Urteil vom Bundesarbeitsgericht (7. Senat) - 7 AZR 904/08

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Oktober 2008 - 17 Sa 532/08 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Februar 2008 - 6/3 Ca 5010/07 - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung mit dem 30. Juni 2007 endete.

Von den bis zur Beschränkung der Revision in der Verhandlung vom 2. Juni 2010 entstandenen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zwei Fünftel, die Beklagte drei Fünftel zu tragen. Die danach entstandenen Kosten hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer tariflichen Altersgrenze mit dem Ende des Monats endete, in dem der Kläger das 60. Lebensjahr vollendete.

2

Der am 27. Juni 1947 geborene Kläger steht seit 31. August 1992 in einem Arbeitsverhältnis als Flugingenieur mit dem beklagten Luftfahrtunternehmen. Zu den Aufgaben eines Flugingenieurs gehört es, als Mitglied der Cockpitbesatzung vor und während des Flugs unter der Gesamtverantwortung des Flugkapitäns eigenverantwortlich technische Tätigkeiten zu verrichten, etwa den Flugzeugwartungszustand oder die operationelle Einsatzbereitschaft zu überprüfen. Darüber hinaus sind Sicherheitschecks nach vorgegebener Anweisung durchzuführen sowie die vom Copiloten vorgenommenen und vom Flugkapitän bestätigten Treibstoffberechnungen zu überprüfen. Bei Übernachtflügen obliegt einem Flugingenieur die Flugbetriebskontrolle.

3

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Verweisung die für die Beklagte geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. § 19 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags Nr. 5a für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (MTV Nr. 5a) idF vom 14. Januar 2005 lautet:

        

„Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird.“

4

Für Privatflugzeugführer, Berufsflugzeugführer und Verkehrsflugzeugführer galt zu dem Zeitpunkt, in dem der Kläger die tarifliche Altersgrenze am 30. Juni 2007 erreichte, die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Bundesanzeiger bekannt gemachte Fassung der Bestimmungen über die Lizenzierung von Piloten von Flugzeugen (JAR-FCL 1 deutsch) vom 15. April 2003 (Bundesanzeiger Nr. 80a vom 29. April 2003; jetzt: JAR-FCL 1 deutsch idF vom 17. November 2008, Bundesanzeiger Nr. 13a vom 27. Januar 2009). Bei den Bestimmungen der JAR-FCL handelt es sich um ein unter deutscher Beteiligung erarbeitetes Regelwerk einer internationalen Institution, der Joint-Aviation-Authorities (JAA). JAR-FCL 1.060 idF vom 15. April 2003 lautet (in Buchst. a wortgleich mit der Fassung vom 17. November 2008):

        

„Beschränkungen für Lizenzinhaber nach Vollendung des 60. Lebensjahres

        

(a)     

60 - 64 Jahre:

        

Der Inhaber einer Lizenz darf nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr als Pilot von Flugzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden, es sei denn:

        

(1)     

er ist Mitglied einer Flugbesatzung, die aus mehreren Piloten besteht, und

        

(2)     

die anderen Piloten haben das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.

        

(b)     

65 Jahre

        

Der Inhaber einer Lizenz darf nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr als Pilot von Flugzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden.“

5

Die für Flugingenieure nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 LuftVZO geltenden Lizenzierungsvorschriften in JAR-FCL 4 deutsch ( Bundesanzeiger Nr. 81b vom 30. April 2003) beschränken den Einsatz von Flugingenieuren - anders als JAR-FCL 1.060 Buchst. a - nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht. Flugingenieure werden lediglich regelmäßig auf ihre flugmedizinische Tauglichkeit untersucht. Früher war in § 41 Abs. 1 LuftBO, der nach § 32 Abs. 2 LuftBO auch für Flugingenieure als Mitglieder der Flugzeugbesatzung galt, eine Beschränkung enthalten. Danach sollten die Mitglieder der Flugzeugbesatzung mit einem Alter von über 60 Jahren nicht mehr eingesetzt werden. Die Regelung ist seit 1. September 1998 nicht mehr auf Großflugzeuge anzuwenden, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden.

6

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 1. Juni 2007 mit, sein Arbeitsverhältnis ende „wegen Erreichens der Altersgrenze zum 30.06.2007 gemäß den Bestimmungen des § 19 (2) Manteltarifvertrag Nr. 5 Cockpit“.

