Beschluss vom Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein - 3f IN 158/16 Lu


Tenor

1. Der Antrag auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens wird zurückgewiesen.

2. Dem Schuldner wird eine Frist von 3 Wochen zum Nachweis der Einzahlung eines Vorschusses auf die voraussichtlichen Verfahrenskosten in Höhe von 1.500,00 € gesetzt.

Gründe

I.

1

Das angerufene Insolvenzgericht eröffnete zunächst in einem inzwischen abgeschlossenen Verfahren (Aktenzeichen 3a IN 294/08) auf Antrag des Schuldners am 30.09.2008 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen und bewilligte die Stundung der Verfahrenskosten. In der Folge kündigte das Gericht dem Schuldner gemäß § 291 Abs. 1 InsO (a.F.) mit Beschluss vom 17.03.2010 die Restschuldbefreiung an und bewilligte die Verfahrenskostenstundung auch für den Verfahrensabschnitt der Wohlverhaltensphase.

2

Am 24.09.2012 zeigte der Treuhänder an, dass der Schuldner wiederholt seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Nach gerichtlicher Belehrung über die Folgen einer weiteren Verweigerung und fruchtloser Erinnerung, hob das Insolvenzgericht die bewilligte Verfahrenskostenstundung mit Beschluss vom 30.01.2013 auf. In der Folge zahlte der Schuldner die Vergütung des Treuhänders nicht, obwohl Treuhänder und Gericht ihn mehrfach dazu aufforderten.

3

Auf Antrag des Treuhänders versagte das Gericht dem Schuldner wegen fehlender Deckung der Mindestvergütung nach § 298 InsO die Restschuldbefreiung mit Beschluss vom 20.01.2015 (rechtskräftig seit: 11.02.2015). Die Kosten des Insolvenzverfahrens in Höhe von 1.449,50 € konnten vom Schuldner nicht erlangt werden und wurden von der Landesjustizkasse am 01.09.2015 unbefristet niedergeschlagen.

4

Mit Schriftsatz vom 10.05.2016 begehrt der Schuldner erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Neben einem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung hat er dabei auch beantragt, die Verfahrenskostenstundung zu bewilligen.

II.

5

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenstundung ist unzulässig.

6

Zwar kann dem Stundungsantrag der Erfolg nicht im Hinblick auf eine Unzulässigkeit des Restschuldbefreiungsantrags versagt werden, weil die vom Bundesgerichtshof geprägte Sperrfrist-Rechtsprechung wegen fehlender Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders (BGH, ZInsO 2013, 1949) nach den zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Änderungen der Insolvenzordnung nicht mehr anwendbar ist (LG Baden-Baden, NZI 2016, 91; AG Göttingen, NZI 2014, 574, 575; a.A. Uhlenbruck-InsO/Sternal, § 287a, Rn. 37); aufgrund des Verhaltens des Schuldners im ersten Insolvenzverfahren fehlt es aber an einem Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners für die Verfahrenskostenstundung im hiesigen Verfahren (vgl. Laroche, NZI 2014, 576).

7

Der Antrag auf Verfahrenskostenstundung unterliegt den allgemeinen Voraussetzungen einer Parteiprozesshandlung (vgl. LG Berlin, ZInsO 2003, 718). Dementsprechend ist er wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn ein Missbrauch prozessualer Befugnisse vorliegt (Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 65, Rn. 54). Ein solcher Missbrauch ist hier anzunehmen.

8

Der Schuldner hat die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung in dem vorherigen Restschuldbefreiungsverfahren schuldhaft dadurch provoziert, dass er seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht aus § 97 Abs. 1 InsO nicht nachgekommen ist. Diese gilt auch im Restschuldbefreiungsverfahren (BGH, NZI 2009, 396, 397). Sein erneuter Antrag auf Verfahrenskostenstundung stellt sich daher als missbräuchlich dar, denn ohne sein ursprüngliches Fehlverhalten wäre es nicht zum Abbruch des vorherigen Verfahrens gekommen. Mithin ist erst durch das schuldhafte Verhalten des Schuldners das Bedürfnis für einen neuen Antrag entstanden.

