Beschluss vom Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein - 3f IN 103/12
Tenor
Der Antrag der Gläubigerin zu 2) auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Auf den Insolvenzantrag der Antragstellerin vom 06.03.2012 hat das Gericht nach Anhörung der Schuldnerin mit Beschluss vom 28.03.2012 einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und einen Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordnet.
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Mit Schreiben vom 10.04.2012 hat die Gläubigerin zu 2) die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses gemäß § 22a Abs. 2 InsO beantragt und drei Mitglieder benannt.
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Das Gericht hat zunächst den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 12.04.2012 um kurzfristige Stellungnahme zu den Voraussetzungen des § 22a Abs. 1 und Abs. 3 InsO gebeten. Auf die Stellungnahme des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 16.04.2012 hat das Gericht diesen mit Schreiben vom 17.04.2012 um die Benennung zweier weiterer Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses gebeten.
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Mit Beschluss vom 23.04.2012 hat das Gericht der Schuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auferlegt und dem Sachverständigen aufgegeben zu ermitteln, welcher voraussichtliche Kostenaufwand zulasten der Masse bei Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren in Relation zur prognostizierten Teilungsmasse bei Verfahrensbeendigung entstehen würde.
II.
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Der Antrag unterliegt der Zurückweisung. Ein vorläufiger Gläubigerausschuss darf im vorliegenden Fall gemäß § 22a Abs. 3 Alt. 2 InsO nicht eingesetzt werden.
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Entsprechend der zitierten Norm darf das Gericht nämlich keinen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, wenn eine Kosten-Nutzen-Abwägung die Einsetzung im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse als unverhältnismäßig erscheinen lässt. Dies ist im vorliegenden Fall anzunehmen. Ohne Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist prognostisch eine Teilungsmasse von ca. 175.000,00 € zu erwarten. Die Kosten der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses schätzt das Gericht auf ca. 12.650,00 €. Diese sind nicht mehr verhältnismäßig, da sie einen Anteil von 7 % der zu erwartenden Masse übersteigen.
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1. Im Rahmen der Abwägung bestimmt sich zunächst die zu erwartende Insolvenzmasse danach, was voraussichtlich zur Verteilung an die Gläubiger als freie Masse zur Verfügung stehen wird (vgl. Frind, ZInsO 2011, 2249, 2254). Das Gericht stützt seine Schätzung maßgeblich auf das nachvollziehbare und überzeugende Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 02.05.2012. Danach ist mit einer Teilungsmasse von ca. 175.000,00 € zu rechnen, wenn kein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt würde.
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2. Bei der Prognose der Kosten der Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ist die Vergütung der Ausschussmitglieder und deren Haftpflichtversicherung zu berücksichtigen (vgl. Römermann, NJW 2012, 645, 648).
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a) Der vorläufige Gläubigerausschuss müsste im vorliegenden Fall über 5 Mitglieder verfügen. Über § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a InsO ist § 67 Abs. 2 InsO auch auf den vorläufigen Gläubigerausschuss anzuwenden. Dabei ist zu beachten, dass eine ungerade Mitgliederzahl zweckmäßig ist, um eine Abstimmung nicht zu erschweren (vgl. Uhlenbruck-InsO/Uhlenbruck, 13. Aufl. 2010, § 67, Rn. 20). Im Hinblick auf die Betriebsfortführung im vorliegenden Verfahren, ist eine Beteiligung der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen, der Kleingläubiger und der Arbeitnehmer aus Sicht des Gerichts erforderlich. Da eine Besetzung mit lediglich 4 Mitgliedern aber zu einem Stimmengleichstand führen kann und gegebenenfalls zu treffende eilige Beschlüsse verzögert, müssten 5 Mitglieder bestellt werden (vgl. auch: Frind, ZInsO 2011, 2249, 2251).
