Beschluss vom Bundessozialgericht (13. Senat) - B 13 R 190/15 B

Tenor

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15 386,40 Euro festgesetzt.

Gründe

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I. Der ursprüngliche Kläger wandte sich vor dem SG gegen die Ablehnung der von ihm begehrten Rente wegen Erwerbsminderung durch den beklagten Rentenversicherungsträger. Das SG hat mit Urteil vom 3.4.2013 die diesbezüglichen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, dem Kläger ab dem 1.10.2009 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

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Der Kläger ist kurz darauf - ausweislich der Sterbeurkunde zwischen dem 25.4.2013, 18:00 Uhr und dem 26.4.2013, 15:00 Uhr, wobei als Familienstand "verwitwet" angegeben ist - verstorben. Das Urteil des SG ist seinem Prozessbevollmächtigten am 14.5.2013 zugestellt worden. Am 5.6.2013 hat die Beklagte gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 23.10.2013 wurde für die unbekannten Erben Nachlasspflegschaft angeordnet. Der Nachlasspfleger hat den bisherigen Prozessbevollmächtigten mit der Fortführung des Rechtsstreits beauftragt. Die zunächst als Rechtsnachfolgerin ermittelte Stieftochter des verstorbenen Klägers hat das Erbe wirksam ausgeschlagen.

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Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.3.2015). Es hat offengelassen, ob dem Grunde nach ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bestehe. Jedenfalls sei die Beklagte nicht zur Zahlung einer Rente verpflichtet, weil der Fiskus als gesetzlicher Erbe (§ 1936 BGB) gemäß § 58 S 2 SGB I keine Ansprüche auf Geldleistungen geltend machen könne.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Nachlasspfleger Beschwerde zum BSG erhoben. Nach jetzigem Kenntnisstand könne die Annahme des LSG, der Fiskus sei gesetzlicher Erbe geworden, möglicherweise fehlerhaft sein; es sei ein Erbenermittler beauftragt, dessen Ergebnis noch nicht vorliege. Mit Schreiben vom 11.8.2015 hat er die Beschwerde zurückgenommen.

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Die Beteiligten sind zur Frage der Kostenentscheidung und der Festsetzung des Streitwerts angehört worden. Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte eine Probeberechnung vorgelegt, der zufolge der Monatsbetrag der dem vormaligen Kläger zu gewährenden Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Oktober 2009 bis September 2010 427,40 Euro betragen hätte.

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II. 1. Gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 161 Abs 1 VwGO hat das Gericht nach Abschluss des Verfahrens von Amts wegen über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden. Diese sind vom Kläger (genauer: von den durch ihn vertretenen Erben) zu tragen, nachdem er sein Rechtsmittel zurückgenommen hat (§ 155 Abs 1 VwGO).

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Die genannten Kostenvorschriften sind für das Verfahren vor dem BSG anzuwenden. Der Nachlasspfleger führt den Rechtsstreit nicht als Partei kraft Amtes, sondern als gesetzlicher Vertreter des bzw der unbekannten Erben (BGH Urteil vom 21.12.1988 - VIII ZR 277/87 - NJW 1989, 2133 - Juris RdNr 12 mwN). Schuldner der anfallenden Kosten eines vom Nachlasspfleger betriebenen gerichtlichen Verfahrens sind daher grundsätzlich nur die Erben nach den Vorschriften über Nachlassverbindlichkeiten (vgl § 24 Nr 2 GNotKG; s auch Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 183 RdNr 13; vgl auch BVerfG vom 23.2.1998 - 1 BvR 1842/97 - NJW-RR 1998, 1081, unter Hinweis ua auf BFHE 104, 279, wonach auch im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur auf den verfügbaren Nachlass abzustellen ist). Vorliegend kommen die - noch unbekannten - Erben des ursprünglichen Klägers nach den aus den Akten ersichtlichen Umständen nicht als Sonderrechtsnachfolger iS von § 183 S 1 SGG iVm § 56 Abs 1 SGB I in Betracht, sondern können lediglich "sonstige Rechtsnachfolger" gemäß § 183 S 2 SGG sein. Für sonstige Rechtsnachfolger bleibt nach der genannten Vorschrift ein vom Verstorbenen eingeleitetes und in dessen Person kostenprivilegiertes Sozialgerichtsverfahren aber nur in dem Rechtszug kostenfrei, in welchem sie das Verfahren aufnehmen (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 23). Mithin kommt den durch den Nachlasspfleger vertretenen Erben hier jedenfalls für das Verfahren in dritter Instanz Kostenfreiheit nicht mehr zugute.

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2. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1 und 3, § 42 Abs 1 S 1 GKG. Der nach letztgenannter Vorschrift für die Bestimmung des Streitwerts zugrunde zu legende Jahresbetrag der vom Kläger ab Oktober 2009 geltend gemachten Rente wegen voller Erwerbsminderung kann mit Hilfe der von der Beklagten angefertigten Probeberechnung ermittelt werden. Hierfür ist der Monatsbetrag der Rente (§ 63 Abs 6 SGB VI) ohne Abzug der vom Versicherten zu tragenden Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung (§ 249a S 1 Halbs 2 SGB V, § 59 Abs 1 S 1 Teils 2 SGB XI), mithin der Bruttobetrag der Rente heranzuziehen. Er beläuft sich nach der von der Beklagten durchgeführten Probeberechnung im Zeitraum Oktober 2009 bis September 2010, in dem sich der aktuelle Rentenwert nicht veränderte, auf 427,40 Euro. Hieraus errechnet sich ein Jahresbetrag von 5128,80 Euro; der Streitwert ist danach auf den dreifachen Jahresbetrag und somit auf insgesamt 15 386,40 Euro festzusetzen.

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