständige Behörde Versammlungen verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen kann, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei ihrer Durchführung unmittelbar gefährdet ist. Die Untersagung einer Versammlung nach dieser Vorschrift ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (Beschlussabdruck S. 4 f.) - nicht etwa deswegen „gesperrt“, weil § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG die Untersagung von Versammlungen nach dem Ende (§ 5 Abs. 1 Satz 3 IfSG) der vom Deutschen Bundestag - auf Grund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 - zuletzt am 25.08.2021 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite (BGBl. I S. 4072) als infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme ausschließt (vgl. ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.01.2022 - 9 S 178/22 - unv.; BayVGH, Beschlüsse vom 19.01.2022 - 10 CS 20.162 - BeckRS 2022, 921 und vom 17.01.2022 - 10 CS 22.126 - unv., jeweils zu Art. 15 BayVersG; VG Freiburg, Beschluss vom 27.01.2022 - 8 K 165/22 - BeckRS 2022, 752 Rn. 13; VG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2022 - 1 K 371/22 - juris Rn. 14; offenlassend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.01.2022 - 7 B 10005/22 - juris Rn. 8 ff.). Dies ergibt sich bereits aus dem unterschiedlichen Regelungsgegenstand beider Vorschriften, nämlich einerseits der allgemeinen Eingriffsbefugnis der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 VersGZuV i. V. m. § 106 Abs. 1 Nr. 3 PolG) zur Abwehr polizeirechtlich relevanter Gefahren bei der Durchführung von Versammlungen und andererseits infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen durch die hierfür zuständigen Behörden (gegenwärtig regelmäßig das Gesundheitsamt, vgl. § 1 Abs. 6a IfSGZustV) zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus. Es spricht vor diesem Hintergrund alles dafür, dass § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG ausschließlich die Befugnis der Gesundheitsbehörden betrifft, rein auf den Schutz vor infektionsschutzrechtlichen Gefahren im Zusammenhang mit der COVID-19 gestützte Versammlungsverbote zu erlassen (vgl. zutreffend VG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2022 - 14 K 119/22 - juris Rn. 80; VG Stuttgart, Beschluss vom 12.01.2022 - 1 K 80/22 - juris Rn. 16). Es erscheint vor diesem Hintergrund auch zweifelhaft, ob in dem von der Antragsgegnerin als Rechtsgrundlage ebenfalls angeführten § 12 Abs. 2 Corona-VO, demzufolge Versammlungen verboten werden können, sofern der Schutz vor Infektionen anderweitig, insbesondere durch Auflagen, nicht erreicht werden kann, eine bereichsspezifische Konkretisierung der versammlungsrechtlichen Befugnisnorm des § 15 Abs. 1 VersG gesehen werden kann und ob diese Vorschrift noch von einer tauglichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, wofür allerdings die Überleitungsvorschrift des § 28a Abs. 9 Satz 1 IfSG sprechen könnte. Dies muss im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht entschieden werden, weil sich aus § 12 Abs. 2 Corona-VO keine abweichenden Anforderungen an die Untersagung von Versammlungen ergeben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.01.2022 a. a. O.). Insbesondere wird eine dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterfallende Versammlung nicht allein deswegen pauschal verboten werden können, weil sie wie jede größere Menschenansammlung zu infektionsschutzrechtlich ggf. unerwünschten Kontakten führt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.01.2022 a. a. O. Rn. 20).
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein auf § 15 Abs. 1 VersG gestütztes Versammlungsverbot sind aller Voraussicht nach erfüllt.
