Urteil vom Arbeitsgericht Paderborn - 1 Ca 1895/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 2.708,- € festgesetzt.
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T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer Kündigung sowie um einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.
3Bei der Beklagten handelt es sich um ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit mehreren 100 Arbeitnehmern. Die Beklagte unterhält zahlreiche Filialen, darunter die Filiale 123 in I. Ein Betriebsrat ist bei der Beklagten gewählt.
4In der Zeit vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 absolvierte der 1992 geborene und ledige Kläger bei der Beklagten ein Praktikum auf der Basis eines Praktikantenvertrages vom 27. März 2013 (Bl. 8-11 d. A.). Anschließend trat der Kläger in ein Ausbildungsverhältnis mit der Beklagten ein. Rechtsgrundlage dieses Ausbildungsverhältnisses war ein Berufsausbildungsvertrag vom 22. Juni 2013 (Bl. 12 d. A.). Der Kläger bezog eine monatliche Ausbildungsvergütung von 677,- € brutto.
5Mit einem Schreiben vom 29. Oktober 2013 (Bl. 13 d. A.) – dem Kläger am gleichen Tage zugegangen – kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 29. Oktober 2013. Der Betriebsrat hatte zuvor der Kündigung zugestimmt (Bl. 28 d. A.).
6Mit einem am 15. November 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben. Gleichzeitig hat der Kläger das Schlichtungsverfahren vor der Industrie- und Handelskammer zu Ostwestfalen in Bielefeld eingeleitet. Das Schlichtungsverfahren ist erfolglos geblieben, da ein vom Schlichtungsausschuss gefällter Versäumnisspruch vom 13. Dezember 2013 (Bl. 19 d. A.) von der Beklagten nicht anerkannt worden ist.
7Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage Folgendes vor:
8Die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei rechtsunwirksam. Die Anhörung des Betriebsrats sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. In der Anhörung sei zwar das Praktikum erwähnt worden, es sei aber in keiner Weise mitgeteilt worden, welcher Art und welchen Umfangs das Praktikum gewesen sei.
9Das Praktikum mit seiner zweimonatigen Probezeit (§ 1 Satz 4 des Praktikantenvertrages) sei hier auch als relevant anzusehen. Gleich zu Beginn des Praktikums habe er eine Schulung im Bereich „Oberbetten“ erfolgreich absolviert. Auch in der Folgezeit habe er weitere Schulungen absolviert. Der Sinn und Zweck des Praktikums habe mit dem einer generellen Probezeit übereingestimmt. Die Praktikumszeit sei daher auf die Probezeit des Ausbildungsverhältnisses mit anzurechnen. Die Vereinbarung einer zweiten Probezeit stelle eine unangemessene Benachteiligung seiner Person dar. Hilfsweise werde vorgebracht, dass die Probezeit entsprechend geltungserhaltend zu reduzieren sei, sodass dann keine Kündigung im Rahmen der Probezeit vorgelegen habe.
10Die Kündigung vom 29. Oktober 2013 sei somit unwirksam. Die Beklagte sei daher auch zur Weiterbeschäftigung verpflichtet.
11Der Kläger beantragt,
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1. festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2013 beendet worden ist,
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte trägt u.a. Folgendes vor:
18Die Kündigung nach § 22 BBiG sei rechtswirksam. Sie sei innerhalb der Probezeit ausgesprochen worden. Das davor liegende Praktikum stehe der Probezeitvereinbarung nicht entgegen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die Klage ist zulässig.
22Insbesondere ist das Schlichtungsverfahren gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG ordnungsgemäß durchgeführt worden.
23Die Klage ist jedoch nicht begründet.
24Die Kündigung vom 29. Oktober 2013 ist rechtswirksam. Dementsprechend ist ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers nicht gegeben.
25Gemäß § 22 Abs. 1 BBiG kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach § 20 BBiG beträgt die Probezeit höchstens vier Monate.
26Im hier vorliegenden Fall betrug die vereinbarte Probezeit drei Monate (Bl. 12 d. A.). Sie lief also vom 1. August 2013 bis zum 31. Oktober 2013. Die Kündigung vom 29. Oktober 2013 lag innerhalb dieser Probezeit.
27Das Praktikum vom 11. März 2013 bis zum 31. Juli 2013 war auf die Probezeit nicht anzurechnen. Ein vorgelagertes Praktikum schließt die Vereinbarung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis nicht aus. Die Pflichten des Arbeitnehmers im Praktikum sind unterschiedlich zu den Pflichten des Auszubildenden im Berufsausbildungsverhältnis. Der Praktikant soll den Beruf ohne die Lernverpflichtungen eines Auszubildenden kennenlernen (vgl. hierzu Arbeitsgericht Duisburg, Urteil vom 19. Februar 2009 – 1 Ca 3082/08; auch BAG NJW 2005, 1678).
28Der Rechtswirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung steht auch nicht § 102 BetrVG entgegen. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung vom 29. Oktober 2013 ordnungsgemäß angehört worden. Er hat der Kündigung zugestimmt (Bl. 28 d. A.). Die Beklagte hat den Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2013 auch ausführlich unterrichtet. Über das Praktikum des Klägers ab dem 11. März 2013 ist der Betriebsrat informiert worden. Darüber hinaus ist die Beklagte nach Ansicht des Gerichts nicht verpflichtet gewesen, dem Betriebsrat alle Einzelheiten des Praktikantenvertrages vorzutragen wie z. B. die Einzelheiten der zweimonatigen Probezeitvereinbarung in § 1 des Praktikantenvertrages.
29Das Gericht hält somit die streitgegenständliche Kündigung für rechtswirksam. Das Ausbildungsverhältnis hat damit mit Ablauf des 29. Oktober 2013 seine Beendigung gefunden. Dementsprechend ist auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers über den 29. Oktober 2013 hinaus nicht gegeben.
30Die Klage war also insgesamt abzuweisen.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten dieses Rechtsstreits zu tragen.
32Den Streitwert hat das Gericht ausgehend von einem monatlichen Einkommen des Klägers in Höhe von 677,- € brutto in Höhe von insgesamt 2.708,- € festgesetzt. Dabei hat das Gericht den Streitwert für den Kündigungsschutzantrag gemäß § 42 GKG in Höhe von drei Monatseinkommen bewertet. Als Streitwert für den Weiterbeschäftigungsantrag hat das Gericht ein Monatseinkommen angenommen.
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Referenzen
- § 42 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 22 BBiG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 111 Änderung von Vorschriften 1x
- BetrVG § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen 1x
- § 22 Abs. 1 BBiG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- 1 Ca 3082/08 1x (nicht zugeordnet)
- § 20 BBiG 1x (nicht zugeordnet)