BinSchUO2008Anh II Anlage S Bordkläranlagen – Prüfverfahren –

Technische Mindestvorschriften für Schiffe auf dem Rhein und auf Binnenwasserstraßen der Zonen 1, 2, 3 und 4 für Fahrzeuge, die ein Schiffsattest beantragen

1.
Allgemeines
1.1
Grundlagen Die Prüfvorschrift dient zur Verifizierung der Eignung von Bordkläranlagen an Bord von Fahrgastschiffen. Bei diesem Verfahren wird anhand einer Testanlage die eingesetzte Verfahrens- und Behandlungstechnik untersucht und zugelassen. Die Übereinstimmung zwischen der Testanlage und den später im Einsatz befindlichen Bordkläranlagen wird durch die Anwendung identischer Auslegungs- und Bemessungskriterien gewährleistet.
1.2
Verantwortlichkeit und Prüfstandort Die Testanlage einer Bordkläranlagen-Typenreihe ist durch einen technischen Dienst zu prüfen. Die Prüfbedingungen am Prüfstandort liegen in der Verantwortlichkeit des technischen Dienstes und müssen mit den hier festgelegten Bedingungen übereinstimmen.
1.3
Einzureichende Unterlagen Die Prüfung erfolgt anhand des Beschreibungsbogens nach Anlage R Teil II.
1.4
Vorgaben zur Anlagenbemessung Die Bordkläranlagen sind so zu bemessen und auszuführen, dass in deren Ablauf die in § 14a.02 Nummer 2 Tabelle 1 und 2 vorgegebenen Grenzwerte nicht überschritten werden.
2.
Vorbereitende Maßnahmen zur Durchführung der Prüfung
2.1
Allgemeines Vor Beginn der Prüfung muss der Hersteller dem technischen Dienst bautechnische und verfahrenstechnische Festlegungen zur Testanlage einschließlich eines vollständigen Satzes von Zeichnungen und unterstützenden Berechnungen nach Anlage R Teil II liefern sowie vollständige Angaben zu den Anforderungen an Einbau, Betrieb und Wartung der Bordkläranlage bereitstellen. Der Hersteller hat dem technischen Dienst Angaben zur mechanischen, elektrischen und technischen Sicherheit der zu prüfenden Bordkläranlage zu liefern.
2.2
Einbau und Inbetriebnahme Die Testanlage muss vom Hersteller zur Prüfung so installiert werden, wie es den vorgesehenen Einbaubedingungen an Bord von Fahrgastschiffen entspricht. Der Hersteller muss vor der Prüfung die Bordkläranlage zusammenbauen und in Betrieb nehmen. Die Inbetriebnahme muss entsprechend der Betriebsanleitung des Herstellers erfolgen und ist vom technischen Dienst zu prüfen.
2.3
Einfahrphase Der Hersteller hat dem technischen Dienst die nominelle Zeitdauer der Einfahrphase bis zum normalen Betrieb in Wochen mitzuteilen. Der Hersteller gibt vor, ab wann die Einfahrphase als abgeschlossen gilt und mit der Prüfung begonnen werden kann.
2.4
Zulaufkennwerte Zum Zweck der Prüfung der Testanlage ist häusliches Rohabwasser zu verwenden. Die Zulaufkennwerte hinsichtlich der Schmutzkonzentrationen ergeben sich aus den Bemessungsunterlagen des Herstellers der Bordkläranlage nach Anlage R Teil II durch Bildung des Quotienten von Durchsatz an organischen Stoffen als BSB 5 -Fracht in kg/d und dem ausgelegten Abwasservolumenstrom Q d in m 3 /d. Die Zulaufkennwerte sind vom technischen Dienst entsprechend einzustellen. Formel 1 – Berechnung des Zulaufkennwertes

Sollte sich anhand von Formel 1 eine geringere durchschnittliche BSB 5 -Konzentration von weniger als C BSB5, Mittel = 500 mg/l ergeben, so ist im Zulaufwasser mindestens eine mittlere BSB 5 -Konzentration von 500 mg/l einzustellen. Der technische Dienst darf das zufließende Rohabwasser nicht in einer Zerkleinerungsvorrichtung behandeln. Das Entfernen (u. a. Absieben) von Sand ist zulässig.
3.
Prüfverfahren
3.1
Belastungsphasen und hydraulische Beschickung Der Zeitraum der Prüfung umfasst 30 Prüftage. Die Testanlage wird auf dem Prüffeld mit häuslichem Abwasser entsprechend der nach Tabelle 1 vorgegebenen Belastung beschickt. Es werden unterschiedliche Belastungsphasen untersucht. Der Prüfablauf sieht Normallastphasen und Sonderlastphasen wie Überlastphase, Unterlastphase und Stand-by-Betriebsphase vor. Die Dauer der jeweiligen Belastungsphase (Anzahl Prüftage) ist in Tabelle 1 vorgegeben. Die mittlere tägliche hydraulische Belastung für die entsprechenden Lastphasen sind nach Tabelle 1 einzustellen. Die mittlere Schmutzkonzentration, die nach 2.4 einzustellen ist, wird konstant gehalten. Tabelle 1
Einzustellende Belastung für Lastphasen