7

Mit der am 20. Juni 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung vom 1. Juni 2007 gewandt und die Befristung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der tariflichen Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a angegriffen. Darüber hinaus hat er verlangt, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festzustellen. Hinsichtlich der Altersgrenze hat er die Auffassung vertreten, sie diskriminiere ihn wegen seines Alters und verstoße damit gegen § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Das AGG sei unionsrechtskonform anhand der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) auszulegen.

8

Der Kläger hat beantragt

         

1.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 1. Juni 2007 nicht zum 30. Juni 2007 aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Kündigungen geändert oder beendet wird, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 30. Juni 2007 hinaus fortbesteht;

        

3.    

festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 30. Juni 2007 beendet worden ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2007 hinaus fortbesteht.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat angenommen, keine Kündigung erklärt zu haben. Die tarifliche Altersgrenze sei wirksam.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger zunächst alle drei Anträge weiterverfolgt. In der Revisionsverhandlung hat er die Revision auf den Antrag zu 3. beschränkt. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 2. Juni 2010 bis zur Entscheidung des EuGH in dem Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 17. Juni 2009 in der Sache - 7 AZR 112/08 - ausgesetzt. In der Sache - 7 AZR 112/08 (A) - (BAGE 131, 113) hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (heute: Gerichtshof der Europäischen Union, im Folgenden Gerichtshof oder EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2009 um Vorabentscheidung über die Frage ersucht:

        

„Sind Art. 2 Abs. 5, Art. 4 Abs. 1 und/oder Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und/oder der allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts über das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters so auszulegen, dass sie Regelungen des nationalen Rechts entgegenstehen, die eine auf Gründen der Gewährleistung der Flugsicherheit beruhende tarifliche Altersgrenzenregelung von 60 Jahren für Piloten anerkennen?“

11

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 13. September 2011 (- C-447/09 - [Prigge] Rn. 83, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22) erkannt:

        

„Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten über Ermächtigungsvorschriften den Sozialpartnern gestatten können, Maßnahmen im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen, vorausgesetzt, diese Ermächtigungsvorschriften sind hinreichend genau, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie genannten Anforderungen beachten. Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Altersgrenze, ab der Piloten ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen dürfen, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen, ist keine Maßnahme, die für die öffentliche Sicherheit und den Schutz der Gesundheit im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 notwendig ist.

        

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer tarifvertraglichen Klausel entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Altersgrenze, ab der Piloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen.

        

Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass die Flugsicherheit kein legitimes Ziel im Sinne dieser Vorschrift ist.“

Entscheidungsgründe

12

A. Die auf die Befristungskontrollklage beschränkte Revision des Klägers ist begründet. Der reine Befristungskontrollantrag hat entgegen der Auffassung der Vorinstanzen in der Sache Erfolg. Die Klagefrist ist gewahrt. Das Arbeitsverhältnis endete nicht aufgrund seiner Befristung am 30. Juni 2007.

13

I. Der noch verbliebene Antrag - der frühere Antrag zu 3. - ist ausschließlich als Befristungskontrollbegehren iSv. § 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen, nicht auch als allgemeiner Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger macht lediglich geltend, die in der Altersgrenzenregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a liegende Befristung sei unwirksam. Der letzte Halbsatz des Antrags „sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2007 hinaus fortbesteht“ ist keine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, die unzulässig wäre, weil ihr das besondere Feststellungsinteresse fehlte. Es handelt sich um einen Zusatz ohne eigenständige prozessuale Bedeutung, mit dem der Kläger die regelmäßige Folge einer erfolgreichen Befristungskontrollklage - den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - umschreibt. Darauf deutet auch der Umstand hin, dass der Kläger den zuvor ausdrücklich gestellten allgemeinen Feststellungsantrag wegen der Beschränkung der Revision nicht weiterverfolgt.

14

II. Die Befristung des Arbeitsvertrags aufgrund der tariflichen Altersgrenze gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung mit der am 20. Juni 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht. Die Klage konnte nach der ständigen Rechtsprechung des Senats vor dem Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit erhoben werden (vgl. nur BAG 21. September 2011 - 7 AZR 134/10 - Rn. 15 mwN).

