Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 30. April 2021 - 10 K 4809/18 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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| | Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen. |
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| | Die Kläger sind Miteigentümer der Grundstücke Flst.-Nrn. 73 und 75, Gartenstraße ... in ... H...-G.... Das Grundstück Flst.-Nr. 75 ist mit einem im Jahr 2000 genehmigten Wohnhaus bebaut, an das sich eine Garage anschließt, die sich auch auf das Grundstück Flst.-Nr. 73 erstreckt. Die Gebäude werden durch die Gartenstraße erschlossen. |
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| | G... liegt im ehemals württembergischen Landesteil von Baden-Württemberg. Das heutige Grundstück Flst.-Nr. 75 war nach den vorliegenden Plänen bereits 1821 mit einem Wohn- und Ökonomiegebäude bebaut. Bei dem Grundstück Flst.-Nr. 73 handelt es sich um ein Hinterliegergrundstück, das bis zur Bebauung im Jahr 2000 unbebaut war. |
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| | In den Jahren 2010 bis 2014 ließ die Beklagte die Gartenstraße ausbauen. Planungsrechtliche Grundlage hierfür war der Bebauungsplan „H... Fußweg“ vom 01.04.1981. |
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| | Mit Bescheiden vom 28.12.2015 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern als Gesamtschuldner für die Erschließungsanlage „Gartenstraße“ Erschließungsbeiträge in Höhe von 13.886,79 EUR für das Grundstück Flst.-Nr. 73 und in Höhe von 13.537,60 EUR für das Grundstück Flst.-Nr. 75 fest. Dabei ging sie von einem umlagefähigen Erschließungsaufwand von 128.822,11 EUR, einer Verteilungsfläche von 9.592 m², einer zu veranlagenden Grundstücksfläche von 806 m² (Flst.-Nr. 75) bzw. 827 m² (Flst.-Nr. 73) und einem Beitragssatz von 13,43 EUR/m² aus. Bezüglich eines ca. 42 m langen Teilstücks der Gartenstraße beginnend ab der östlich gelegenen G... Straße nahm die Beklagte an, es handele sich hierbei um eine historische Ortsstraße und damit um eine nicht mehr beitragsfähige selbständige Erschließungsanlage. |
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| | Die örtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beitragserhebung am 28.12.2015 ergeben sich aus dem nachfolgenden Lageplan: |
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| | Das in dem Lageplan erkennbare Wohnhaus mit angrenzender Scheune auf dem Grundstück Flst.-Nr. 69, Gartenstraße 1, ist zwischenzeitlich abgerissen worden. |
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| | Den von den Klägern gegen die Erschließungsbeitragsbescheide erhobenen Widerspruch wies das Landratsamt Sigmaringen mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2018 zurück. |
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| | Auf die von den Klägern daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 30.04.2021 die Beitragsbescheide der Beklagten vom 28.12.2015 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Sigmaringen vom 18.07.2018 aufgehoben. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Erhebung eines Erschließungsbeitrags sei nach § 49 Abs. 6 KAG ausgeschlossen. Denn bei der Gartenstraße handele es sich nicht nur hinsichtlich des von der Beklagten angenommenen Abschnitts beginnend ab ihrer Einmündung in die G... Straße um eine historische Ortsstraße, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am 01.01.1873 dem Anbau innerhalb der geschlossenen Ortslage gedient habe. Vielmehr erstrecke sich die historische Ortsstraße auf einen weiteren ca. 70 m langen Abschnitt der Straße jedenfalls bis auf die Höhe der heutigen Grenze zwischen den Grundstücken Flst.-Nr. 76/3 und 166/9. |
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| | Bereits die vorliegende Urkarte von 1821 spreche deutlich dafür, dass schon ca. 50 Jahre vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des 01.01.1873 der Außenbereich erst westlich und nördlich der alten A... Kapelle (die sich auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 166 etwa auf der Höhe des heutigen Wohngebäudes der Kläger befand) und der großen Wegefläche zwischen dieser und dem Hofgebäude Nr. 38 (auf dem heutigen Grundstück der Kläger Flst.-Nr. 75, Gartenstraße 6) begonnen habe. Die landwirtschaftlich genutzten Acker- und Wiesenflächen um den Ort G... herum seien in dem Plan klar abgegrenzt von den innerorts gelegenen Flächen von G... bestehend aus Wohn- und Ökonomiegebäuden sowie hierzu akzessorischen Baum- und Gemüsegärten. Zu diesen Innerortsflächen habe auch das damalige Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) auf dem heutigen Grundstück der Kläger gezählt sowie die vom Ortsweg Nr. 1 (der heutigen G... Straße) dorthin verlaufende Wegefläche (im Bereich der heutigen Gartenstraße). Es habe sich bei diesem zur Kapelle und zum Hof Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) verlaufenden Weg offensichtlich um eine Sackgasse am Ortsrand gehandelt, von der aus lediglich der - in der Urkarte durch gestrichelte Linien dargestellte - Fußweg über die Äcker, beginnend hinter der A... Kapelle, weiter in Richtung H... verlaufen sei. Das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) sei in dem Plan nicht als Außenbereichshof dargestellt, wie dies beispielsweise bei dem am M... Bach gelegenen Hof der Fall gewesen sei, sondern es sei optisch klar und deutlich innerörtlich gelegen dargestellt worden. Es habe auch keine Acker- und Wiesenflächen zwischen dem Hof Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) und dem südöstlich gelegenen Hofgebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40 auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 72, Gartenstraße 4) gegeben; dazwischen hätten sich nur Gemüse- und Baumgartenflächen befunden, also Flächen, die offensichtlich akzessorisch der dortigen innerörtlichen Nutzung der Gebäude zuzuordnen gewesen seien. |
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| | Hinzu komme die eindeutige und aussagekräftige Bezeichnung der heutigen Gartenstraße im Primärkataster von 1840 als „Ortsweg Nr. 9“ im Eigentum der Gemeinde, der ausgehend vom Ortsweg Nr. 1 bis zum Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) verlaufe (Ergänzungsband I Blatt 42). In dieser Ausdehnung sei der Ortsweg Nr. 9 auch unter den „Wegen im Ort“ geführt worden. Hätte es sich damals um einen Feld- bzw. Güterweg gehandelt, so wäre er im Kataster auch als solcher bezeichnet worden, wie dies bei den mit der Messurkunde von 1877/1878 belegten, neu entstandenen Feldwegen der Fall gewesen sei. Der Umstand, dass im vorliegenden Katasterauszug hinter der amtlich und in Sütterlin beschriebenen Lage des Weges „Beim Käppele“ mit Bleistift „H...-... Fußweg“ eingeschrieben worden sei, stehe dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn bei dieser Anmerkung handele es sich offensichtlich um eine nicht amtliche, nicht in Sütterlin angebrachte Anmerkung unklarer Urheberschaft. |
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| | Deutlich spreche auch die in der Messurkunde von 1862/1863 dargestellte Veränderung des Weges, der dort weiterhin als Ortsweg Nr. 9 im Eigentum der Gemeinde bezeichnet sei, für seine innerörtliche Lage. So sei hier nicht nur ein gleichmäßiger Kurveninnenradius ausgemarkt worden, sondern im Bereich der Hofstelle des Gebäudes Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) sei auch ein großer Teil der im Eigentum der Gemeinde stehenden Wegefläche dem Hofgrundstück zugeschlagen worden, ein weiterer Teil der Wegefläche der angrenzenden Ackerfläche. |
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| | Hintergrund hierfür könne der Wegfall des Platzbedarfs für die Besucher der vormals hier befindlichen St. A... Kapelle gewesen sein, die 1835 abgerissen worden sei. Dies könne aber letztlich offenbleiben. Denn jedenfalls lasse sich nicht feststellen, dass die bis zu diesem Zeitpunkt gegebene innerörtliche Erschließungsfunktion des Weges, der den Verkehr von und zu dem Hof Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) auf dem heutigen Grundstück der Kläger habe ermöglichen sollen, hierdurch in Wegfall geraten wäre. |
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| | Dem erstmals in der Karte von 1891 (im Ergänzungskarten-Atlas) ersichtlichen Zusatz „H... Fußweg“ könne nicht entnommen werden, dass dem vormaligen Ortsweg Nr. 9 bis zum klägerischen Grundstück nicht mehr die bis dahin bestehende Erschließungsfunktion zukomme. |
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| | Auch der Situationsplan vom 28.08.1873 in der Bauakte zum Bauvorhaben Josef S... anlässlich des 1873 erfolgten Abrisses und der Neuerrichtung von Teilen des Hofanwesens Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 72 (Gartenstraße 4) vermöge die vorgenannten klaren Indizien nicht zu erschüttern. Zwar sei in diesem Plan der im Kataster als Ortsweg Nr. 9 geführte Weg als Feld- und Güterweg bezeichnet, was ein Indiz für seine Außerortslage im hier relevanten Bereich sein könnte. Dieser Plan sei aber defizitär, weil er - insbesondere im Bereich des heutigen Grundstücks der Kläger Flst.-Nr. 75 - die Veränderungen anlässlich der Vermessung 1862/1863 nicht vollständig wiedergebe und der Weg „ins Nichts“ verlaufe. Auch fehle es in dem Situationsplan an der Angabe von Flurstücks- bzw. Parzellennummern. Schließlich sei der gesamte Weg beginnend ab dem Ortsweg Nr. 1 als Feld- und Güterweg bezeichnet worden, was im Hinblick auf die Bebauung im Einmündungsbereich evident unzutreffend sei. Die Bezeichnung des im Kataster weiterhin als „Ortsweg Nr. 9“ geführten Weges als „Feld- und Güterweg“ im Situationsplan sei im Übrigen nicht verbindlich. |
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| | Auch die im Jahr 1873 am Ortsweg Nr. 9 vorhandene Bebauung spreche für einen innerörtlichen Weg. Angesichts der dortigen, in den Karten auch dargestellten (westlichen) Hangkante (auf den heutigen Grundstücken Flst.-Nrn. 166/1 und 165) sei eine Bebauung lediglich im westlichen Bereich des heutigen Flurstücks Nr. 69 mit einem Gebäude möglich gewesen, eine weitere Bebauung des Kurvenaußenradius sei wegen der Hangkante ausgeschieden. Auch heute noch sei eine Bebauung dort offensichtlich nicht möglich, weshalb das Grundstück Flst.-Nr. 165 bei der Abrechnung der Gartenstraße auch nicht in die Oberverteilung einbezogen worden sei. |
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| | Im Kurveninnenradius wäre angesichts des Abstands zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) allenfalls eine Bebauung mit einem kleinen Gebäude möglich gewesen, nicht aber mit einem Haus mit Ökonomieteil in vergleichbarer Größe wie die vorhandenen Gebäude. Eine Bebauung wäre dort aufgrund der im Situationsplan von 1873 dargestellten Nutzungen als Gemüse- und Baumgärten der Anwesen Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) wohl auch nicht in Betracht gekommen. Sofern hier also überhaupt von einer Baulücke auszugehen sei, so vermöge diese mit Blick auf die vorhandene Bebauungsstruktur die Annahme einer bestehenden historischen Ortsstraße nicht auszuschließen. Vielmehr sprächen die allenfalls wenigen Baulücken (beidseits des Weges insgesamt maximal zwei) für eine 1873 hier weitestgehend abgeschlossene innerörtliche Bebauung, die am Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) geendet habe. |
