Urteil vom Bundessozialgericht (1. Senat) - B 1 KR 65/12 R

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über den Umfang zu gewährender Kostenerstattung für die privatärztliche Behandlung mit dem Fertigarzneimittel Lucentis.

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Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, für das Jahr 2011 von Zuzahlungen befreite Kläger leidet an einer chorioidalen Neovaskularisation infolge altersabhängiger Makuladegeneration. Sein linkes Auge ist nahezu erblindet. Der Visus des rechten Auges verschlechterte sich aufgrund einer Blutung von 0,5 auf 0,3. Deshalb empfahl Vertragsarzt Dr. P. eine Lucentis-Therapie, die der Kläger beantragte (14.6.2011, Kosten: Apothekenverkaufspreis für drei Injektionen Lucentis je 1285,90 Euro; drei ärztliche Injektionen je 335,15 Euro, 2,3-facher Satz analog GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte)-Nr A 1383 - Vitrektomie; drei ärztliche Nachbehandlungen je 80 Euro, 2,3-facher Satz GOÄ-Nrn 1, 6, 1201, 1242, 1,8-facher Satz GOÄ-Nr 1256, 2,242-facher Satz GOÄ-Nr 6 in einem jeweiligen zweiten Termin, insgesamt 5103,15 Euro). Die hierzu erforderlichen intravitrealen Injektionen und Nachbehandlungen sind bisher nicht in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen. Das europaweit zur Behandlung der altersbedingten feuchten Makuladegeneration zugelassene (22.1.2007) Fertigarzneimittel Lucentis (Wirkstoff: Ranibizumab) ist ein monoklonaler Antikörper. Dieser hemmt ein Protein, das an der Ausbildung kleiner Blutgefäße beteiligt ist (VEGF-Hemmer). Die Zulassung umschreibt als Art der Anwendung "Durchstechflasche zum einmaligen Gebrauch. Nur zur intravitrealen Anwendung". Die Beklagte bewilligte für drei Zyklen insgesamt höchstens 3607,02 Euro (jeweils pro Zyklus Lucentis 1125,41 Euro; ärztliches Honorar 76,93 Euro, GOÄ-Nrn 257 und 447 bei 2,3-fachem Gebührensatz; keine Kosten der mit der Behandlung bereits abgegoltenen Nachbehandlung; Bescheid vom 22.6.2011; Widerspruchsbescheid vom 19.8.2011). Der Kläger erhielt privatärztlich drei Zyklen Lucentis-Injektionen (8.7., 12.8. und 16.9.2011) nebst Nachbehandlung. Die Beklagte übernahm hiervon zusätzlich zu den bewilligten 3607,02 Euro vergleichsweise, vorläufig und vorbehaltlich einer Rückforderung weitere 735,84 Euro. Der Kläger trug unter Berücksichtigung von 0,49 Euro Rabatt 759,80 Euro selbst. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt (Urteil vom 6.12.2011). Das LSG hat die Berufung unter klarstellender Änderung des SG-Urteilstenors zurückgewiesen, da der Kläger Anspruch auf volle Kostenerstattung habe (Urteil vom 15.11.2012).

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Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3 S 1 SGB V. Die Mehrkosten beruhten lediglich auf unzutreffender privatärztlicher Beratung und Abrechnung. Lucentis hätte vertragsärztlich verordnet und die Honorarabrechnung auf 76,93 Euro beschränkt sein müssen (§ 5 Abs 2, § 6 Abs 2 GOÄ, 2,3-facher Satz).

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. November 2012 und des Sozialgerichts Koblenz vom 6. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. November 2012 aufzuheben und die Sache an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der beklagten KK ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das SG-Urteil unter Klarstellung des Tenors zurückgewiesen. Der Kläger hat nämlich gegen die Beklagte über die von ihr anerkannten 3607,02 Euro und die zusätzlich vorläufig geleisteten 735,84 Euro hinaus Anspruch auf Zahlung von weiteren 759,80 Euro. Die Beklagte lehnte es rechtwidrig ab, dem Kläger die vollen Kosten für die selbstbeschaffte Behandlung mit drei intravitrealen Injektionen von privatärztlich verordnetem Lucentis nebst Nachbehandlung in Höhe von insgesamt 5102,66 Euro zu erstatten. Die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V (dazu 1.) sind erfüllt. Die Beklagte lehnte es zu Unrecht ab, die vollen Injektionsbehandlungskosten vorab zu übernehmen und unmittelbar mit dem Leistungserbringer abzurechnen. Die Beklagte konnte den Kläger nicht auf eine geringere privatärztliche Liquidation und eine vertragsärztliche Verordnung von Lucentis verweisen (dazu 2.). Der Kläger beschaffte sich deshalb die notwendige Behandlung selbst (dazu 3.). Dadurch entstanden ihm die geltend gemachten Kosten (dazu 4.).