Phase Anzahl
Prüftage
Tägliche hydraulische
Belastung
Schmutzkonzentration
Normallast 20 Tage Q d C BSB5 nach Nummer 2.4 Überlast  3 Tage 1,25 Q d C BSB5 nach Nummer 2.4 Unterlast  3 Tage 0,5 Q d C BSB5 nach Nummer 2.4 Stand-by-Betrieb  4 Tage Tag 1 und Tag 2: Q d  = 0
Tag 3 und Tag 4: Q d
C BSB5 nach Nummer 2.4
Die Sonderlastphasen „Überlast“, „Unterlast“ und „Stand-by-Betrieb“ sind der Reihe nach ohne Unterbrechung durchzuführen, die Normallastphase ist in mehrere Teilphasen aufzuteilen. Die Prüfung ist mit einer jeweils mindestens 5 Tage dauernden Normallastphase zu beginnen und zu beenden. In Abhängigkeit vom vorgegebenen Betrieb der Bordkläranlage sind tägliche hydraulische Beschickungsganglinien einzustellen. Die Wahl der täglichen hydraulischen Beschickungsganglinie richtet sich nach dem Betriebskonzept der Bordkläranlage. Es wird unterschieden, ob die Bordkläranlage mit einem vorgeschalteten Abwasserspeichertank zu betreiben ist oder nicht. Die Beschickungsganglinien (Tagesganglinien) sind in den Abbildungen 1 und 2 dargestellt. Über die gesamte Prüfungsdauer muss gewährleistet sein, dass der stündliche Zulauf gleichmäßig erfolgt. Der mittlere stündliche Abwasservolumenstrom Q h, Mittel entspricht dem 1/24 der täglichen hydraulischen Belastung gemäß Tabelle 1. Der Zufluss ist durch den technischen Dienst kontinuierlich zu messen. Die Tagesganglinie muss eine Grenzabweichung von ± 5 % einhalten.



Abbildung 1
Tagesganglinie der Bordkläranlagen-Beschickung
mit vorgeschaltetem Abwasserspeichertank




Abbildung 2
Tagesganglinie der Bordkläranlagen-Beschickung
ohne vorgeschalteten Abwasserspeichertank
3.2
Unterbrechung oder Abbruch der Prüfung Eine Unterbrechung der Prüfung kann erforderlich sein, wenn die Testanlage aufgrund eines Stromausfalls oder des Ausfalls eines Bauteils oder einer Komponente nicht mehr ordnungsgemäß betrieben werden kann. Für die Dauer der Reparatur kann die Prüfung unterbrochen werden. In diesen Fällen muss die Prüfung nicht vollständig wiederholt werden, sondern nur die Belastungsphase, in der der Ausfall stattgefunden hat. Nach der zweiten Unterbrechung der Prüfung ist vom technischen Dienst zu entscheiden, ob die Prüfung fortgeführt werden kann oder abgebrochen werden muss. Die Entscheidung ist zu begründen und im Prüfbericht zu dokumentieren. Bei einem Abbruch der Prüfung muss diese vollständig wiederholt werden.
3.3
Untersuchungen zur Reinigungsleistung und Einhaltung von Ablaufgrenzwerten Der technische Dienst muss im Zulauf zur Testanlage Proben entnehmen und diese analysieren, um die Übereinstimmung mit den Zulaufkennwerten zu bestätigen. Zur Bestimmung der Reinigungsleistung und Einhaltung der geforderten Ablaufgrenzwerte sind aus dem Ablauf der Testanlage Abwasserproben zu entnehmen und zu analysieren. Bei den Probenahmen sind Stichproben und 24-h-Mischproben durchzuführen. Bei den 24-h-Mischproben können entweder durchfluss- oder zeitproportionale Probenahmen durchgeführt werden. Die Art der 24-h-Mischprobe ist vom technischen Dienst anzugeben. Die Probenahmen im Zu- und Ablauf sind gleichzeitig und gleichwertig vorzunehmen. Zur Beschreibung und Darstellung der Umgebungs- und Prüfungsbedingungen sind neben den Überwachungsparametern BSB 5 , CSB und TOC folgende Parameter für den Zulauf und für den Ablauf zu erfassen:
a)
abfiltrierbare Stoffe (AFS),
b)
pH-Wert,
c)
Leitfähigkeit,
d)
Temperatur der flüssigen Phasen.
Die Anzahl der Untersuchungen richtet sich nach den entsprechenden Belastungsphasen und ist in Tabelle 2 geregelt. Die Anzahl der Probenahmen bezieht sich jeweils auf den Zu- und Ablauf der Testanlage.