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| | Nichts anderes folge schließlich aus dem auf Grundlage der am 01.01.1873 in Kraft getretenen Neuen Allgemeinen Bauordnung am 15.03.1878 durch das Oberamt S... genehmigten Ortsbauplan von G... und den dort eingezeichneten Baulinien. Zwar erstreckten sich diese im hier relevanten Bereich des Ortswegs Nr. 9 beidseits nur wenige Meter über den von der Beklagten als historisch angenommenen Abschnitt hinaus. Dies lasse aber nicht die Einstufung als historische Straße am maßgeblichen Stichtag 01.01.1873 entfallen. |
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| | Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 22.10.2021 - 2 S 2051/21 - zugelassene Berufung der Beklagten. Zur Berufungsbegründung macht sie zusammengefasst geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Abschnitt des damaligen Ortswegs Nr. 9 im Bereich der klägerischen Grundstücke Flst.-Nrn. 73 und 75 nicht als historische Straße zu qualifizieren. Er habe vielmehr zum damaligen Zeitpunkt aus der Ortslage in die freie Landschaft (den Außenbereich) hinausgeführt und habe keine innerörtliche Verkehrs- und im Wesentlichen abgeschlossene Anbaufunktion gehabt. |
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| | Dies lasse sich bereits der Urkarte aus dem Jahr 1821 entnehmen. Daraus ergebe sich, dass sich das damalige Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) außerhalb der geschlossenen Ortslage befunden habe. Zwischen dem von der Beklagten angenommenen Endpunkt der Außenkante des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) bis mindestens auf die Höhe der heutigen Grenze zwischen den Grundstücken Flst.-Nrn. 76/3 und 166/9 habe sich ein ca. 70 m langer Abschnitt der Straße befunden, der aus der Ortslage in den Außenbereich verlaufen sei. Dafür spreche auch, dass der Weg rechtwinklig abgeknickt sei und damit nicht den Charakter einer innerörtlichen Sackgasse gehabt habe. Die kleine im Jahr 1835 abgerissene St. A... Kapelle mit einer Grundfläche von lediglich 28 m² sei keine innerörtliche Kirche gewesen, sondern eine kleine Kapelle an dem im Außenbereich verlaufenden Verbindungsweg (Güter-/Feldweg) zur damaligen Nachbargemeinde H..., der in der Urkarte aus dem Jahr 1821 eingezeichnet sei. |
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| | Das damalige Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) sei deutlich abgesetzt gewesen von dem letzten noch zur geschlossenen Ortslage gehörenden Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) und habe deshalb nicht mehr an der zusammenhängenden Bebauung teilgenommen. Vielmehr sei hinter dem damaligen Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) eine deutliche Zäsur zu erkennen, die nicht als Baulücke qualifiziert werden könne. Denn die Siedlungsstruktur des Ortsteils sei hier nicht durch eine weiträumige Bebauung gekennzeichnet gewesen, sondern durch eine sehr eng zusammenliegende Bebauung. |
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| | Das Wegegrundstück sei im zweiten zu dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) verlaufenden Abschnitt ebenfalls im Außenbereich gelegen gewesen. Westlich und nördlich des Wegegrundstückes hätten sich nur Ackerflächen befunden. Auch westlich des Gebäudes Nr. 37 (ab 1862 Nr. 38, heute Gartenstraße 1) sei das Gelände unbebaut gewesen. |
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| | Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Urteil vom 24.02.1994 (- 2 S 1287/93 - juris Rn. 18) in einem Sonderfall angenommen, dass die überwiegend einseitige Bebauung einer etwa 240 m langen Straße mit insgesamt sechs Gebäuden, unbeschadet größerer unbebauter Abschnitte zwischen den einzelnen Gebäuden, im Einzelfall wegen der besonderen örtlichen Verhältnisse die Annahme einer historischen Ortsstraße rechtfertigen könne. Im vorliegenden Fall lasse sich eine in diesem Sinne aufgelockerte Streubebauung jedoch nicht erkennen. |
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| | Zu berücksichtigen sei auch, dass die an das Wegegrundstück angrenzenden Gartenflächen am 01.01.1873 nicht dem Eigentümer der Grundstücke Flst.-Nrn. 73 und 75 gehört hätten. Es treffe auch nicht zu, dass die Grundstücke Flst.-Nrn. 166/1 und 165 wegen einer Hangkante vor 1873 nicht bebaubar gewesen seien. Hierfür gebe es keine Belege. Die vorgelegten Fotos und Pläne zeigten vielmehr, dass dort kein steiler Hang vorhanden gewesen sei. Zwar seien diese Grundstücke heute nicht bebaubar. Dies liege aber ausschließlich an den Geruchsimmissionen durch einen benachbarten landwirtschaftlichen Betrieb und nicht an der vorhandenen sanften Böschung. |
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| | Durch die Arrondierung des Grundstücks Flst.-Nr. 75 mit dem östlichen Teil des bislang auskragenden Wegegrundstücks im Jahr 1862 sei das Grundstück Flst.-Nr. 75 nicht in den Innenbereich „hineingezogen“ worden. Die Messurkunde aus diesem Jahr zeige vielmehr, dass der Weg nur einseitig vermessen worden sei. Hieraus ergebe sich, dass die Entwicklung des Weges zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen sei. |
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| | Auch die Bezeichnung „Ortsweg bis zum Gebäude Nr. 38“ in dem Ergänzungsband I zum Primärkataster 1840, Blatt 42, stütze nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es handele sich auch bei dem Straßenteil im Bereich der Grundstücke der Kläger um eine historische Ortsstraße. Denn mit dieser Bezeichnung habe nicht konstitutiv der Charakter des damaligen Ortswegs Nr. 9 bis zum Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) als zum Anbau bestimmte Innerortsstraße festgeschrieben werden sollen. Ansonsten wäre nicht verständlich, warum im Ergänzungsband I zum Primärkataster 1840, Blatt 42, auch die Bezeichnung „H... Fußweg“ eingefügt worden sei. Aus dem Kataster ergebe sich lediglich, dass der Weg im Eigentum der Gemeinde gestanden habe. Noch im Jahr 1891 sei er im hinteren Bereich in einem amtlichen Plan als „H...-... Fußweg“ bezeichnet worden. Dies sei jedenfalls ein Indiz dafür, dass es sich nicht um eine historische Straße gehandelt habe. |
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| | In dem von einem amtlichen Geometer gefertigten Situationsplan vom 28.08.1878 (Bauakte Bauvorhaben Josef S..., heute Gartenstraße 4) sei der „Ortsweg Nr. 9“ im zweiten Abschnitt ab dem hinteren Teil des Gebäudes Gartenstraße 4 zutreffend als „Feld- und Güterweg“ bezeichnet. Im ersten Abschnitt sei durch die präzise eingezeichneten Gebäude die Anbaufunktion als Ortsweg erkennbar. Der Eintrag „Feld- und Güterweg“ befinde sich erst hinter dem letzten Wohngebäude. |
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| | Die Annahme einer historischen Ortsstraße werde auch durch den am 15.03.1878 genehmigten Ortsbauplan von G... bestätigt, der auf der Grundlage der am 01.01.1873 in Kraft getretenen Neuen Allgemeinen Bauordnung erlassen worden sei. Im hier relevanten Bereich des Ortswegs Nr. 9 beschränkten sich die festgesetzten Baulinien auf den geradlinig verlaufenden Bereich zwischen dem Ortsweg Nr. 1 und der Abzweigung des in den Außenbereich verlaufenden zweiten Abschnitts. Das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) befinde sich danach eindeutig im Außenbereich, denn neue Anwesen hätten nur im Bereich hinter der Baulinie errichtet werden können. Auch der Umstand, dass in dem Ortsbauplan im Bereich der klägerischen Grundstücke Flst.-Nrn. 73 und 75 nicht die aktuellen Grundstücksverhältnisse eingezeichnet seien, sondern der Zustand vor 1862, zeige, dass die Gemeinde dieses Gebiet dem Außenbereich zugeordnet habe; denn sie habe sich deshalb bei der Aufstellung des Ortsbauplans keine Mühe gemacht, die dort inzwischen eingetretenen Grundstücksveränderungen in den Plan zu übernehmen. |
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| | das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 30.04.2021 - 10 K 4809/18 - zu ändern und die Klage abzuweisen. |
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| | die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. |
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| | Sie verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts und führen ergänzend aus, die Urkarte von 1821 belege, dass sich zwischen dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) und dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) eine Baulücke für maximal ein weiteres Gebäude befunden habe. Die Siedlungsstruktur sei in G... nicht eng zusammenliegend gewesen. Vielmehr sei beinahe jedem Wohngebäude noch ein Ökonomieteil und ein Hausgarten zugeordnet gewesen. Zu dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) habe das Flurstück Nr. 73/1 gehört. Dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) seien die Grundstücke Flst.-Nrn. 73 und 75 zugeordnet gewesen. Nur das Flurstück Nr. 76, welches als Gartenfläche genutzt worden sei, sei unbebaut gewesen. Hier hätte jedoch, wenn überhaupt, nur ein kleines Gebäude errichtet werden können, da dieses Grundstück nur eine Fläche von ca. 250 m² aufgewiesen habe. |
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| | Auf der dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) gegenüberliegenden Seite des Ortswegs habe sich das Grundstück Flst.-Nr. 69 mit dem Gebäude Nr. 37 (ab 1862 Nr. 38) befunden. Im weiteren Verlauf im Bereich der Grundstücke Flst.-Nrn. 166/1 und 165 habe die vorhandene Böschung, die sich bis auf das Wegegrundstück Flst.-Nr. 166 erstreckt habe, eine Bebauung verhindert. Am Ende dieser Böschung habe sich die ehemalige St. A... Kapelle befunden, die später abgebrochen worden sei. Die damalige Böschung sei sehr markant gewesen und habe teilweise eine Höhendifferenz zur Straße von bis zu fünf Metern aufgewiesen. Gleichzeitig habe sie die Grenze zum damaligen westlichen Außenbereich von G... markiert. Der von der Beklagten genannte Aussiedlerhof, der Geruchsimmissionen verursache, sei erst Ende der 1960er Jahre gebaut worden und könne somit erst ab diesem Zeitpunkt für die unterbliebene Bebauung ursächlich gewesen sein. Die Flurstücksgrenzen in diesem Bereich lägen zum Großteil im Böschungsbereich und hätten zu keiner Zeit den tatsächlichen Straßenverlauf auf dieser Seite des Ortswegs markiert. Da sich die Böschungsfläche und der Weg im Eigentum der Gemeinde befunden und eine Einheit (ein Flurstück) gebildet hätten, sei hier vermutlich auf eine zusätzliche Ausmarkung des Weges verzichtet worden. Selbst nach dem Ausbau der Gartenstraße im Jahr 2010 seien diese Grenzen nicht dem Straßenverlauf angepasst worden. |
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| | Ein Indiz für die bereits damals im Wesentlichen abgeschlossene Anbaufunktion sei auch, dass sich der Zuschnitt der Grundstücke und die Bebauung seit dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am 01.01.1873 bis heute nicht wesentlich verändert hätten. |
