Urteil vom Bundessozialgericht (5. Senat) - B 5 RS 5/12 R
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. März 2012 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 1.9.1974 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte hat.
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Der am 1950 geborene Kläger ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Urkunde der Ingenieurschule für Anlagenbau G. vom 26.7.1974).
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Im Anschluss an die Verleihung dieser Berechtigung war der Kläger nach den Feststellungen des LSG ab 1.9.1974 beim VEB Kombinat Rohrleitungen und Isolierungen, Betrieb R. , später VEB Rohrleitungsbau F., Betriebsteil A. sowie ab 1978 beim VEB Rohrleitungsbau A. bis 30.6.1990 als Produktionslenker und zuletzt als Gruppenleiter Preise bzw Leiter der Abteilung Preise und Abrechnung tätig.
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Eine förmliche Versorgungszusage erhielt der Kläger zur Zeit der DDR nicht.
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Den Antrag des Klägers auf Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 29.1.2004, Widerspruchsbescheid vom 14.4.2004).
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Klage und Berufung des Klägers sind ebenfalls erfolglos geblieben (Urteil des SG Magdeburg vom 24.11.2005; Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 15.3.2012). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe gemäß § 8 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 und § 1 Abs 1 S 1 AAÜG keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem. Er unterfalle nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech angehört habe. Dem Kläger sei weder von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt noch sei er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch habe ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft in seinem Fall nicht stattgefunden. Der Rechtsprechung des BSG, nach der die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG ebenso im Wege der Unterstellung vorliegen könne, folge der Senat nicht. Abgesehen davon lägen auch die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft nicht vor. Zwar erfülle der Kläger als Ingenieur die persönliche Voraussetzung und sei auch als Gruppenleiter Preise bzw Leiter der Abteilung Preise und Abrechnung am Stichtag 30.6.1990 entsprechend seiner erworbenen Qualifikation tätig gewesen. Zum 30.6.1990 sei er jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Fraglich sei schon, ob es am 30.6.1990 überhaupt noch VEB gegeben habe, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR Planwirtschaft zugeordnet gewesen seien. Denn es sei zweifelhaft, ob es im Jahr 1990 eine Planwirtschaft iS des Art 9 Abs 3 der Verfassung der DDR, auf die das BSG abstelle, überhaupt noch gegeben habe. Abgesehen davon erfülle der VEB Rohrleitungsbau A. nicht die Vorgaben des BSG für einen Produktionsbetrieb iS der AVItech. Der VEB sei kein Betrieb gewesen, der Sachgüter im Hauptzweck industriell, dh serienmäßig wiederkehrend gefertigt habe. Der Tätigkeitsschwerpunkt der in der Produktion eingesetzten Beschäftigten lasse sich der Anlage 1 zur "Darstellung des Rohrleitungsbau A. " entnehmen. Danach habe sich für das 2. Halbjahr 1990 folgende Auftragslage ergeben:
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Stahlrohre: 16 km mit 16,3 Mio DM
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Rohrleitungselemente: 900 t mit 4,5 Mio DM
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Behälter: 0,65 Mio DM
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Sonstige industrielle Leistungen (Isolierarbeiten, Montagearbeiten, Serviceleistungen): 1 Mio DM.
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Diese Zahlen verdeutlichten, dass dem VEB in erster Linie die Stahlrohrproduktion das Gepräge gegeben habe. Eine Stahlrohrproduktion von 16 km im Halbjahr bzw - entsprechend der Jahresvorgabe durch die staatliche Plankommission - von 39 km pro Jahr bedeute eine monatliche Fertigung von ca 2700 bis 3300 Metern. Angesichts dieser geringen Zahl könne von industrieller Massenfertigung in serieller Produktion keine Rede sein. Hinzu komme, dass nach Auskunft des ehemaligen Direktors für Produktion bzw für Technik und Produktion des VEB Rohrleitungsbau A. S. der Anteil der wiederholenden Fertigung zwar ca 80 % betragen habe, sich die Produkte, zB Rohre, jedoch regelmäßig in technischen Details unterschieden hätten. Dies bedeute, dass die Produktion zumindest teilweise auch von individuellen Vorgaben abhängig gewesen sein dürfte, was zusätzlich gegen eine serielle Massenproduktion spreche. Hiergegen spreche auch die ausweislich der Betriebsgeschichte offenbar Mitte der 1980er Jahre vorgenommene Fertigung einer Rauchgasanlage für Salzgitter. Dies verdeutliche, dass es nicht zuletzt im Schwerpunktbereich des Betriebes, dem Rohrleitungsbau, zumindest auch eine nennenswerte Produktion nach individuellen Kundenwünschen gegeben habe.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 8 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 und § 1 Abs 1 S 1 AAÜG. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor: Nach der Rechtsprechung des BSG habe er Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz. Er erfülle nicht nur die persönliche und sachliche Voraussetzung, sondern auch die betriebliche Voraussetzung. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG habe es im Juni 1990 noch eine Planwirtschaft iS von Art 9 Abs 3 der Verfassung der DDR gegeben. Auch sei der VEB Rohrleitungsbau A. ein volkseigener Produktionsbetrieb iS des § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17.8.1950 (GBl I Nr 93 S 844) iVm § 1 Abs 1 S 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zu dieser Verordnung (2. DB) vom 24.5.1951 (GBl Nr 62 S 487) gewesen. Der Tätigkeitsschwerpunkt des Betriebes habe in erster Linie in der Stahlrohrproduktion gelegen. Die Schlussfolgerung des LSG, dass es sich bei einer monatlichen Fertigung von ca 2700 bis 3300 m nur um eine geringe Zahl gehandelt habe, sei nicht nachvollziehbar. Weder sei erkennbar, woraus das LSG diesen Schluss ziehe, noch welchen Maßstab es hierbei anlege. Ab welcher Fertigungsmenge die vom VEB Rohrleitungsbau A. hergestellten Rohre in den aktenkundigen Abmaßen eine Massenproduktion ergeben hätten, erläutere das LSG ebenso wenig. Aus der vom Berufungsgericht herangezogenen Anlage 1 zur "Darstellung des Rohrleitungsbau A." ergebe sich, dass im 2. Halbjahr 1990 monatlich ca 150 000 kg Stahl durch den VEB verarbeitet worden seien. Eine derartige Menge an Material könne gerade nicht ohne industrielle und insbesondere serielle Produktionsmethoden verarbeitet werden. Darüber hinaus wäre es nicht verständlich, wenn der Begriff "Massenproduktion" einzig und allein an Stückzahlen oder laufende Meter anknüpfen würde. Ebenso wenig sei die Auffassung des LSG nachvollziehbar, dass auch die im VEB Rohrleitungsbau A. zumindest teilweise von individuellen Vorgaben abhängig gewesene Produktion gegen eine serielle Massenproduktion spreche. Individuelle Vorgaben bedeuteten gerade nicht Einzelanfertigung. Es bedeute vielmehr, dass in der Produktionsvorbereitung des jeweiligen Betriebes Arbeitsschritte notwendig würden, um nach den jeweiligen Aufträgen die vorhandene Maschinerie des Betriebes auf die neue Gegebenheit anzupassen. Nichts anderes passiere, wenn ein Betrieb eine Katalogware herstelle, diese aber in unterschiedlicher Ausführung (sei es nun bezogen auf Farbe, Größe oä). Ob nun völlig kundenunabhängig Sachgüter auf Lager produziert würden oder aber daneben aufgrund besonderer Auftragsstellung die industrielle Taktstraße auftragsbezogen eingerichtet werde, könne für die Beurteilung, ob es sich um einen VEB der seriellen Massenproduktion handele, nicht ausschlaggebend sein. Ebenso wenig stütze die Betriebsgeschichte des VEB das Urteil des LSG. Bei dieser Dokumentation handele es sich um eine Art Chronik des Betriebes, in welcher selbstverständlich nur Besonderheiten Erwähnung fänden.
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Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
1. die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. März 2012 und des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2004 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Eine Entscheidung in der Sache kann der Senat nicht treffen, weil hierzu weitere Tatsachenfeststellungen des LSG erforderlich sind.
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Der Kläger begehrt im Revisionsverfahren, die Beklagte zu verurteilen, seine Beschäftigungszeit vom 1.9.1974 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech nebst der dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
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Ob die Beklagte die begehrten rechtlichen Feststellungen hätte treffen müssen, lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs 2, Abs 3 S 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs 3 S 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anl 1 Nr 1 bis 27 (§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekanntzugeben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10): Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des 2. AAÜG-ÄndG zum 3.8.2001 (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011 - B 5 R 2/10 R - Juris) - alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 AAÜG).
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Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10 und Nr 6 S 37). Den Anwendungsbereich des AAÜG, das am 1.8.1991 in Kraft getreten ist (Art 42 Abs 8 RÜG vom 25.7.1991, BGBl I 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 Abs 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme iS der Anl 1 und 2 im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs 3 SGB IV) erworben worden sind (S 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S 2), so dass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.
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Aufgrund der Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst ist, weil er am 1.8.1991 aus bundesrechtlicher Sicht eine "aufgrund der Zugehörigkeit" zur AVItech "erworbene" Anwartschaft hatte. Hierauf kommt es deshalb entscheidend an, weil der Kläger weder einen "Anspruch" iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG noch eine fiktive Anwartschaft gemäß S 2 aaO innehat.
