Urteil vom Amtsgericht Köln - 124 C 609/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger betreibt nebenerwerblich einen Landwirtschaftsbetrieb. Er traf mit der Beklagten am 26.9.2011 eine Finanzierungsvereinbarung für einen Mähdrescher des Herstellers "O.". Der Gesamtdarlehensbetrag betrug 88.425,39 €, die Vereinbarung sah außerdem eine Bearbeitungsgebühr von 125,00 € vor. Der Kläger firmierte auf der Vereinbarung mit "Landwirtschaftsbetrieb H.". Die Gesellschaft der Beklagten setzt sich zusammen aus den Produktionsfirmen für Landmaschinen D. und O..
3Die Beklagte erstellte das Angebot für die Finanzierungsvereinbarung, nachdem sie bei einer entsprechenden Überprüfung bejaht hatte, dass der Mähdrescher "subventionsfähig" war. Bei der Überprüfung verhandelte und kommunizierte sie mit dem ausliefernden E.-Fachhändler. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 10.2.2015, dort S. 4 ff. (Bl. 29 ff. GA) verwiesen. Die "Subventionsfreigabe" führte dazu, dass sich der Darlehenszins von sonst 3,58% jährlich auf 1,97% jährlich reduzierte.
4Der Kläger ist der Ansicht, er sei durch das Bearbeitungsentgelt unangemessen benachteiligt worden. Eine eigenständige Leistung sei im Geschäftsmodell der Beklagten nicht zu sehen.
5Er beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn 125,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2013 zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte ist der Ansicht, das Bearbeitungsentgelt stelle eine kontrollfreie Preisabrede dar, da sie hierfür zusätzliche Leistungen erbracht habe, zu denen sie nicht vertraglich oder gesetzlich verpflichtet gewesen sei. Hierzu beruft sie sich auf das eingangs erwähnte "Subventionsprogramm". Jedenfalls benachteilige die Bearbeitungsgebühr den Kläger nicht unangemessen.
10Entscheidungsgründe:
11Die zulässige Klage ist unbegründet.
12Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 125,00 € aus § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB. Denn die Beklagte hat Eigentum und Besitz an den 125,00 € mit Rechtsgrund erlangt. Die vereinbarte Bearbeitungsgebühr im streitgegenständlichen Darlehensvertrag ist wirksam.
13Die jüngere Rechtsprechung des BGH, wonach Bearbeitungsentgelte in Verbraucherkreditverträgen unwirksam sind, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Parteien haben einen gewerblichen Darlehensvertrag geschlossen. Denn es handelt sich um ein Darlehen, das der Kläger für seinen Landwirtschaftsbetrieb und damit zu gewerblichen Zwecken im Sinne von § 14 BGB aufgenommen hat. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der landwirtschaftliche Betrieb lediglich als Nebenerwerb geführt wird. § 14 BGB setzt nicht voraus, dass die gewerbliche Tätigkeit Haupttätigkeit des Handelnden ist.
14Die Bearbeitungsgebühr stellt im vorliegenden Fall keine kontrollfreie Preisabrede dar, sondern ist nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB als sog. Preisnebenabrede kontrollfähig. Hierunter fallen Abreden, die keine echte (Gegen-)Leistung beinhalten, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt (BGH, Urt. v. 13.5.2014, Az. XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420, Rn. 24).
15Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen kontrollfrei oder kontrollfähig ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese hat sich, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (BGH a.a.O., Rn. 25). Entscheidend ist daher nicht, welche Leistungen der Darlehensgeber mit der "Bearbeitungsgebühr" finanziert, sondern wie der Durchschnittskunde die Gebühr nach oben gesagtem verstehen kann.
16Ausgehend von diesem Maßstab ist die vorliegende "Bearbeitungsgebühr" eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Die Gebühr ist im Vertrag nicht näher definiert. Aus Sicht eines verständigen und redlichen - auch unternehmerischen - Vertragspartners stellt sich die Gebühr daher als solche dar, die für die Bearbeitung des Darlehensantrags berechnet wird, d.h. für dessen Entgegennahme, Prüfung, Erfassung der Kundenwünsche etc.. Es ist für den Vertragspartner nicht erkennbar, dass die Beklagte etwaige interne Sonderleistungen, wie die Verhandlung eines günstigen Zinses, dafür unternimmt. Dies kann im Übrigen hier dahinstehen. Denn die Prüfung, ob und unter welchen Bedingungen ein Vertrag geschlossen werden kann, liegt allein im Interesse desjenigen, der die Abgabe einer auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung erwägt (BGH a.a.O. Rn. 51). Dies gilt umso mehr, wenn die dafür unternommenen Tätigkeiten für den Darlehensnehmer bei Vertragsschluss überhaupt nicht erkennbar sind.
17Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Sie benachteiligt den Vertragspartner der Beklagten nicht unangemessen. Ob eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt, ist durch eine umfassende Interessenabwägung festzustellen. Das grundrechtlich geschützte Interesse des Darlehensgebers, das Entgelt für eine Tätigkeit frei festzulegen (Art. 12 GG) wiegt schwerer als das Interesse des gewerblichen Darlehensgebers, nicht mit einer - neben dem Zins - anfallenden Gebühr belastet zu werden, die nur 0,14% der Darlehenssumme ausmacht.
18Wesentliche Erwägungen des BGH im Urteil vom 13.5.2014, die dort zu einer Unangemessenheit der Klausel in Verbraucherdarlehensverträgen führten, lassen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Zwar ist auch im unternehmerischen Verkehr grundsätzlich davon auszugehen, dass der Darlehensgeber den Antrag des Darlehensnehmers im eigenen Interesse bearbeitet. Darunter fällt auch die Prüfung, welche Konditionen dem Darlehensnehmer im konkreten Fall angeboten werden können. Hierzu sei auf oben Gesagtes verwiesen. Die umfassende Interessenabwägung führt dennoch zu dem Ergebnis, dass die Klausel angemessen ist. Folgende Erwägungen des BGH treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu:
19a) Der BGH hat angeführt, das Bearbeitungsentgelt werde üblicherweise nicht separat erhoben, sondern mitkreditiert. Dies führe dazu, dass der Darlehensnehmer bis zur vollständigen Tilgung des Bearbeitungsentgelts zugleich Zinsen hierauf zahle und dadurch unangemessen benachteiligt werde (BGH a.a.O., Rn. 78). Dies ist hier nicht der Fall. Die Bearbeitungsgebühr wurde einmalig zu Vertragsbeginn erhoben und floss nicht in die Darlehenssumme ein. Eine Benachteiligung des Darlehensnehmers in Form zu viel gezahlter Zinsen auf das Bearbeitungsentgelt liegt daher nicht vor. Hinzu kommt, dass die Bearbeitungsgebühr im vorliegenden Fall lediglich ca. 0,14% der Darlehensvaluta betrug. Dieser geringe Prozentsatz fällt eher für die Angemessenheit der Klausel ins Gewicht.
20b) Weiterhin führt der BGH aus, im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Vertrags wirke sich das Bearbeitungsentgelt zu Lasten des Kunden aus. Denn das Entgelt verbleibe in voller Höhe beim Darlehensgeber. Dadurch werde das jederzeitige Ablösungsrecht des Kunden aus § 500 Abs. 2 BGB gefährdet (BGH a.a.O., Rn. 79 ff.). Auch diese Erwägung lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, da es sich um einen langfristigen Vertrag ohne vorzeitiges ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers handelt. Dem unternehmerischen Darlehensnehmer steht ein jederzeitiges Ablösungsrecht wie in § 500 Abs. 2 BGB nicht zu. Für den Fall, dass der Darlehensnehmer aus wichtigem Grund außerordentlich kündigt, ist davon auszugehen, dass er die Bearbeitungsgebühr als Schadensersatz zurückzufordern wäre. Denn die außerordentliche Kündigung setzte ein Verschulden des Darlehensgebers voraus.
21c) Der BGH hat festgestellt, dass ein AGB-rechtliches Verbot, Bearbeitungsentgelte in AGB zu erheben, einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) des Darlehensgebers darstellt. Dieser Eingriff sei, so der BGH, jedoch gerechtfertigt, da er dem Schutz der Privatautonomie der Verbraucher diene und eine "Waffengleichheit" zwischen den Vertragspartnern herstelle (BGH a.a.O, Rn. 86). Er sei im Interesse eines effektiven Verbraucherschutzes erforderlich. Im Falle eines Unternehmerdarlehens ist eine solche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Beim Unternehmer wird angenommen, dass er grds. auf Augenhöhe mit dem Darlehensgeber handelt.
22Keiner Entscheidung bedarf hiernach die Frage, ob die von der Beklagten angeführten Verhandlungen und "Subventionen" alleine im Interesse des Klägers waren und die Bearbeitungsgebühr ihn bereits deshalb nicht unangemessen benachteilige.
23Mangels Anspruchs in der Hauptsache besteht kein Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen.
24Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.
25Das Gericht lässt die Berufung nach Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens nach § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zu. Die Frage, ob die jüngere BGH-Rechtsprechung auch auf Unternehmerdarlehensverträge anwendbar ist, hat grundsätzliche Bedeutung. Dies zeigt sich bereits an der Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle, die seit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bei den erstinstanzlichen Gerichten eingehen. Gerade im Hinblick auf eine mögliche grundrechtliche Beeinträchtigung des Darlehensgebers ist eine höchstrichterliche Klärung wünschenswert.
26Der Streitwert wird auf 125,00 EUR festgesetzt.
27Rechtsbehelfsbelehrung:
28A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
291. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
302. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
31Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
32Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
33Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
34Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
35B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
36Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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