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| | Die Beklagte führe in ihrer Berufungsbegründung zu Unrecht aus, es sei „unstreitig“, dass es sich bei dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) um einen landwirtschaftlichen Betrieb gehandelt habe, der typischerweise dem Außenbereich zuzuordnen sei. Unstreitig sei lediglich, dass es sich bei dem vorhandenen Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) um ein Wohnhaus mit Scheune gehandelt habe. Dies sei damals bei mehr als 70 % der im Dorf vorhandenen Gebäude der Fall gewesen. Im Übrigen sei auch bei einem Grundstück, welches mit „außenbereichstypischen“ Gebäuden bebaut gewesen sei, davon auszugehen, dass es noch am „Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit“ teilnehme, wenn es am Rand der zusammenhängenden Bebauung, jedoch nicht außerhalb dieser liege. Dies gelte hier umso mehr, als die Ortslage in der Zeit vor Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung im Allgemeinen dörflich geprägt gewesen sei und die Zusammenfassung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden den Regelfall darstellt habe. Diese Gebäude seien regelmäßig mit einer Gartenfläche versehen gewesen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbst im Ortsrandbereich noch zum Bebauungszusammenhang gehöre. |
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| | Sämtliche Pläne sprächen dafür, dass der damalige Ortsweg Nr. 9 in seiner gesamten Länge, d.h. bis zum Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39), befahrbar gewesen sei. Erst an der Kapelle habe der eigentliche Fußweg nach H...-... begonnen, wie aus der Urkarte von 1821 ersichtlich sei. |
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| | Aus dem in der Ortschronik von H... (Band I, S. 232) abgedruckten Grundriss von G... nach dem Primärkataster von 1821 und der darin dargestellten roten Umrandung des Dorfes G... sei erkennbar, dass der Ortsweg Nr. 9 einschließlich der heutigen Grundstücke Flst.-Nrn. 73 und 75 der bebauten Ortslage zugeschrieben worden sei. Andernfalls wäre die Zuordnung zu einem anderen Gewann erfolgt. |
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| | Bei der St. A... Kapelle habe es sich entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht um eine kleine Kapelle gehandelt, die sich im Außenbereich befunden habe. Diese Kapelle sei vielmehr die einzige Kapelle im Dorf gewesen und habe den ca. 260 dort lebenden Menschen als Versammlungsstätte zur Ausübung ihres christlichen Glaubens gedient. |
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| | Die Behördenakten der Beklagten und des Landratsamts Sigmaringen sowie die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und die von den Beteiligten vorgelegten Pläne, Katasterauszüge und Baugenehmigungsunterlagen sowie die Ortschronik von H... (H... B..., H... - ... ..., Ein Geschichts- und Heimatbuch, Band I Allgemeine Ortsgeschichte, Band II Kirche, Kapellen und Schule) waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen. |
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| | Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. |
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| | Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Die Erschließungsbeitragsbescheide der Beklagten vom 28.12.2015 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Sigmaringen vom 18.07.2018 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| | Rechtsgrundlage für die Erhebung der Erschließungsbeiträge ist § 20 Abs. 2 KAG in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) der Beklagten vom 01.08.2007 in der Fassung der Änderungssatzung vom 07.12.2011. |
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| | Gemäß § 20 Abs. 2 KAG erheben die Gemeinden zur Deckung ihrer anderweitig nicht gedeckten Kosten für die erstmalige endgültige Herstellung der in § 33 Satz 1 Nr. 1 und 2 KAG genannten Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Bei dem mit den streitgegenständlichen Bescheiden abgerechneten Teil der Gartenstraße handelt es sich um eine mit dem Ausbau in den Jahren 2010 bis 2014 erstmalig hergestellte Anbaustraße im Sinne des § 33 Satz 1 Nr. 1 KAG. |
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| | Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für den abgerechneten Teil der Gartenstraße nicht nach § 49 Abs. 6 KAG ganz oder teilweise ausgeschlossen. Danach kann für eine vorhandene Erschließungsanlage, für die eine Erschließungsbeitragsschuld auf Grund der bis zum 29.06.1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes kein Erschließungsbeitrag erhoben werden. Bei dem abgerechneten Teilstück der Gartenstraße handelt es sich allerdings nicht (auch nicht teilweise) um eine vorhandene Straße in diesem Sinne. Das betreffende Teilstück ist, anders als das von der Beklagten zu Recht als historisch anerkannte Teilstück von der Einmündung in die G... Straße bis zur Außenkante des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40, heute Gartenstraße 4), keine historische Ortsstraße (dazu 1.). Es handelt sich hierbei auch nicht um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße (dazu 2.). |
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| | 1. Zu Unrecht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch der abgerechnete Teil der Gartenstraße jedenfalls bis auf die Höhe der heutigen Grenze zwischen den Grundstücken FIst.-Nrn. 76/3 und 166/9 als historische Ortsstraße anzusehen sei. |
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| | a) Von einer historischen Ortsstraße ist im ehemals württembergischen Landesteil dann auszugehen, wenn die Straße bereits vor Inkrafttreten der Württembergischen Neuen Allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872 (RegBl. S. 305) am 01.01.1873 als Ortsstraße vorhanden war. Ob eine Straße eine historische Ortsstraße in diesem Sinne ist, richtet sich danach, ob sie zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Anbau innerhalb der geschlossenen Ortslage diente (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris Rn. 17) . |
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| | Für die Bestimmung der geschlossenen Ortslage kommt es darauf an, wo die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich zu damaliger Zeit verlaufen ist. Bei der Bestimmung dieser Grenze ist davon auszugehen, dass den Kriterien, die heute nach § 34 BauGB für die Abgrenzung von unbeplantem Innenbereich und Außenbereich maßgeblich sind, zumindest eine indizielle Bedeutung zukommt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2003 - 2 K 181/02 - n.v.; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3; zur historischen Straße im ehemals hohenzollerischen Landesteil VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2020 - 2 S 2349/20 - juris Rn. 12; zum preußischen Anliegerbeitragsrecht OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.11.2018 - 15 A 2671/15 - juris Rn. 28; Urteil vom 09.03.2000 - 3 A 3611/96 - juris Rn. 11 ff.). |
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| | Historische Ortsstraßen sind demnach fertige Ortsstraßen, deren Entwicklung bei Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am 01.01.1873 hinsichtlich ihres Ausbau- und Verkehrszustands für den innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus und für den regelmäßigen Anbau im Wesentlichen abgeschlossen war (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2019 - 2 S 465/18 - juris Rn. 59, Beschluss vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris Rn. 17, Urteil vom 03.02.1994 - 2 S 2961/92 - juris Rn. 15 und Beschluss vom 23.03.1990 - 2 S 2284/89 - juris Rn. 3). Für diese Beurteilung ist regelmäßig mangels anderweitiger Anhaltspunkte die vorhandene Bebauung entlang der Straße ein wesentliches Indiz. Das Vorhandensein einer historischen Ortsstraße hängt somit entscheidend von ihrer faktischen innerörtlichen Erschließungsfunktion ab, die durch den Baubestand repräsentiert wird, dem sie die erforderliche Zugänglichkeit vermittelt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2015 - 2 S 2301/14 - juris Rn. 24, Urteil vom 14.12.2004 - 2 S 191/03 - juris Rn. 27). Dabei verbietet sich eine schematisierende, nur auf die Längenausdehnung und die Zahl der vorhandenen Gebäude abstellende Betrachtungsweise. Vielmehr sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. In diesem Sinne ist anerkannt, dass historische Ortsstraßen solche öffentlichen Wege im Gemeindegebiet sind, die ohne Rücksicht auf ihre straßentechnische Beschaffenheit bei Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung im Hinblick auf ihre Lage, die räumliche Ausdehnung des Ortes und den Bedarf an bebauungsfähigen Grundstücken ihrem Wesen nach die Aufgabe hatten, die Bebauung entlang eines Weges zu ermöglichen, wobei im Einzelfall auch eine nur einseitige Bebauung ausreichend ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris Rn. 17; Urteil vom 24.02.1994 - 2 S 121/93 - n.v.). |
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| | b) Ausgehend hiervon handelt es sich bei dem abgerechneten Teil der Gartenstraße weder ganz noch teilweise um eine historische Ortsstraße. Vielmehr war der damalige Ortsweg Nr. 9 nur bis zu der von der Beklagten angenommenen Grenze eine historische Ortsstraße. In der Fortsetzung handelte es sich um einen Feld- und Güterweg, der aus der geschlossenen Ortslage in die freie Landschaft (den Außenbereich) hinausführte. |
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| | Dies ist bereits aus der Urkarte von 1821 ersichtlich. Danach gab es am Ortsweg Nr. 9 nur im Einmündungsbereich zur Hauptstraße (heute G... Straße, damals Ortsweg Nr. 1) auf einer Länge von ca. 42 m eine dichte eng aufeinanderfolgende zusammenhängende Bebauung mit insgesamt fünf Gebäuden (Nrn. 36 und 37 südlich und Nrn. 39, 40 und 41 nördlich des Ortswegs Nr. 9). Diesen Teil der Straße - bis zur westlichen Grenze des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) - hat die Beklagte zu Recht als historische Ortsstraße anerkannt. |
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| | An den als historisch eingestuften Teil des Ortswegs Nr. 9 schloss sich ein Teilstück des Weges an, das sich auf einer Länge von ca. 70 m zunächst in Richtung Westen und dann rechtwinklig abknickend Richtung Norden erstreckte, ohne dass zumindest an einer Seite des Weges eine Bebauung vorhanden war. Erst dann folgte östlich des Weges auf dem heutigen Grundstück der Kläger (Flst.-Nr. 75) das vereinzelt stehende Wohn- und Ökonomiegebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) und - etwa auf der gleichen Höhe im Bereich der heutigen Gartenstraße auf dem Wegegrundstück Flst.-Nr. 166 - die St. A... Kapelle. Der unbebaute Teil des Weges war also mit ca. 70 m fast doppelt so lang wie der bebaute mit etwa 42 m. |
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| | Aufgrund der erheblichen Länge der unbebauten Teilstrecke, an der ohne Rücksicht auf die westlich des Weges vorhandene Böschung mindestens drei weitere Gebäude hätten errichtet werden können (vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen), sowie dem rechtwinkligen Verlauf des Weges in diesem Bereich kann das betreffende Teilstück nicht als innerörtliche Sackgasse angesehen werden, die nach der Rechtsprechung des Senats trotz fehlender Bebauung ausnahmsweise als Bestandteil einer historischen Straße angesehen werden kann (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3). |