aa) Der Senat folgt dabei zumindest für das vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht der Auffassung, dass ein präventives, potentiell auch „friedliche“ Veranstaltungen betreffendes Verbot unangemeldeter Versammlungen durch Allgemeinverfügung für eine prinzipiell unbestimmte Vielzahl von Versammlungen im Stadtgebiet der hier in Rede stehenden Art („Montagsspaziergänge“, „Spaziergänge“) nur unter den Voraussetzungen des polizeilichen Notstands erlassen werden dürfte (so VG Stuttgart, Beschluss vom 12.01.2022 a. a. O. Rn. 42; vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 31.01.2022 - 1 BvR 208/22 - juris Rn. 7). Bei solchen Versammlungsverboten darf allerdings die besondere Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nicht verkannt werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.04.2021 - 1 S 1304/21 - juris Rn. 10 m. w. N.) Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig. Versammlungsverbote dürfen dabei nur verhängt werden, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen und soweit der hierdurch bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG auch in Ansehung der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für das demokratische und freiheitliche Gemeinwesen insgesamt nicht außer Verhältnis steht zu den jeweils zu bekämpfenden Gefahren und dem Beitrag, den ein Verbot zur Gefahrenabwehr beizutragen vermag (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.01.2022 a. a. O. Rn. 5 m. w. N. zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Solche Eingriffe kommen nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist, d. h. wenn der von der Versammlungsbehörde anzustellenden Gefahrenprognose konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zu Grunde liegen, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben; bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2010 - 1 BvR 2636/04 - NVwZ-RR 2010, 625; ThürOVG, Beschluss vom 04.07.2019 - 3 EO 467/19 - DVBl 2020, 53).
Für die Gefahrenprognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit sie bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplanten Versammlung aufweisen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 31.01.2022 a. a. O. Rn. 9 und vom 12.05.2010 a. a. O. = juris Rn. 17). Dabei liegt, nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts, die auf die Konzeption der Grundrechte als Abwehrrechte abgestimmt sind, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von freiheitseinschränkenden Maßnahmen bei der Behörde (BVerfG, Beschluss vom 04.09.2009 - 1 BvR 2147/09 - NJW 2010, 141 = juris Rn. 13). Aufgabe der Gerichte ist es zu prüfen, ob die von der Versammlungsbehörde für die Beurteilung der Gefahrenlage herangezogenen Tatsachen unter Berücksichtigung des Schutzgehalts des Art. 8 GG in nachvollziehbarer Weise auf eine unmittelbare Gefahr hindeuten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.01.2022 a. a. O. Rn. 22 m. w. N.).
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bb) Auch nach diesen strengen Maßstäben ist die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden.
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(1) Die Allgemeinverfügung stützt sich nicht allein auf den Verstoß gegen die Anmeldepflicht aus § 14 VersG. Es trifft zwar zu, dass allein die unangemeldete Durchführung einer Versammlung deren Verbot grundsätzlich nicht rechtfertigt, weil hieraus noch nicht der Schluss auf eine hohe Wahrscheinlichkeit des Schadenseitritts gezogen werden kann und nicht zuletzt sog. „Spontandemonstrationen“ oder auch „Eildemonstrationen“ mit Blick auf die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 GG nicht verunmöglicht bzw. unzumutbar erschwert werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 - BVerfGE 69, 315 und vom 23.10.1991 - 1 BvR 850/88 - BVerfGE 85, 69). Hierum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Denn die Antragsgegnerin begründet die Untersagung der „Montagsspaziergänge“ und anderer „Spaziergänge“ nicht mit deren bloßer Nichtanmeldung, sondern es geht ihr vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemielage darum, die Einhaltung der geltenden Coronaschutzbestimmungen, insbesondere die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m (§ 2 Corona-VO) und der Maskenpflicht (§ 3 Corona-VO) ggf. auch durch entsprechende Auflagen sicherzustellen und so Krankheitsübertragungen entgegenzuwirken. Eben dies zu vereiteln ist naheliegender Zweck der Durchführung der untersagten Veranstaltungen als unangemeldete „Spaziergänge“ (vgl. zu dieser Bewertung auch BVerfG, Beschluss vom 31.01.2022 a. a. O. Rn. 9). Unabhängig davon liegt jedenfalls auf der Hand, dass es mit deren Nichtanmeldung unmöglich gemacht wird, den Versammlungsteilnehmern aufzugeben, Verantwortliche und eine hinreichende Anzahl von Ordnern zu benennen, welche auf die Einhaltung der allgemeinen Coronaschutzbestimmungen oder etwaiger spezifischer versammlungsrechtlicher Auflagen hinwirken (vgl. zutreffend VG Freiburg, Beschluss vom 24.01.2022 - 4 K 142/22 - juris Rn. 28). In der Vereitelung gefahrenabwehrender Sicherungsmaßnahmen durch die hier planmäßige Nichtanmeldung kann aber eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gesehen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.2012 - 1 BvQ 4/12 - NVwZ 2012, 749; VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2021 - 3 K 4579/21 - juris Rn. 40 zur hier streitigen Allgemeinverfügung; Wache in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 238 EL. 2021, § 15 VersG Rn. 8).