Tabelle 2
Vorgaben zu Anzahl und Zeitpunkt
der Probenahmen im Zu- und Ablauf der Testanlage

Belastungsphase Anzahl
Prüftage
Anzahl
Probenahmen
Vorgaben zum Zeitpunkt der
Probenahmen
Normallast 20 Tage 24-h-Mischproben: 8
Stichproben: 8
Die Probenahmen sind gleichmäßig über den Zeitraum zu verteilen.
Überlast  3 Tage 24-h-Mischproben: 2
Stichproben: 2
Die Probenahmen sind gleichmäßig über den Zeitraum zu verteilen.
Unterlast  3 Tage 24-h-Mischproben: 2
Stichproben: 2
Die Probenahmen sind gleichmäßig über den Zeitraum zu verteilen.
Stand-by-Betrieb  4 Tage 24-h-Mischproben: 2
Stichproben: 2
24-h-Mischprobe: Ansetzen der Probenahme nach Einschalten Zulauf und 24 Stunden später.
Stichprobe: 1 Stunde nach Einschalten Zulauf und 24 Stunden später.
Gesamtanzahl 24-h-Mischproben: 14 Gesamtanzahl Stichproben: 14
Weiterhin sind – soweit vorhanden – folgende Betriebsparameter während der Stichprobenahmen zu erfassen:
a)
Konzentration des gelösten Sauerstoffes im Bioreaktor,
b)
Trockensubstanzgehalt im Bioreaktor,
c)
Temperatur im Bioreaktor,
d)
Umgebungstemperatur,
e)
Weitere Betriebsparameter entsprechend der jeweiligen Betriebsanleitung des Herstellers.
3.4
Auswertung der Untersuchungen Zwecks Dokumentation der festgestellten Reinigungsleistung und Prüfung der Einhaltung von Ablaufgrenzwerten sind für die Überwachungsparameter BSB 5 , CSB und TOC sowie für den Parameter AFS das minimale Probenergebnis (Min), das maximale Probenergebnis (Max) und das arithmetische Mittel (Mittelwert) anzugeben. Für den maximalen Probenwert ist zusätzlich die Belastungsphase anzugeben. Die Auswertungen sind für alle Belastungsphasen gemeinsam durchzuführen. Die Ergebnisse sind nach folgender Tabelle darzustellen:

Tabelle 3a
Vorgaben zur statistischen Aufbereitung erfasster Daten
Auswertung zur Dokumentation der Einhaltung von Ablaufgrenzwerten

Parameter Probenahmeart Anzahl der Proben, die den Ablaufgrenzwert einhalten Mittelwert Min Max Wert Phase Zulauf BSB 5 24-h-Mischproben Ablauf BSB 5 24-h-Mischproben Zulauf BSB 5 Stichproben Ablauf BSB 5 Stichproben Zulauf CSB 24-h-Mischproben Ablauf CSB 24-h-Mischproben Zulauf CSB Stichproben Ablauf CSB Stichproben Zulauf TOC 24-h-Mischproben Ablauf TOC 24-h-Mischproben Zulauf TOC Stichproben Ablauf TOC Stichproben Zulauf AFS 24-h-Mischproben Ablauf AFS 24-h-Mischproben Zulauf AFS Stichproben Ablauf AFS Stichproben


Tabelle 3b
Vorgaben zur statistischen Aufbereitung erfasster Daten
Auswertung zur Dokumentation der Reinigungsleistung