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| | Auch die damals auf dem heutigen Flurstück Nr. 166 etwa in Höhe des Gebäudes Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) befindliche St. A... Kapelle spricht nicht dafür, dass der dortige Teil des Ortswegs Nr. 9 noch zur geschlossenen Ortslage gehörte. Denn bei dieser Kapelle handelte es sich nicht um eine innerörtliche Kirche, sondern um eine kleine Kapelle an dem im Außenbereich verlaufenden Verbindungsweg (Güter-/Feldweg) zur damaligen Nachbargemeinde H...-.... Zu dieser Kapelle wird in der Ortschronik von H... ein Schreiben der Gemeindeausschüsse und Kapellenpfleger vom 22.02.1762 an das Oberamt in Sch... zitiert, in dem es heißt: „Unser St. A... Kapelle ist gar so klein und schlecht, alles vergangen, auch vor dem Dorf draußen entlegen, daß nit der vierte Teil von der Gemeind sich darin aufhalten kann, bei allerhand Wetter“. Daher sei am 21.02.1762 von „einer ehrsamen Gemeind gehandlet und gemeinsamlich beschloßen worden: (dass es anständig wäre,) einen bequemen und geziemenden Ort zu Privatandacht und in spezie zu Verehrung der Hl. A... in dem Ort selbst zu haben“ (B..., H... - ..., Ein Geschichts- und Heimatbuch, Band II, S. 134; Hervorhebungen durch den Senat). Ein in der Dorfchronik abgedrucktes Aquarell von 1803 (B..., H-... - ..., Ein Geschichts- und Heimatbuch, Band I, S. 228) bringt ebenfalls anschaulich die Außenbereichslage der Kapelle zum Ausdruck. Dem steht nicht der Vortrag der Kläger entgegen, die Kapelle sei damals „Hauptbestandteil des geistlichen Dorflebens“ gewesen, weil es in der Gemeinde keine andere Kirche gegeben habe. Denn dies ändert nichts daran, dass sich die Kapelle nicht innerorts, sondern im Außenbereich befand und der Ortsweg Nr. 9 in diesem Bereich aus der Ortslage hinaus in die freie Feldflur führte. |
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| | Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht das Ende des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 72, sondern die westliche Grenze des auf diesem Grundstück befindlichen Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) die Ausdehnung der historischen Ortsstraße begrenzt. Denn der Innenbereich endet im Regelfall ohne Rücksicht auf die Grundstücksgrenzen mit dem letzten Gebäude der Ortslage, wenn sich nicht aufgrund äußerlich erkennbarer Umstände eine andere natürliche Grenze ergibt (vgl. zu § 34 BauGB BVerwG, Beschluss vom 12.03.1999 - 4 B 112.98 - juris Rn. 21, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - juris Rn. 22; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3; Faiß, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 20 Rn. 24). Eine solche sich aus der Situation ergebende natürliche Grenze ist hier nicht erkennbar. |
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| | Ohne Erfolg tragen die Kläger diesbezüglich vor, den damaligen Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) auf den heutigen Grundstücken Flst.-Nrn. 72 und 75 seien jeweils zwischen den Gebäuden gelegene Gartenflächen zugeordnet gewesen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbst im Ortsrandbereich noch dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen seien. Das von den Klägern in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2014 (- 9 C 7.13 - juris) betrifft nicht die - hier streitentscheidende - Frage der Abgrenzung einer historischen Ortsstraße von einer in die freie Landschaft hinausführenden Teilstrecke, sondern die hiervon zu unterscheidende Frage, mit welcher Fläche ein Grundstück an der Verteilung des Erschließungsaufwands teilnimmt. Ungeachtet dessen sind nach diesem Urteil Freiflächen auf bebauten Grundstücken nicht stets dem Innenbereich zuzuordnen, sondern nur ausnahmsweise dann, wenn sie „typisch wohnakzessorisch“, insbesondere als „angemessener Hausgarten“, genutzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.2014 - 9 C 7.13 - juris Rn. 25 mwN; Rieger in Schrödter, BauGB, 9. Aufl., § 34 Rn. 18). |
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| | Für den westlich des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) gelegenen Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 72 ist eine solche typisch wohnakzessorische Nutzung nicht ersichtlich. Dort befand sich nach den vorliegenden Plänen kein Blumen- oder Gemüsegarten, der als typisch wohnakzessorische Nutzung angesehen werden könnte. Vielmehr ist diese Fläche als Grasfläche und Baumgarten dargestellt (vgl. dazu die Zeichenerklärung für die Herstellung von Flurkarten in Anwendung von 1819-1895 in Wagner, Die Entwicklung des Katasters in Württemberg, 1950, Beilage 8a). Die betreffende Grundstücksfläche ist zudem deutlich größer als das auf dem Grundstück befindliche Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40), so dass auch deshalb nicht von einem „angemessenen“ Hausgarten die Rede sein kann. Ausweislich der Urkarte und des Situationsplans in der Bauakte des Josef S... aus dem Jahr 1873 befand sich der Gemüsegarten des Anwesens Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) nicht westlich dieses Gebäudes, sondern südlich hiervon. |
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| | Es ist auch nicht anzunehmen, dass die als Gärten dargestellten Flächen zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) sich wegen ihrer besonderen Lage, ihrer Größe oder sonstiger Umstände einer Bebauung zwangsläufig entzogen und deshalb ausnahmsweise einen Bebauungszusammenhang zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) vermittelt hätten (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.02.1994 - 2 S 2961/92 - juris Rn. 15). Die Darstellung als Gartenflächen in der Urkarte steht einer Bebauung jedenfalls nicht entgegen. Denn die Urkarte beschreibt insoweit nur den damals bestehenden Zustand, ohne eine Bebauung auszuschließen. Für die Frage eines Bebauungszusammenhangs zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) ist auch nicht auf die damaligen Grundstückszuschnitte oder Eigentumsverhältnisse abzustellen (vgl. zu § 34 BauGB Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 34 Rn. 8b; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 25). Entscheidend ist vielmehr eine bewertende Betrachtung der Größe der zwischen den Gebäuden und dem Ortsweg Nr. 9 befindlichen Gesamtfläche unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse (vgl. zu § 34 BauGB BVerwG, Beschluss vom 18.06.1997 - 4 B 238.96 - juris Rn. 4, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268, juris Rn. 26). |
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| | Die Freifläche zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) und dem Weg belief sich hier auf ca. 900 bis 1000 m². Bei Betrachtung der gegebenen örtlichen Verhältnisse fällt sie erheblich ins Gewicht und unterbricht den Bebauungszusammenhang; es handelt sich nicht um eine bloße Baulücke von untergeordneter Bedeutung. Dabei ist nicht die Luftlinie zwischen den damaligen Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) entscheidend. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger lässt außer Acht, dass der damalige Ortsweg Nr. 9 nicht entlang dieser Luftlinie verlief, sondern auf einer Länge von ca. 70 m eine Kurve beschrieb, so dass sich im Bereich des Weges die - auch heute noch unbebaute - große Freifläche befand. Auf dieser Freifläche hätte nicht nur ein weiteres kleines Gebäude errichtet werden können, sondern mindestens zwei Wohngebäude mit Ökonomieteil in einer vergleichbaren Größe wie die vorhandenen Gebäude. |
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| | Nicht überzeugend ist die Auffassung im angegriffenen Urteil, die fehlende Bebauung auf der langen Strecke bis zu dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) stehe der Annahme einer historischen Ortsstraße in diesem Bereich nicht entgegen, da die vorhandene Bebauungsstruktur in G... durch eine nur vereinzelte Bebauung gekennzeichnet gewesen sei. Maßgeblich für die Betrachtung ist insoweit - wie bei der bauplanungsrechtlichen Abgrenzung zwischen Außen- und Innenbereich - nicht der gesamte Ort (hier die Gemeinde G...-...), sondern die nähere Umgebung der zu beurteilenden Freifläche, insbesondere die konkret zu betrachtende Straße. Hier war die vorhandene Siedlungsstruktur nicht nur im Bereich der Hauptstraße (dem damaligen Ortsweg Nr. 1, der heutigen G... Straße), sondern vor allem auch im Bereich der Einmündung des Ortswegs Nr. 9 in die Hauptstraße nicht durch eine weiträumige Bebauung, sondern gerade durch eine eng zusammenliegende Bebauung gekennzeichnet. Aufgrund dieser dicht aneinandergereihten Bebauung unterbricht die im Verhältnis dazu große Freifläche zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) bei einer wertenden Betrachtung den bis zur westlichen Grenze des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) reichenden Bebauungszusammenhang. |
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| | Zu berücksichtigen ist auch, dass es im hier relevanten Teil des damaligen Ortswegs Nr. 9 südlich und westlich überhaupt keine Bebauung gab. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich in diesem Bereich beginnend am Grundstück Flst.-Nr. 69 westlich des Ortswegs Nr. 9 entlang der Grundstücke Flst.-Nrn. 166/1 und 165 eine Hangkante befand, die eine Bebauung in diesem Bereich ausschloss. |
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| | Eine Einbeziehung dieses Straßenbereichs in den Innenbereich unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Geländegrenze (in Form einer Hangkante) kommt entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht. Denn im Bereich der Kurve nördlich und östlich der Straße befanden sich auf einer Länge von ca. 70 m keine Gebäude und auch der unbebaute Teil des südlich der Straße gelegenen Flurstücks Nr. 69, der unstreitig hätte bebaut werden können, war nicht bebaut, so dass dieser gesamte Bereich - wie bereits dargelegt wurde - nicht dem Innen-, sondern dem Außenbereich zuzurechnen war. Die Straße in diesem Bereich kann deshalb ebenfalls nicht zum Innenbereich zählen. Ungeachtet dessen war hier aufgrund der vorhandenen Zahl von mindestens drei Baulücken und nur sechs vorhandenen Wohngebäuden jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Bebauung am Ortsweg Nr. 9 bereits weitestgehend abgeschlossen war. |
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| | Es kommt daher nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich in dem Bereich der Grundstücke Flst.-Nr. 166/1 und 165 beginnend ab dem Flurstück Nr. 69, wie die Kläger vortragen, tatsächlich eine so hohe Hangkante befand, dass eine (Hang-)Bebauung in diesem Bereich unmöglich war. Ungeachtet dessen fehlt es hierfür an ausreichenden Anhaltspunkten. Eine Hangkante ist in den damaligen Plänen nicht eingezeichnet. Die in der Urkarte in dem betreffenden Bereich ersichtliche Linie stellt eine Hecke dar, die auch die weiter südlich gelegenen Grundstücke begrenzt (vgl. dazu die Zeichenerklärung für die Herstellung von Flurkarten in Anwendung von 1819-1895 in Wagner, Die Entwicklung des Katasters in Württemberg, 1950, Beilage 8a). Auch die Böschung, die auf dem mit Schriftsatz der Kläger vom 20.08.2021 übersandten Lichtbild aus der Zeit vor dem Ausbau der Gartenstraße ersichtlich ist, lässt nicht den Schluss zu, dass in diesem Bereich eine (Hang-)Bebauung unmöglich gewesen ist. Dies gilt auch für den mit gleichem Schriftsatz als Anlage 2 vorgelegten Veränderungsnachweis des Vermessungsamtes aus dem Jahr 2011, der keine Höhenangaben enthält, sowie für die mit Schriftsatz vom 16.05.2022 vorgelegten weiteren Lichtbilder. |
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| | Der Umstand, dass ein in der Urkarte durch gestrichelte Linien dargestellter Fußweg erst hinter der Kapelle und dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) beginnt, lässt - entgegen dem Vortrag der Kläger - nicht den Rückschluss zu, der davor befindliche Teil des Weges sei dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt gewesen. Zwar ist nach den Plänen davon auszugehen, dass dieser Teil befahrbar war, jedoch begründet dies allein nicht die innerörtliche Erschließungsfunktion. Denn diese erfordert auch die Bestimmung der Straße zum Anbau, d.h. zum Verkehr von Haus zu Haus. |
