Beschluss vom Amtsgericht Duisburg-Hamborn - 21 F 229/13
Tenor
Der Antrag des Antragstellers vom 15.01.2013 auf Wegfall des Kindesunterhalts ab dem 01.12.2011 wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
1
G r ü n d e :
2Der Antragsteller ist der Vater des ehelichen Kindes N P, geboren am 02.05.2001 (Antragsgegnerin zu 1.). Die Ehe der Kindeseltern wurde im April 2007 geschieden. Durch den vor dem Amtsgericht Bruchsal unter dem Aktenzeichen 3 F 139/06 am 19.04.2007 abgeschlossenen Vergleich wurde der Antragsteller unter anderem verpflichtet, an die Antragsgegnerin zu 1 einen monatlich fortlaufenden Kindesunterhalt von 130,- €, beginnend mit Februar 2008 zu zahlen. Mit dem jetzt eingeleiteten Verfahren begehrt der Antragsteller die Abänderung des Vergleichs vom 19.04.2007 dahingehend, dass er ab dem 01.12.2011 keinen Kindesunterhalt mehr schuldet.
3Die Antragsgegnerin zu 2 macht aus übergegangenem Recht gegenüber dem Antragsteller aus dem Vergleich Ansprüche geltend. Mit Schreiben vom 16.11.2011 beantragte sie die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Unterhaltstitels wegen übergegangener Unterhaltsansprüche für die Zeit vom 01.09.2010 bis 30.11.2011. Die Titelumschreibung erfolgte am 06.02.2012. Mit Datum vom 12.03.2012 begehrte die Antragsgegnerin zu 2 aus übergegangenem Recht erneut einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen der Unterhaltsansprüche für die Zeit vom 01.12.2011 bis 30.11.2012.
4Der Antragsteller ist seit dem 27.12.2007 aufgrund einer lebenslangen Haftstrafe inhaftiert. Er ist in der JVA C und hat aufgrund seiner Arbeitstätigkeit in der Haftanstalt Einkommen, und zwar Hausgeld sowie Eigengeld, Sondergeld und Überbrückungsgeld. Wegen der genauen Beträge wird auf die eingereichten Aufstellungen für die Zeit von Dezember 2011 bis Januar 2013 verwiesen. Nach einer Mitteilung der JVA werden 4/7 des Lohnes auf das Überbrückungsgeld gebucht und 3/7 auf das Hausgeld, das dem Inhaftierten für den Einkauf zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist das Eigengeld vorhanden, das zur freien Verfügung steht. In der Zeit von Dezember 2011 bis Januar 2013 hat der Antragsteller ein Hausgeld in Höhe von insgesamt 1.598,61 € zur Verfügung gehabt (ohne die Beträge, die auf das Überbrückungsgeld gebucht wurde). Darüber hinaus standen ihm ein Eigengeld von insgesamt 2.199,86 € zur Verfügung.
5Der Antragsteller trägt vor:
6Er sei aufgrund der lebenslangen Inhaftierung leistungsunfähig. Das bezogene Hausgeld und Eigengeld müsse ihm als Selbstbehalt verbleiben. Im Durchschnitt betrage das Gesamteinkommen monatlich nur 250,- €. Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm müsse aber in der Regel ein Selbstbehalt von 280,- € zugrunde gelegt werden. Im Übrigen seien die Unterhaltsansprüche vor Februar 2012 verwirkt.
7Der Antragsteller beantragt,
8den Vergleich des Amtsgerichts Bruchsal vom 19.04.2007 (Aktenzeichen
93 F 139/06) dahingehend abzuändern, dass er der Antragsgegnerin ab dem
1001.12.2011 keinen Kindesunterhalt mehr schuldet.
11Die Antragsgegner beantragen,
12den Antrag des Antragstellers vom 15.01.2013 abzuweisen.
13Die Antragsgegner tragen vor:
14Der Antragsteller sei nach wie vor in Höhe des titulierten Kindesunterhaltes leistungsfähig. Das Eigengeld sei für den Kindesunterhalt einzusetzen. Darüber hinaus könne ihm das Hausgeld zur Befriedigung seiner Bedürfnisse verbleiben und sei ausreichend.
15Eine Verwirkung sei nicht eingetreten, weil bereits mit dem 16.11.2011 die Zwangsvollstreckung eingeleitet worden sei.
16Der Antrag des Antragstellers ist als unbegründet abzuweisen.
17Der Antragsteller schuldet der minderjährigen Antragsgegnerin zu 1 weiterhin Kindesunterhalt in der titulierten Höhe von 130,- €. Dieser Betrag liegt unterhalb des Mindestkindesunterhaltes. In Höhe von 130,- € ist der Antragsteller auch weiterhin leistungsfähig.
18Da eine Abänderung des bisherigen Unterhaltstitels nicht berechtigt ist, ist auch die von der Antragsgegnerin zu 2 eingeleitete Zwangsvollstreckung weiter berechtigt. Die auf sie übergegangenen Ansprüche sind daher weiterhin durchsetzbar.
19Die Leistungsfähigkeit des Antragstellers ist trotz seiner verminderten Einkünfte in Höhe des titulierten Kindesunterhaltes von 130,- € gegeben. Der Antragsteller muss das von ihm bezogene Eigengeld für die Befriedigung dieses Unterhaltsanspruches einsetzen. Es ist auch in ausreichendem Maße vorhanden. Nach der vorliegenden Aufstellung für die Monate Dezember 2011 bis Januar 2013 hat der Antragsteller ein Eigengeld von insgesamt 2.199,86 € bezogen, dies sind monatlich durchschnittlich 157,13 €, so dass er in der Lage ist und war den Kindesunterhalt von 130,- € zu bezahlen.