Parameter Probenahmeart Mittelwert Min Max Eliminationsleistung BSB 5 24-h-Mischproben Eliminationsleistung BSB 5 Stichproben Eliminationsleistung CSB 24-h-Mischproben Eliminationsleistung CSB Stichproben Eliminationsleistung TOC 24-h-Mischproben Eliminationsleistung TOC Stichproben Eliminationsleistung AFS 24-h-Mischproben Eliminationsleistung AFS Stichproben
Die übrigen Parameter nach Nummer 3.3 Buchstabe b bis d sowie die Betriebsparameter nach 3.3 sind in einer tabellarischen Übersicht mit Angabe des minimalen Probenergebnisses (Min), des maximalen Probenergebnisses (Max) und des arithmetischen Mittels (Mittelwert) zusammenzustellen.
3.5
Einhaltung der Anforderungen des Kapitels 14a Die Grenzwerte nach § 14a.02 Nummer 2 Tabelle 1 und 2 gelten als eingehalten, wenn je Parameter CSB, BSB 5 und TOC
a)
die Mittelwerte der insgesamt 14 Ablaufproben und
b)
mindestens 10 der insgesamt 14 Ablaufproben
die vorgegebenen Grenzwerte für 24-h-Mischproben und Stichproben nicht überschreiten.
3.6
Betrieb und Wartung während der Prüfung Während der gesamten Prüfdauer ist die Testanlage nach den Vorgaben des Herstellers zu betreiben. Routinemäßige Kontrollen und Wartungen müssen unter Beachtung der Betriebs- und Wartungsanleitung des Herstellers durchgeführt werden. Der durch den biologischen Reinigungsprozess entstehende Überschussschlamm darf nur dann aus der Bordkläranlage entfernt werden, wenn dies vom Hersteller in dessen Betriebs- und Wartungsanleitung festgelegt wurde. Alle durchgeführten Wartungsarbeiten sind durch den technischen Dienst aufzuzeichnen und im Prüfbericht zu dokumentieren. Während der Prüfung dürfen Unbefugte keinen Zutritt zur Testanlage haben.
3.7
Probenanalyse/Analysenverfahren Die zu untersuchenden Parameter sind unter Anwendung von zugelassenen Normverfahren zu analysieren. Das angewendete Normverfahren ist anzugeben.
4.
Prüfbericht
4.1
Der technische Dienst ist verpflichtet, über die durchgeführte Typprüfung einen Bericht zu erstellen. Der Bericht muss mindestens die unten festgelegten Angaben enthalten:
a)
Einzelheiten zur geprüften Bordkläranlage, wie Typ, Angaben zur nominalen Tagesschmutzfracht sowie die vom Hersteller angewendeten Bemessungsgrundlagen;
b)
Angaben zur Übereinstimmung der geprüften Bordkläranlage mit den vor der Prüfung bereitgestellten Unterlagen;
c)
Angaben zu Einzelmessergebnissen sowie zur Auswertung der Reinigungsleistung und Einhaltung der geforderten Ablaufgrenzwerte;
d)
Einzelheiten zur Überschussschlammentnahme, wie Häufigkeit der Entnahmen und Umfang der entnommenen Volumina;
e)
Angaben zu allen während der Prüfung ausgeführten Betriebs-, Wartungs- und Reparaturmaßnahmen;
f)
Angaben zu allen während der Prüfung aufgetretenen Qualitätsverschlechterungen der Bordkläranlage und stattgefundenen Unterbrechungen der Prüfung;
g)
Angaben zu Problemen, die während der Prüfung aufgetreten sind;
h)
Liste der verantwortlichen Personen mit Angabe der Namen und Stellenbezeichnungen, die an der Typprüfung der Bordkläranlage beteiligt waren;
i)
Name und Anschrift des Labors, das die Analysen der Wasserproben durchgeführt hat;
j)
angewendete Untersuchungsmethoden.


<B>Anhang 1</B> <B>Beispiele für Prüfabläufe</B>

Beispiel 1

Beispiel 2



<B> Anmerkungen zur Bestimmung des <BR/> Biochemischen Sauerstoffbedarfs nach 5 Tagen (BSB <SUB>5</SUB> ) in 24-h-Mischproben </B>

Die DIN EN 1899-1 und 1899-2:1998-05 schreibt vor, dass zur Bestimmung des Biochemischen Sauerstoffbedarfs nach 5 Tagen die Wasserproben unmittelbar nach der Probenahme in einer randvoll gefüllten, dicht verschlossenen Flasche bei einer Temperatur von 0 bis 4° C bis zur Durchführung der Analyse aufzubewahren sind. Die BSB 5 -Bestimmung ist sobald wie möglich oder innerhalb von 24 Stunden nach Beendigung der Probenahme zu beginnen.

Um ein Einsetzen von biochemischen Abbauprozessen in der 24-h-Mischprobe zu verhindern, wird in der Praxis während der Probenahmezeit die Wasserprobe auf maximal 4° C herunter gekühlt und bis zur Beendigung der Probenahme bei dieser Temperatur aufbewahrt.

Entsprechende Probenahmegeräte sind auf dem Markt verfügbar.

Referenzen

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