Urteil vom Arbeitsgericht Düsseldorf - 9 Ca 2977/21
Tenor
1. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
2. Streitwert der Entscheidung: 19.825,00 €.
3. Die Berufung wird gesondert zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über die Rückzahlung eines dem Beklagten zur Finanzierung eines Lehrgangs zur Erlangung eines Type Rating zur Verfügung gestellten Geldbetrags.
3Die H. GmbH iL. (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) führte Lufttransporte aller Art einschließlich Personenbeförderung durch. Mit Beschluss vom 01.04.2019 eröffnete das Amtsgericht – Insolvenzgericht – Charlottenburg – 36g IN 759/19 – über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Beklagte war auf Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 29.08.2018 ab dem 15.10.2018 für einige Monate bei der Insolvenzschuldnerin als Co-Pilot auf dem Flugzeugtyp Airbus A320 Family tätig.
4Am 14.06.2018 fand zwischen Vertretern der späteren Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten ein Einstellungsgespräch statt. Damals verfügte der Beklagte nur über eine allgemeine Erlaubnis als Verkehrsflugzeugführer, nicht über eine Musterberechtigung (sog. Type Rating) für den Flugzeugtyp Airbus A320, die ihn berechtigte, Flugzeuge dieses bei der Insolvenzschuldnerin eingesetzten Typs zu fliegen. Während des Gesprächs wurden der Abschluss einer Ausbildungsvereinbarung, eines Darlehensvertrages sowie eines späteren Arbeitsvertrages erörtert. Inwieweit die Gesprächsteilnehmer Rechtsbindungswillen hinsichtlich des Arbeitsvertrages besaßen und dessen Hauptleistungspflichten und eine Darlehensrückzahlung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses besprochen wurden, ist streitig.
5Unter dem 02.07.2018 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte eine Ausbildungsvereinbarung zum Erwerb der Musterberechtigung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family (im Folgenden Ausbildungsvereinbarung, Anlage K4, Bl. 51 dA.), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Nach § 1 Ausbildungsvereinbarung gewährte die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten zur Finanzierung der Lehrgangskosten zum Erwerb der Berechtigung ein Darlehen auf der Grundlage eines gesondert abzuschließenden Darlehensvertrages. Nach § 4 der Vereinbarung erhielt der Beklagte nach erfolgreich abgeschlossenem Type Rating ein Arbeitsvertragsangebot als Co-Pilot.
6Am selben Tag schlossen sie einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der Type-Rating-Kosten für das Flugzeugmuster Airbus A320 Family (im Folgenden Darlehensvertrag, Anlage K3, Bl. 50 dA.), der dem Ausbildungsvertrag als Anlage beigefügt war und auf den ebenfalls Bezug genommen wird. Dort heißt es insbesondere:
7„Im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Gesellschaft vereinbaren die Parteien folgendes Darlehen und zwar zur Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family:
8[…]
9§ 3 Zins/Lohnsteuer
10(1) Das Darlehen nicht zu verzinsen (sic) […]
11§ 4 Tilgung
12(1) Das Darlehen ist in monatlichen Raten in Höhe von 225 EUR […] mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses zu tilgen und zwar jeweils zum Ende des Monats, der dem Beginn des Arbeitsverhältnisses folgt. […]
13§ 6 Vorzeitige Beendigung des Darlehens/Fälligkeit
14(1) Der ausstehende Darlehensrestbetrag wird insgesamt fällig, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis, gleich aus welchem Grunde, beendet wird. Dies gilt nicht für die Fälle der betriebsbedingten Kündigung, der durch die Gesellschaft veranlassten Eigenkündigung, der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses oder der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
15(2) Ferner wird der Darlehensbetrag insgesamt fällig, wenn der Darlehensnehmer nach der erfolgreichen Absolvierung des Type Rating Lehrgangs als Co-Pilot den Arbeitsvertrag vor Arbeitsaufnahme gekündigt und/oder seine arbeitsvertragliche Tätigkeit als Co-Pilot nicht aufnimmt. Voraussetzung für die Rückzahlung/Fälligkeit des Darlehensbetrages ist, dass die Kündigung vor Arbeitsaufnahme und/oder die Nichtaufnahme der Arbeit nicht durch die Gesellschaft veranlasst wurde. […]“
16Auf Grundlage des Darlehensvertrages zahlte die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten einen Betrag von 20.950 € zum Erwerb der Musterberechtigung aus, die der Beklagte am 13.09.2018 erlangte. In diesem Betrag waren die außerdem gewährte Ausbildungsvergütung von 1.550 € brutto monatlich sowie die Kosten der Insolvenzschuldnerin für die zeitgleich vermittelten „H. Standard Operating Procedures“ nicht enthalten.