20Dem Antragsteller steht neben dem Eigengeld noch das Hausgeld in Höhe von 3/7 seines Einkommens zur Verfügung. Dies sind für den Zeitraum Dezember 2011 bis Januar 2013 insgesamt 1.598,61 €, das heißt monatlich 114,18 €. Hierin enthalten ist nicht das Überbrückungsgeld, das vom Hausgeld genommen wird. In der Aufstellung ist nur das Hausgeld enthalten, das dem Antragsteller zur eigenen Befriedigung seiner Bedürfnisse zur Verfügung steht. Darüber hinaus hat der Antragsteller aber auch noch Sondergeld in Höhe von monatlich 55,- €, das er für seine eigenen Bedürfnisse einsetzen kann.
21Das Gericht folgt der Auffassung des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 16.06.2009, FamRZ 2010, Seite 127 F). Danach kann auch das Einkommen eines Strafgefangenen für die Unterhaltsbemessung eines minderjährigen Kindes herangezogen werden soweit nicht der Mindestselbstbehalt gefährdet ist oder durch eine konkrete Zweckbestimmung die Einbeziehung in die Unterhaltsberechnung erfolgen kann. Danach ist eine Unterscheidung zwischen dem Hausgeld und dem Eigengeld vorzunehmen, wobei das Hausgeld dem Strafgefangenen zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse verbleiben muss, jedoch das Eigengeld für die Unterhaltszwecke zur Verfügung steht. Über das Eigengeld kann der Strafgefangene frei verfügen und muss es für den Kindesunterhalt einsetzen. Der notwendige Selbstbehalt wird gewahrt, weil neben dem Eigengeld noch das Hausgeld in Höhe von 3/7 seines Arbeitsverdienstes zur Verfügung steht. Dieses Hausgeld, das durch die Arbeit erzielt wird ist dem Strafgefangenen zum Zwecke des Einkaufes von Nahrung und Genussmitteln, von Körperpflegemitteln oder zur Bezahlung von Postgebühren zu belassen. Es übersteigt in der Regel auch unter Berücksichtigung der freien Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und Gesundheitsfürsorge nicht den Mindestbedarf der notwendigen Ausgaben, die auch ein Strafgefangener hat und diese Beträge sind ihm auch unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens bei einer gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB zu belassen. Das Hausgeld deckt im Zusammenhang mit den sonstigen Leistungen wie Unterkunft und Versorgung den Unterhalsbedarf des Strafgefangenen ab. Darüber hinaus besteht kein weiterer Unterhaltsbedarf. Daher ist der Selbstbehalt gedeckt und die über das Hausgeld hinausgehenden Auskünfte aus dem Eigengeld müssen für den Unterhalt zur Verfügung gestellt werden. Das Gericht teilt nicht die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 26.10.2010, Aktenzeichen II-2 UF 55/10) wonach der notwendige Selbstbehalt eines Strafgefangenen mit monatlich 275,- € zu bemessen sei. Das Oberlandesgericht Hamm hat sich mit dem Einkommen aus Eigengeld nicht auseinandergesetzt. Im Übrigen hält das Gericht die Berechnung des Selbstbehaltes, wie sie vom Oberlandesgericht Hamm vorgenommen wird nicht für zutreffend. Bei einem Strafgefangenen muss berücksichtigt werden, dass er durch seine Inhaftierung grundsätzlich die gesamten Lebensbedürfnisse befriedigt erhält. Er hat darüber hinaus nur ganz geringe gewisse eigene persönlich Bedürfnisse, wie etwa Genussmittel, Körperpflegemittel oder Postgebühren, die ihm in einem Selbstbehalt zu belassen sind. Hierfür können aber nicht wie vom Oberlandesgericht Hamm angegeben 275,- € angesetzt werden.
22Der Antragsteller hat hier aus dem für seine persönlichen Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Hausgeld monatlich 114,18 € und darüber hinaus noch aus Sondergeld monatlich 55,- €. Darüber hinaus kann er auch noch teilweise auf das Eigengeld zurückgreifen. Der Durchschnitt des Eigengeldes beträgt monatlich 157,13 €. Der titulierte Kindesunterhalt beläuft sich hingegen nur auf 130,- €, so dass weitere 27,- € zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Unter Abwägung dieser Einnahmen geht das Gericht davon aus, dass dem Antragsteller auch bei Aufrechterhaltung des Unterhaltstitels von 130,- € monatlich ein ausreichender Selbstbehalt verbleibt. Daher war der Antrag des Antragstellers auf Abänderung des Unterhaltstitels abzuweisen. Er kann sich auch nicht auf Verwirkung berufen. Die Antragstellerin zu 2 hat bereits unter dem 16.11.2011 eine Zwangsvollstreckung eingeleitet. Daher kann unzweifelhaft für die Zeit ab Dezember 2011 der Unterhalt durchgesetzt werden. Eine Verwirkung kann nicht eingetreten sein.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG.
24Der Streitwert wird auf (Rückstand 13 Monate x 130,- € = 1.690,- € + laufender Unterhalt 12 x 130,- € = 1.560,- €, insgesamt somit auf) 3.250,- € festgesetzt.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- FamFG § 81 Grundsatz der Kostenpflicht 1x
- BGB § 1603 Leistungsfähigkeit 1x
- 2 UF 55/10 1x (nicht zugeordnet)
- 3 F 139/06 2x (nicht zugeordnet)