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1. Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in § 194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch § 40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zu verlangen. Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene, in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw Leistungsfalls (Versorgungsfall) erfüllt sind (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 38 und Nr 7 S 54).
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Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung iS des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.8.1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 Abs 1 S 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem 1.8.1991, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen worden war und diese Rechtsposition deshalb später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 15 und Nr 3 S 20 f; SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 8 f).
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2. Dagegen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger "aufgrund der Zugehörigkeit" zu einem Zusatzversorgungssystem eine "Anwartschaft" auf Versorgung iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben hat. Der erkennende Senat hat die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl SozR 3-8570 § 1 Nr 7) zum Stichtag 30.6.1990 und zur sog erweiternden Auslegung im Ergebnis in seinen Entscheidungen vom 15.6.2010 (vgl nur BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17) ausdrücklich fortgeführt. Die Bedenken des LSG geben keinen Anlass zu einer erneuten Prüfung.
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Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der AVItech in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben am Stichtag 30.6.1990 auf der Grundlage des am 1.8.1991 geltenden Bundesrechts sind die "Regelungen" für die Versorgungssysteme, die gemäß Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl II 889) mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht geworden sind. Dies sind insbesondere die VO-AVItech und die dazu ergangene 2. DB, soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen.
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Nach § 1 VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60; SozR 4-8570 § 1 Nr 9 S 48), die kumulativ vorliegen müssen:
1. von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), 3.
und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
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Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt der Kläger die persönliche und sachliche Voraussetzung. Er ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen, und am Stichtag entsprechend seiner Qualifikation tätig gewesen.
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Ob der Kläger auch die betriebliche Voraussetzung erfüllt, konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG lässt sich nicht beurteilen, ob der VEB Rohrleitungsbau A. ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens ist. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gibt. Der erkennende Senat hält auch insoweit an der Rechtsprechung des 4. Senats (vgl etwa BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 46 f sowie SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 21 und 23) fest, was er zuletzt in mehreren am 19.7.2011, 28.9.2011 und 9.5.2012 verkündeten Urteilen (ua BSGE 108, 300, 303; B 5 RS 8/10 R - Juris RdNr 19; B 5 RS 8/11 R - Juris RdNr 21) nochmals betont hat.
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Für das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzung ist unerheblich, ob es am Stichtag 30.6.1990 noch VEB gegeben hat, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren. Ob die betriebliche Voraussetzung iS der VO-AVItech iVm der 2. DB erfüllt ist, bestimmt sich nach der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung allein danach, ob der Kläger am 30.6.1990 - abgesehen von den gleichgestellten Betrieben - in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt gewesen ist, dh einem VEB, dem die industrielle Fertigung das Gepräge gegeben hat. Hingegen ist entgegen der Auffassung des LSG nicht auch konstitutiv auf seine organisatorische Zuordnung abgestellt worden (so schon Hinweis des Senats im Urteil vom 19.7.2011 - B 5 RS 7/10 R - BSGE 108, 300 RdNr 28). Bereits im Urteil vom 9.4.2002 (B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 47 f) hatte der 4. Senat des BSG eine derartige Bedeutung allenfalls - ausdrücklich nicht tragend - nur als möglich in Erwägung gezogen. Schon in der Entscheidung vom 6.5.2004 (B 4 RA 52/03 R - Juris RdNr 29) wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass allein die fehlende Zuordnung zu einem Industrieministerium nicht genügt, einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens abzulehnen. Dementsprechend zieht auch die spätere Rechtsprechung den Umstand der organisatorischen Zuordnung durchgehend als weder notwendiges noch hinreichendes Hilfskriterium allenfalls bestätigend heran (vgl BSG Beschluss vom 13.2.2008 - B 4 RS 133/07 B - Juris RdNr 11). Hat aber die Frage der organisatorischen Zuordnung keine konstitutive Bedeutung, ist unerheblich, ob es am Stichtag noch einen industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft gegeben hat. Vielmehr ist allein die Rechtsform des Betriebs als VEB sowie seine tatsächliche Produktionsweise entscheidungsrelevant.
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Das LSG hat den Begriff des industriellen Produktionsbetriebes iS des § 1 VO-AVItech iVm § 1 Abs 1 der 2. DB im Ansatz zutreffend bestimmt und ist darüber hinaus zu Recht davon ausgegangen, dass der VEB Rohrleitungsbau A. unter Berücksichtigung der am 1.6.1990 für das 2. Halbjahr 1990 gelisteten Auftragslage hauptsächlich durch die Stahlrohrproduktion geprägt worden ist. Im Übrigen hat das LSG jedoch unrichtige Anforderungen an den industriellen Produktionsbetrieb gestellt und damit die betriebliche Voraussetzung verkannt.
