Beschluss vom Bundessozialgericht (5. Senat) - B 5 R 185/13 B

Tenor

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 18. April 2013 (B 5 R 395/12 B) wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Verfahren der Gegenvorstellung keine Kosten zu erstatten.

Gründe

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Der Senat hat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 11.6.2012 mit Beschluss vom 18.4.2013 als unzulässig verworfen. Mit seiner Gegenvorstellung vom 13.5.2013 begehrt der Kläger, den Senatsbeschluss aufzuheben und die Revision gegen das vorbezeichnete Urteil des LSG zuzulassen.

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Es kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge (§ 178a SGG) überhaupt noch statthaft sind (bejahend BVerfG Beschlüsse vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190, 199 f, 201 f und der 3. Kammer des 2. Senats - 2 BvR 2674/10 - NJW 2012, 1065 sowie BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 3 RdNr 4; offenlassend BSG Beschluss vom 24.7.2006 - B 1 KR 6/06 BH - Juris RdNr 1) und der Senat befugt sein könnte, seinen unanfechtbaren Beschluss vom 18.4.2013 ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage (vgl dazu BFH Beschluss vom 1.7.2009 - V S 10/07 - BFHE 225, 310; Neumann, jurisPR-BVerwG 9/2009 Anm 4 unter D.) im Verfahren der Gegenvorstellung mit dem Ziel aufzuheben, die formelle und materielle Rechtskraft (§ 141 Abs 1 SGG) des angefochtenen Urteils vom 11.6.2012 rückwirkend wieder zu beseitigen, die gemäß § 160a Abs 4 S 3 SGG kraft Gesetzes mit der Ablehnung der Beschwerde durch das BSG zugunsten der Beklagten eingetreten ist (zur Abänderungsbefugnis als Voraussetzung einer Gegenvorstellung vgl BVerfG Beschluss vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 = NJW 2009, 829, 830 RdNr 36; BGH Beschlüsse vom 2.2.2004 - II ZR 294/01 - NJW-RR 2004, 574 und vom 24.6.1980 - KZR 12/79 - NJW 1981, 55; BAG Beschluss vom 10.10.2012 - 5 AZN 991/12 (A) - NZA 2013, 167, 168 RdNr 3; BFH Beschlüsse vom 6.12.2011 - IX S 19/11 - BFH/NV 2012, 438 und vom 28.5.2010 - III S 11/10 - BFH/NV 2010, 1651).

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Denn selbst nach dem Recht, das vor Einführung der Anhörungsrüge galt, konnte eine unanfechtbare Entscheidung auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf nur geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widersprach oder grobes prozessuales Unrecht enthielt (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 24 und Beschluss vom 24.7.2006, aaO). Das jetzige Vorbringen im Schriftsatz vom 7.5.2013 bietet für einen solchen Sachverhalt keinen Anhalt. Der Kläger legt weiterhin nicht dar, warum die Rechtsfolge des § 71 (nicht: § 75) Abs 6 SGG iVm § 53 ZPO im Berufungsverfahren nicht eingetreten sein könnte, obwohl sich seine Betreuerin mit Schriftsatz vom 10.6.2012 aktiv am Verfahren beteiligt hat. Nach diesen Vorschriften steht - auch im sozialgerichtlichen Verfahren - ein Prozessfähiger einem Prozessunfähigen gleich, wenn er im jeweiligen Rechtsstreit durch einen Betreuer (§ 1896 BGB) oder Pfleger vertreten wird. In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB), erlangt also die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (OLG Karlsruhe Urteil vom 14.10.1998 - 6 U 120/97 - NJW-RR 1999, 1699). Folglich erlischt die Prozessfähigkeit des Betreuten, sobald der Betreuer in den Prozess eintritt (vgl BFH Beschluss vom 21.10.1982 - IV R 113/82 - BFHE 137, 3 und bereits RG Beschluss vom 1.10.1902 - V 191/02 - RGZ 223, 224); die Prozessführung liegt dann allein in den Händen des Betreuers, auch wenn der Betreute - mangels Einwilligungsvorbehalts - an sich voll geschäftsfähig und damit nach § 71 Abs 1 SGG prozessfähig ist (vgl BGH Urteil vom 24.6.1987 - IVb ZR 5/86 - NJW 1988, 49, 51; OLG Hamm Beschluss vom 22.3.1996 - 12 UF 451/95 - FamRZ 1997, 301, 302). Hat sich die Betreuerin aber aktiv am Prozessgeschehen beteiligt und ist durch den damit verbundenen Eintritt in das Verfahren die Prozessfähigkeit des Klägers erloschen, kommt es nicht mehr darauf an, ob er "ausdrücklich erklärt [hat], dass er sich im Berufungsverfahren selbst vertrete". Einen eventuellen "Dissens zwischen Betreutem und Betreuer" regelt § 71 Abs 6 SGG iVm § 53 ZPO in der Weise, dass nur Prozesshandlungen des Betreuers wirksam sind, so dass einander widersprechende Prozesserklärungen - im Interesse eines sachgemäßen Prozessverlaufs (vgl BGH Urteil vom 24.6.1987 - IVb ZR 5/86 - NJW 1988, 49, 51; OLG Hamm Beschluss vom 22.3.1996 - 12 UF 451/95 - FamRZ 1997, 301, 302) - ausgeschlossen sind (vgl BFH Beschluss vom 21.10.1982 - IV R 113/82 - BFHE 137, 3). Eine Klärung "durch das Betreuungsgericht" kommt damit von vornherein nicht in Betracht. Es ist daher nicht erkennbar, dass dem Kläger durch den Senatsbeschluss vom 18.4.2013 grobes prozessuales Unrecht widerfahren sein könnte. Auch legt der Kläger keine rechtlich bedeutsamen Umstände dar, die die erste PKH-Ablehnungsentscheidung des LSG als sachgrundlosen Willkürakt erscheinen lassen und den angegriffenen Senatsbeschluss im dargestellten Sinne als offenkundig unrichtig oder grob prozessrechtswidrig erschüttern könnten. Keinesfalls kommt es darauf an, ob "der Kläger davon ausgeht, dass das LSG eben gerade keine substantiierte Grundlage für seine Einschätzung hatte". Stattdessen ist allein maßgebend, ob die Entscheidung des LSG - wie der Senat im angefochtenen Beschluss betont hat - "unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist".

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Dieser Beschluss ergeht in entsprechender Anwendung des § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

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