Beschluss vom Bundesgerichtshof (7. Zivilsenat) - VII ZB 45/18

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts Köln(Einzelrichter) vom 5. Juni 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Der am 6. Januar 2001 geborene Gläubiger ist der Sohn des Schuldners und betreibt gegen diesen die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsforderungen aus der Urkunde über die Festsetzung des Unterhalts des Jugendamts Kreis Borken vom 18. Juli 2007.

2

Die Mutter des Gläubigers bevollmächtigte am 16. Mai 2008 den Kreis Borken, aus dieser Jugendamtsurkunde die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben, die gepfändeten Beträge entgegenzunehmen sowie gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts Rechtsmittel einzulegen und sie in den durch die Zwangsvollstreckung eventuell notwendig werdenden Gerichtsverfahren zu vertreten.

3

Am 10. März 2017 beantragte der Gläubiger, vertreten durch den Kreis Borken, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem Ansprüche des Schuldners auf Zahlung des gesamten, auch künftig fällig werdenden Arbeitseinkommens gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollten.

4

Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 7. April 2017 erlassen. Die Erinnerung des Schuldners hiergegen ist mit Ausnahme der Heraufsetzung seines Selbstbehalts erfolglos geblieben.

5

Seine sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der vom Beschwerdegericht (Einzelrichter) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

7

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums der Einzelrichter entschieden hat.

8

2. Die Einzelrichterentscheidung unterliegt indes der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

9

Der Einzelrichter hat Verfahren, die grundsätzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen, gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Kollegium zu übertragen. Der Einzelrichter, der die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache bejaht, darf über die Zulassung darum nicht selbst entscheiden, sondern muss das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer übertragen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17 Rn. 5; Beschluss vom 2. Dezember 2015 - VII ZB 41/15 Rn. 7; Beschluss vom 20. Mai 2015 - VII ZB 50/14 Rn. 6, NJW-RR 2015, 1406; Beschluss vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02, MDR 2003, 949, juris Rn. 6; Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 6 f.).

10

Dem hat der Einzelrichter nicht Rechnung getragen, mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung dem Kollegium als dem gesetzlichen Richter entzogen.

11

3. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter, welcher den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Die Zurückverweisung gibt dem Einzelrichter Gelegenheit, die Frage der von ihm bislang angenommenen grundsätzlichen Bedeutung einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen. Sollte er danach bei seiner bisherigen diesbezüglichen Beurteilung verbleiben, wird er nach § 568 Satz 2 ZPO zu verfahren haben.

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