9

Es darf insoweit auch nicht verkannt werden, dass der Schuldner durch sein Fehlverhalten einen beträchtlichen Schaden für die Staatskasse herbeigeführt hat. Die Verfahrenskostenstundung im Erstverfahren ist ihm nämlich nur im Hinblick auf das sozialpolitische Interesse an der Erteilung der Restschuldbefreiung gewährt worden, die er selbst vereitelt hat. Demnach sind die niedergeschlagenen Verfahrenskosten für den Verwalter in Höhe von 1.368,50 € von der öffentlichen Hand praktisch nutzlos aufgewandt worden. Es erscheint mithin auch vor diesem Hintergrund im Ergebnis richtig, dass eine erneute Finanzierung des Verfahrens aus öffentlichen Mitteln ausscheidet.

10

Bei einem erneuten Antrag auf Verfahrenskostenstundung innerhalb eines laufenden Insolvenzverfahrens in dem eine zunächst gewährte Verfahrenskostenstundung wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 4c Nr. 1, Nr. 4 InsO aufgehoben worden ist, scheidet eine erneute Bewilligung aus (BGH, NZI 2009, 615). Es ist nicht einsichtig, warum ein Schuldner, der demgegenüber in ein neues Antragsverfahren flüchtet, anders behandelt werden sollte.

11

Die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzinteresses steht schließlich auch nicht im Gegensatz zum Willen des Gesetzgebers bei der Neuausrichtung der Sperrfristen in § 287a Abs. 2 InsO. Denn die Möglichkeit einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zu stellen unterscheidet sich wesentlich von der Frage, ob eine Stundung der Verfahrenskosten in Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat zu Recht darauf abgestellt, dass eine Sperrfrist für einen neuen Antrag auf Restschuldbefreiung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn die Versagung in einem Vorverfahren auf Gläubigerantrag erfolgt ist und durch die zugrundeliegende Obliegenheitsverletzung die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wurde (BT-Drucks. 17/11268, S. 25). Die Restschuldbefreiung tangiert nämlich zuvörderst die Interessen der Insolvenzgläubiger am Erhalt ihrer Forderung. Demgegenüber berührt die Frage der Verfahrenskostenstundung nicht primär die Insolvenzgläubiger, sondern den vorfinanzierenden Staat. Für diesen spielt aber die Befriedigung der Insolvenzgläubiger eine untergeordnete, sein eigenes Fiskalinteresse und die Effizienz der zur Verfügung gestellten Verfahren hingegen eine übergeordnete Rolle. Dementsprechend ist es interessensgerecht, wenn dem Schuldner durch die Unzulässigkeit des Stundungsantrages grundsätzlich nicht die Möglichkeit zur Erlangung der Restschuldbefreiung verbaut wird. Sichert der Schuldner die Staatskasse durch einen entsprechenden Verfahrenskostenvorschuss ab, ist ihm die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung unbenommen.

12

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass ein zeitlich unbeschränkter Ausschluss des Rechtsschutzbedürfnisses zu unbilligen Ergebnissen führen könnte, wenn der Grad des Verschuldens des Schuldners gering ist und die Versagung nach § 298 InsO bereits lange zurückliegt. Daher ist es geboten bei der Bewertung der Missbräuchlichkeit des neuen Stundungsantrages eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Umso länger das Ende des ersten Restschuldbefreiungsverfahrens zurückliegt, desto mehr tritt das Verschulden des Schuldners im Rahmen der Abwägung in den Hintergrund. Dementsprechend wird nach einer gewissen Wartefrist einen erneuten Antrag zulässig sein. Diese Wartefrist ist im vorliegenden Fall aber jedenfalls noch nicht abgelaufen, denn die rechtskräftige Versagung erfolgte erst 15 Monate vor der erneuten Antragstellung und der Schuldner hatte im vorangegangenen Verfahren hartnäckig gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen. Vor diesem Hintergrund kann hier dahinstehen, ob - entsprechend den Wertungen des BGH in der bisherigen höchstrichterlichen Sperrfrist-Rechtsprechung - auch hier im Regelfall eine Wartefrist von 3 Jahren angemessen ist.

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