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b) Voraussichtlich würde der vorläufige Gläubigerausschuss in 2-3 Versammlungen mit einer Gesamtdauer von 8 Stunden zusammentreten müssen. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat insoweit in seinem überzeugenden Gutachten vom 02.05.2012 zutreffend auf die komplexe gesellschaftsrechtliche Struktur der Schuldnerin hingewiesen, die dem vorläufigen Gläubigerausschuss durch den vorläufigen Insolvenzverwalter zunächst umfassend dargelegt werden müsste. Darüber hinaus besteht eine Notwendigkeit zur Information über die bisherigen Maßnahmen des vorläufigen Insolvenzverwalters im Hinblick auf die bereits erfolgte Betriebsfortführung und die Beratung bzw. Beschlussfassung über das weitere diesbezügliche Vorgehen. Der Aufgabenbereich des vorläufigen Gläubigerausschusses würde sich darüber hinaus auf die Verhandlung mit ernsthaften Betriebsübernahmeinteressenten erstrecken. Insoweit ist auch Zeit für Investorengespräche vorzusehen. Nicht zu berücksichtigten ist jedoch die Beratung und ggf. Beschlussfassung über den Vorschlag eines Insolvenzverwalters für das eröffnete Verfahren. Insoweit erscheint es dem Gericht unwahrscheinlich, dass der vorläufige Gläubigerausschuss den bislang als vorläufigen Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt nicht auch im eröffneten Verfahren akzeptieren würde.
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c) Die Höhe der Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses würde sich nach § 17 InsVV i.V.m. §§ 65, 73, 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a InsO richten. Diese wäre im vorliegenden Verfahren jedenfalls mit 95,00 €/Stunde zu bemessen. Zwar würde die Bestellung des Ausschusses relativ spät erfolgen, gleichwohl erscheint der Stundensatz unter Berücksichtigung der voraussichtlich zu erwartenden weiteren mehrmonatigen Dauer des Eröffnungsverfahrens und im Hinblick auf die zu treffenden Entscheidungen des Ausschusses im Rahmen der Betriebsfortführung eines Unternehmens mit knapp 20 Arbeitnehmern als angemessen (vgl. Schmitt, in FK-InsO, 6. Aufl. 2011, § 73, Rn. 5 ff.; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2255).
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d) Die Kosten notwendiger Haftpflichtversicherungen der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses müssen ebenfalls berücksichtigt werden (vgl. Römermann, a.a.O.; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2255; Uhlenbruck, a.a.O., § 73, Rn. 21 f.). Gegen die Schätzung der dafür anfallenden Kosten in Höhe von 6.000,00 €, die der vorläufige Insolvenzverwalters in seinem Gutachten vom 02.05.2012 vorgenommen hat, ist nichts zu erinnern.
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e) Um eine Kontinuität zu gewährleisten, müsste das Gericht ferner gemäß § 67 InsO auch im eröffneten Verfahren bis zum Berichtstermin einen (sog. Interims-) Gläubigerausschuss einsetzen. Hierfür wird voraussichtlich eine weitere 6stündige Tätigkeit des Ausschusses erforderlich. Auch muss eine Abstimmung bezüglich der weiteren Betriebsfortführung und einer erfolgversprechenden übertragenen Sanierung erfolgen.
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Zusammenfassend ist mithin von voraussichtlichen Kosten in Höhe von 12.650,00 € auszugehen.
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3. Es kann dahinstehen, ob die Unverhältnismäßigkeit bei einem Anteil der Kosten des vorläufigen Gläubigerausschusses von maximal 1 % (vgl. Frind, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, PräsenzKommentar, Bearbeitungsstand: 1.3.2012, § 22a InsO, Rn. 23 - bezogen auf Teilungsmassen von mehr als 250.000,00 €) oder erst ab 5 % (vgl. Frind, ZInsO 2011, 2249, 2255) anzunehmen ist. Unabhängig von der Größe der Teilungsmasse geht das Gericht nämlich davon aus, dass eine Unverhältnismäßigkeit beim Überschreiten eines Anteils von 7 % - wie im vorliegenden Fall – jedenfalls immer anzunehmen ist.
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