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1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V (hier anzuwenden in der seit 1.7.2001 geltenden Fassung des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Die Norm bestimmt: Hat die KK eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Versicherte haben aus § 27 SGB V nicht lediglich ein bloßes subjektiv-öffentlich-rechtliches Rahmenrecht oder einen bloßen Anspruch dem Grunde nach (so noch BSGE 73, 271, 279 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 18 f = Juris RdNr 37), sondern einen konkreten Individualanspruch, dessen Reichweite und Gestalt sich aus dem Zusammenspiel mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen ergibt (zum Individualanspruch Versicherter vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R -, GesR 2007, 276, 283 = Juris RdNr 54; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 11 mwN; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 53 f). Für den Anspruch aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V genügt es, dass der Versicherte zwar keinen Natural- oder Sachleistungsanspruch nach Maßgabe des Leistungserbringungsrechts hat, wohl aber einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens. So liegt es hier.

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2. Der Kläger hatte zur Zeit der Behandlung 2011 einen Naturalleistungsanspruch auf drei intravitreale Injektionen mit ärztlich verordnetem Lucentis nebst Nachuntersuchung wegen feuchter Makuladegeneration. Welche Leistungen die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, bemisst sich grundsätzlich nach dem Zusammenspiel von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht (dazu a). Der Kläger hatte zwar keinen Naturalleistungsanspruch auf intravitreale Injektionen mit privatärztlich verordnetem Lucentis nebst Nachuntersuchung nach Maßgabe des Leistungserbringungsrechts, als die Beklagte den Antrag teilweise ablehnte. Denn es fehlte an einer Abrechnungsposition für eine vertragsärztliche intravitreale Injektion nebst zugehöriger Nachbehandlung im EBM (dazu b). Der Kläger hatte aber wegen Systemversagens einen Anspruch gegen die Beklagte darauf, dass sie die vollen Kosten der Injektionen vorab übernimmt, unmittelbar mit dem Leistungserbringer abrechnet und ihn freistellt oder sie ihm erstattet. Zu Unrecht lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger Freistellung oder Erstattung der Kosten der Injektionen in vollem Umfang zu gewähren (dazu c).

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a) Die Beklagte hatte dem Kläger im Rahmen der Krankenbehandlung sowohl ärztliche Behandlung als auch Arzneimittelversorgung zu gewähren. Sie war nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V dem Kläger zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, die vom Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst ist. Versicherte haben hiernach Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit - hier altersbedingte feuchte Makuladegeneration rechts, subfoveal mit frischer Blutung - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten ua mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V; § 31 SGB V; BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 9 mwN). Versicherte erhalten grundsätzlich die krankheitsbedingt notwendigen, nicht der Eigenverantwortung (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V) zugeordneten Arzneimittel (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V) aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgrund vertragsärztlicher Verordnung (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 14; BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6, RdNr 12). Die Arzneimittel müssen hierzu apotheken- (§ 31 Abs 1 SGB V) und grundsätzlich - wie Lucentis - verschreibungspflichtig sein (vgl § 34 Abs 1 S 1 SGB V und zB BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff - Gelomyrtol forte, hierzu BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - NZS 2013, 297; BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 15 ff mwN).

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Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, ggf modifiziert durch die Grundsätze grundrechtsorientierter Auslegung (vgl § 2 Abs 1a SGB V, zuvor BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 sowie zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 14 mwN zur Rspr).

