Beschluss vom Bundesgerichtshof (5. Zivilsenat) - V ZB 131/16

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München - 34. Zivilsenat - vom 31. August 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Eheleute F. (im Folgenden: Eigentümer oder Schuldner) sind im Grundbuch als Eigentümer des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks eingetragen. Es ist u.a. mit einer in Abteilung III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld belastet, welche an die B.-Bank abgetreten wurde. Die Antragstellerin ist Rechtsnachfolgerin der B.-Bank und Gläubigerin sechs weiterer, nachrangiger Grundschulden. Sie erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Eigentümer, nach dem in Bezug auf die in Abteilung III Nr. 1 des Grundbuchs eingetragene Grundschuld gepfändet wurden:

1. ... der angebliche Anspruch der Schuldner an den Drittschuldner auf Rückgewähr ...

3. ... die gegenwärtige und zukünftig entstehende Eigentümergrundschuld, in die sich die ... Grundschuld mit allen Zinsen und Nebenleistungen seit Eintragung der Grundschulden nach vollständiger oder teilweiser Tilgung der Grundschuld ganz oder teilweise verwandelt hat ...

4. ... der angebliche Anspruch der Schuldner auf Berichtigung des Grundbuchs und Erteilung (Aushändigung) der für diese Grundbuchberichtigung notwendigen Urkunden in grundbuchmäßiger Form. Gepfändet wird insbesondere das Zustimmungsrecht des Schuldners (Eigentümers) zur Löschung der Grundschuld gemäß § 1183 BGB, § 27 Satz 1, 29 Absatz 1 GBO im Wege der Hilfspfändung. ...

2

Unter Vorlage des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und einer durch sie erklärten, notariell beglaubigten Löschungsbewilligung, die zugleich die Zustimmungserklärung für die Eigentümer enthält, hat die Antragstellerin bei dem Grundbuchamt beantragt, die unter lfd. Nr. 1 eingetragene Grundschuld zu löschen. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat mit Zwischenverfügung vom 30. November 2015 darauf hingewiesen, dass der Löschung der Grundschuld das Fehlen einer Eigentümerzustimmung entgegenstehe. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin weiterhin die Aufhebung der Zwischenverfügung erreichen.

II.

3

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in MittBayNot 2017, 89 veröffentlicht ist, meint, das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis bestehe, da die materiell-rechtlich (§ 1183 BGB) wie verfahrensrechtlich (§ 27 Satz 1 GBO) erforderliche Zustimmung der Grundstückseigentümer fehle. Die Löschung einer Grundschuld bedürfe auch dann der Zustimmung des Eigentümers, wenn der Gläubiger neben der Löschungsbewilligung die Zustimmung zur Löschung selbst erkläre, nachdem er das Zustimmungsrecht des Eigentümers gepfändet und überwiesen erhalten habe; das Zustimmungsrecht sei nämlich nicht pfändbar. Auch die Pfändung des Anspruchs auf Rückgewähr des Grundpfandrechts berechtige nicht zur Ausübung des Zustimmungsrechts. Dieses stehe nämlich grundsätzlich dem Eigentümer des Grundstücks zu und sei vom Rückgewähranspruch losgelöst, so dass es von dessen Pfändung nicht erfasst werde. Der Gesetzgeber habe im Übrigen mit §§ 1179a, 1192 Abs. 1, § 1196 Abs. 3 BGB für nachrangige Grundschuldgläubiger eine Möglichkeit geschaffen, eine vorrangige Eigentümergrundschuld unter bestimmten Voraussetzungen löschen zu lassen. Ließe man daneben eine Pfändung des Zustimmungsrechts und dessen Überweisung zur Ausübung zu, könnten die vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen eines Löschungsanspruchs ausgehebelt werden.

III.