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| | Soweit das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) sei in der Urkarte nicht als Außenbereichshof dargestellt, wie dies beispielsweise bei dem am M... Bach gelegenen Hof der Fall gewesen sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn der Urkarte lässt sich die behauptete andersartige Darstellung dieser Gebäude nicht entnehmen. Dargestellt ist jeweils ein rot gefärbter Wohngebäudeteil und ein gelb gefärbter Ökonomieteil. Dabei sind sowohl bei dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) als auch bei dem Hof im M... Bachweg beide Gebäudeteile im Verhältnis zueinander etwa gleich groß. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen haben, der Hof in der R... Gasse weise einen deutlich größeren Ökonomieteil auf als das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39), lässt dies nicht den Schluss zu, dass sich der Hof in der R... Gasse im Außenbereich befand, das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) dagegen im Innenbereich. |
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| | Die Bezeichnung des damaligen Weges als „Ortsweg Nr. 9“, und zwar nach dem Primärkataster im Ergänzungsband I (Blatt 42) aus dem Jahr 1840 ausdrücklich „bis zum Gebäude Nr. 38“, sowie der Umstand, dass dieser Weg in der Ausdehnung bis zum Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) unter den „Wegen im Ort“ geführt wurde und im Eigentum der Gemeinde G... stand, sind zwar ein Indiz für das Vorliegen einer historischen Straße. Das Vorhandensein einer historischen Straße hängt aber nicht maßgeblich von ihrer Bezeichnung oder der Aufnahme in ein Wegeverzeichnis ab, sondern von ihrer faktischen innerörtlichen Erschließungsfunktion, die durch den Baubestand repräsentiert wird, dem sie die erforderliche Zugänglichkeit vermittelt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.09.1987 - 2 S 6/87 - nur auszugsweise veröffentlicht in VBlBW 1988, 305; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3). |
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| | Aus diesem Grund vermögen auch der in der Ortschronik von H... (Band I, S. 232) abgedruckte Grundriss von G... nach dem Primärkataster von 1821, den der Senat beim Landratsamt Sigmaringen in einem größeren Ausschnitt angefordert hat, und die darin dargestellte rote Umrandung des Dorfes G... die Auffassung der Kläger, es handele sich auch bei dem streitgegenständlichen Teil der Gartenstraße um eine historische Straße, nicht zu stützen. Das rote Farbband markiert die Abgrenzung der „Gewände“ (nach heutigem Sprachgebrauch „Gewanne“) und diente der Zuordnung von Flurstücken zu einer bestimmten Lage (vgl. Wagner, Die Entwicklung des Katasters in Württemberg, 1950, S. 45). Die Abgrenzung erfolgte entlang der Flurstücksgrenzen und nicht entlang der für die Innerortslage maßgeblichen Bebauung. Das rote Farbband umgrenzte damit auch solche Bereiche von G..., die eindeutig dem Außenbereich zuzuordnen sind, wie etwa die unbebauten Flächen westlich der an die Hauptstraße grenzenden Bebauung. |
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| | Die von den Klägern vorgelegte Messurkunde von 1854/1855 ist für die Einordnung der Gartenstraße als historische Ortsstraße ebenfalls nicht aussagekräftig. Dass der damals als „Ortsweg Nr. 9“ bezeichnete Weg bis an das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) heranreichte, ist bereits aus der Urkarte ersichtlich. Dies allein genügt - wie dargelegt - aber nicht, um eine innerörtliche Erschließungsfunktion dieses Weges anzunehmen. |
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| | Auch die in der Messurkunde von 1862/1863 verzeichneten Grundstücksveränderungen lassen nicht auf eine historische Ortsstraße schließen. Durch die daraus ersichtliche Arrondierung des heutigen Grundstücks FIst.-Nr. 75 mit dem östlichen Teil des bislang auskragenden Wegegrundstücks ist das Grundstück FIst.-Nr. 75 nicht in den Innenbereich „hineingezogen“ worden. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Messurkunde von 1862/1863 im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 75 nur eine einseitige Begrenzung der Wegefläche ausweist, gerade gegen die Annahme, es handele sich bei diesem Teil des Weges um eine historische Ortsstraße. Denn die Entwicklung des Weges war danach ersichtlich noch nicht abgeschlossen. |
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| | Gegen die Annahme einer historischen Ortsstraße spricht des Weiteren die Bezeichnung des Weges als „Feld- und Güterweg“ in dem Situationsplan vom 28.08.1973 in der Bauakte zum Bauvorhaben Josef S.... Der Indizwirkung dieser Bezeichnung steht weder entgegen, dass dieser Plan nicht rechtsverbindlich ist und keine Angaben zu Flurstücksnummern enthält, noch, dass er die zwischenzeitlich geänderten Grundstücksverhältnisse nicht genau wiedergibt und der Weg nach dem Situationsplan „ins Nichts verläuft“. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bezeichnung als „Feld- und Güterweg“ habe sich offensichtlich rechtsfehlerhaft auch auf den von der Beklagten als historisch angesehenen Straßenteil bezogen, erscheint nicht zwingend. Denn der Eintrag „Feld- und Güterweg“ befindet sich erst hinter dem Wohngebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40). |
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| | Die erstmals in der Ergänzungskarte aus dem Jahr 1891 (im Ergänzungskarten-Atlas) erwähnte Bezeichnung als „H... Fußweg“ spricht ebenfalls gegen die Erschließungsfunktion des damaligen Weges im streitgegenständlichen Bereich. Diese Bezeichnung ist erst im Bereich der Kurve, also hinter dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) eingefügt worden. Dass dies - wie das Verwaltungsgericht meint - allein im Hinblick auf den neu geschaffenen Feldweg Nr. 25 erfolgt sei, leuchtet nicht ein, da sich die Bezeichnung nicht auf diesen Feldweg, sondern auf den hinteren Teil des Ortswegs Nr. 9 bezieht. |
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| | Die Bezeichnung als „H... Fußweg“ findet sich auch noch in viel später gefertigten Plänen, etwa in der Flurkarte, die um 1958 erstellt wurde, und in der Karte im Ergänzungskarten-Atlas aus dem Jahr 1968. Dabei wird der vordere Teil bei der Einmündung in die Hauptstraße (damals Ortsweg Nr. 1, heute G... Straße) stets weiter als Ortsweg Nr. 9 bezeichnet und die Bezeichnung „H... Fußweg“ bezieht sich auf den Teil hinter dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40). |
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| | Gegen das Vorliegen einer historischen Straße im hier streitgegenständlichen Bereich sprechen auch die in dem am 15.03.1878 genehmigten Ortsbauplan für G... eingetragenen Baulinien. Denn diese erstrecken sich nur von der angenommenen Grenze des historischen Teils der Straße bis etwa zum Beginn der westlich gelegenen Kurve des damaligen Ortswegs Nr. 9, nicht aber auf den im rechten Winkel nach Norden abknickenden Teil des Weges. Bei diesem Bereich handelte es sich nach dem Ortsbauplan trotz der vorhandenen Bebauung mit dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) nicht um einen zum Anbau bestimmten Bereich. Daraus lässt sich schließen, dass dieser Teil des Weges auch nach der damaligen Auffassung des Plangebers dem Außenbereich zuzurechnen war. |
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| | Der Umstand, dass der am 15.03.1878 genehmigte Ortsbauplan die damaligen Grundstücksverhältnisse im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 75 nicht exakt wiedergibt und etwa noch die bereits 1835 abgebrochene Kapelle verzeichnet, steht dem nicht entgegen. Vielmehr lässt dies gerade darauf schließen, dass der betreffende Bereich für den Plangeber damals nicht relevant war, weil er im Außenbereich gelegen und somit nicht zum Anbau bestimmt war. |
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| | Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung eingewandt haben, es habe in G... auch andere Straßen gegeben, bei denen im Ortsbauplan die vorhandene Bebauung nicht durch Baulinien nachvollzogen worden sei, vermag dies die Indizwirkung des Ortsbauplans in Bezug auf die heutige Gartenstraße nicht in Frage zu stellen. Tatsächlich gab es nach dem Ortsbauplan Straßen, an denen Bebauung vorhanden, jedoch keine Baulinie festgesetzt war. Dies betrifft die heutige B... Gasse und die S....-A...-Straße. Dass die Baulinien dort fehlen, lässt sich jedoch dadurch erklären, dass die Bebauung an diesen Straßen zum Zeitpunkt der Erstellung des Ortsbauplans bereits abgeschlossen war und nach dem Willen des Plangebers nicht mehr erweitert werden sollte, weshalb er keinen Anlass gesehen hat, für diese Straßen Baulinien festzusetzen. |
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| | Da sich die Bebauung in einem Ort typischerweise nicht „zurückentwickelt“, können auch Pläne, die nach dem für die Einstufung als historische Ortsstraße maßgeblichen Zeitpunkt, also seit dem 01.01.1873, erstellt wurden und ersichtlich nicht von einer dem Verkehr von Haus zu Haus dienenden Anbaustraße ausgehen, ein Indiz dafür sein, dass eine Straße bis zum 01.01.1873 keine innerörtliche Erschließungsfunktion hatte und mithin nicht als historisch zu qualifizieren ist. So liegt der Fall hier in Bezug auf die heutige Gartenstraße. Die nach dem 01.01.1873 gefertigten Pläne bestätigen den maßgeblich aus dem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Baubestand zu ziehenden Schluss, dass es sich bei dem abgerechneten Teil der Gartenstraße nicht um eine historische Ortsstraße handelt. |
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| | 2. Der abgerechnete Teil der Gartenstraße ist auch keine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße. |
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| | Nach dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am 01.01.1873 bzw. der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (RegBl. S. 333) sowie dem Aufbaugesetz vom 18.08.1948 (RegBl. S. 127) konnte eine Straße die Bestimmung zum Anbau nur erhalten, wenn sie nach Maßgabe eines verbindlichen Ortsbauplans, Baulinienplans oder Bebauungsplans ausgebaut wurde. War ein Plan vorhanden, so war eine neue Ortsstraße erst mit ihrem plangemäßen Ausbau als Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 4 BBauG bereits „hergestellt“ bzw. im Sinne des § 180 Abs. 2 BBauG „vorhanden“ (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2019 - 2 S 465/18 - juris Rn. 61 f. mwN, Urteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - juris Rn. 27, Urteil vom 03.09.1987 - 2 S 6/87 - VBlBW 1988, 305 <306>; Buhl, VBlBW 1984, S. 270 ff.). |
|
| | Hier gab es zwar einen am 15.03.1878 genehmigten Ortsbauplan, der westlich der von der Beklagten angenommenen Grenze des als historisch angesehenen Teilstücks für ein weiteres Teilstück des Ortswegs Nr. 9 (auf einer Strecke von etwa 15 m bis zur Kurve) beidseitig Baulinien und eine Ausbaubreite von 11 m vorsah. Mangels anderer planerischer Festsetzungen ist anzunehmen, dass diese Baulinien mit den vorgesehenen Straßengrenzen identisch gewesen sind. Denn hiervon ist bei Plänen auf der Grundlage der Neuen Allgemeinen Bauordnung grundsätzlich auszugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.05.2013 - 2 S 2387/12 - n.v.; Urteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - n.v.; Beschluss vom 26.09.1984 - 2 S 776/84 - n.v.; Urteil vom 11.03.1981 - 2 S 1717/80 - n.v.; Urteil vom 21.12.1970 - II 257/69 - n.v.; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.2), da die Unterscheidung zwischen Baulinien und Straßengrenzen erst unter Geltung der Bauordnung 1910 eingeführt wurde (vgl. § 5 der Verfügung des Innenministeriums zum Vollzug der Bauordnung vom 10.05.1911 - VVzBauO -, RegBl. S. 77). |