15

III. Das Arbeitsverhältnis endete nicht aufgrund seiner Befristung mit dem Ende des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres. Die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a verstößt gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (vgl. zu der abweichenden früheren Rspr., die Altersgrenzen von 60 Jahren für Flugingenieure vor Inkrafttreten des AGG für sachlich gerechtfertigt hielt, BAG 25. Februar 1998 - 7 AZR 641/96 - zu 2 und 3 der Gründe, BAGE 88, 118; siehe zu der st. Rspr. für Flugzeugführer zuletzt auch BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - zu II der Gründe mwN, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 5; verfassungsrechtlich gebilligt von BVerfG 25. November 2004 -  1 BvR 2459/04 - zu B II 3 c aa der Gründe, BVerfGK 4, 219).

16

1. Die Vorschriften des AGG sind auf den Streitfall anzuwenden.

17

a) Dem steht nicht entgegen, dass die tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a von den Tarifvertragsparteien am 14. Januar 2005 und damit vor Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 vereinbart wurde. Die Regelungen des AGG sind auch auf Altersgrenzen anzuwenden, die vor Inkrafttreten des AGG einzelvertraglich oder tarifvertraglich vereinbart wurden, wenn die Altersgrenze im Einzelfall erst mit oder nach Inkrafttreten des AGG erreicht wird. Nur wenn die Altersgrenze bereits vor dem 18. August 2006 erreicht wurde, gilt nach § 33 Abs. 1 AGG altes Recht (vgl. ausführlich BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 131, 113).

18

b) Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger vollendete sein 60. Lebensjahr am 27. Juni 2007 und erreichte die tarifliche Altersgrenze am 30. Juni 2007.

19

2. Die tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Mit der Altersgrenze ist eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters verbunden. Die Altersgrenze des § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a ist nicht nach Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie von deren Geltungsbereich ausgenommen. Die Benachteiligung ist weder durch § 8 Abs. 1 AGG noch durch § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt. Da das AGG ua. der Umsetzung der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie dient, ist es grundsätzlich unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie auszulegen (vgl. BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 43, BAGE 131, 113; 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07  - Rn. 17, BAGE 129, 105). Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der danach anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der betreffenden Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt (vgl. für die st. Rspr. EuGH 10. März 2011 - C-109/09 - [Deutsche Lufthansa] Rn. 55 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 69).

20

a) Die tarifliche Altersgrenzenregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a enthält eine unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, gegenüber jüngeren Arbeitnehmern.

21

aa) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

22

bb) Wird eine tarifliche Altersgrenze wie die des § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a erreicht, wird der Arbeitsvertrag automatisch beendet. Arbeitnehmer, die dieses Alter erreicht haben, erfahren eine weniger günstige Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG als vergleichbare jüngere Arbeitnehmer.

23

(1) Eine solche Regelung führt unmittelbar zu einer auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung bei den Entlassungsbedingungen (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 112/08 - Rn. 24; 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 29; 21. September 2011 - 7 AZR 134/10 - Rn. 27; 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 39 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 77 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 10; 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 44 f., BAGE 131, 113 ). Wie der Gerichtshof in der Vorabentscheidung Prigge ausdrücklich erkannt hat, erfährt ein Pilot, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund von § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a mit dem Monat automatisch endet, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet, eine weniger günstige Behandlung als ein Pilot, der jünger ist und für dieselbe Luftfahrtgesellschaft die gleiche Tätigkeit ausübt und/oder demselben Tarifvertrag unterliegt. Die Altersgrenze begründet eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung iSv. Art. 1 iVm. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 42 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22 mit erläuternder Anm. Thüsing/Pötters ZIP 2011, 1886; siehe auch 21. Juli 2011 - C-159/10 und C-160/10  - [Fuchs] Rn. 33, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20; 18. November 2010 - C-250/09 - [Georgiev] Rn. 32, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 37, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 9; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 28, Slg. 2010, I-1; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 34, Slg. 2010, I-47; 18. Juni 2009 - C-88/08 - [Hütter] Rn. 37, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 33, Slg. 2009, I-1569; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 51, Slg. 2007, I-8531; zu der Altersgrenzenrechtsprechung des Gerichtshofs Preis NZA 2010, 1323). Für Flugingenieure gilt nichts anderes.