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aa) Ein Versorgungsanspruch eines Versicherten mit einem Fertigarzneimittel zur Krankenbehandlung erfordert, dass es zu Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne gibt, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zB BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN). Hierzu bedarf es bei Fertigarzneimitteln der erfolgreichen arzneimittelrechtlichen Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels (vgl § 1 Arzneimittelgesetz ; BSGE 95, 132 RdNr 9 f, 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 16 f, 27 - Wobe-Mugos E; dem folgend zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 21). Dementsprechend sind Fertigarzneimittel mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1 SGB V) grundsätzlich nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen für die beabsichtigte Behandlung die nach § 21 Abs 1 AMG (§ 21 neugefasst durch Bekanntmachung vom 12.12.2005, BGBl I 3394, hier anzuwenden mit der Einfügung durch Art 2 Nr 12 Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen vom 20.7.2007, BGBl I 1574 mWv 1.8.2007) erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 20 - Venimmun; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 mwN - Lorenzos Öl; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 mwN). Lucentis war zur Zeit der Behandlung des Klägers arzneimittelrechtlich zur intravitrealen Anwendung bei altersbedingter feuchter Makuladegeneration zugelassen.

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bb) Die KKn sind nicht bereits dann für eine ärztliche Behandlung leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des EBM gemacht hat (stRspr, vgl zum Ganzen zB BSGE 88, 126, 128 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 14; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 13 mwN; Hauck, NZS 2007, 461, 464 mwN). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 16, stRspr; zur Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten vgl früher § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378; zur Verfassungsmäßigkeit und ihrer Überprüfung vgl grundlegend BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 ff mwN - LITT; s auch zB BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26 mwN).

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b) Als der Kläger die Übernahme der kompletten Injektions-Behandlung bei der Beklagten beantragte, diese die Leistungsgewährung als Naturalleistung ablehnte und der Kläger sie sich anschließend selbst beschaffte, konnte die Beklagte die Injektions-Behandlung dem Kläger nach Maßgabe des vertragsärztlichen Leistungserbringungsrechts nicht als Naturalleistung zur Verfügung stellen. Das beruhte darauf, dass der GBA eine Empfehlung für intravitreale Injektionen nicht für erforderlich hielt, der EBM (vgl § 87 Abs 1 SGB V) aber keine Position für intravitreale Injektionen enthielt. Der GBA sah die Applikation von VEGF-Hemmern mittels intravitrealer Injektion nicht als neue ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der GKV an und lehnte aus diesem Grund eine Empfehlung ab. Der Bewertungsausschuss schuf für intravitreale Injektionen nebst Nachbehandlung keine Abrechnungsposition im EBM. Der EBM sieht für solche Fälle auch keine Analogbewertung vor. Stationäre Krankenhausbehandlung anstelle vertragsärztlicher Behandlung kam nicht in Betracht. Krankenhausbehandlung ist nämlich nicht bereits deshalb erforderlich, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des GBA oder Aufnahme einer Position in den EBM nicht zu Lasten der GKV geleistet werden darf (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19, zum Fehlen einer GBA-Empfehlung).

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Der Kläger hatte in dieser Situation auch keinen Anspruch auf zumindest vertragsärztliche Verordnung von Lucentis. Denn eine vertragsärztliche Anwendung kam mangels EBM-Position nicht in Betracht. Das Arzneimittel darf nur ärztlich angewendet werden, denn es ist allein zur intravitrealen Injektion bestimmt. Solche Injektionen dürfen aufgrund der zu beachtenden qualitativen Anforderungen an Präzision und Sterilität nur von Ärzten vorgenommen werden, was keiner näheren Darlegung bedarf. Eine isolierte vertragsärztliche Verordnung, bei der anschließend eine eigentlich gebotene vertragsärztliche Anwendung nicht gesichert ist, dient keinem zulässigen Zweck einer Krankenbehandlung im Rahmen vertragsärztlicher Versorgung (§ 72 Abs 2 SGB V).

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c) Der Kläger hatte aber wegen Systemversagens einen sachleistungsersetzenden Freistellungs- oder Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind Leistungen in einem solchen Ausnahmefall in den GKV-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des GBA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedarf. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats erstreckt den Anwendungsbereich der Regelung des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V über den ausdrücklich geregelten Kostenerstattungsanspruch hinaus auch auf Fälle der Kostenfreistellung (stRspr, vgl zB BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 10), wenn aufgrund Systemversagens eine Lücke im Naturalleistungssystem besteht, die verhindert, dass Versicherte sich die begehrte Leistung im üblichen Weg der Naturalleistung verschaffen können.