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Der Senat hat bereits entschieden (Urteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 8/11 R - Juris RdNr 23), dass der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der AVItech auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet ist. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet. Dagegen kommt es nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl von Gütern an, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgegeben hat. Ebenso wenig ist maßgeblich, welchen Anteil die Produktion des jeweiligen VEB an der DDR-Gesamtproduktion hatte. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück (vgl BSGE 108, 300, 305) dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist (so grundlegend BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 47; BSG vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris RdNr 17). Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion im vorliegenden Zusammenhang kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebes, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht. "Standardisiert und automatisiert" in diesem Sinne ist alles hergestellt, was mit einem vom Hersteller vorgegebenen Produkt nach Art, Aussehen und Bauweise identisch ist, aber auch dasjenige Sachgut, das aus mehreren ihrerseits standardisiert und automatisiert hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt und Teil einer einseitig und abschließend allein vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette ist.
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Nach Auffassung des LSG ist der VEB Rohrleitungsbau A. kein industrieller Produktionsbetrieb gewesen, weil eine Stahlrohrproduktion von 16 km im Halbjahr bzw - entsprechend der Jahresvorgabe durch die staatliche Plankommission - von 39 km pro Jahr lediglich eine monatliche Fertigung von ca 2700 bis 3300 m bedeute und angesichts dieser geringen Zahl von industrieller Massenfertigung in serieller Produktion nicht die Rede sein könne. Nach Maßgabe der oben genannten Anforderungen kommt es indes nicht darauf an, welche Anzahl von Gütern der Betrieb insgesamt produziert hat. Quantitativ maßgeblich ist vielmehr die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion. Ebenso wenig spricht zwingend gegen eine serielle Massenproduktion, dass sich die wiederkehrend gefertigten Produkte - zB Rohre - nach den Feststellungen des LSG regelmäßig in technischen Details unterschieden haben. Dies stünde nur dann der Annahme einer industriellen Fertigung entgegen, wenn die Produktionsweise des Betriebes von vornherein darauf angelegt war, allein den Wünschen des jeweiligen Auftraggebers entsprechend Einzelstücke herzustellen, die so vom Hersteller nicht vorgesehen waren. Kommt es dagegen zur Abgabe von nach individuellen Vorgaben gefertigten Produkten, die in der vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette enthalten sind, ist die Eigenschaft als Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens nicht gefährdet. Zu Recht weist die Revisionsbegründung darauf hin, dass es nicht ausschlaggebend ist, ob kundenunabhängig Sachgüter auf Lager produziert werden oder aufgrund besonderer Auftragsstellung die industrielle Taktstraße auftragsbezogen aus der Palette des Herstellers eingerichtet wird.
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Unerheblich ist schließlich, dass der VEB Rohrleitungsbau A. bzw einer seiner Vorgängerbetriebe Mitte der 1980er Jahre eine Rauchgasanlage für Salzgitter (offensichtlich als Einzelstück) hergestellt hat. Die Entscheidung, ob ein industrieller Produktionsbetrieb im Sinne der versorgungsrechtlichen Bestimmungen vorliegt, richtet sich allein nach den Produktionsbedingungen am Stichtag 30.6.1990. Unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Auftragslage ist zu diesem Zeitpunkt eine individuell konzipierte Großanlage nicht gefertigt worden.
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Das LSG wird nunmehr zunächst festzustellen haben, ob die Stahlrohrproduktion im VEB Rohrleitungsbau A. durch ihre potentielle Unbegrenztheit gekennzeichnet war. Sollte dies der Fall sein, wird das Berufungsgericht unter Beachtung der genannten Vorgaben zu prüfen haben, ob bzw in welchem Ausmaß die Stahlrohre in einem standardisierten und automatisierten Verfahren erstellt worden sind bzw wie individuelle Kundenwünsche in der Produktion umgesetzt worden sind. Sollten die Produkte teilweise im Wege der industriellen Massenproduktion und teilweise in auftrags- und kundenbezogener Einzelfertigung gefertigt worden sein, sind diese Bereiche jeweils nach einheitlichen Maßstäben zu bewerten und zueinander in Beziehung zu setzen. Insoweit bietet sich ein Vergleich der jeweiligen Anteile am Umsatz oder Ertrag an.
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Sollte der Kläger am Stichtag 30.6.1990 auch die betriebliche Voraussetzung erfüllen, wird das LSG weiter festzustellen haben, ab welchem Zeitpunkt der Kläger als Gruppenleiter Preise bzw Leiter der Abteilung Preise und Abrechnung tätig gewesen ist und ob seine davor ausgeübte Beschäftigung ebenfalls der Tätigkeit eines Ingenieurs entsprochen hat. Ferner wird das LSG festzustellen haben, ob auch die Vorgängerbetriebe des VEB Rohrleitungsbau A. industrielle Produktionsbetriebe waren.
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Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung durch das LSG vorbehalten.
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