17Bereits am 29.08.2018 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 15.10.2018 (im Folgenden Arbeitsvertrag, Anlage K2, Bl. 49 dA.), auf den Bezug genommen wird. Nach dessen § 1 tritt der Vertrag ua. nur in Kraft, wenn der Beklagte im Besitz der Musterberechtigung Airbus A320FAM ist. Am selben Tag vereinbarten sie die Anwendung eines Rahmenvertrages für Piloten in der Fassung vom 01.07.2016 (im Folgenden Rahmenvertrag, Anlage B1, Bl. 91 ff. dA.), auf den Bezug genommen wird.
18Ab November 2018 hielt die Insolvenzschuldnerin im zwischenzeitlich begonnenen Arbeitsverhältnis monatlich 225 € der Vergütung des Beklagten ein, um den ausgezahlten Betrag zurückzuführen, bis Februar 2019 insgesamt 1.125 €. Am 25.03.2019 kündigte die Insolvenzschuldnerin innerhalb der Probezeit das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten aus betrieblichen Gründen ordentlich zum 10.04.2019.
19Erstmals am 14.06.2019, sodann am 27.08.2020 forderte der Kläger den Beklagten zum Ausgleich bis dahin aufgelaufener Zahlungsrückstände auf. Mit Schreiben vom 02.11.2020 kündigte der Kläger das Darlehen und verlangte erfolgslos die Zahlung von 19.825 €.
20Mit am 29.06.2021 bei dem Arbeitsgericht eingegangener, dem Beklagten am 06.07.2021 zugestellter Klage verfolgt der Kläger sein Begehren gerichtlich weiter. Er meint, dass die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen „echten“ Darlehensvertrag iSd. § 488 BGB abgeschlossen hätten, der trotz des bestehenden wirtschaftlichen Zusammenhangs rechtlich selbstständig von Ausbildungsvereinbarung und Arbeitsvertrag sei. Nur solch ein Verständnis entspreche dem Willen der Vertragsschließenden, da jeder Vertrag für sich allein habe gelten sollen, wie auch die unterschiedlichen Vertragsurkunden und die zeitliche Abfolge zum Ausdruck brächten. Für den Beklagten sei auch ein alleinstehender Abschluss des Darlehensvertrages sinnvoll gewesen, der ihm – unstreitig – zinslos und ohne Bonitätsprüfung angeboten wurde. Der Beklagte habe die Kosten des Type Rating allein und unbedingt tragen sollen; insbesondere sei der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ohne Einfluss auf den zurückzuzahlenden Betrag gewesen. Die vereinbarte Zweckbindung und die Zinsfreiheit stünden der Annahme rechtlicher Selbstständigkeit nicht entgegen, sondern seien Ausfluss der Gestaltungsfreiheit. Die Regelungen zur Tilgung im Darlehensvertrag belegten nur den wirtschaftlichen Zusammenhang der Vereinbarungen. Zwischen der vereinbarten unbedingten Rückzahlung des Darlehens und sog. Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungen im Arbeitsverhältnis bestehe ein signifikanter Unterschied dergestalt, dass sich der zurückzuzahlende Betrag nicht allein durch Zeitablauf reduziere. Die vereinbarte Rückzahlungsklausel sei wirksam. Insbesondere halte sie einer allgemeinen Angemessenheitsprüfung wegen des dem Beklagten zuteil gewordenen Gegenwertes durch das Type Rating für die Airbus A320 Family dem Grunde nach und in der Höhe stand. – Unstreitig ist ein Type Rating nicht auf einen bestimmten Arbeitgeber bezogen und handelt es sich bei jenem Flugzeugtyp um den weltweit am zweithäufigsten eingesetzten. – Er, der Kläger, habe den Darlehensvertrag wirksam gekündigt, sodass nun der gesamte Restbetrag zur Zahlung fällig sei. Die Ausschlussklausel aus § 26 Rahmenvertrag habe den Anspruch nicht verfallen lassen, da der Rahmenvertrag nur die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis meine. Außerdem gingen die spezielleren Abreden aus dem Darlehensvertrag vor.