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(2) Anders als das Verwaltungsgericht hält der Senat die Prognose der Antragsgegnerin, dass bei den „Spaziergängen“ die Maskenpflicht respektive das Abstandsgebot nicht nur vereinzelt nicht eingehalten werden und hiermit ganz erheblich erhöhte Ansteckungsgefahren einhergehen, für überzeugend. Die Antragsgegnerin stützt sich für diese Einschätzung auf Erfahrungen etwa bei dem „Spaziergang“ / „Lichterlauf“ am 13.12.2021, als sich ca. 100 Personen versammelt haben und bei denen teils die Mindestabstände nicht eingehalten und nur vereinzelt Mund-Nasen-Bedeckungen getragen wurden, wobei die Versammlungsroute durch die Karlsruher Innenstadt führte. Bei einer weiteren - angemeldeten - Veranstaltung am 18.12.2021 bedurfte es, ebenso wie bei einer solchen am 08.01.2022, wiederum wiederholter Interventionen seitens der Versammlungsleitung, um wiederholte Verletzungen des Abstandsgebots und der Maskenpflicht abzustellen. Vergleichbares ließ sich bei einer Versammlung am 20.12.2021 feststellen, die ihrerseits Gegenstand des in Ziff. 1 Buchst. a und b der Allgemeinverfügung in der Fassung vom 19.12.2021 verfügten Verbots war (vgl. hierzu VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2021 a. a. O. Rn. 43). Eine nachhaltige Verbesserung dieser Situation kann der Senat anders als das Verwaltungsgericht nicht erkennen, wobei in die Bewertung einer solchen ohnehin der Umstand des laufenden Eilverfahrens einzustellen wäre, unter dessen Eindruck ein zwischenzeitliches Wohlverhalten möglicherweise nur erfolgt sein könnte. Die Einschätzung der Antragsgegnerin wurde aber bestätigt durch die Erfahrungen bei einer weiteren Versammlung am 10.01.2022, als ca. 300 Personen durch die Innenstadt zogen, es immer wieder zu Unterschreitungen des Mindestabstands kam und eine Vielzahl der Teilnehmer keine Masken trug oder Masken nicht ordnungsgemäß verwendete. Sie deckt sich mit der einschlägigen Presseberichterstattung und den - in der Begründung der Allgemeinverfügung zum Teil auch wiedergegebenen - Erfahrungen mit dem Phänomen der von Kritikern der „Coronapolitik“ auch andernorts praktizierten „Spaziergänge“. Dass es bei solchen Demonstrationszügen - möglicherweise auch als Ausdruck des Protests gegen geltende Schutzmaßnahmen - regelhaft und in erheblichem Ausmaß zu Verstößen gegen die Bestimmungen der Corona-VO kommt, erscheint dem Senat nach allen verfügbaren Informationen insgesamt naheliegend. Daher führt der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Effektivität des Mindestabstands von 1,5 m zur Minimierung des Ansteckungsrisikos (Beschlussabdruck S. 12) nicht weiter.
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(3) Wie das Verwaltungsgericht und entgegen der Auffassung des Antragstellers geht auch der Senat davon aus, dass auch bei Veranstaltungen im Freien wie hier den „Spaziergängen“ ein ganz erhebliches Ansteckungsrisiko besteht, wenn eine Vielzahl von Menschen wie hier in Innenstadtlagen von Großstädten ohne geeignete Schutzmaßnahmen zusammenkommt (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „Coronavirus SARS-CoV-2: Erhöhte Ansteckungsgefahr in Herbst und Winter“, insbesondere „Wieso ist die Ansteckungsgefahr draußen geringer als drinnen?“, https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/basisinformationen/coronavirus-sars-cov-2-ansteckung-und-uebertragung/#c16164). Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass die Teilnehmer dieser Veranstaltungen, wie auch bei anderen Demonstrationen üblich, ihrer Meinung durch Rufe, Sprechchöre oder auf andere die Gefahr der Verbreitung von Aerosolen begründende Weise Ausdruck zu verleihen pflegen. In Anbetracht der Ansteckungsgefahr auch im Freien schreibt § 3 Abs. 2 Nr. 2 Corona-VO das Tragen vom Masken auch im Freien vor, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen nicht zuverlässig eingehalten werden kann. Letzteres wird man bei den in Rede stehenden „Spaziergängen“, die üblicherweise durch Innenstadtbereiche führen, im Regelfall annehmen müssen.