24

(2) Eine nationale Regelung - hier § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG - kann es aus einem sachlichen Grund zulassen, dass ein Tarifvertrag Arbeitsverträge automatisch enden lässt, wenn ein bestimmtes Alter erreicht wird. Das ändert nichts daran, dass dieser Tarifvertrag dem Unionsrecht und insbesondere der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG zu entsprechen hat (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 46, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 9 ). Das in Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit ihm ausgeübt werden (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 47, aaO; 18. Dezember 2007 - C-341/05 - [Laval un Partneri] Rn. 91, Slg. 2007, I-11767; 11. Dezember 2007 - C-438/05 - [Viking Line] Rn. 44, Slg. 2007, I-10779). Wenn die Sozialpartner Maßnahmen treffen, die in den Geltungsbereich der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie fallen, die für Beschäftigung und Beruf das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert, müssen sie daher unter Beachtung dieser Richtlinie vorgehen (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 48, aaO).

25

b) Die Altersgrenze des § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a ist nicht nach Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie von deren Geltungsbereich ausgenommen.

26

aa) Nach ihrem Art. 2 Abs. 5 berührt die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.

27

bb) Die Sozialpartner sind keine öffentlich-rechtlich verfassten Einrichtungen. Das hindert die Mitgliedstaaten aber nicht, es den Sozialpartnern zu gestatten, Maßnahmen iSv. Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen. Diese Ermächtigungsvorschriften müssen hinreichend genau sein, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie genannten Anforderungen beachten (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 60 f., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22).

28

cc) Die Tarifvertragsparteien sind mit Blick auf § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a der Ansicht, dass für die Ausübung der Tätigkeit des Cockpitpersonals wegen der Sicherheit der Passagiere und der Bewohner der überflogenen Gebiete, aber auch aus Gründen, die die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer selbst betreffen, eine Altersgrenze von 60 Jahren festzulegen ist.

29

(1) Diese Maßnahme verfolgt Ziele, die mit der öffentlichen Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit in Zusammenhang stehen. Sie fällt in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen.

30

(2) Es ist nach der nationalen und der internationalen Lizenzregelung jedoch nicht erforderlich, Flugingenieuren die Ausübung ihrer Tätigkeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres zu untersagen. Die für Flugingenieure nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 LuftVZO geltenden Lizenzierungsvorschriften in JAR-FCL 4 deutsch beschränken den Einsatz von Flugingenieuren - abweichend von JAR-FCL 1.060 Buchst. a für Flugzeugführer - nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht. Die Beschränkung der früheren § 41 Abs. 1, § 32 Abs. 2 LuftBO ist seit 1. September 1998 für Großflugzeuge, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden, aufgehoben. Die tarifliche Altersgrenze ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der Cockpitbesatzung - anders als im Fall des Buchst. a der JAR-FCL 1.060 für Piloten - kein zweiter Flugingenieur angehört. Das Zusammenspiel von JAR-FCL 4 deutsch und JAR-FCL 1.060 Buchst. a macht deutlich, dass es im Dreipersonencockpit aus Sicherheits- und Gesundheitsgründen genügt, wenn einer der Flugzeugführer das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der andere Flugzeugführer und der unter der Gesamtverantwortung des Flugkapitäns handelnde Flugingenieur dürfen die Altersgrenze dagegen überschritten haben. Das in der tariflichen Altersgrenze enthaltene Verbot, mit dem Ende des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird, die Aufgaben eines Flugingenieurs zu versehen, ist deswegen nicht notwendig iSv. Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, um das verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. für Piloten EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 62 bis 64, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; zu der vom Gerichtshof vorgenommenen strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Altersgrenzen für bestimmte Beschäftigtengruppen unterhalb der gesetzlichen Regelaltersgrenze Preis NZA 2010, 1323, 1327; Thüsing/Pötters ZIP 2011, 1886, 1888).

31

c) Die unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters durch die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a ist nicht durch § 8 Abs. 1 AGG oder § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt.

32

aa) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines der in § 1 genannten Merkmale ist nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig, wenn dieses Merkmal wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Eine besondere Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen wegen des Alters enthält § 10 AGG. Nach § 10 Satz 1 AGG ist - ungeachtet des § 8 AGG - eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein ( vgl. BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 42, BAGE 131, 113 ).