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| | Die Straße wurde jedoch nicht dem Ortsbauplan entsprechend plangemäß hergestellt. Vielmehr ist aus dem Ortsbauplan und den nachfolgenden Plänen ersichtlich, dass der dort eingezeichnete vorhandene Weg in seinem Verlauf von den festgesetzten Baulinien wesentlich abwich. |
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| | Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| | Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 27.424,39 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 39 Abs. 1 GKG). |
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| | Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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| | Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. |
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| | Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Die Erschließungsbeitragsbescheide der Beklagten vom 28.12.2015 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Sigmaringen vom 18.07.2018 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
|
| | Rechtsgrundlage für die Erhebung der Erschließungsbeiträge ist § 20 Abs. 2 KAG in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) der Beklagten vom 01.08.2007 in der Fassung der Änderungssatzung vom 07.12.2011. |
|
| | Gemäß § 20 Abs. 2 KAG erheben die Gemeinden zur Deckung ihrer anderweitig nicht gedeckten Kosten für die erstmalige endgültige Herstellung der in § 33 Satz 1 Nr. 1 und 2 KAG genannten Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Bei dem mit den streitgegenständlichen Bescheiden abgerechneten Teil der Gartenstraße handelt es sich um eine mit dem Ausbau in den Jahren 2010 bis 2014 erstmalig hergestellte Anbaustraße im Sinne des § 33 Satz 1 Nr. 1 KAG. |
|
| | Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für den abgerechneten Teil der Gartenstraße nicht nach § 49 Abs. 6 KAG ganz oder teilweise ausgeschlossen. Danach kann für eine vorhandene Erschließungsanlage, für die eine Erschließungsbeitragsschuld auf Grund der bis zum 29.06.1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes kein Erschließungsbeitrag erhoben werden. Bei dem abgerechneten Teilstück der Gartenstraße handelt es sich allerdings nicht (auch nicht teilweise) um eine vorhandene Straße in diesem Sinne. Das betreffende Teilstück ist, anders als das von der Beklagten zu Recht als historisch anerkannte Teilstück von der Einmündung in die G... Straße bis zur Außenkante des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40, heute Gartenstraße 4), keine historische Ortsstraße (dazu 1.). Es handelt sich hierbei auch nicht um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße (dazu 2.). |
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| | 1. Zu Unrecht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auch der abgerechnete Teil der Gartenstraße jedenfalls bis auf die Höhe der heutigen Grenze zwischen den Grundstücken FIst.-Nrn. 76/3 und 166/9 als historische Ortsstraße anzusehen sei. |
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| | a) Von einer historischen Ortsstraße ist im ehemals württembergischen Landesteil dann auszugehen, wenn die Straße bereits vor Inkrafttreten der Württembergischen Neuen Allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872 (RegBl. S. 305) am 01.01.1873 als Ortsstraße vorhanden war. Ob eine Straße eine historische Ortsstraße in diesem Sinne ist, richtet sich danach, ob sie zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Anbau innerhalb der geschlossenen Ortslage diente (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris Rn. 17) . |
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| | Für die Bestimmung der geschlossenen Ortslage kommt es darauf an, wo die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich zu damaliger Zeit verlaufen ist. Bei der Bestimmung dieser Grenze ist davon auszugehen, dass den Kriterien, die heute nach § 34 BauGB für die Abgrenzung von unbeplantem Innenbereich und Außenbereich maßgeblich sind, zumindest eine indizielle Bedeutung zukommt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2003 - 2 K 181/02 - n.v.; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3; zur historischen Straße im ehemals hohenzollerischen Landesteil VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2020 - 2 S 2349/20 - juris Rn. 12; zum preußischen Anliegerbeitragsrecht OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.11.2018 - 15 A 2671/15 - juris Rn. 28; Urteil vom 09.03.2000 - 3 A 3611/96 - juris Rn. 11 ff.). |
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| | Historische Ortsstraßen sind demnach fertige Ortsstraßen, deren Entwicklung bei Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am 01.01.1873 hinsichtlich ihres Ausbau- und Verkehrszustands für den innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus und für den regelmäßigen Anbau im Wesentlichen abgeschlossen war (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2019 - 2 S 465/18 - juris Rn. 59, Beschluss vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris Rn. 17, Urteil vom 03.02.1994 - 2 S 2961/92 - juris Rn. 15 und Beschluss vom 23.03.1990 - 2 S 2284/89 - juris Rn. 3). Für diese Beurteilung ist regelmäßig mangels anderweitiger Anhaltspunkte die vorhandene Bebauung entlang der Straße ein wesentliches Indiz. Das Vorhandensein einer historischen Ortsstraße hängt somit entscheidend von ihrer faktischen innerörtlichen Erschließungsfunktion ab, die durch den Baubestand repräsentiert wird, dem sie die erforderliche Zugänglichkeit vermittelt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2015 - 2 S 2301/14 - juris Rn. 24, Urteil vom 14.12.2004 - 2 S 191/03 - juris Rn. 27). Dabei verbietet sich eine schematisierende, nur auf die Längenausdehnung und die Zahl der vorhandenen Gebäude abstellende Betrachtungsweise. Vielmehr sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. In diesem Sinne ist anerkannt, dass historische Ortsstraßen solche öffentlichen Wege im Gemeindegebiet sind, die ohne Rücksicht auf ihre straßentechnische Beschaffenheit bei Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung im Hinblick auf ihre Lage, die räumliche Ausdehnung des Ortes und den Bedarf an bebauungsfähigen Grundstücken ihrem Wesen nach die Aufgabe hatten, die Bebauung entlang eines Weges zu ermöglichen, wobei im Einzelfall auch eine nur einseitige Bebauung ausreichend ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris Rn. 17; Urteil vom 24.02.1994 - 2 S 121/93 - n.v.). |
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| | b) Ausgehend hiervon handelt es sich bei dem abgerechneten Teil der Gartenstraße weder ganz noch teilweise um eine historische Ortsstraße. Vielmehr war der damalige Ortsweg Nr. 9 nur bis zu der von der Beklagten angenommenen Grenze eine historische Ortsstraße. In der Fortsetzung handelte es sich um einen Feld- und Güterweg, der aus der geschlossenen Ortslage in die freie Landschaft (den Außenbereich) hinausführte. |
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| | Dies ist bereits aus der Urkarte von 1821 ersichtlich. Danach gab es am Ortsweg Nr. 9 nur im Einmündungsbereich zur Hauptstraße (heute G... Straße, damals Ortsweg Nr. 1) auf einer Länge von ca. 42 m eine dichte eng aufeinanderfolgende zusammenhängende Bebauung mit insgesamt fünf Gebäuden (Nrn. 36 und 37 südlich und Nrn. 39, 40 und 41 nördlich des Ortswegs Nr. 9). Diesen Teil der Straße - bis zur westlichen Grenze des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) - hat die Beklagte zu Recht als historische Ortsstraße anerkannt. |
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| | An den als historisch eingestuften Teil des Ortswegs Nr. 9 schloss sich ein Teilstück des Weges an, das sich auf einer Länge von ca. 70 m zunächst in Richtung Westen und dann rechtwinklig abknickend Richtung Norden erstreckte, ohne dass zumindest an einer Seite des Weges eine Bebauung vorhanden war. Erst dann folgte östlich des Weges auf dem heutigen Grundstück der Kläger (Flst.-Nr. 75) das vereinzelt stehende Wohn- und Ökonomiegebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) und - etwa auf der gleichen Höhe im Bereich der heutigen Gartenstraße auf dem Wegegrundstück Flst.-Nr. 166 - die St. A... Kapelle. Der unbebaute Teil des Weges war also mit ca. 70 m fast doppelt so lang wie der bebaute mit etwa 42 m. |
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| | Aufgrund der erheblichen Länge der unbebauten Teilstrecke, an der ohne Rücksicht auf die westlich des Weges vorhandene Böschung mindestens drei weitere Gebäude hätten errichtet werden können (vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen), sowie dem rechtwinkligen Verlauf des Weges in diesem Bereich kann das betreffende Teilstück nicht als innerörtliche Sackgasse angesehen werden, die nach der Rechtsprechung des Senats trotz fehlender Bebauung ausnahmsweise als Bestandteil einer historischen Straße angesehen werden kann (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 - juris; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3). |
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| | Auch die damals auf dem heutigen Flurstück Nr. 166 etwa in Höhe des Gebäudes Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) befindliche St. A... Kapelle spricht nicht dafür, dass der dortige Teil des Ortswegs Nr. 9 noch zur geschlossenen Ortslage gehörte. Denn bei dieser Kapelle handelte es sich nicht um eine innerörtliche Kirche, sondern um eine kleine Kapelle an dem im Außenbereich verlaufenden Verbindungsweg (Güter-/Feldweg) zur damaligen Nachbargemeinde H...-.... Zu dieser Kapelle wird in der Ortschronik von H... ein Schreiben der Gemeindeausschüsse und Kapellenpfleger vom 22.02.1762 an das Oberamt in Sch... zitiert, in dem es heißt: „Unser St. A... Kapelle ist gar so klein und schlecht, alles vergangen, auch vor dem Dorf draußen entlegen, daß nit der vierte Teil von der Gemeind sich darin aufhalten kann, bei allerhand Wetter“. Daher sei am 21.02.1762 von „einer ehrsamen Gemeind gehandlet und gemeinsamlich beschloßen worden: (dass es anständig wäre,) einen bequemen und geziemenden Ort zu Privatandacht und in spezie zu Verehrung der Hl. A... in dem Ort selbst zu haben“ (B..., H... - ..., Ein Geschichts- und Heimatbuch, Band II, S. 134; Hervorhebungen durch den Senat). Ein in der Dorfchronik abgedrucktes Aquarell von 1803 (B..., H-... - ..., Ein Geschichts- und Heimatbuch, Band I, S. 228) bringt ebenfalls anschaulich die Außenbereichslage der Kapelle zum Ausdruck. Dem steht nicht der Vortrag der Kläger entgegen, die Kapelle sei damals „Hauptbestandteil des geistlichen Dorflebens“ gewesen, weil es in der Gemeinde keine andere Kirche gegeben habe. Denn dies ändert nichts daran, dass sich die Kapelle nicht innerorts, sondern im Außenbereich befand und der Ortsweg Nr. 9 in diesem Bereich aus der Ortslage hinaus in die freie Feldflur führte. |