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(4) Die Bezugnahme der Antragsgegnerin auf die aktuelle Pandemielage ist ebenfalls gerechtfertigt. Die Neuinfektionen in Karlsruhe liegen mit einer 7-Tage-Inzidenz von 1.259,6 (Stand: 03.02.2022) auf sehr hohem Niveau und sind auch im Vergleich zur Vorwoche nochmals stark angestiegen. Das RKI schätzt die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland in seinem aktuellen wöchentlichen Lagebericht vom 03.02.2022 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-02-03.pdf?__blob=publicationFile) insgesamt als sehr hoch ein. Ursächlich hierfür seien das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikron-Variante, die sich deutlich schneller und effektiver verbreite als die bisherigen Virusvarianten. Durch den weiter schnellen Anstieg der Infektionsfälle könne eine Überlastung des Gesundheitssystems und ggf. weiterer Versorgungsbereiche nicht ausgeschlossen werden. Die Infektionsgefährdung wird für die Gruppe der Ungeimpften als sehr hoch, für die Gruppen der Genesenen und Geimpften mit Grundimmunisierung (zweimalige Impfung) als hoch und für die Gruppe der Geimpften mit Auffrischimpfung (dreimalige Impfung) als moderat eingeschätzt. Grundsätzlich sollten alle nicht notwendigen Kontakte reduziert und Reisen vermieden werden. Sofern Kontakte nicht gemieden werden könnten, sollten sie auf einen engen, möglichst gleichbleibenden Kreis von Personen beschränkt werden, Masken getragen, Mindestabstände eingehalten und die Hygiene beachtet werden. Größere Veranstaltungen und enge Kontaktsituationen sollten gemieden werden. Angesichts dieser Lage kann an der Einschätzung, dass „Montagsspaziergänge“, bei denen der Mindestabstand (§ 2 Corona-VO) - typischerweise - nicht zuverlässig eingehalten wird und bei denen in signifikantem Umfang gegen die in diesem Fall geltende Maskenpflicht (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 Corona-VO) verstoßen wird, eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gegeben ist, kein ernstlicher Zweifel bestehen. Dies schließt freilich nicht aus, dass die von solchen Veranstaltungen ausgehende Gefahr unter anderen Rahmenbedingungen, etwa dann, wenn sie in Orten stattfinden, in denen sich erfahrungsgemäß weniger Teilnehmer zu „Spaziergängen“ zusammenfinden oder die Einhaltung des Mindestabstands sonst zuverlässig gewährleistet werden kann, anders zu beurteilen sein mag (vgl. hierzu VG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2022 a. a. O. Rn. 97).