21Der Kläger beantragt,
22den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.825 € zu zahlen nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er ist der Ansicht, dass der Darlehensvertrag und der Arbeitsvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft darstellten. Die vertragsschließenden Parteien hätten die Vereinbarungen miteinander verknüpfen wollen; nur dies habe ihrer Interessenlage entsprochen und ergebe sich aus den Bezugnahmen und der inhaltlichen Gestaltung der Verträge, insbesondere aus der Präambel und den Tilgungsbestimmungen des Darlehensvertrages. Die Trennung in unterschiedliche Vertragsurkunden spreche nicht entscheidend dagegen. Er, der Beklagte, hätte das Type Rating bei einer anderen Firma wohnortnäher und günstiger erwerben können. Losgelöst von einem Arbeitsverhältnis hätte er das Darlehen nicht beansprucht. Für die Insolvenzschuldnerin habe die Finanzierung des Type Ratings vorgeschossene Fortbildungskosten dargestellt, in ihrem Interesse zur späteren Nutzbarmachung investiert. Die Rückzahlungsklausel sei der AGB-Prüfung nach den Grundsätzen bei Aus- und Fortbildungskosten im Arbeitsverhältnis zu unterziehen und unwirksam, da er keine Möglichkeit gehabt habe, der Rückzahlung durch Betriebstreue zu entgehen. Wolle man dies anders sehen, hätte der Arbeitnehmer Investitionsrisiken und das Insolvenzrisiko zu tragen. Überdies sei ein Rückzahlungsanspruch aufgrund der anwendbaren Ausschlussfrist in § 26 Rahmenvertrag verfallen.
26Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
28I.
29Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
301. Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.
31a) Für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist der Streitgegenstand maßgeblich. Dieser wird ausschließlich von der klagenden Partei bestimmt und ergibt sich aus dem Klageantrag iVm. der Klagebegründung, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (BAG 28. Oktober 1993 – 2 AZB 12/93 – mwN.; Schlewing, in Germelmann ua. ArbGG 9. Aufl., § 2 Rn. 157). Das danach zuständige Gericht entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten, § 17 Abs. 2 S. 1 GVG. Nach seinem Vorbringen begehrt der Kläger als Insolvenzverwalter die Rückzahlung eines gesamtfällig gewordenen Darlehens, dem ein zwar rechtlich selbstständiger Darlehensvertrag zwischen Insolvenzschuldnerin und Beklagte zugrunde liege, welcher aber in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis gestanden habe.
32b) Für diesen Streitgegenstand ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 4 lit. a, 3 Alt. 2 ArbGG eröffnet.
33Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 lit. a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der zumindest erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang liegt vor, wenn der Anspruch auf demselben wirtschaftlichen Verhältnis beruht oder wirtschaftliche Folge desselben Tatbestandes ist; die Ansprüche müssen innerlich eng zusammengehören. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Leistung im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis erbracht wird oder beansprucht werden kann (BAG 16. April 2014 – 10 AZB 12/14 – Rn. 11; 24. September 2004 – 5 AZB 46/04 –), etwa bei Ansprüchen aus einem mit Rücksicht auf ein Arbeitsverhältnis vereinbarten Arbeitgeberdarlehen (Walker, in Schwab/Weth ArbGG 5. Aufl., § 2 Rn. 150; ErfK/Koch, 21. Aufl., § 2 ArbGG Rn. 20; Schlewing, in Germelmann ua. ArbGG 9. Aufl., § 2 Rn. 85), auch hinsichtlich eines zu begründenden Arbeitsverhältnisses (OLG Düsseldorf 26. September 2011 – 17 W 55/11 –; ErfK/Koch, 21. Aufl., § 2 ArbGG Rn. 20).
34Nach der Darstellung des Klägers liegt es so. Der Darlehensvertrag wurde laut Präambel im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses vereinbart. Die verabredeten Konditionen wie die Zinsfreiheit und die ratierliche Tilgung ab Arbeitsvertragsbeginn sowie die unterlassene Bonitätsprüfung resultieren aus der Absicht des Arbeitsvertragsschlusses. Der nachfolgende Arbeitsvertrag stand unter der Bedingung, dass der Beklagte über eine Musterberechtigung für Airbus A320 Family verfügte, die mit dem Darlehen finanziert werden sollte.
