Urteil vom Amtsgericht Bocholt - 11 C 101/12
Tenor
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bocholt vom 04.09.2012 (AZ. 11 C 101/12) wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
2Der Einspruch war vorliegend zu verwerfen, weil er nicht fristgerecht eingelegt worden ist. Die Frist zur Einspruchseinlegung beträgt gemäß § 339 Abs. 1 zwei Wochen ab Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Diese Frist ist vorliegend nicht gewahrt.
3Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Klageschrift und die Verfügung über die Anordnung des schriftlichen Verfahrens gemäß § 176 ZPO vom 08.06.2012 der Beklagten am 13.06.2012 ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Gemäß § 178 ZPO Abs. 1 Nr. 2 können Schriftstücke im Wege der Ersatzzustellung an Geschäftsräumen beschäftigte Personen zugestellt werden. Diese Voraussetzung ist vorliegend zur Überzeugung des Gerichts gegeben. Denn die oben genannten Schriftstücke wurden laut Zustellervermerk Herrn XXXXXXXXXXXX übergeben am 13.06.2012, der zu diesem Zeitpunkt beim XXXXXXXXXX beschäftigt war.
4Nach § 182 ZPO in Verbindung mit § 418 Abs. 1 ZPO begründet diese Postzustellungsurkunde den Beweis für die Richtigkeit der in ihr bekundeten Tatsachen mithin der Ersatzzustellung an Herrn XXXXXXXXXXX. Der Gegenbeweis, dass die Postzustellungsurkunde fehlerhaft ist, gemäß § 418 Abs. 2 ZPO, ist der Beklagten nicht gelungen. Dem steht nicht entgegen, dass der Zeuge XXXXXXXXX im Termin vom 24.06.2013 ausgesagt hat, dass er am 13.06.2012 in Salzburg gewesen sei und bereits am 04.06.2012 nach Salzburg gefahren sei. Denn diese Aussage steht im Widerspruch zu seiner eidesstattlichen Versicherung vom 24.10.2012, Blatt 47 der Akte, wonach er am 13. Juni 2012 gegen 6.30 Uhr mit dem PKW nach Salzburg gefahren ist. Offensichtlich weiß der Zeuge somit nicht mehr genau, wann er nach Salzburg gefahren ist. Nur so lässt sich der Widerspruch hinsichtlich des Datums (11.06.2012 in der gerichtlichen Aussage und 13.06.2012 in der eidesstattlichen Versicherung) erklären. Wenn der Zeuge aber nicht einmal mehr den Tag sagen kann, wann er nach Salzburg aufgebrochen ist, dann kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass er nicht um 6.30 Uhr nach Salzburg gefahren ist, sondern zu einem späteren Zeitpunkt und vorher noch in den Praxisräumen gewesen ist, um das Schriftstück in Empfang zu nehmen. Letzeres wird durch den Zeugen XXXXXXXXX bestätigt. Diese hatte zwar keine genaue Erinnerung mehr daran, was am 13.06.2012 passiert ist, er führte jedoch aus, dass wenn er den Namen XXXXXXX in die Postzustellungsurkunde eingetragen hat, dann sei er sich auch sicher gewesen, dass er die Schriftstücke Herrn XXXXXXXX übergeben hat. Zwar kannte er zu dem damaligen Zeitpunkt Herrn XXXX noch nicht persönlich. Allerdings hat er ausgesagt, dass er in diesen Fällen üblicherweise nachfragt, wem er Schriftstücke übergibt und diesen Namen dann auch einträgt. Dass er Herrn XXXX bei Angehörigen eingetragen hat, konnte der Zeuge damit erklären, dass Herr XXXXX ja auch Angehöriger der Inhaberin des XXXX-Pfegedienstes ist. Von daher ist die Klageschrift ordnungsgemäß zugestellt worden.
5Auch das Versäumnisurteil selbst wurde ordnungsgemäß zugestellt, wie sich aus der Zustellungsurkunde vom 07.09.2012 ergibt. Aus dieser Zustellungsurkunde ergibt sich, dass das Versäumnisurteil Herrn XXXXXXX übergeben worden ist. Auch in diesem Fall bestreitet Herr XXXX, zum Zeitpunkt der Übergabe anwesend gewesen zu sein. Allerdings kann die Aussage von Herrn XXXX den Gegenbeweis gemäß § 418 Abs. 2 ZPO nicht erbringen. Herr XXXXX hat ausgeführt, am 07.09.2012 ab 8.30 Uhr bei der Eröffnungsfeier eines XXXX-Zentrums in XXXXXX gewesen zu sein. Allerdings vermag diese Aussage den Gegenbeweis nicht zu führen. Denn bereits bei der Zustellung der Klageschrift war aufgefallen, dass der Zeuge widersprüchliche Behauptungen aufstellt. Wenn wegen Widersprüchen der Aussage des Zeugen, dass er am 13.06.2012 in Salzburg gewesen war und deshalb die Postsendung nicht in Empfang habe nehmen können, nicht geglaubt werden kann, dann folgt hieraus, dass auch der zweiten Aussage betreffend die Zustellung des Versäumnisurteils keinen Glauben geschenkt werden kann. Eine Zeugenaussage, die sich in Widersprüche verwickelt an wesentlichen Punkten ist nicht glaubhaft.
6Aus der Zeugenaussage der Zeugin XXXXXXX kann ebenfalls nicht geschlossen werden, dass das Versäumnisurteil nicht zugestellt worden ist. Die Zeugin hat an den Termin vom 07.09.2012 keine genaue Erinnerung mehr. Sie meint, dass zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr man zum XXXXX - Zentrum gefahren sei. Diese Relativierung schließt nicht aus, dass möglicherweise auch zu einem späteren Zeitpunkt zum XXXXX-Zentrum gefahren worden ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Urzeit der Zustellung üblicherweise nicht auf der Postzustellungsurkunde vermerkt worden ist. Der Zeuge XXXXXXXXXXX hat ausgesagt, dass er üblicherweise die Post zwischen 9.30 Uhr und 10.00 Uhr in die Praxis bringt. Allerdings kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass möglicherweise er auch nicht zu einem früheren Zeitpunkt mal die Post überbracht hat. Der Zeuge hat überzeugend ausgeführt, dass er Herrn XXXXXXXXXX kenne. Von daher kann ausgeschlossen werden, dass er irrtümlich dort einen falschen Namen eingetragen hat.
7Zusammenfassend bleibt somit festzustellen, dass der Gegenbeweis der Beklagten nicht gelungen ist, so dass davon auszugehen ist, dass das Versäumnisurteil am 07.09.2012 zugestellt worden ist.
8Gegen dieses Urteil wurde am 22.10.2012 Einspruch eingelegt. Der Einspruch ist damit verspätet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war vorliegend nicht zu gewähren, da weder Gründe vorgetragen wurden, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen noch wurden diese glaubhaft gemacht.
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 97 ZPO analog, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11 ZPO.
10Rechtsbehelfsbelehrung:
11Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
12a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
13b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
14Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, 48143 Münster, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
15Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Münster zu begründen.
16Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Münster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
17Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
18Unterschrift
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 176 Zustellungsauftrag 1x
- ZPO § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt 3x
- ZPO § 178 Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- Urteil vom Amtsgericht Bocholt - 11 C 101/12 1x
- ZPO § 182 Zustellungsurkunde 1x