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c) Die Untersagung erweist sich schließlich auch als verhältnismäßig. Ihr kann insbesondere nicht die Erforderlichkeit abgesprochen werden. Anders als dem Verwaltungsgericht erschließt sich dem Senat die Unterscheidung zwischen angemeldeten und unangemeldeten Veranstaltungen in diesem Zusammenhang ohne Weiteres. Denn bei angemeldeten Versammlungen besteht auf Grund der diesen vorangehenden Kooperationsgesprächen die Möglichkeit, einem etwaigen Fehlverhalten von Teilnehmern mit Blick auf die Einhaltung der Coronaschutzbestimmungen durch ein geeignetes Schutzkonzept, die Benennung eines Versammlungsleiters als Ansprechpartner für die Sicherheitsbehörden sowie insbesondere durch eine ausreichende Anzahl von Ordnern vorzubeugen. Es ist ferner plausibel, dass die Ansprache eines Versammlungsleiters bzw. von dessen Ordnern am ehesten die Gewähr dafür bieten, dass die Schutzbestimmungen bzw. etwaige infektionsschutzrechtliche Auflagen eingehalten werden. Eben dies haben die Erfahrungen der Antragsgegnerin gezeigt, nach denen sich Teilnehmer durch - wenn auch wiederholte - Aufforderungen bei angemeldeten Versammlungen von Verstößen gegen die jeweiligen Bestimmungen abbringen ließen. Die Antragsgegnerin hat insoweit die nachvollziehbare Einschätzung geäußert, dass es ohne die ständige Ansprache auch bei angemeldeten Versammlungen zu weitaus mehr Verstößen gegen die Coronaschutzbestimmungen gekommen wäre. Dass die Einwirkung auf die Teilnehmenden letztlich erfolgreich gewesen sei, sei auch der hohen Akzeptanz der dortigen Anmelderin in den Reihen der teilnehmenden Personen zuzuschreiben. Demgegenüber sei bei den nicht angemeldeten Versammlungen immer wieder zu beobachten gewesen, dass selbst die einfachsten Infektionsschutzmaßnahmen nicht eingehalten würden. Zudem hätten die Teilnehmer etwa bei der Versammlung am 10.01.2022 unwirsch und nur zögerlich auf die Ansprache von Polizeivollzugsbeamten reagiert. Teilweise hätten sie zudem unbeteiligte Passanten aufgefordert, sich dem Aufzug anzuschließen und hierfür die getragenen Masken abzusetzen.
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Erkennt man an, dass es bei angemeldeten Versammlungen auch mit Blick auf die Verantwortlichkeit des Versammlungsleiters nicht in so erheblichem Umfang zu solchen Verstößen kommt wie bei unangemeldeten, wozu gerade auch die vorherige Kooperation mit der Versammlungsbehörde dient, ergibt sich hieraus zugleich ein evident anderes Gefahrenpotential. Anders als das Verwaltungsgericht meint, kann diesem durch die Anordnung einer generellen Maskenpflicht, die sich bei den hier in Rede stehenden Versammlungen überdies im Regelfall schon aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 Corona-VO ergeben dürfte, erkennbar nicht wirksam begegnet werden. Gleiches gilt für eine Abstandsregelung, die sich angesichts der regelmäßig vergleichsweise großen Teilnehmerzahl und der gewählten Versammlungsrouten durch die Karlsruher Innenstadt in dem mit Blick auf den Infektionsschutz notwendigen Maß kaum wirksam durchsetzen lassen wird. Ein besonderes Gefahrenpotential bergen unangemeldete „Spaziergänge“ auch bei einer ggf. notwendigen Versammlungsauflösung, die beim Vorhandensein eines verantwortlichen Versammlungsleiters in geordneteren Bahnen ablaufen kann als bei unangemeldeten Versammlungen. Dies gilt umso mehr, wenn man wiederum die nicht unerhebliche Teilnehmeranzahl an den „Spaziergängen“ und deren üblicherweise gewählten Durchführungsort in belebten und mitunter auch beengten Innenstadtlagen einer Großstadt in Rechnung stellt. Vor diesem Hintergrund muss sich die Antragsgegnerin auch nicht darauf verweisen lassen, die „Spaziergänge“ bei Verstößen erheblichen Umfangs gegen die Coronaschutzbestimmungen nachträglich aufzulösen und hierfür an Montagen eine ausreichende Anzahl an Einsatzkräften vorzuhalten. Ungeachtet dessen, ob die Antragsgegnerin entsprechende Vorkehrungen zu treffen in der Lage wäre, wobei sie das Gegenteil jedenfalls nicht ausreichend belegt hat, handelt es sich hierbei ersichtlich um eine mit Blick auf die abzuwehrende Gefahr nicht gleich effektive Maßnahme und damit auch nicht um ein im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigendes milderes Mittel. Der Senat teilt vielmehr die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass sich die Gefahr im Fall der Notwendigkeit einer Versammlungsauflösung zumindest teilweise bereits realisiert hat, da die zu vermeidenden Ansteckungssituationen dann bereits eingetreten sind. Das damit ersichtlich verbundene Infektionsrisiko muss die Antragsgegnerin auch in Anbetracht der gegenwärtig angespannten Pandemielage nicht hinnehmen. Hinzu kommt, dass derartige Auflösungen gerade ohne Vorhandensein einer Versammlungsleitung, soweit sie in den hier besonders betroffenen Innenstadtlagen und der Anzahl der Teilnehmer überhaupt durchgeführt werden können, ihrerseits unvermeidlich in nicht unerheblichem Umfang mit infektionsschutzrechtlich unerwünschten Kontakten verbunden sein werden. Auch mit Blick auf das Verhalten der Versammlungsteilnehmer gegenüber Polizeikräften in der Vergangenheit (vgl. etwa Einsatzbericht vom 10.01.2022) verspricht ein Vorgehen im Einzelfall ersichtlich keinen annähernd gleichen Erfolg des streitgegenständlichen Versammlungsverbots (vgl. in Bezug auf vergleichbare Erfahrungen zutreffend VG Freiburg, Beschluss vom 27.01.2022 a. a. O. Rn. 28). Andere mildere Mittel sind nicht ersichtlich, wobei der Antragsgegnerin insoweit auch deswegen keine weitergehende Suchpflicht angesonnen werden kann, weil durch das Konzept der unangemeldeten „Spaziergänge“ eine Kooperation, in deren Rahmen einvernehmlich Maßnahmen bzw. Konzepte vereinbart werden könnten, zielgerichtet gerade verhindert werden soll. Auch in Anbetracht dessen bleibt nur die ultima ratio des Versammlungsverbots (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 a. a. O. = juris Rn. 93).
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Das Verbot ist auf Grund des vor dem Hintergrund der momentan zugespitzten und sich weiterhin äußerst dynamisch entwickelnden Pandemielage besonders hohen Grads an Gefährdung für die Gesundheit nicht nur der Versammlungsteilnehmer, sondern auch Dritter, nicht zuletzt der eingesetzten Einsatzkräfte oder auch unbeteiligter Passanten, aller Voraussicht nach auch angemessen, zumal es dem Antragsteller unbenommen bleibt, an angemeldeten Spaziergängen gegen die „Coronapolitik“ teilzunehmen. Insbesondere ist auch nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass gerade hinsichtlich der hier streitigen Durchführung solcher (nicht spontaner) Spaziergänge eine Pflicht der vorherigen Anmeldung eine relevante Erschwerung der Ausübung des Grundrechts aus Art. 8 GG darstellt. Illustriert wird dies dadurch, dass am 31.01.2022 ein Montagsspaziergang in Karlsruhe stattgefunden hat, der wegen seiner vorherigen Anmeldung nicht von der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin erfasst wurde.
18 
d) Der Antrag könnte schließlich selbst dann, wenn die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers als offen zu bewerten wären, keinen Erfolg haben. Denn die in diesem Fall durchzuführende Interessenabwägung fiele ebenfalls zu seinen Lasten aus. Auch müsste das erhebliche Gewicht des auf seiner Seite betroffenen Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG hinter den grundrechtlich durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützten Interessen der Allgemeinheit und die den Staat insoweit treffende Schutzpflicht zurücktreten. Hierbei wäre zum Nachteil des Antragstellers zu berücksichtigen, dass durch die Gestaltung der Versammlung als „Spaziergang“ eine Vorfeldkooperation und damit eine gegenüber dem Verbot grundrechtsschonende Begleitung der Versammlung durch die Versammlungsbehörde bewusst verhindert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.01.2022 a. a. O. Rn. 10). Die Möglichkeit, seinen Anliegen im Rahmen angemeldeter Versammlungen Ausdruck zu verleihen, bleibt dem Antragsteller demgegenüber unbenommen (vgl. insoweit BayVGH, Beschluss vom 19.01.2022 a. a. O. Rn. 20).
19 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
20 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 sowie §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Auf Grund des die Hauptsache hier im Wesentlichen vorwegnehmenden Charakters des vorläufigen Rechtschutzverfahrens besteht für eine Minderung des Streitwerts in Anwendung der Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Schoch/Schneider, VwGO, unter § 163) kein Anlass.
21 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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