35Der Kläger ist als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin nach § 80 Abs. 1 InsO kraft Gesetzes prozessführungsbefugt iSd. § 3 Alt. 2 ArbGG (vgl. Poeche, in BeckOK ArbG 61. Edition, § 3 ArbGG Rn. 5).
36c) Auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens wäre der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ohne Weiteres nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a, 3 Alt. 2 ArbGG eröffnet. Das Problematisieren des Rechtswegs auf S. 3 des Schriftsatzes vom 02.08.2021 (Bl. 85 dA.) wollte der Beklagte nicht als Rüge iSd. § 17a Abs. 3 S. 2 GVG verstanden wissen, wie er in der Kammerverhandlung am 07.10.2021 klarstellte.
372. Die Klage ist jedoch unbegründet, da kein Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung von 19.825 € nebst Zinsen besteht.
38a) Ein Anspruch auf Rückzahlung der offenen Gesamtsumme folgt nicht aus § 6 Abs. 1 S. 1 Darlehensvertrag. Die dort geregelte Gesamtfälligkeit tritt nicht bei betriebsbedingter Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein, wie sie hier am 25.03.2019 erfolgte. Dies meint der Kläger selbst nicht.
39b) Ein Anspruch auf ratierliche Rückzahlung des dem Beklagten zur Verfügung gestellten Betrages, also zunächst auf die bis zum letzten Tag der mündlichen Verhandlung aufgelaufene Summe ergibt sich nicht aus § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag. Diese AGB-Klausel ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
40aa) Bei § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag handelt es sich um eine allgemeine, von der Insolvenzschuldnerin dem Beklagten bei Abschluss des Vertrages gestellte Geschäftsbedingung iSd. §§ 305 ff. BGB. Abgesehen von dem Umstand, dass sich die Rechtsprechung bereits mit – womöglich branchenüblichen – Verträgen mit nahezu identischem Wortlaut beschäftigt hat (s. LAG Berlin-Brandenburg 20. Januar 2021 – 15 Sa 1128/20 – n.rkr.), lässt hierauf das äußere Erscheinungsbild schließen (vgl. BAG 26. November 2020 – 8 AZR 58/20 – Rn. 56) mit dem Logo der Insolvenzschuldnerin rechts oben auf Seite 1. Überdies hatte die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten den Darlehensvertrag am 15.06.2018 zugesandt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt auf den Inhalt dieser Klausel Einfluss nehmen konnte.
41bb) Die Tilgungsvereinbarung in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Sie ist Teil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts, an den Kriterien der Rechtsprechung zu arbeitsvertraglichen Rückzahlungsklauseln bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu messen und genügt ihnen nicht.
42(1) Der Darlehensvertrag vom 02.07.2018 bildet mit der Ausbildungsvereinbarung vom selben Tag und dem Arbeitsvertrag vom 29.08.2018 ein einheitliches Rechtsgeschäft.
43(a) Selbstständige Vereinbarungen können ein einheitliches Rechtsgeschäft darstellen, auch dann, wenn die Rechtsgeschäfte in mehreren Urkunden niedergelegt sind und unterschiedlichen Geschäftstypen angehören. Die Verknüpfung mehrerer Verträge zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft setzt aber voraus, dass sie nach dem Willen der Vertragsschließenden nicht für sich allein gelten, sondern miteinander „stehen und fallen“ sollen. Auch wenn nur einer der Vertragspartner einen solchen „Einheitlichkeitswillen“ erkennen lässt und der andere ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt, kann ein einheitlicher Vertrag vorliegen. Erforderlich ist jedoch ein Wille zu einer rechtlichen Verknüpfung; ein rein wirtschaftlicher Zusammenhang genügt für sich allein nicht (BGH 22. September 2016 – III ZR 427/15 – Rn. 16; 30. März 2011 – VIII ZR 94/10 – Rn. 24 mwN.; OLG Rostock 23. April 2018 – 4a) 4 U 36/17 –; vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20. Januar 2021 – 15 Sa 1128/20 – Rn. 26). Ob gemessen an diesen Grundsätzen ein einheitliches Rechtsgeschäft iSd. § 139 BGB vorliegt, ist Tatfrage und durch Ermittlung und Auslegung des Parteiwillens festzustellen (BGH 22. September 2016 – III ZR 427/15 – Rn. 16 mwN.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Niederlegung mehrerer selbstständiger Verträge in verschiedenen Urkunden die widerlegliche Vermutung begründet, dass die Verträge nicht in rechtlichem Zusammenhang stehen sollen (BGH 30. März 2011 – VIII ZR 94/10 – Rn. 24 mwN.); sie steht der Annahme eines Einheitlichkeitswillens aber auch nicht zwangsläufig entgegen (OLG Rostock 23. April 2018 – 4a) 4 U 36/17 –).