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Grundsätzlich erbringt die KK den Versicherten - soweit hier von Interesse - vertragsärztliche Leistungen, indem sie - in der Regel vermittelt durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen; § 73 Abs 2, § 75 Abs 1 S 1 und 2 SGB V) - ihnen eine Vielzahl von zugelassenen Leistungserbringern verfügbar hält, unter denen sich die Versicherten den gewünschten Therapeuten frei auswählen und sich dann von ihm behandeln lassen (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 29). Der Versicherte erhält die von ihm zu beanspruchenden Leistungen in der Regel dementsprechend nicht unmittelbar von der KK in Natur, sondern von Leistungserbringern. Die KKn bedienen sich regelmäßig der zugelassenen Leistungserbringer, um die Naturalleistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (vgl § 2 Abs 2 S 3 SGB V idF durch Art 4 Nr 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003, BGBl I 3022; zuvor § 2 Abs 2 S 2 SGB V). Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung Zugelassenen (Ärzte etc) frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs 1 S 1 und 2 SGB V, hier anzuwenden in der Fassung durch Art 6 Nr 17 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28.5.2008, BGBl I 874 mWv 1.7.2008).

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Dem Wahlrecht der Versicherten entsprechen die ihnen erwachsenden Obliegenheiten, um Naturalleistungen zu erhalten. Sie haben regelmäßig einen der zugelassenen Ärzte etc auszuwählen und zur Behandlung unter Vorlage der Krankenversicherungskarte aufzusuchen. Dabei ist den Versicherten geläufig, dass sie die Leistungen abgesehen von gesetzlichen Zuzahlungen kostenfrei erhalten. Wenn sie dagegen eine Leistung außerhalb des Naturalleistungssystems in Anspruch nehmen wollen, etwa weil die Versorgung mit zugelassenen Leistungserbringern vermeintlich nicht sichergestellt ist, müssen sie vorher die KK aufsuchen, um ihr zu ermöglichen, die angebliche Versorgungslücke zu überprüfen. Die Prüfung der KK ist auf das Vorhandensein einer Versorgungslücke beschränkt, die aus dem konkreten ärztlich festgestellten Bedarf erwächst, und erstreckt sich lediglich auf die Möglichkeiten, sie zu schließen (vgl zum Ganzen BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 32 ff mwN).

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Welche Leistungen die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, bemisst sich grundsätzlich - wie dargelegt - nach dem Zusammenspiel von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht. Fehlt es an den erforderlichen Regelungen, um Versicherten die gebotenen Leistungen in der dargelegten Weise zu verschaffen, müssen die KKn hierfür durch Vorkehrungen außerhalb des Naturalleistungssystems Sorge tragen. Hierzu dient die Rechtsgrundlage des § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Es genügt in diesem Sinne für den Anspruch auf Kostenfreistellung aus § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V, dass der Versicherte zwar keinen Natural- oder Sachleistungsanspruch nach Maßgabe des Leistungserbringungsrechts hat, wohl aber einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens. Der Anspruch sichert, dass Versicherte ihren Individualanspruch trotz der Mängel im System der Leistungserbringung verwirklichen können.

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Der Senat hat dies bereits bejaht, wenn der GBA bei seiner Entscheidung gegen höherrangiges Recht verstieß (vgl zB BSGE 88, 62, 67 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3), etwa weil er objektiv willkürlich ein sektorenübergreifendes Prüfverfahren nicht auf die Empfehlung einer Methode für eine spezifische Indikation für die vertragsärztliche Versorgung erstreckte. In solchen Fällen gibt § 13 Abs 3 S 1 SGB V Versicherten ua das Recht, von ihrer KK zu verlangen, von den Kosten der betreffenden Leistung freigestellt zu werden, wenn sie notwendig ist (vgl dazu BSGE 88, 62, 74 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 35 f; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 16 mwN; Hauck, NZS 2007, 461, 464). Gleiches gilt, wenn zwar der GBA rechtmäßig über eine Empfehlung entschied, der Bewertungsausschuss aber eine danach mögliche Aufnahme (mindestens) einer Abrechnungsposition in den EBM unterließ, obwohl ohne (mindestens) eine solche Leistungsposition im EBM die gebotene ambulante Versorgung der Versicherten nicht möglich ist (vgl in diesem Sinne auch BSGE 79, 239, 243 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 50; BSGE 84, 247, 253 = SozR 3-2500 § 135 Nr 11; Freudenberg in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 87 RdNr 81; Hauck, NZS 2007, 461, 464; vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand August 2014, K § 87 RdNr 53 mwN). So liegt der Fall hier.

