Beschluss vom Bundesarbeitsgericht (1. Senat) - 1 ABR 82/12
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 9. August 2012 - 3 TaBV 1/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, einen Arbeitsschutzausschuss einzurichten.
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Die Arbeitgeberin ist ein Einzelhandelsunternehmen mit Sitz in H und Filialen im gesamten Bundesgebiet. In der Filiale 3106 in S sind 65 Arbeitnehmer beschäftigt. Wegen der räumlichen Entfernung vom Hauptbetrieb in H gilt dieser Betrieb als selbständiger Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Der antragstellende Betriebsrat ist dort gebildet.
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Die Arbeitgeberin hat in ihrem Hauptbetrieb in H unter Beteiligung des Gesamtbetriebsrats einen Arbeitsschutzausschuss eingerichtet.
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Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe auch in dem S Betrieb einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden. Er hat beantragt,
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der Arbeitgeberin aufzugeben, für die Filiale 3106 in S, einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden.
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Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
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B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet.
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I. In dem Verfahren sind neben den beiden Beteiligten nicht weitere betriebsverfassungsrechtliche Stellen nach § 83 Abs. 3 ArbGG zu hören. Eine Beteiligung des Gesamtbetriebsrats ist nicht erforderlich. Die vom Betriebsrat begehrte Entscheidung berührt den Gesamtbetriebsrat nicht in dessen betriebsverfassungsrechtlicher Stellung. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren aus eigenem Recht, die Rechtsstellung anderer Organe der Betriebsverfassung stellt er dabei nicht in Frage.
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II. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch gegen die Arbeitgeberin auf Bildung eines Arbeitsschutzausschusses. Dieser ergibt sich weder aus § 11 ASiG noch aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
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1. § 11 ASiG verpflichtet den Arbeitgeber zur Bildung eines Arbeitsschutzausschusses. Diese Bestimmung begründet jedoch keinen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Einrichtung eines solchen Ausschusses.
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a) Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber, soweit in einer sonstigen Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden. In diesen hat der Betriebsrat zwei Mitglieder zu entsenden. Der Arbeitsschutzausschuss hat die Aufgabe, Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten. Er tritt mindestens einmal vierteljährlich zusammen. Normadressat des § 11 ASiG ist der Arbeitgeber. Kommt dieser seiner Verpflichtung aus § 11 ASiG nicht nach, hat nach der Gesetzessystematik des Arbeitssicherheitsgesetzes die Arbeitsschutzbehörde nach § 12 ASiG die erforderlichen Maßnahmen anzuordnen (MüArbR/Kohte 3. Aufl. § 290 Rn. 75). Der Betriebsrat kann nach § 89 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die zuständige Arbeitsschutzbehörde ersuchen, gegenüber dem Arbeitgeber die Verpflichtungen aus § 11 ASiG im Wege einer Anordnung nach § 12 Abs. 1 ASiG durchzusetzen (vgl. Aufhauser in Aufhauser/Brunhöber/Igl Arbeitssicherheitsgesetz 4. Aufl. § 12 Rn. 7; dazu allgemein BAG 3. Juni 2003 - 1 ABR 19/02 - BAGE 106, 188). Einen unmittelbar gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruch des Betriebsrats auf Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses enthält das Arbeitssicherheitsgesetz dagegen nicht.
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b) Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung folgt ein solches betriebsverfassungsrechtliches Recht nicht aus dem Entsendungsrecht des Betriebsrats nach § 11 Satz 2 ASiG (so aber Pieper Arbeitsschutzrecht 5. Aufl. Arbeitssicherheitsgesetz Rn. 134; im Ergebnis auch Anzinger/Bieneck Arbeitssicherheitsgesetz § 11 Rn. 46). Danach gehören dem Arbeitsschutzausschuss zwei vom Betriebsrat benannte Betriebsratsmitglieder an. Diese Vorschrift begründet aber nur einen Anspruch des Betriebsrats auf Entsendung zweier Betriebsratsmitglieder in einen bereits bestehenden Ausschuss, nicht hingegen auf die Errichtung eines solchen Ausschusses. Nach der Gesetzessystematik obliegt die Durchsetzung dieser gesetzlichen Verpflichtungen vielmehr der zuständigen Behörde. Diese hat nach § 12 Abs. 1 ASiG eine entsprechende Maßnahme anzuordnen und diese nach § 20 ASiG im Weigerungsfalle durch Verhängung einer Geldbuße durchzusetzen.
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2. Ein Anspruch des Betriebsrats auf Bildung eines Arbeitsschutzausschusses folgt auch nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Dem steht bereits der Eingangshalbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG entgegen. § 11 ASiG regelt die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Errichtung eines Arbeitsschutzausschusses abschließend. Hierdurch sind die Interessen der Arbeitnehmer hinreichend geschützt und bedürfen keines weiteren Schutzes durch Mitbestimmungsrechte. Auch fehlt es dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer zwingenden gesetzlichen Regelung keine Gestaltungsmöglichkeiten hat, an einem Handlungsspielraum, der unter Mitwirkung des Betriebsrats auszufüllen wäre (BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 72, BAGE 127, 146). Der Betriebsrat kann deshalb die Bildung eines solchen Ausschusses nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG erzwingen (Fitting 27. Aufl. § 87 Rn. 327; Wiese/Gutzeit GK-BetrVG 10. Aufl. § 87 Rn. 668; LAG Hamburg 27. September 1995 - 4 TaBV 2/95 -). Die gegenteilige Auffassung der Rechtsbeschwerde, wonach es bei § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG „auf den Einleitungssatz“ nicht ankomme, verkennt die Systematik des § 87 BetrVG.
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3. Nachdem der Antrag bereits wegen fehlender Anspruchsgrundlage abzuweisen war, bedurfte es keiner Entscheidung, ob die Arbeitgeberin ihrer Verpflichtung aus dem Arbeitssicherheitsgesetz dadurch genügt, dass sie im Hauptbetrieb unter Beteiligung des Gesamtbetriebsrats einen Arbeitsschutzausschuss errichtet hat.
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Schmidt
Koch
Linck
Rath
Seyboth
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- 1 ABR 40/07 1x (nicht zugeordnet)
- 4 TaBV 2/95 1x (nicht zugeordnet)
- 3 TaBV 1/12 1x (nicht zugeordnet)
- 1 ABR 19/02 1x (nicht zugeordnet)