44(b) Die hier zugrundeliegenden Verträge sind nach §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass sie nach dem Willen der Vertragsparteien miteinander „stehen und fallen“ sollten, also rechtlich zusammenhingen.
45(aa) Dies ergibt sich zunächst ohne Weiteres für das Verhältnis von Ausbildungsvereinbarung und Darlehensvertrag. Nach § 1 Ausbildungsvereinbarung „gewährt“ die Insolvenzschuldnerin zur Finanzierung der Lehrgangskosten ein Darlehen und zwar auf der Grundlage eines gesondert abzuschließenden Darlehensvertrages. Die Vereinbarung dieses „Gegenstandes“ verknüpft Ausbildungsvereinbarung und Darlehensvertrag miteinander; nach der Formulierung im Indikativ Präsenz kann der Beklagte auf der Grundlage der Ausbildungsvereinbarung den Abschluss des Darlehensvertrages verlangen. Wie am Ende der Ausbildungsvereinbarung angegeben ist, stellte der Darlehensvertrag überdies eine Anlage der Ausbildungsvereinbarung dar; die Urkunden lagen demgemäß auch zeitgleich vor. Sie wurden am selben Tag unterzeichnet.
46Vice versa ergibt sich aus der Präambel des Darlehensvertrages, dass das Darlehen zur Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family gewährt würde. Nach § 2 Darlehensvertrag erfolgt die Auszahlung der ersten Hälfte des Darlehensbetrages bei Ausbildungsbeginn. § 6 Abs. 3, 4 Darlehensvertrag enthält nähere Rückzahlungsklauseln für die Fälle, dass der Beklagte das Ausbildungsziel nicht erreiche oder die Ausbildung abbreche.
47Der aus den Vereinbarungsinhalten ersichtliche rechtliche Zusammenhang wird durch die Interessenlage der Vertragsparteien bestätigt. Die Insolvenzschuldnerin gewährt das Darlehen nur, weil, wenn und sobald der Beklagte die Ausbildung beginnt. Der Beklagte kann mit der monatlichen Vergütung von 1.550 € brutto den Lehrgang nicht bezahlen, sodass dieser mit dem Darlehen finanziert wird.
48(bb) In diese Einheit von Ausbildungsvereinbarung und Darlehensvertrag haben die Vertragsparteien den späteren Arbeitsvertrag von vornherein einbezogen.
49Belegt wird dies auch hier durch die Inhalte der Regelungen. § 4 Ausbildungsvereinbarung begründet einen bedingten Anspruch des Beklagten auf ein Arbeitsvertragsangebot nach erfolgreich abgeschlossenem Type Rating. Gemäß Präambel des Darlehensvertrages bezieht sich dieser nicht nur auf die Ausbildungsvereinbarung, sondern wird vereinbart „[im] Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses“. Die Tilgung des Darlehens – nach erfolgreicher Ausbildung, sonst § 6 Abs. 3, 4 Darlehensvertrag – setzt den Beginn des Arbeitsverhältnisses voraus, in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag ebenso wie in § 6 Abs. 1, 2 Darlehensvertrag („bestehendes Arbeitsverhältnis“, „den Arbeitsvertrag“ bzw. „seine arbeitsvertragliche Tätigkeit“). Auch die Regelungen des Einbehalts und der Sicherheiten in §§ 5 Abs. 1, 7 Darlehensvertrag beziehen sich auf nach § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag fällige Forderungen, knüpfen also ebenfalls an den Beginn des Arbeitsverhältnisses an. Der spätere Arbeitsvertrag schließlich steht unter der Bedingung, dass der Beklagte im Besitz der Musterberechtigung Airbus A320FAM ist.