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Der GBA hielt rechtmäßig eine Empfehlung einer intravitrealen Injektion als neue Behandlungsmethode nicht für erforderlich (§ 135 Abs 1 S 1 SGB V). Er ging vertretbar davon aus, die Applikation von VEGF-Hemmern mittels intravitrealer Injektion nicht als neue ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der GKV zu qualifizieren. Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 15 mwN). Die Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen Körper ist als wissenschaftliches Konzept schon lange bekannt und als solche im EBM abgebildet, nicht aber der spezielle Applikationsweg der intravitrealen Injektion. Es hält sich jedenfalls im Rahmen des Ermessens des Normgebers GBA, aus diesem Grund für den Gesamtkomplex intravitrealer Injektionen keine zusätzliche Empfehlung auszusprechen.

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Der Bewertungsausschuss kam demgegenüber ohne tragfähige Sachgründe zunächst seinem gesetzlichen Auftrag nicht nach, für intravitreale Injektionen nebst Nachbehandlung Abrechnungspositionen im EBM zu schaffen (vgl auch Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage - BT-Drucks 17/10912 - vom 18.10.2012, BT-Drucks 17/11080 S 9 f). Ohne diese Positionen ist die vertragsärztliche Gesamtbehandlung mit intravitrealer Applikation von VEGF-Hemmern bei feuchter Makuladegeneration nicht möglich. Die Versorgung betrifft - unter Berücksichtigung insbesondere der Erkenntnisse aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung - mit dem Erhalt der Sehfähigkeit für betroffene Versicherte eine Kernleistung der GKV. Sie steht als solche - bei wie dargelegt bestehender Beachtung der gesetzlichen Vorgaben - nicht zur Disposition des untergesetzlichen Normgebers, mag er auch im Interesse des Patientenschutzes Regelungen zur Qualitätssicherung vorsehen. Erst ab Oktober 2014 wird der EBM die Gebührenordnungsposition (GOP) 31371 für den operativen Eingriff am rechten Auge, die GOP 31372 für den operativen Eingriff am linken Auge und die GOP 31373 für einen beidseitigen Eingriff enthalten, zudem für die Abrechnung der Verlaufskontrolle für das rechte Auge die GOP 06334 und für das linke Auge die GOP 06335. Für belegärztliche Operationen werden laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KÄBV) analog dazu GOPs in das Kapitel 36 des EBM aufgenommen. Ärzte, die die intravitreale Injektion danach vornehmen, benötigen eine Genehmigung ihrer KÄV. Eine Vereinbarung zur Qualitätssicherung, die die Anforderungen an die Ärzte definiert, soll ebenfalls zum 1.10.2014 in Kraft treten (vgl Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 328. Sitzung am 25.6.2014 zur Änderung des EBM, DÄ 2014, A-1329 ff; KBV, Praxisnachrichten, Intravitreale Medikamenteneingabe bei Augenerkrankungen ab Oktober im EBM, 26.6.2014).

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Die Beklagte musste den Kläger nach der Rechtsfolge des § 13 Abs 3 S 1 SGB V in vollem Umfang für die selbst beschaffte Leistung von entstandenen Kosten freistellen oder diese in der entstandenen Höhe erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Reichweite des Kostenerstattungsanspruchs bestimmt sich auch insoweit maßgeblich nach der konkreten Lücke im Leistungssystem, die er zu schließen hat (vgl BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 18, 23 mwN - UAE; BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 33; E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 SGB V RdNr 274 mwN). Erzwingt die rechtswidrige Leistungsablehnung der KK eine privatärztliche Selbstverschaffung des Versicherten, beschränkt sich der Erstattungsanspruch auf eine der Naturalleistung entsprechende Leistung (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25, 27). Bei der Leistungskonkretisierung ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung. Nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Injektionsbehandlung des Klägers mit Lucentis einschließlich Nachuntersuchung notwendig.