4

Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Zwischenverfügung des Grundbuchamts sei zu Recht ergangen, hält einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

5

1. Das Beschwerdegericht nimmt zutreffend an, dass die Zwischenverfügung einen zulässigen Inhalt i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO aufweist. Dessen Regelung bezieht sich zwar nur auf die Beseitigung eines der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses und ist nicht anwendbar, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Vor diesem Hintergrund kann dem Antragsteller mit einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO nicht aufgegeben werden, eine erst noch zu erklärende Eintragungsbewilligung eines unmittelbar betroffenen Dritten beizubringen (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2014 - V ZB 1/12, FGPrax 2014, 192 Rn. 6). Nach in Rechtsprechung und Literatur einhelliger und zutreffender Auffassung kann jedoch die Bewilligung bzw. Zustimmung nur mittelbar in ihren Rechten Betroffener Gegenstand einer Zwischenverfügung sein (vgl. BayObLG, BayObLGZ 1990, 6, 8; BayObLG, Rpfleger 1997, 154; OLG Zweibrücken, MittBayNot 1999, 564; OLG Hamm, FGPrax 2002, 146, 147; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 18 Rn. 12; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 7. Aufl., § 18 Rn. 26; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 18 Rn. 87). Liegt - wie hier - dem Grundbuchamt die Löschungsbewilligung des von der Löschung unmittelbar betroffenen Grundpfandrechtsgläubigers vor, kann daher die Beibringung der noch fehlenden Zustimmung des nur mittelbar betroffenen Grundstückseigentümers durch Zwischenverfügung aufgegeben werden (vgl. BayObLG, Rpfleger 1997, 154; OLG Zweibrücken, MittBayNot 1999, 564; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 27 Rn. 14; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 27 Rn. 113).

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2. Zu Recht geht das Beschwerdegericht auch davon aus, dass das Fehlen der verfahrensrechtlich erforderlichen Zustimmung der Grundstückseigentümer (§ 27 Satz 1 GBO) der Löschung der Grundschuld entgegensteht.

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a) Gemäß § 27 Satz 1 GBO darf eine Grundschuld nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks gelöscht werden. Das Zustimmungserfordernis ist neben der Löschungsbewilligung des Grundschuldgläubigers notwendig, um den Eigentümer davor zu bewahren, ein durch Zahlungen auf das Grundpfandrecht entstandenes, aus dem Grundbuch nicht ersichtliches Eigentümergrundpfandrecht (Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 36/12, FGPrax 2012, 145 Rn. 5) bzw. seine Anwartschaft auf Erwerb des Eigentümergrundpfandrechts (vgl. Demharter, GBO, 30. Aufl., § 27 Rn. 2; KEHE/Munzig, Grundbuchrecht, 7. Aufl., § 27 Rn. 4) gegen seinen Willen zu verlieren. Eine durch die Eigentümer des Grundstücks abgegebene Zustimmung liegt nicht vor. Die Zustimmung ist auch nicht nach § 27 Satz 2 GBO entbehrlich, weil die Antragstellerin nicht eine berichtigende Löschung der Grundschuld begehrt.

8

b) Die durch die Antragstellerin abgegebene Zustimmungserklärung konnte die nach § 27 Satz 1 GBO erforderliche Erklärung der Eigentümer verfahrensrechtlich nicht ersetzen.

9

aa) Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht auf die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage an, ob eine mit der Pfändung des Anspruchs auf Rückgewähr der Grundschuld ausgebrachte Hilfspfändung der Zustimmungsbefugnis der Eigentümer zulässig ist und dem Pfändungsgläubiger ermöglicht, die Zustimmungserklärung zur Aufhebung und Löschung der Grundschuld selbst abzugeben (so OLG Dresden, NotBZ 2010, 410; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 7. Januar 2011 - 5 W 280/10, juris Rn. 15 ff.; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 27 Rn. 12; Krause in Schulze/Grziwotz/Lauda, Gesetzesformulare BGB, 3. Aufl., § 1183 Rn. 2; NK-Krause, BGB, 4. Aufl., § 1183 Rn. 9; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl., § 27 Rn. 84 aE; Müller, RNotZ 2012, 199, 210 Fn. 197; PWW/Waldner, BGB, 11. Aufl., § 1183 Rn. 1; BeckOK-GBO/Wilsch [01.05.2017], Pfändung im Grundbuchverfahren, Rn. 74; ähnlich Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2015], § 1183 Rn. 13 und Grziwotz, MietRB 2017, 18, 19) oder ob die Zustimmungsbefugnis nicht pfändbar ist (so MüKoBGB/Lieder, 7. Aufl., § 1183 Rn. 9; BeckOK-ZPO/Riedel [15.06.2017], § 857 Rn. 2.2; wohl auch Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 857 Rn. 72).