50Über diese inhaltlichen Belege hinaus besteht auch die Interessenlage beider Vertragsparteien in einem einheitlichen Rechtsgeschäft. Wie der Beklagte (und das LAG Berlin-Brandenburg 20. Januar 2021 – 15 Sa 1128/20 – Rn. 27) treffend ausführen, handelt es sich bei der Insolvenzschuldnerin nicht um eine Bank, sondern um eine privatwirtschaftliche Fluggesellschaft. Für sie ist schlicht kein anderer Grund für die Vergabe eines zinslosen Darlehens ohne Bonitätsprüfung zur Finanzierung eines Type Rating Lehrganges nebst Prüfung ersichtlich, als denjenigen, den ihr nicht näher bekannten Zahlungsempfänger durch Ausbildungsvereinbarung und späteren Arbeitsvertrag an sich zu binden, um ihn aufgrund der dann bestehenden Berechtigung in den in ihrer Flotte genutzten Flugzeugen der A320 Familie einzusetzen. Zudem trug die Insolvenzschuldnerin die Vergütung während der Ausbildung und die Kosten für die Vermittlung der „H. Standard Operating Procedures“. Welches andere Interesse sollte die Insolvenzschuldnerin sonst an der kostspieligen Ausbildung des Beklagten haben und dessen Insolvenzrisiko tragen? Die Insolvenzschuldnerin handelte mit „Einheitlichkeitswillen“.
51Der Beklagte konnte dies aus den Vertragstexten nicht nur erkennen, sondern hatte selbst Interesse an dieser Bindung, da ihm durch § 4 Ausbildungsvereinbarung ein Arbeitsvertragsangebot nach erlangtem Type Rating verbindlich in Aussicht gestellt wurde. Zwar trifft zu, dass der Beklagte die Musterberechtigung bei anderen Arbeitgebern einsetzen kann. Es liegt aber nahe, dass ein Darlehen dieser Größenordnung zur Finanzierung eines Type-Rating-Lehrgangs nur eingeht, wer von dem Abschluss eines Arbeitsvertrages ausgehen kann. Dies gilt umso mehr, als wenige Monate vor Abschluss der Vereinbarungen – gerichtsbekannt – die B. KG als zuvor zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft den Betrieb stillgelegt hatte, sodass eine Vielzahl von (Co-)Piloten auf dem Arbeitsmarkt nach neuer Betätigung gesucht haben dürfte. Die von den Parteien weiter diskutierte Frage, ob ein Type Rating anderswo günstiger hätte erlangt werden können, ist angesichts des zu erlangenden Arbeitsplatzes nachrangig.
52(cc) Der Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäfts von Ausbildungsvereinbarung, Darlehensvertrag und Arbeitsvertrag steht die von dem Kläger zitierte Entscheidung des BAG (23. Februar 1999 – 9 AZR 737/97 –) zu einem Arbeitgeberdarlehen nicht entgegen. Danach würden Darlehensverträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zwar meist mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis zu Sonderkonditionen abgeschlossen, blieben aber rechtlich selbstständig. In jener Entscheidung hatte das BAG über ein Darlehen zu befinden, das ein Arbeitgeber aus dem privaten Versicherungsgewerbe einem Sachbearbeiter für den Kauf einer Eigentumswohnung gewährt hatte. Abgesehen von der Bindung des Arbeitnehmers diente der Zweck des Darlehens in keiner Weise dem Geschäftsgegenstand des Arbeitgebers, sodass es sich dort tatsächlich um einen selbstständigen Darlehensvertrag gehandelt haben mag. Dies ist auf den vorliegenden Streitfall nicht zu übertragen.
53(2) Die Tilgungsvereinbarung in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag ist als Rückzahlungsklausel von Fortbildungskosten zu bewerten und deshalb an den Kriterien der Rechtsprechung zu arbeitsvertraglichen Rückzahlungsklauseln bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu messen. Der Darlehensvertrag ist Teil des einheitlichen Rechtsgeschäfts mit Ausbildungsvereinbarung und Arbeitsvertrag. Es handelt sich in dieser Konstellation um vorgeschossene Aus- und Fortbildungskosten, und zwar als Investition im Interesse des arbeitgeberischen Unternehmens. Die Insolvenzschuldnerin wandte die Kosten vor allem deshalb auf, um die vom Arbeitnehmer zu erwerbenden Kenntnisse für ihren eigenen Geschäftsbetrieb nutzbar zu machen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20. Januar 2021 – 15 Sa 1128/20 –; Rn. 27 unter Verweis auf BAG 18. November 2008 – 3 AZR 192/07 – Rn. 34; LAG Rheinland-Pfalz 19. September 2013 – 10 Sa 85/13 –Rn. 61). § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag ist Teil der Abreden zu ihrer Rückzahlung.
54(3) § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da die Klausel den Beklagten unangemessen benachteiligt.