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d) Der Kläger musste sich nicht auf eine vertragsärztliche Verordnung von Lucentis verweisen lassen. Hierzu bestand nach dem oben Dargelegten kein Raum. Will im Übrigen eine KK durch die konkrete Wahl des privatärztlichen Leistungserbringers entstehende Mehrkosten vermeiden, weil zB nicht die Grenzen des gesetzlichen Preisrechts der GOÄ eingreifen, kann sie allerdings nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Versicherten im Rahmen ihrer die Leistungen ablehnenden Entscheidung auf konkrete günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung hinweisen (vgl BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 34). Die Beklagte bot indessen dem Kläger zur Schließung der Lücke im Versorgungssystem aufgrund des Systemversagens keine Möglichkeit angemessener Selbstbeschaffung an, auf die er sich im Interesse einer Kostenminderungsobliegenheit hätte einlassen müssen. Sie hätte dem Kläger konkret einen Vertragsarzt benennen müssen, der zur unverzüglichen Verordnung des benötigten Lucentis bereit war. Das unterblieb.

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3. Der Kläger beschaffte sich aufgrund des Systemversagens die in Rede stehende notwendige Behandlung selbst. Das folgt aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG. Der Kläger hielt sich im Rahmen der - wie aufgezeigt durch das Systemversagen geprägten - Systemgrenzen, wenn er sich die Gesamtbehandlung einschließlich der Injektionen privatärztlich besorgte. Denn darauf hatte er Anspruch, wie oben dargelegt (vgl nochmals BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 33).

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4. Durch die selbst beschaffte Behandlung entstanden dem Kläger auch die geltend gemachten Kosten. Die Beklagte zieht dies im Ergebnis hinsichtlich der Arzneimittelkosten zu Recht nicht in Zweifel. Nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Kläger bei der Behandlung 2011 nicht zuzahlungspflichtig.

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Das LSG hat mit zutreffenden Erwägungen aber auch bejaht, dass die Abrechnungen der ärztlichen Behandlung formell konform mit der GOÄ sind. Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Vorbehaltlich eines anders lautenden Bundesgesetzes verpflichtet § 1 Abs 1 GOÄ alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 20; zum Anwendungsbereich auch BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 37 ff). Die Fälligkeit der ärztlichen Vergütung hängt davon ab, dass die Rechnung die formellen Voraussetzungen der Regelung des § 12 Abs 2 bis 4 GOÄ erfüllt. Dies entspricht dem Zweck der komplexen Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden können, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben. Die Fälligkeit wird nicht davon berührt, dass die Rechnung mit dem materiellen Gebührenrecht nicht übereinstimmt (vgl insgesamt BGHZ 170, 252, RdNr 12 ff).

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Soweit ein Versicherter - hier der Kläger - im Rahmen der Selbstbeschaffung einer ihm vorenthaltenen GKV-Leistung einer nach GOÄ fälligen Forderung ausgesetzt ist, kann ihn die auf Kostenerstattung in Anspruch genommene KK nicht darauf verweisen, er hätte auf eigenes Risiko einen Rechtsstreit gegen eine möglicherweise nach materiellem Gebührenrecht überhöhte Rechnung führen müssen. Dies würde vernachlässigen, dass die KK den Versicherten erst durch die rechtswidrige Leistungsablehnung oder Nichtleistung einer unaufschiebbaren Leistung in die Verlegenheit gebracht hat, sich das ihm Zustehende selbst zu beschaffen. Die KK kann vielmehr dem Versicherten anbieten, ihn in einem Rechtsstreit auf Abrechnungsminderung zu unterstützen und von den Kosten freizustellen mit der Folge, dass sich bei einem Erfolg der Umfang der zu erstattenden Kosten reduziert.

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Die Beklagte machte hiervon keinen Gebrauch. Sie kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, die Abrechnung der intravitrealen Injektionen analog einer Vitrektomie (§ 6 Abs 2 GOÄ, Ziff A 1383) entsprechend der seinerzeit bestehenden Empfehlung des Bundesverbandes der Augenärzte sei überhöht gewesen und habe auch die Nachbehandlung umfasst (vgl dagegen zB VG Ansbach Urteil vom 26.1.2011 - AN 15 K 08.02057, AN 15 K 10.00633, AN 15 K 10.00634).

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Anders läge es, wenn dem Kläger etwa deshalb gar keine Kosten entstanden, weil der behandelnde Arzt anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung stellte und den Auslagenersatz pauschalierte (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 17 S 79 mwN; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 22; BVerfG NJW 1992, 737; BGH NJW 2006, 1879 ff). Trotzdem - ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage - geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (vgl BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 22; BGH NJW 2006, 1879 ff). Der Kläger war demgegenüber nach diesem Maßstab einer fälligen, GOÄ-konformen Forderung ausgesetzt.

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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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