Urteil vom Bundesfinanzhof (11. Senat) - XI R 10/11
Tatbestand
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I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus der Neueindeckung eines asbesthaltigen Daches eines Wohnhauses im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie.
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Der während des Klageverfahrens verstorbene ehemalige Kläger errichtete im Jahr 2007 (Streitjahr) auf dem Dach seines Einfamilienhauses eine PV-Anlage als Auf-Dach-Montage-System. Mit der Einspeisung des erzeugten Stroms führte er steuerpflichtige Umsätze aus.
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In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Oktober 2007 machte er u.a. den Vorsteuerabzug aus der Neueindeckung des Daches geltend. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war nur die Südseite des --asbesthaltigen-- Daches erneuert worden, auf dem die PV-Anlage montiert wurde.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung diesen Vorsteuerabzug nicht an. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
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Während des anschließenden Klageverfahrens erging am 15. Dezember 2008 ein Umsatzsteuerbescheid für 2007, mit dem wiederum der Vorsteuerabzug aus der Dacheindeckung versagt wurde.
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Der ehemalige Kläger ist 2010 verstorben. In seinem Testament hat er seine Tochter A als Alleinerbin eingesetzt und das Einfamilienhaus einschließlich der PV-Anlage durch ein Vermächtnis seinen beiden Enkeln zu gleichen Teilen zugewandt.
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Sowohl die Vermächtnisnehmer als auch die Alleinerbin haben gegenüber dem FG den Rechtsstreit gemäß § 239 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgenommen.
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Das FG behandelte in seinem Urteil die Vermächtnisnehmer in Gemeinschaft als Klägerin und gab der Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2007 statt (vgl. Deutsche Steuer-Zeitung 2011, 338).
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Es führte zur Begründung aus, der ehemalige Kläger habe sein Unternehmen "Stromeinspeisung durch Photovoltaik" der aus seinen beiden Enkeln bestehenden Gemeinschaft vermacht. Einer notariellen Übertragung habe es für den Eigentumsübergang an der PV-Anlage nicht bedurft, da diese kein wesentlicher Grundstücksbestandteil sei, sondern ein selbstständiges Wirtschaftsgut. Dass die Übertragung der PV-Anlage unabhängig vom Übergang des Grundstückseigentums formlos bereits vorgenommen worden sei, ergebe sich daraus, dass die Umsatzsteuer-Voranmeldungen nunmehr von der Gemeinschaft der Enkel abgegeben würden. Da somit das Unternehmen des ehemaligen Klägers auf die Gemeinschaft der Enkel übergegangen sei, sei diese für Steueransprüche des Unternehmens Rechtsnachfolger.
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Die Klage sei begründet. Die Leistungen der Erneuerung der Dachfläche seien für das Unternehmen "Stromeinspeisung aus Photovoltaik" bezogen worden. Der Senat folge der Rechtsauffassung des FG Nürnberg in seinem rechtskräftigen Urteil vom 29. September 2009 2 K 784/2009 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 833).
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Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes.
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Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat zu Unrecht die Gemeinschaft der Vermächtnisnehmer des ehemaligen Klägers als dessen Rechtsnachfolgerin und Klägerin angesehen.
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1. Da der ehemalige Kläger während des Klageverfahrens verstorben ist, wurde das Klageverfahren gemäß § 239 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO bis zur wirksamen Aufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen.
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a) Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) gehen bei der Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über.
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Nach ständiger Rechtsprechung tritt danach der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein. Ausgenommen davon sind lediglich --hier nicht vorliegende-- höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Januar 2010 V R 24/07, BFHE 229, 378, BStBl II 2011, 241, unter II.2.b aa, m.w.N.).
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b) Der Erblasser kann zwar nach § 1939 BGB durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden (Vermächtnis).
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Bei einem Vermächtnis (§ 1939 BGB) liegt aber keine Gesamtrechtsnachfolge i.S. von § 45 AO und § 239 ZPO vor, da es nur einen schuldrechtlichen Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Übertragung einzelner Vermögensgegenstände begründet (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1975 IV R 213/71, BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 45 AO Rz 18; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 239 Rz 10).
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2. Durch den Tod des während des Klageverfahrens verstorbenen Erblassers trat deshalb die Alleinerbin A in dessen abgabenrechtliche Stellung hinsichtlich des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids für 2007 ein. Sie hätte deshalb vom FG als Rechtsnachfolgerin und Klägerin angesehen werden müssen.
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Unerheblich ist, dass das Vermächtnis nach dem Tode des Erblassers nach Auffassung des FG im Jahr 2010 hinsichtlich der PV-Anlage vollzogen worden ist. Selbst wenn das Unternehmen seitdem auf die Vermächtnisnehmer übergegangen wäre, hätte dies nicht die Rechtsstellung hinsichtlich des in der Vergangenheit ergangenen Umsatzsteuerbescheids für 2007 betroffen.
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3. Zur Fortführung des Prozesses ist nur der Rechtsnachfolger befugt, nur er besitzt die notwendige Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis (vgl. BFH-Urteil in BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739).
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Das FG durfte deshalb gegen die Gemeinschaft der Vermächtnisnehmer kein Urteil in der Streitsache erlassen.
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4. Der Mangel der Prozessführungsbefugnis ist von Amts wegen und in jeder Lage des Rechtsstreits, also auch in der Revisionsinstanz, zu beachten (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, unter II.1.a).
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Referenzen
- 2010 V R 24/07 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1939 Vermächtnis 2x
- 2008 IV R 54/04 1x (nicht zugeordnet)
- 1975 IV R 213/71 1x (nicht zugeordnet)
- 2 K 784/20 1x (nicht zugeordnet)
- § 45 AO 2x (nicht zugeordnet)
- FGO § 155 1x
- ZPO § 239 Unterbrechung durch Tod der Partei 2x