Urteil vom Amtsgericht Aachen - 101 C 30/19
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
2Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die Beklagte haftet nicht für die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 147,56 EUR. Eine solche Haftung ergibt sich insbesondere nicht aus den §§ 7ff. StVG i.V.m. § 249 BGB. Es handelt sich insofern nicht um “erforderliche” Kosten im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 08.11.1994, Az. IV ZR 3/94, NJW 1995, 446, der sich das erkennende Gericht anschließt,
3„hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat, sondern nur solche Kosten, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (Senatsurteil BGHZ 66, 182, 192 m.w.N.; ebenso BGHZ 30, 154, 158 und BGH, Urteil vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85 - NJW 1986, 2243, 2245 m.w.N.). […] Allerdings sind unter dem Blickpunkt, daß der Schädiger grundsätzlich für alle durch das Schadensereignis verursachten Kosten einzustehen hat, an die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt nämlich darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Ist - wie etwa in den vorliegend zu beurteilenden Fällen einer Beschädigung von Autobahn-Einrichtungen wie Leitplanken etc. - die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar, daß aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, daß der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so wird es grundsätzlich nicht erforderlich sein, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger bzw. seiner Versicherung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. In derart einfach gelagerten Fällen kann der Geschädigte, ob es sich nun um einen Privatmann oder eine Behörde handelt, grundsätzlich den Schaden selbst geltend machen, so daß sich die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen kann, wenn etwa der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie etwa Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden.“
4Bei Anwendung dieser Grundsätze besteht ein Anspruch der Klägerin im vorliegenden Fall nicht. Es handelte sich vorliegend um einen einfach gelagerten Fall, bei dem es der Klägerin jedenfalls zumutbar gewesen wäre zunächst selbst ein erstes Anspruchsschreiben an die Beklagte zu versenden. Jedenfalls gegenüber einer öffentlichen Körperschaft kann der Geschädigte in Fällen, in denen die Verursachung durch die Körperschaft unmittelbar eingeräumt wird, darauf vertrauen, dass eine entsprechende Regulierung erfolgt. Dies auch vor dem Hintergrund der „Gesetzmäßigen Verwaltung“, die die Behörde zu gesetzmäßigem Handeln verpflichtet. Dies gilt umso mehr als die Beklagte bereits am xx.xx.xxxx, also zwei Tage nach dem Unfall und vor Beauftragung des Prozessbeauftragten, eine Kontaktaufnahme initiierte zur schnellstmöglichen Unfallabwicklung. In dem Schreiben der Beklagten erhielt die Klägerin selbst Auskünfte über ihre Rechte gegenüber der Beklagten, insbesondere darüber dass auch eine fiktive Geltendmachung erfolgen könne und wie eine Bezifferung des Schadens erfolgen konnte, beispielsweise durch Einreichung eines Kostenvoranschlages. Die Klägerin konnte aus dem Schreiben nur den Schluss ziehen, dass eine Zahlungsbereitschaft bestand. Alles andere wäre sinnfremd. Weiterhin war die unfallbeteiligte C auch als Unfallverursacherin verwarnt worden. Das Regulierungsverhalten bestätigt dies. Der Klägerin wäre es insofern zumutbar gewesen, zunächst eine Regulierung abzuwarten und erst sofern sich wider Erwarten diesbezüglich Probleme ergäben, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dass die Klägerin hierdurch Nachteile erwachsen wären ist nicht erkennbar.
5Allein, dass insbesondere im Zusammenhang mit der Schadensdurchsetzung gegenüber Versicherungen u.ä., Verkehrsunfallsachen grundsätzlich einer anwaltlichen Beratung bedürfen kann in dieser Konsequenz, jedenfalls für derart einfach gelagerte Fälle wie im vorliegenden Fall insbesondere gegenüber Behörden nicht gefolgt werden. Dies widerspräche auch dem Grundsatz der Erforderlichkeit. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Privatperson handelt, sondern um eine gewerbliche Taxi-Zentrale, die eine gewisse Erfahrung mit der Abwicklung von Verkehrsunfällen haben dürften.
6Hinreichend konkrete Tatsachen, warum im vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung vorzunehmen ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
7II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 269 Abs. 3; 713 ZPO.
8Der Streitwert wird auf 147,56 EUR festgesetzt.
9Rechtsbehelfsbelehrung:
10Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
111. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
122. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
13Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070 Aachen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
14Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen.
15Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
16Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
17Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
18Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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Referenzen
- ZPO § 130a Elektronisches Dokument 1x
- IV ZR 3/94 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 269 Klagerücknahme 1x
- BGB § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes 2x
- §§ 7ff. StVG 1x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 112/85 1x (nicht zugeordnet)