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| | Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht das Ende des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 72, sondern die westliche Grenze des auf diesem Grundstück befindlichen Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) die Ausdehnung der historischen Ortsstraße begrenzt. Denn der Innenbereich endet im Regelfall ohne Rücksicht auf die Grundstücksgrenzen mit dem letzten Gebäude der Ortslage, wenn sich nicht aufgrund äußerlich erkennbarer Umstände eine andere natürliche Grenze ergibt (vgl. zu § 34 BauGB BVerwG, Beschluss vom 12.03.1999 - 4 B 112.98 - juris Rn. 21, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - juris Rn. 22; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3; Faiß, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 20 Rn. 24). Eine solche sich aus der Situation ergebende natürliche Grenze ist hier nicht erkennbar. |
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| | Ohne Erfolg tragen die Kläger diesbezüglich vor, den damaligen Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) auf den heutigen Grundstücken Flst.-Nrn. 72 und 75 seien jeweils zwischen den Gebäuden gelegene Gartenflächen zugeordnet gewesen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbst im Ortsrandbereich noch dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen seien. Das von den Klägern in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2014 (- 9 C 7.13 - juris) betrifft nicht die - hier streitentscheidende - Frage der Abgrenzung einer historischen Ortsstraße von einer in die freie Landschaft hinausführenden Teilstrecke, sondern die hiervon zu unterscheidende Frage, mit welcher Fläche ein Grundstück an der Verteilung des Erschließungsaufwands teilnimmt. Ungeachtet dessen sind nach diesem Urteil Freiflächen auf bebauten Grundstücken nicht stets dem Innenbereich zuzuordnen, sondern nur ausnahmsweise dann, wenn sie „typisch wohnakzessorisch“, insbesondere als „angemessener Hausgarten“, genutzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.2014 - 9 C 7.13 - juris Rn. 25 mwN; Rieger in Schrödter, BauGB, 9. Aufl., § 34 Rn. 18). |
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| | Für den westlich des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) gelegenen Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 72 ist eine solche typisch wohnakzessorische Nutzung nicht ersichtlich. Dort befand sich nach den vorliegenden Plänen kein Blumen- oder Gemüsegarten, der als typisch wohnakzessorische Nutzung angesehen werden könnte. Vielmehr ist diese Fläche als Grasfläche und Baumgarten dargestellt (vgl. dazu die Zeichenerklärung für die Herstellung von Flurkarten in Anwendung von 1819-1895 in Wagner, Die Entwicklung des Katasters in Württemberg, 1950, Beilage 8a). Die betreffende Grundstücksfläche ist zudem deutlich größer als das auf dem Grundstück befindliche Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40), so dass auch deshalb nicht von einem „angemessenen“ Hausgarten die Rede sein kann. Ausweislich der Urkarte und des Situationsplans in der Bauakte des Josef S... aus dem Jahr 1873 befand sich der Gemüsegarten des Anwesens Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) nicht westlich dieses Gebäudes, sondern südlich hiervon. |
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| | Es ist auch nicht anzunehmen, dass die als Gärten dargestellten Flächen zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) sich wegen ihrer besonderen Lage, ihrer Größe oder sonstiger Umstände einer Bebauung zwangsläufig entzogen und deshalb ausnahmsweise einen Bebauungszusammenhang zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) vermittelt hätten (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.02.1994 - 2 S 2961/92 - juris Rn. 15). Die Darstellung als Gartenflächen in der Urkarte steht einer Bebauung jedenfalls nicht entgegen. Denn die Urkarte beschreibt insoweit nur den damals bestehenden Zustand, ohne eine Bebauung auszuschließen. Für die Frage eines Bebauungszusammenhangs zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) ist auch nicht auf die damaligen Grundstückszuschnitte oder Eigentumsverhältnisse abzustellen (vgl. zu § 34 BauGB Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 34 Rn. 8b; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 25). Entscheidend ist vielmehr eine bewertende Betrachtung der Größe der zwischen den Gebäuden und dem Ortsweg Nr. 9 befindlichen Gesamtfläche unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse (vgl. zu § 34 BauGB BVerwG, Beschluss vom 18.06.1997 - 4 B 238.96 - juris Rn. 4, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268, juris Rn. 26). |
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| | Die Freifläche zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) und dem Weg belief sich hier auf ca. 900 bis 1000 m². Bei Betrachtung der gegebenen örtlichen Verhältnisse fällt sie erheblich ins Gewicht und unterbricht den Bebauungszusammenhang; es handelt sich nicht um eine bloße Baulücke von untergeordneter Bedeutung. Dabei ist nicht die Luftlinie zwischen den damaligen Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) entscheidend. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger lässt außer Acht, dass der damalige Ortsweg Nr. 9 nicht entlang dieser Luftlinie verlief, sondern auf einer Länge von ca. 70 m eine Kurve beschrieb, so dass sich im Bereich des Weges die - auch heute noch unbebaute - große Freifläche befand. Auf dieser Freifläche hätte nicht nur ein weiteres kleines Gebäude errichtet werden können, sondern mindestens zwei Wohngebäude mit Ökonomieteil in einer vergleichbaren Größe wie die vorhandenen Gebäude. |
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| | Nicht überzeugend ist die Auffassung im angegriffenen Urteil, die fehlende Bebauung auf der langen Strecke bis zu dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) stehe der Annahme einer historischen Ortsstraße in diesem Bereich nicht entgegen, da die vorhandene Bebauungsstruktur in G... durch eine nur vereinzelte Bebauung gekennzeichnet gewesen sei. Maßgeblich für die Betrachtung ist insoweit - wie bei der bauplanungsrechtlichen Abgrenzung zwischen Außen- und Innenbereich - nicht der gesamte Ort (hier die Gemeinde G...-...), sondern die nähere Umgebung der zu beurteilenden Freifläche, insbesondere die konkret zu betrachtende Straße. Hier war die vorhandene Siedlungsstruktur nicht nur im Bereich der Hauptstraße (dem damaligen Ortsweg Nr. 1, der heutigen G... Straße), sondern vor allem auch im Bereich der Einmündung des Ortswegs Nr. 9 in die Hauptstraße nicht durch eine weiträumige Bebauung, sondern gerade durch eine eng zusammenliegende Bebauung gekennzeichnet. Aufgrund dieser dicht aneinandergereihten Bebauung unterbricht die im Verhältnis dazu große Freifläche zwischen den Gebäuden Nrn. 38 und 39 (ab 1862 Nrn. 39 und 40) bei einer wertenden Betrachtung den bis zur westlichen Grenze des Gebäudes Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) reichenden Bebauungszusammenhang. |
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| | Zu berücksichtigen ist auch, dass es im hier relevanten Teil des damaligen Ortswegs Nr. 9 südlich und westlich überhaupt keine Bebauung gab. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich in diesem Bereich beginnend am Grundstück Flst.-Nr. 69 westlich des Ortswegs Nr. 9 entlang der Grundstücke Flst.-Nrn. 166/1 und 165 eine Hangkante befand, die eine Bebauung in diesem Bereich ausschloss. |
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| | Eine Einbeziehung dieses Straßenbereichs in den Innenbereich unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Geländegrenze (in Form einer Hangkante) kommt entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht. Denn im Bereich der Kurve nördlich und östlich der Straße befanden sich auf einer Länge von ca. 70 m keine Gebäude und auch der unbebaute Teil des südlich der Straße gelegenen Flurstücks Nr. 69, der unstreitig hätte bebaut werden können, war nicht bebaut, so dass dieser gesamte Bereich - wie bereits dargelegt wurde - nicht dem Innen-, sondern dem Außenbereich zuzurechnen war. Die Straße in diesem Bereich kann deshalb ebenfalls nicht zum Innenbereich zählen. Ungeachtet dessen war hier aufgrund der vorhandenen Zahl von mindestens drei Baulücken und nur sechs vorhandenen Wohngebäuden jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Bebauung am Ortsweg Nr. 9 bereits weitestgehend abgeschlossen war. |
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| | Es kommt daher nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich in dem Bereich der Grundstücke Flst.-Nr. 166/1 und 165 beginnend ab dem Flurstück Nr. 69, wie die Kläger vortragen, tatsächlich eine so hohe Hangkante befand, dass eine (Hang-)Bebauung in diesem Bereich unmöglich war. Ungeachtet dessen fehlt es hierfür an ausreichenden Anhaltspunkten. Eine Hangkante ist in den damaligen Plänen nicht eingezeichnet. Die in der Urkarte in dem betreffenden Bereich ersichtliche Linie stellt eine Hecke dar, die auch die weiter südlich gelegenen Grundstücke begrenzt (vgl. dazu die Zeichenerklärung für die Herstellung von Flurkarten in Anwendung von 1819-1895 in Wagner, Die Entwicklung des Katasters in Württemberg, 1950, Beilage 8a). Auch die Böschung, die auf dem mit Schriftsatz der Kläger vom 20.08.2021 übersandten Lichtbild aus der Zeit vor dem Ausbau der Gartenstraße ersichtlich ist, lässt nicht den Schluss zu, dass in diesem Bereich eine (Hang-)Bebauung unmöglich gewesen ist. Dies gilt auch für den mit gleichem Schriftsatz als Anlage 2 vorgelegten Veränderungsnachweis des Vermessungsamtes aus dem Jahr 2011, der keine Höhenangaben enthält, sowie für die mit Schriftsatz vom 16.05.2022 vorgelegten weiteren Lichtbilder. |
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| | Der Umstand, dass ein in der Urkarte durch gestrichelte Linien dargestellter Fußweg erst hinter der Kapelle und dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) beginnt, lässt - entgegen dem Vortrag der Kläger - nicht den Rückschluss zu, der davor befindliche Teil des Weges sei dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt gewesen. Zwar ist nach den Plänen davon auszugehen, dass dieser Teil befahrbar war, jedoch begründet dies allein nicht die innerörtliche Erschließungsfunktion. Denn diese erfordert auch die Bestimmung der Straße zum Anbau, d.h. zum Verkehr von Haus zu Haus. |
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| | Soweit das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) sei in der Urkarte nicht als Außenbereichshof dargestellt, wie dies beispielsweise bei dem am M... Bach gelegenen Hof der Fall gewesen sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn der Urkarte lässt sich die behauptete andersartige Darstellung dieser Gebäude nicht entnehmen. Dargestellt ist jeweils ein rot gefärbter Wohngebäudeteil und ein gelb gefärbter Ökonomieteil. Dabei sind sowohl bei dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) als auch bei dem Hof im M... Bachweg beide Gebäudeteile im Verhältnis zueinander etwa gleich groß. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen haben, der Hof in der R... Gasse weise einen deutlich größeren Ökonomieteil auf als das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39), lässt dies nicht den Schluss zu, dass sich der Hof in der R... Gasse im Außenbereich befand, das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) dagegen im Innenbereich. |