55(a) Unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und damit unwirksam ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen (BAG 11. Dezember 2018 – 9 AZR 383/18 – Rn. 23; 28. September 2017 – 8 AZR 67/15 – Rn. 27; 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 40 mwN.).
56(b) Zu Gunsten des Klägers kann angenommen werden, dass in der erlangten Musterberechtigung für das Flugzeugmuster der Airbus A320 Family ein erheblicher beruflicher und geldwerter Vorteil für den Beklagten zu sehen ist. Deren potentieller Nutzen auch für andere Arbeitgeber und die Verbreitung des Flugzeugmusters im weltweiten Flugverkehr sind unstreitig.
57(c) Die Klausel benachteiligt den Beklagten dennoch unangemessen, da sie die Interessen der Insolvenzschuldnerin übermäßig berücksichtigt.
58(aa) Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung lässt sich bei der Bewertung von Rückzahlungsklauseln von Fortbildungskosten – jedenfalls inzwischen – davon leiten, dass eine Rückzahlungsklausel nur dann ausgewogen ist, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, der Rückzahlungsverpflichtung durch eigene Betriebstreue zu entgehen (BAG 11. Dezember 2018 – 9 AZR 383/18 – Rn. 26; 18. März 2014 – 9 AZR 545/12 – Rn. 18; 13. Dezember 2011 – 3 AZR 791/09 – Rn. 26; 18. November 2008 – 3 AZR 192/07 – Rn. 35; LAG Berlin-Brandenburg 20. Januar 2021 – 15 Sa 1128/20 – Rn. 32; LAG Hamm 18. Mai 2018 – 1 Sa 49/18 – Rn. 53; LAG Rheinland-Pfalz 19. September 2013 – 10 Sa 85/13 – Rn. 70). Damit wird der Risikoverteilung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber entsprochen. So ist es der Arbeitgeber, der Verluste aufgrund von Investitionen trägt, die nachträglich wertlos werden. Müsste der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zurückzahlen, wenn die Ursachen einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses allein dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers entstammen, hätte es der Arbeitgeber entgegen der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung in der Hand, den Arbeitnehmer mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition zu belasten (BAG 13. Dezember 2011 – 3 AZR 791/09 – Rn. 27; LAG Hamm 18. Mai 2018 – 1 Sa 49/18 – Rn. 58 mwN.). Diesen Grundsätzen schließt sich die erkennende Kammer an.
59Demgegenüber beschäftigt sich die von dem Kläger für die Bewertung der Kostentragungspflicht vor allem herangezogene Entscheidung des BAG (v. 21. November 2001 – 5 AZR 158/00 –) mit dieser gebotenen Risikoverteilung nicht und stellt auch nicht die Anforderung auf, dass Betriebstreue eine Rückzahlung verhinderte. Dies mag darin begründet liegen, dass das BAG seinerzeit keine Angemessenheitsprüfung gemäß den §§ 307 ff. BGB durchzuführen hatte, die erst mit der Schuldrechtsreform mWz. 01.01.2002 in Kraft traten und auch Arbeitsverträge grundsätzlich dem AGB-Recht unterwarfen. Ohnehin ist jener Entscheidung nicht zu entnehmen, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen vorlagen; sie nimmt vielmehr eine allgemeine richterliche Inhaltskontrolle einer einzelvertraglichen Vereinbarung vor.
60(bb) Nach den hier anzuwendenden Grundsätzen liegt in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten. Er ist danach in jedem Fall mit der vollständigen ratierlichen Rückzahlung des Darlehens belastet, unabhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, auch bei dessen betriebsbedingter Kündigung. Ihm war nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, einer Rückzahlungsverpflichtung durch entsprechende Betriebstreue zu entgehen (LAG Berlin-Brandenburg 20. Januar 2021 – 15 Sa 1128/20 – Rn. 33 zu einem Sachverhalt mit weitgehend identischem Vertragswerk). Der vom Beklagten erlangte berufliche Vorteil ist – zumindest zu einem erheblichen Anteil – eine Investition in den Arbeitnehmer, doch wäre es an der Insolvenzschuldnerin gewesen, das damit einhergehende Investitionsrisiko zu tragen. Dies hat sie jedoch hinsichtlich der Kosten des Lehrgangs für die Musterberechtigung und der Prüfung vollständig auf den Beklagten übertragen.
