Urteil vom Bundesgerichtshof (5. Zivilsenat) - V ZR 178/14

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt vom 25. Juni 2014 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

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Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Dem Beklagten steht das Teileigentum Nr. 1 (Souterrain) und das Sondereigentum an der Wohnung Nr. 2 (Erdgeschoss) zu, der Klägerin seit dem Jahr 2007 das Sondereigentum an den Wohnungen Nr. 3 (Obergeschoss) und Nr. 4 (Dachgeschoss). Das Teileigentum Nr. 1 ist in der Teilungserklärung ausgewiesen als „Räumlichkeiten im Souterrain bestehend aus drei Hobbyräumen, Vorratskeller, Flur und einem weiteren Kellerraum“. Der Beklagte vermietet diese Einheit als Wohnraum. Nach dem Jahr 2007 erfolgten zwei Neuvermietungen.

2

Das Amtsgericht hat den Beklagten - soweit von Interesse - antragsgemäß dazu verurteilt, es zu unterlassen, die Einheit Nr. 1 als Wohnraum zu nutzen oder nutzen zu lassen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZMR 2014, 1001 ff. abgedruckt ist, stützt den Unterlassungsanspruch auf § 1004 Abs. 1 BGB. Es lässt dahinstehen, ob die Einheit Nr. 1 - wie es der Beklagte behauptet - seit Anfang der Achtziger Jahre durchgehend als Wohnraum genutzt wird. Die Nutzung von Hobbyräumen zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken sei unzulässig. Da der Verstoß andauere, erhebe der Beklagte ohne Erfolg die Einrede der Verjährung. Auch eine Verwirkung des Anspruchs sei nicht eingetreten. Diese binde zwar im Grundsatz auch einen Sonderrechtsnachfolger. Es fehle aber sowohl an dem erforderlichen Zeit- als auch an dem Umstandsmoment. Das Zeitmoment setze eine ununterbrochene, dauerhafte Einwirkung voraus. Eine solche sei jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil noch in jüngster Zeit zwei Neuvermietungen stattgefunden hätten und jede Vermietung eine neue Störung darstelle. Aus dem gleichen Grund sei das Umstandsmoment zu verneinen. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Beklagten bestehe nicht. Dieser habe nicht davon ausgehen können, dass künftige Störungen geduldet würden.

II.

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Die Revision hat keinen Erfolg.

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1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet bejaht das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs. Der Sache nach sieht es die Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Räume im Souterrain als Hobbyräume, Vorratskeller, Flur bzw. Kellerraum dienen, als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter an. Die Nutzung solcher Nebenräume zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken ist jedenfalls dann nicht gestattet, wenn sie - wie hier - die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert (näher Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 7; vgl. auch Beschluss vom 4. Dezember 2014 - V ZB 7/13, GE 2015, 523 Rn. 10, jeweils mwN). Dies begründet einen Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer sowohl aus § 1004 Abs. 1 BGB als auch aus § 15 Abs. 3 WEG, und zwar gemäß § 14 Nr. 2 WEG auch bei einer Gebrauchsüberlassung an Dritte (vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Mai 2014- V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 11 mwN).

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2. Rechtlicher Nachprüfung hält es im Ergebnis auch stand, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen der Verjährung verneint. Für den Beginn der Verjährung kommt es gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 BGB neben den subjektiven Voraussetzungen auf die Zuwiderhandlung an. Bei der Nutzung einer Sondereigentumseinheit in einer der Teilungserklärung widersprechenden Weise ist allerdings streitig, was hierunter zu verstehen ist.

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a) Teilweise wird die maßgebliche Zuwiderhandlung, mit der die Verjährungsfrist für den Unterlassungsanspruch zu laufen beginnt, in dem Beginn der Nutzung gesehen. Die Störung setze sich jedenfalls bei gleichbleibender Qualität der Nutzung lediglich fort (Jacoby, ZWE 2012, 70, 74 f.; ähnlich LG Saarbrücken, Beschluss vom 24. Oktober 2008 - 5 T 48/08, juris Rn. 58 ff.). Eine zweckwidrige Wohnnutzung durch Mieter begründe selbst dann keinen neuen Anspruch, wenn ein Mieterwechsel stattfinde (LG Saarbrücken, aaO, Rn. 71 ff.).

