Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 30. November 2021 - 3 K 2746/21 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, das durch Ausschreibung vom 3. April 2020 eingeleitete und durch Mitteilung vom 9. August 2021 abgebrochene Verfahren zur Besetzung des nach A 15 (XXX) bewerteten Dienstpostens der Leitung der Abteilung X - XXX - fortzusetzen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5 000 EUR festgesetzt.
| | Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe geben Anlass zu einer Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. |
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| | 1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. |
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| | Zwar soll der Dienstpostenvergabe nicht ohne Weiteres auch die Beförderung nachfolgen. Der Senat hat jedoch keine Zweifel, dass es sich um einen förderlichen Dienstposten im Sinne seiner Rechtsprechung handelt, für dessen Vergabe sogar Vorstellungsgespräche geführt wurden und der wegen seiner Vorwirkungen nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden soll. Entsprechend heißt es im Aktenvermerk vom 09.08.2021 über den Abbruch, dass eine am Grundsatz der Bestenauslese orientierte Bewerberauswahl nicht mehr möglich erscheine. |
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| | 2. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. |
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| | a) Hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen zur Dokumentationspflicht und zum Erfordernis eines sachlichen Grundes wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen (BA, S. 5, 4. Abs. sowie S. 6, 3. Abs.). Der Senat teilt jedoch nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass sich aus den - allein maßgeblichen - dokumentierten Gründe ein sachlicher Grund für einen Abbruch ergibt. In dem Vermerk vom 09.08.2021 wird insoweit ausgeführt, dass das Ausscheiden zweier aussichtsreicher Bewerber dazu führe, dass eine am Grundsatz der Bestenauslese orientierte Bewerberauswahl nicht mehr möglich erscheine. Weiter wird ausgeführt, dass nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg die Aufhebung eines Auswahlverfahrens zulässig sein soll, wenn seit der ursprünglichen Ausschreibung erhebliche Zeit verstrichen sei und der Dienstherr den Bewerberkreis aktualisieren möchte. Seit der Ausschreibung sei nunmehr über ein Jahr ohne Ergebnis vergangen. Das Ausscheiden zweier vielversprechender Kandidaten führe zudem zu einer nachträglichen Einengung des Bewerberkreises. Dies korrespondiere mit der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein sachlicher Grund zum Abbruch immer dann vorliege, wenn der Dienstherr aufgrund bestimmter Ereignisse ein neues Auswahlverfahren für erforderlich halte, etwa weil sich der Bewerberkreis nachträglich verändert habe. |
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| | b) Diese Erwägungen können den Abbruch im konkreten Fall nicht tragen. |
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| | aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, hatten zwar zum Zeitpunkt des Abbruchs die am zweit- und viertbesten beurteilten Bewerber ihre Bewerbungen bereits zurückgezogen; auch mag zudem ein Ausscheiden des besten Bewerbers hinreichend konkret bevorgestanden haben. Damit verblieben allerdings weitere vier Bewerberinnen und Bewerber, wobei nur der Antragsteller ebenso wie die beiden am besten und zweitbesten beurteilten Bewerber mit 10 Punkten beurteilt war. Dass eine solche Punktzahl etwa wegen der besonderen Bedeutung des Dienstpostens dem Antragsgegner für die Vergabe nicht ausgereicht hätte, ist vorliegend nicht erkennbar. In diesem Fall wäre ein Abbruch schon zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt - nämlich als feststand, dass keine Bewerber besser beurteilt waren - zu erwarten gewesen. Stattdessen wird im Vermerk vom 09.08.2021 auch der nur mit 9 Punkten beurteilte viertbeste Bewerber als vielversprechend bezeichnet. |
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| | Die Ausschreibung war auch nicht weitgehend unbeachtet geblieben, sondern hat zu einer größeren Anzahl anscheinend zunächst für aussichtsreich bzw. vielversprechend gehaltener Bewerbungen geführt, also einen größeren Kreis von an dem Dienstposten interessierten und zunächst auch vom Antragsgegner für geeignet gehaltenen Kandidaten zu einer Bewerbung veranlasst (vgl. demgegenüber BVerwG, Urteil vom 22.07.1999 - 2 C 14.98 -, Juris Rn. 29: „Bedenken gegen die Eignung des einzigen Bewerbers für den konkreten Dienstposten“). |
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| | Die Veränderung des Bewerberkreises dürfte im vorliegenden Fall zwar zu einer Einengung der ernsthaft in Betracht kommenden Bewerber geführt haben. Dies bedeutet jedoch zunächst nur eine Erleichterung der Auswahlentscheidung. Hingegen erschließt sich nicht, warum eine am Grundsatz der Bestenauslese orientierte Bewerberauswahl - noch dazu allein hinsichtlich eines Dienstpostens - nicht mehr möglich gewesen sein soll. Dass „ein sachlicher Grund zum Abbruch eines Auswahlverfahrens immer dann vorliegt, wenn der Dienstherr aufgrund bestimmter Ereignisse ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält“, wie es im Vermerk vom 09.08.2021 heißt, kann insbesondere dem angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.12.2014 - 2 A 3.13 - nicht entnommen werden. Vielmehr folgt im Anschluss an die Ausführungen, wonach das Bewerbungsverfahren durch einen wirksamen Abbruch beendet werden kann, wenn der Dienstherr die Stelle zwar weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält, dass diese Entscheidung nur wirksam ist, wenn sie rechtmäßig ist (Juris Rn. 17). |
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| | bb) Der Wunsch, den Bewerberkreis zu aktualisieren, kann einen sachlichen Grund für einen Abbruch darstellen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - 2 C 6.11 -, Juris Rn. 20 und 27, wo die Aktualisierung allerdings im Zusammenhang mit der gerichtlichen Beanstandung einer (ersten) Auswahlentscheidung oder dem Wunsch nach besser beurteilten Kandidaten genannt wird [s. jedoch bereits oben, dass das Notenniveau vorliegend offensichtlich für ausreichend erachtet wurde]). Ein solcher Wunsch nach Aktualisierung stellt jedoch nicht per se einen sachlichen Grund dar. Andernfalls verlöre die aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitete Voraussetzung jede Relevanz, weil eine spätere Neuausschreibung stets mit einer Aktualisierung, wenn auch nicht unbedingt mit einer Veränderung des Bewerberkreises einhergeht. |
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| | Eine Verfahrensdauer von - wie hier - einem Jahr und vier Monaten ist (leider) nicht ungewöhnlich lang. Auch bedarf es nach einem solchen Zeitraum zumindest in der Regel keiner Aktualisierung von Beurteilungen (vgl. allgemein BVerwG, Beschluss vom 02.07.2020 - 2 A 6.19 -, Juris Rn. 12 sowie BVerwG, Beschluss vom 10.05.2016 - 2 VR 2.15 -, Juris Rn. 21 ff. zum Zusammenhang mit einem Verfahrensabbruch). Schließlich ist nicht erkennbar, was den Antragsgegner daran gehindert hat, bereits früher eine Auswahlentscheidung zu treffen. |
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| | Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG und entspricht der des Verwaltungsgerichts. |
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