61(d) Als Konsequenz der unangemessenen Benachteiligung ist die Rückzahlungsklausel in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB insgesamt unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion, mit der eine einheitliche und damit auch einer einheitlichen AGB-Kontrolle unterliegende Klausel durch das Gericht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil getrennt und in ihrem rechtlich nicht zu beanstandenden Teil aufrechterhalten wird, ist im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen (BAG 11. Dezember 2018 – 9 AZR 383/18 – Rn. 31 mwN.; LAG Hamm 18. Mai 2018 – 1 Sa 49/18 – Rn. 65).
62c) Ein Anspruch auf Rückzahlung der offenen Gesamtsumme folgt nicht aus § 21 Rahmenvertrag. Abgesehen davon, dass der Kläger die Regelungen des Rahmenvertrages auf den Darlehensvertrag nicht anwenden möchte, ergibt sich daraus kein Rückzahlungsanspruch. Nach § 21 Rahmenvertrag sind offene Restbeträge von Darlehen spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung in voller Höhe fällig. Mangels wirksamer Rückzahlungsvereinbarung in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag ist jedoch kein Restbetrag offen.
63d) Auch aus §§ 488 Abs. 3 S. 1, 498 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a BGB besteht kein Rückzahlungsanspruch. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers annimmt, dass ein einheitliches Rechtsgeschäft aus Ausbildungsvereinbarung, Darlehensvertrag und Arbeitsvertrag der Vorschrift des § 498 BGB unterfällt, hat der Kläger den Darlehensvertrag nicht wirksam gekündigt. Mangels wirksamer Klausel zur ratierlichen Tilgung in § 4 Abs. 1 Darlehensvertrag war der Beklagte nicht mit mindestens zwei aufeinander folgenden Teilzahlungen in Verzug.
64e) Ein Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten steht dem Kläger auch nicht aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB zu. Der Beklagte hat die Fortbildung nicht ohne rechtlichen Grund erlangt, sondern auf der Basis der wirksamen Ausbildungsvereinbarung (vgl. LAG Hamm 18. Mai 2018 – 1 Sa 49/18 – Rn. 62).
65f) Ohne entstandenen Rückzahlungsanspruch kann die naheliegende Frage dahinstehen, ob dieser nach der Ausschlussfrist in § 26 Abs. 1, 2 Rahmenvertrag verfallen wäre, nachdem der Kläger der Kündigung des Darlehensvertrages und der vollständigen Geltendmachung im November 2020 erst im Juni 2021 die Klage folgen ließ.
66g) Mangels Zahlungsverpflichtung besteht kein Anspruch auf die verlangten Zinsen.
67II.
68Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG.
69III.
70Der Streitwert der Entscheidung ist gemäß den §§ 3 ff. ZPO zu bestimmen und nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er ergibt sich aus der Bezifferung des Zahlungsantrages.
71IV.
72Die Berufung war nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG gesondert zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Kammer folgt insoweit der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 20.01.2021 – 15 Sa 1128/20 –.
73E.
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Referenzen
- ArbGG § 2 Zuständigkeit im Urteilsverfahren 3x
- BGB § 139 Teilnichtigkeit 1x
- BGB § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit 1x
- 36g IN 759/19 1x (nicht zugeordnet)
- 2 AZB 12/93 1x (nicht zugeordnet)
- 10 AZB 12/14 1x (nicht zugeordnet)
- 5 AZB 46/04 1x (nicht zugeordnet)
- 17 W 55/11 1x (nicht zugeordnet)
- 15 Sa 1128/20 7x (nicht zugeordnet)
- 8 AZR 58/20 1x (nicht zugeordnet)
- III ZR 427/15 2x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 94/10 2x (nicht zugeordnet)
- 4 U 36/17 2x (nicht zugeordnet)
- 9 AZR 737/97 1x (nicht zugeordnet)
- 3 AZR 192/07 2x (nicht zugeordnet)
- 10 Sa 85/13 2x (nicht zugeordnet)
- 9 AZR 383/18 3x (nicht zugeordnet)
- 8 AZR 67/15 1x (nicht zugeordnet)
- 7 AZR 945/13 1x (nicht zugeordnet)
- 9 AZR 545/12 1x (nicht zugeordnet)
- 3 AZR 791/09 2x (nicht zugeordnet)
- 1 Sa 49/18 4x (nicht zugeordnet)
- 5 AZR 158/00 1x (nicht zugeordnet)