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b) Überwiegend wird die zweckwidrige Nutzung zwar ebenfalls als Dauerhandlung angesehen, aber eine gegenteilige Schlussfolgerung gezogen. Solange die Nutzung anhalte, könne die Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt werden (LG Hamburg, ZWE 2014, 31, 33; Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 134; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 15 Rn. 47; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 13 Rn. 105). Teilweise wird die fortlaufende Nutzung auch als wiederholte Handlung angesehen, die jeweils neue (nicht verjährte) Unterlassungsansprüche auslöse (Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 31; ähnlich Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 15 Rn. 151).

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c) Der Senat hat sich der letzteren Auffassung bereits in einer Fallkonstellation angeschlossen, in der es um eine auf einzelne Räume der Wohnung beschränkte zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst ging (Beschluss vom 16. Juni 2011 - V ZA 1/11, ZfIR 2011, 757 Rn. 7). Die Verjährung tritt auch dann nicht ein, wenn und solange eine Sondereigentumseinheit - wie hier - insgesamt zweckwidrig genutzt wird. Insoweit kann dahinstehen, ob eine einheitliche Dauerhandlung den rechtswidrigen Zustand fortlaufend aufrechterhält und die Frist deshalb nicht in Gang gesetzt wird, oder ob wiederholte Störungen jeweils neue Ansprüche begründen. Jedenfalls liegt der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung. Die übrigen Wohnungseigentümer werden in gleicher Weise dadurch beeinträchtigt, dass die Nutzung - sei es auch in gleichbleibender Qualität - aufrechterhalten wird.

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d) Ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst oder durch dessen Mieter erfolgt, ist verjährungsrechtlich unerheblich. Hierfür spricht schon die Regelung des § 14 Nr. 2 WEG, aus der sich ergibt, dass der Wohnungseigentümer für den dort genannten Personenkreis in gleicher Weise wie für eine eigene Nutzung einzustehen hat. Darüber hinaus erschöpft sich die Störung nicht in der Gebrauchsüberlassung; vielmehr ist davon auszugehen, dass der vermietende Wohnungseigentümer auch nach diesem Zeitpunkt in der Lage ist, die weitere Störung zu verhindern (näher Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 12 ff. mwN). Ohnehin haben hier - ohne dass es darauf in diesem Zusammenhang entscheidend ankäme - in unverjährter Zeit weitere Gebrauchsüberlassungen im Rahmen der Neuvermietungen stattgefunden.

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3. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht schließlich die Verwirkung des Anspruchs.

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a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 21. Oktober 2005- V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10). An dem sogenannten Zeitmoment fehlt es in der Regel, wenn eine wiederholte Störung einen neuen Anspruch auslöst (Senat, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, aaO Rn. 11).

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b) Letzteres nimmt das Berufungsgericht mit überzeugender Begründung an. Nach dem Jahr 2007 erfolgten zwei Neuvermietungen zu Wohnzwecken. Jedenfalls eine solche Neuvermietung stellt in der Regel aus Sicht aller Beteiligten eine Zäsur dar (vgl. auch Senat, Urteil vom 21. Oktober 2005- V ZR 169/04, aaO Rn. 11). Der vermietende Wohnungseigentümer setzt eine neue Willensentscheidung hinsichtlich einer zweckwidrigen Nutzung um. Die übrigen Wohnungseigentümer haben Anlass, für die Zukunft eine der Teilungserklärung entsprechende Nutzung einzufordern, auch wenn sie hiervon zuvor - etwa aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis - Abstand genommen haben. Hinsichtlich des auf die derzeitige Vermietung bezogenen Unterlassungsanspruchs fehlt es zudem, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, neben dem Zeitmoment auch an dem Umstandsmoment. Der Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass solche eigenständigen Störungen auch in der Zukunft geduldet würden. Selbst wenn hinsichtlich der auf die früheren Vermietungen bezogenen Unterlassungsansprüche die Verwirkung eingetreten wäre, stünde dies einer im Grundbuch vollzogenen Änderung der in der Teilungserklärung enthaltenen Zweckbestimmung nicht gleich.

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c) Ob die Verwirkung während eines lange andauernden Mietverhältnisses eintreten kann, bedarf ebenso wenig einer Entscheidung wie die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sie auch den Sonderrechtsnachfolger bindet (vgl. zu einem langjährig andauernden Mietverhältnis in einem besonders gelagerten Einzelfall Senat, Beschluss vom 25. März 2010 - V ZR 159/09, ZWE 2010, 266 f.).

III.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                         Schmidt-Räntsch                      Brückner

                     Weinland                                    Göbel

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