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bb) Selbst wenn die Streitfrage im Sinne der Antragstellerin zu beantworten und die Möglichkeit der Pfändung der Zustimmungsbefugnis zu bejahen sein sollte, wäre die Antragstellerin nämlich nur berechtigt, die Zustimmung zur Löschung der Grundschuld anstelle der Eigentümer zu erklären, wenn sie den Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld wirksam gepfändet und dies dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen hätte. An einem solchen Nachweis fehlt es.

11

(1) Die Pfändung der Zustimmungsbefugnis des Eigentümers dient, soweit sie für zulässig erachtet wird, der zwangsweisen Durchsetzung des zugleich gepfändeten Anspruchs auf Rückgewähr der Grundschuld. Sie ist demnach Hilfspfändung und vermittelt dem die Pfändung betreibenden Gläubiger kein selbständiges, von dem Rückgewähranspruch unabhängiges Recht, die Zustimmung zur Löschung der Grundschuld anstelle des Eigentümers zu erklären. Vielmehr ist sie akzessorisch in dem Sinne, dass ihre Wirksamkeit von der Wirksamkeit der Pfändung des Rückgewähranspruchs abhängt (vgl. zu Hilfspfändungen allgemein Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 707), namentlich davon, dass dieser Anspruch im Zeitpunkt der Pfändung tatsächlich besteht und nicht wirksam und bindend inhaltlich auf eine andere Art der Erfüllung als durch Löschung beschränkt ist (vgl. zu der Ausübung bzw. Beschränkung des Wahlrechts hinsichtlich der Art der Erfüllung des Rückgewähranspruchs Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2015], Vorb. zu §§ 1191 ff. Rn. 312; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 9. Aufl., Rn. 906, 908; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 1890; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 929; Müller, RNotZ 2012, 199, 210). Diese Voraussetzungen muss derjenige, der die Zustimmung zur Löschung der Grundschuld anstelle des Eigentümers erklären will, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachweisen.

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(2) Die Vorlage eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses reicht nicht aus, um gegenüber dem Grundbuchamt den Nachweis zu führen, dass der Antragsteller berechtigt ist, die nach § 27 Satz 1 GBO erforderliche Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Grundschuld an dessen Stelle zu erklären.

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(a) Das Vollstreckungsgericht prüft bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht, ob die zu pfändende Forderung besteht; es prüft nur, ob diese nach dem Sachvortrag des Gläubigers dem Schuldner gegen den Drittschuldner zustehen kann und ob sie nicht unpfändbar ist (BGH, Beschluss vom 19. März 2004 - IXa ZB 229/03, NJW 2004, 2096, 2097; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 485; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 829 Rn. 4). Gepfändet wird lediglich die angebliche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 62/03, NJW-RR 2003, 1650). Besteht die Forderung nicht oder steht sie einer anderen Person zu, geht die Pfändung ins Leere und ist unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 47/01, NJW 2002, 755, 757). Ob der Anspruch besteht und ob er dem Schuldner zusteht, also nicht etwa vor der Pfändung an einen Dritten abgetreten wurde, ist eine materiell-rechtliche Frage, die nicht in dem Pfändungsverfahren, sondern nur in einem Klageverfahren entschieden werden kann.

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(b) Der von der Antragstellerin mit dem Löschungsantrag bei dem Grundbuchamt eingereichte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss belegt daher nicht, dass der angebliche Anspruch der Eigentümer als Schuldner gegen die Antragstellerin als Drittschuldnerin auf Rückgewähr der Grundschuld tatsächlich besteht, auf die Antragstellerin übergegangen ist und diese berechtigt, die Erfüllung des Anspruchs durch Löschung der Grundschuld zu wählen. Somit belegt er auch nicht, dass die zugleich ausgebrachte Hilfspfändung der Zustimmungsbefugnis der Eigentümer wirksam war. Damit genügt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht als Nachweis für die Befugnis der Antragstellerin, die Zustimmungserklärung nach § 27 Satz 1 GBO für die Eigentümer abzugeben.

IV.

15

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Stresemann     

      

Weinland     

      

Kazele

      

Göbel     

      

Hamdorf     

      

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