Beschluss vom Bundesgerichtshof (9. Zivilsenat) - IX ZR 81/17

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28. März 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 49.093,39 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beklagten sind durch Versäumnisurteil vom 20. Juli 2016 in der Hauptsache zur Zahlung von 49.093,39 € verurteilt worden. Auf ihren Einspruch ist Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 4. Oktober 2016 bestimmt worden. Nachdem ihrem Antrag auf Terminsverlegung nicht entsprochen worden ist, haben sie den zuständigen Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Den Termin vom 4. Oktober 2016 hat der geschäftsplanmäßige Vertreter des Einzelrichters wahrgenommen. Da die Beklagten nicht erschienen sind, ist gegen sie ein zweites Versäumnisurteil ergangen.

2

Die dagegen eingelegte Berufung ist zurückgewiesen worden. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgen sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

II.

3

Die angefochtene Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

4

1. Das Säumnisverfahren ist Folge des Mündlichkeitsprinzips und der Verhandlungsmaxime. Eine Partei könnte den Fortgang des Verfahrens blockieren, wenn sie nicht zum Termin erscheint oder nicht zur Sache verhandelt. Die Zivilprozessordnung knüpft daher nachteilige Rechtsfolgen an die Säumnis. Ein erstes Versäumnisurteil kann noch im Wege des Einspruchs aus der Welt geschafft werden. Um zu verhindern, dass der Einspruch "ein bequemes Mittel zur Verschleppung der Prozesse" wird, hat der historische Gesetzgeber seine wiederholte Zulassung jedoch beschränkt. Erscheint die Partei nach rechtzeitigem Einspruch gegen das (erste) Versäumnisurteil erneut nicht zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch oder erscheint sie zwar, ist sie aber nicht ordnungsgemäß vertreten oder verhandelt sie nicht, hat das Gericht nur noch die Voraussetzungen der wiederholten Säumnis, insbesondere die ordnungsgemäße Ladung zum Termin, zu prüfen, bevor es den Einspruch durch (zweites) Versäumnisurteil verwirft (§ 345 ZPO). Ein weiterer Einspruch findet nicht statt (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 149/11, FamRZ 2012, 27 Rn. 9; vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14, BGHZ 208, 75 Rn. 12). Die Berufung gegen ein (zweites) Versäumnisurteil kann nur darauf gestützt werden, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe (§ 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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2. Die Revision gegen ein zweites Versäumnisurteil kann folglich nicht darauf gestützt werden, Ablehnungsgesuche der säumigen Partei seien fehlerhaft behandelt worden.

6

a) Die Regelungen der § 514 Abs. 2 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO dienen nicht allgemein der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern. Sie stellen eng auszulegende Ausnahmevorschriften dar, die lediglich die Überprüfung ermöglichen sollen, ob eine schuldhafte Säumnis tatsächlich vorgelegen hat, mithin die Sanktion des endgültigen Prozessverlustes gerechtfertigt ist. Ansonsten sollen sie einer Verschleppung des Rechtsstreits vorbeugen. Eine Anwendung der Vorschriften auch auf den Fall, dass die schuldhaft säumige Partei in der Revision die unrichtige Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche durch das Berufungsgericht rügt, steht diesem Ziel entgegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015, aaO Rn. 16).

7

b) Die Vorschrift des § 514 Abs. 2 ZPO entspringt nicht der grundsätzlichen Wertung, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder gegen andere Verfahrensgrundrechte bereits für sich allein die Berufung oder die Revision ermöglichen soll. Vielmehr geht es lediglich um die Regelung des Sonderfalls der (unverschuldeten) Säumnis (BGH, aaO Rn. 18).

8

c) Die ordnungsgemäße Ladung der Beklagten zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch wird von der Beschwerde nicht in Frage gestellt. Unter Beachtung der maßgeblichen Rechtslage mussten die Beklagten, um ein zweites Versäumnisurteil zu vermeiden, zu diesem Termin erscheinen und zur Sache verhandeln. Da dies nicht geschehen ist, scheidet - zumal der Vorsitzende den auf dem Gang anwesenden Verfahrensbevollmächtigten nochmals ausdrücklich über den Termin unterrichtete - eine unverschuldete Säumnis aus.

Kayser          

      

Gehrlein          

      

Pape   

      

Grupp          

      

Möhring          

      

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