33

bb) Mit § 8 Abs. 1 sowie § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG hat der Gesetzgeber die Regelungen in Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie in nationales Recht umgesetzt (vgl. zu § 8 Abs. 1 AGG den besonderen Teil der Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 16/1780 S. 35 f.; zum Umsetzungswillen für die gesamte Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie auch den allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 16/1780 S. 1 bis 3 und S. 20 bis 27). Dabei hat er den Text der Richtlinie nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen (BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 43, BAGE 131, 113 ). Dessen Regelungen sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie auszulegen (vgl. BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - aaO; 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07  - Rn. 17, BAGE 129, 105).

34

cc) Die unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters durch die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a ist nicht durch § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt.

35

(1) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines der in § 1 genannten Merkmale zulässig, wenn dieses Merkmal wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Das entspricht weitgehend dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das in Zusammenhang mit einem der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Diskriminierungsgründe steht, keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.

36

(2) Der Senat kann unterstellen, dass es für Flugingenieure wesentlich ist, dass sie über besondere körperliche Fähigkeiten verfügen, weil körperliche Schwächen in diesem Beruf erhebliche Konsequenzen haben können. Die körperlichen Fähigkeiten nehmen aus Sicht des Gerichtshofs ab einem bestimmten Lebensalter ab (vgl. für Flugzeugführer EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 67, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22 mit Bezug auf 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 41, Slg. 2010, I-1; vgl. auch BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - zu B II 3 c aa der Gründe mwN, BVerfGK 4, 219). Unter dieser Voraussetzung kann das Vorhandensein besonderer körperlicher - altersabhängiger - Fähigkeiten für die Ausübung des Berufs eines Flugingenieurs daher als eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie angesehen werden (vgl. für Piloten EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] aaO).

37

(3) Rechtmäßiger Zweck der tariflichen Altersgrenze ist es, die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 68 f., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22).

38

(4) Die Tarifvertragsparteien haben den Flugingenieuren, die unter § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a fallen, aber eine unverhältnismäßige Anforderung iSv. Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie auferlegt, indem sie die Altersgrenze, von der an Flugingenieure als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf das Ende des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres festgelegt haben. Die nationalen und die internationalen Lizenzregelungen lassen die Flugingenieurstätigkeit im Dreipersonencockpit über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus zu, wenn der Besatzung ein (Co-)Pilot angehört, der das 60. Lebensjahr nicht vollendet hat, und der zweite Pilot das 65. Lebensjahr nicht vollendet hat (vgl. für das doppelt besetzte (Co-)Pilotencockpit EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 73, 75, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22). Es gibt keine hinreichend belastbaren Erkenntnisse dafür, dass die derzeit geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen für die Sicherheit des Luftverkehrs nicht ausreichend und deshalb weiter gehende tarifliche Beschränkungen erforderlich sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 74, aaO).

39

(5) Für den mit Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie fast textgleichen § 8 Abs. 1 AGG gilt nach richtlinienkonformer Auslegung nichts anderes. Die tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a begründet eine unangemessene Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG.

40

dd) Die unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters durch die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a ist nicht durch § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt.

41

(1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist - ungeachtet des § 8 AGG - eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Diese Vorschriften setzen Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie um. Dort ist bestimmt, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

42

(2) Das Ziel der Flugsicherheit unterfällt nicht dem Begriff des Ziels iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG. Diese Vorschriften sind richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Flugsicherheit kein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG ist. Ziele, die als „legitim“ iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie und damit als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; 18. Juni 2009 - C-88/08 - [Hütter] Rn. 41, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569 ). Ein Ziel wie das der Flugsicherheit gehört nicht zu den in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie genannten Zielen (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 82, aaO).

43

d) Die tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 5a, die schon eintritt, bevor das gesetzliche Rentenalter erreicht ist, verstößt damit gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Die Unwirksamkeitsfolge gilt auch für tarifliche Regelungen (vgl. zB BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 54, AP TVG Vorruhestand Nr. 34; 8. Dezember 2010 - 7 ABR 98/09 - Rn. 63, EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 5). Die Altersgrenze entfällt, ohne dass die Lücke gefüllt werden könnte (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 7 AGG Rn. 6).

44

B. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO im Verhältnis ihres Unterliegens zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Glock    

                 

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