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| | Die Bezeichnung des damaligen Weges als „Ortsweg Nr. 9“, und zwar nach dem Primärkataster im Ergänzungsband I (Blatt 42) aus dem Jahr 1840 ausdrücklich „bis zum Gebäude Nr. 38“, sowie der Umstand, dass dieser Weg in der Ausdehnung bis zum Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) unter den „Wegen im Ort“ geführt wurde und im Eigentum der Gemeinde G... stand, sind zwar ein Indiz für das Vorliegen einer historischen Straße. Das Vorhandensein einer historischen Straße hängt aber nicht maßgeblich von ihrer Bezeichnung oder der Aufnahme in ein Wegeverzeichnis ab, sondern von ihrer faktischen innerörtlichen Erschließungsfunktion, die durch den Baubestand repräsentiert wird, dem sie die erforderliche Zugänglichkeit vermittelt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.09.1987 - 2 S 6/87 - nur auszugsweise veröffentlicht in VBlBW 1988, 305; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.3). |
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| | Aus diesem Grund vermögen auch der in der Ortschronik von H... (Band I, S. 232) abgedruckte Grundriss von G... nach dem Primärkataster von 1821, den der Senat beim Landratsamt Sigmaringen in einem größeren Ausschnitt angefordert hat, und die darin dargestellte rote Umrandung des Dorfes G... die Auffassung der Kläger, es handele sich auch bei dem streitgegenständlichen Teil der Gartenstraße um eine historische Straße, nicht zu stützen. Das rote Farbband markiert die Abgrenzung der „Gewände“ (nach heutigem Sprachgebrauch „Gewanne“) und diente der Zuordnung von Flurstücken zu einer bestimmten Lage (vgl. Wagner, Die Entwicklung des Katasters in Württemberg, 1950, S. 45). Die Abgrenzung erfolgte entlang der Flurstücksgrenzen und nicht entlang der für die Innerortslage maßgeblichen Bebauung. Das rote Farbband umgrenzte damit auch solche Bereiche von G..., die eindeutig dem Außenbereich zuzuordnen sind, wie etwa die unbebauten Flächen westlich der an die Hauptstraße grenzenden Bebauung. |
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| | Die von den Klägern vorgelegte Messurkunde von 1854/1855 ist für die Einordnung der Gartenstraße als historische Ortsstraße ebenfalls nicht aussagekräftig. Dass der damals als „Ortsweg Nr. 9“ bezeichnete Weg bis an das Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) heranreichte, ist bereits aus der Urkarte ersichtlich. Dies allein genügt - wie dargelegt - aber nicht, um eine innerörtliche Erschließungsfunktion dieses Weges anzunehmen. |
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| | Auch die in der Messurkunde von 1862/1863 verzeichneten Grundstücksveränderungen lassen nicht auf eine historische Ortsstraße schließen. Durch die daraus ersichtliche Arrondierung des heutigen Grundstücks FIst.-Nr. 75 mit dem östlichen Teil des bislang auskragenden Wegegrundstücks ist das Grundstück FIst.-Nr. 75 nicht in den Innenbereich „hineingezogen“ worden. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Messurkunde von 1862/1863 im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 75 nur eine einseitige Begrenzung der Wegefläche ausweist, gerade gegen die Annahme, es handele sich bei diesem Teil des Weges um eine historische Ortsstraße. Denn die Entwicklung des Weges war danach ersichtlich noch nicht abgeschlossen. |
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| | Gegen die Annahme einer historischen Ortsstraße spricht des Weiteren die Bezeichnung des Weges als „Feld- und Güterweg“ in dem Situationsplan vom 28.08.1973 in der Bauakte zum Bauvorhaben Josef S.... Der Indizwirkung dieser Bezeichnung steht weder entgegen, dass dieser Plan nicht rechtsverbindlich ist und keine Angaben zu Flurstücksnummern enthält, noch, dass er die zwischenzeitlich geänderten Grundstücksverhältnisse nicht genau wiedergibt und der Weg nach dem Situationsplan „ins Nichts verläuft“. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bezeichnung als „Feld- und Güterweg“ habe sich offensichtlich rechtsfehlerhaft auch auf den von der Beklagten als historisch angesehenen Straßenteil bezogen, erscheint nicht zwingend. Denn der Eintrag „Feld- und Güterweg“ befindet sich erst hinter dem Wohngebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40). |
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| | Die erstmals in der Ergänzungskarte aus dem Jahr 1891 (im Ergänzungskarten-Atlas) erwähnte Bezeichnung als „H... Fußweg“ spricht ebenfalls gegen die Erschließungsfunktion des damaligen Weges im streitgegenständlichen Bereich. Diese Bezeichnung ist erst im Bereich der Kurve, also hinter dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40) eingefügt worden. Dass dies - wie das Verwaltungsgericht meint - allein im Hinblick auf den neu geschaffenen Feldweg Nr. 25 erfolgt sei, leuchtet nicht ein, da sich die Bezeichnung nicht auf diesen Feldweg, sondern auf den hinteren Teil des Ortswegs Nr. 9 bezieht. |
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| | Die Bezeichnung als „H... Fußweg“ findet sich auch noch in viel später gefertigten Plänen, etwa in der Flurkarte, die um 1958 erstellt wurde, und in der Karte im Ergänzungskarten-Atlas aus dem Jahr 1968. Dabei wird der vordere Teil bei der Einmündung in die Hauptstraße (damals Ortsweg Nr. 1, heute G... Straße) stets weiter als Ortsweg Nr. 9 bezeichnet und die Bezeichnung „H... Fußweg“ bezieht sich auf den Teil hinter dem Gebäude Nr. 39 (ab 1862 Nr. 40). |
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| | Gegen das Vorliegen einer historischen Straße im hier streitgegenständlichen Bereich sprechen auch die in dem am 15.03.1878 genehmigten Ortsbauplan für G... eingetragenen Baulinien. Denn diese erstrecken sich nur von der angenommenen Grenze des historischen Teils der Straße bis etwa zum Beginn der westlich gelegenen Kurve des damaligen Ortswegs Nr. 9, nicht aber auf den im rechten Winkel nach Norden abknickenden Teil des Weges. Bei diesem Bereich handelte es sich nach dem Ortsbauplan trotz der vorhandenen Bebauung mit dem Gebäude Nr. 38 (ab 1862 Nr. 39) nicht um einen zum Anbau bestimmten Bereich. Daraus lässt sich schließen, dass dieser Teil des Weges auch nach der damaligen Auffassung des Plangebers dem Außenbereich zuzurechnen war. |
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| | Der Umstand, dass der am 15.03.1878 genehmigte Ortsbauplan die damaligen Grundstücksverhältnisse im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 75 nicht exakt wiedergibt und etwa noch die bereits 1835 abgebrochene Kapelle verzeichnet, steht dem nicht entgegen. Vielmehr lässt dies gerade darauf schließen, dass der betreffende Bereich für den Plangeber damals nicht relevant war, weil er im Außenbereich gelegen und somit nicht zum Anbau bestimmt war. |
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| | Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung eingewandt haben, es habe in G... auch andere Straßen gegeben, bei denen im Ortsbauplan die vorhandene Bebauung nicht durch Baulinien nachvollzogen worden sei, vermag dies die Indizwirkung des Ortsbauplans in Bezug auf die heutige Gartenstraße nicht in Frage zu stellen. Tatsächlich gab es nach dem Ortsbauplan Straßen, an denen Bebauung vorhanden, jedoch keine Baulinie festgesetzt war. Dies betrifft die heutige B... Gasse und die S....-A...-Straße. Dass die Baulinien dort fehlen, lässt sich jedoch dadurch erklären, dass die Bebauung an diesen Straßen zum Zeitpunkt der Erstellung des Ortsbauplans bereits abgeschlossen war und nach dem Willen des Plangebers nicht mehr erweitert werden sollte, weshalb er keinen Anlass gesehen hat, für diese Straßen Baulinien festzusetzen. |
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| | Da sich die Bebauung in einem Ort typischerweise nicht „zurückentwickelt“, können auch Pläne, die nach dem für die Einstufung als historische Ortsstraße maßgeblichen Zeitpunkt, also seit dem 01.01.1873, erstellt wurden und ersichtlich nicht von einer dem Verkehr von Haus zu Haus dienenden Anbaustraße ausgehen, ein Indiz dafür sein, dass eine Straße bis zum 01.01.1873 keine innerörtliche Erschließungsfunktion hatte und mithin nicht als historisch zu qualifizieren ist. So liegt der Fall hier in Bezug auf die heutige Gartenstraße. Die nach dem 01.01.1873 gefertigten Pläne bestätigen den maßgeblich aus dem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Baubestand zu ziehenden Schluss, dass es sich bei dem abgerechneten Teil der Gartenstraße nicht um eine historische Ortsstraße handelt. |
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| | 2. Der abgerechnete Teil der Gartenstraße ist auch keine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße. |
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| | Nach dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung am 01.01.1873 bzw. der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (RegBl. S. 333) sowie dem Aufbaugesetz vom 18.08.1948 (RegBl. S. 127) konnte eine Straße die Bestimmung zum Anbau nur erhalten, wenn sie nach Maßgabe eines verbindlichen Ortsbauplans, Baulinienplans oder Bebauungsplans ausgebaut wurde. War ein Plan vorhanden, so war eine neue Ortsstraße erst mit ihrem plangemäßen Ausbau als Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 4 BBauG bereits „hergestellt“ bzw. im Sinne des § 180 Abs. 2 BBauG „vorhanden“ (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2019 - 2 S 465/18 - juris Rn. 61 f. mwN, Urteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - juris Rn. 27, Urteil vom 03.09.1987 - 2 S 6/87 - VBlBW 1988, 305 <306>; Buhl, VBlBW 1984, S. 270 ff.). |
|
| | Hier gab es zwar einen am 15.03.1878 genehmigten Ortsbauplan, der westlich der von der Beklagten angenommenen Grenze des als historisch angesehenen Teilstücks für ein weiteres Teilstück des Ortswegs Nr. 9 (auf einer Strecke von etwa 15 m bis zur Kurve) beidseitig Baulinien und eine Ausbaubreite von 11 m vorsah. Mangels anderer planerischer Festsetzungen ist anzunehmen, dass diese Baulinien mit den vorgesehenen Straßengrenzen identisch gewesen sind. Denn hiervon ist bei Plänen auf der Grundlage der Neuen Allgemeinen Bauordnung grundsätzlich auszugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.05.2013 - 2 S 2387/12 - n.v.; Urteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - n.v.; Beschluss vom 26.09.1984 - 2 S 776/84 - n.v.; Urteil vom 11.03.1981 - 2 S 1717/80 - n.v.; Urteil vom 21.12.1970 - II 257/69 - n.v.; Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 49 Erl. 3.2.3.2), da die Unterscheidung zwischen Baulinien und Straßengrenzen erst unter Geltung der Bauordnung 1910 eingeführt wurde (vgl. § 5 der Verfügung des Innenministeriums zum Vollzug der Bauordnung vom 10.05.1911 - VVzBauO -, RegBl. S. 77). |
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| | Die Straße wurde jedoch nicht dem Ortsbauplan entsprechend plangemäß hergestellt. Vielmehr ist aus dem Ortsbauplan und den nachfolgenden Plänen ersichtlich, dass der dort eingezeichnete vorhandene Weg in seinem Verlauf von den festgesetzten Baulinien wesentlich abwich. |
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| | Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| | Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 27.424,39 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 39 Abs. 1 GKG). |
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| | Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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