Urteil vom Bundessozialgericht (6. Senat) - B 6 KA 4/16 R

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. November 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars für die Quartale III/2009 bis I/2010.

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Die Klägerin ist ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer GmbH. In dem MVZ waren in den streitbefangenen Quartalen sechs Fachärzte/Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin und ein an der hausärztlichen Versorgung teilnehmender angestellter Arzt tätig. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) nahm jeweils folgende (Netto)Honorarfestsetzungen vor: Quartal III/2009, Honorarbescheid vom 23.12.2009: 3 490 632,14 Euro, Quartal IV/2009, Honorarbescheid vom 27.3.2010: 3 195 271,15 Euro und Quartal I/2010, Honorarbescheid vom 29.6.2010: 3 384 837,65 Euro.

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Die Beklagte vereinbarte mit den KK-Verbänden im November 2009 eine Nachtragsvereinbarung zum Honorarvertrag (HVV) 2009. Darin wurden folgende Festlegungen getroffen: Im Quartal III/2009 stehe für die Honorierung der Vorwegleistungen im jeweiligen Versorgungsbereich (Hausärzte/Fachärzte) deren im Quartal III/2008 anerkannter und mit dem Punktwert 0,035001 Euro sowie etwaigen Anpassungsfaktoren gemäß Nr I 3 multiplizierter Leistungsbedarf in vollem Umfang (100 %) zur Verfügung. Sofern dieses Honorarvolumen überschritten werde, erfolge eine für den jeweiligen Versorgungsbereich einheitliche Quotierung. Für das Quartal IV/2009 stehe aufgrund des weiteren Rückgangs der Regelleistungsvolumen (RLV)-Werte 90 % des im Quartal IV/2008 anerkannten und mit dem Punktwert 0,035001 Euro und etwaigen Anpassungsfaktoren multiplizierten Leistungsbedarfs zur Verfügung. Das frei werdende Honorarvolumen werde gezielt zur Stützung der RLV-Leistungen verwendet. Eine Regelung wie für das Quartal IV/2009 fand sich im HVV 2010 für das Quartal I/2010 (Abschnitt II Nr 6), wobei Referenzquartal das Quartal I/2008 war.

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Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2010 den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2009 zurück. Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 20.4.2009 bestehe seit dem Quartal III/2009 die Möglichkeit, die Vorwegleistungen zu begrenzen. Ohne eine gesonderte Regelung zur Begrenzung gehe eine Zunahme der Vorwegleistungen direkt zu Lasten der Fallwerte innerhalb der RLV. Mit Schreiben vom 16.12.2009 habe sie alle Vertragsärzte hierüber und über den Anpassungsindex 100 informiert. Ausgenommen von der Quotierung seien die Kostenpauschale nach Kapitel 40 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) sowie alle Leistungen, die innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen vergütet würden, ebenso die Zuschläge für die qualitätsgebundenen Leistungen sowie die Leistungen im organisierten Notfalldienst. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2010 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/2009 und mit Widerspruchsbescheid vom 26.1.2011 den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/2010 mit weitgehend gleichlautender Begründung zurück.

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Das SG hat mit Urteil vom 18.4.2012 die Klagen abgewiesen. Der BewA habe die Vertragspartner zu einer Steuerung der Vorwegleistungen ermächtigt. Sachlich handele es sich bei der gewählten Steuerungsmaßnahme um die zulässige Bildung eines Honorartopfes, für den ein bestimmtes, auf dem Vorjahresquartal bzw Vorvorjahresquartal beruhendes Honorarvolumen zur Verfügung gestellt werde. Reiche das zur Verfügung gestellte Honorarvolumen nicht aus, erfolge nur eine entsprechend quotierte Vergütung. Bei einer Leistungsdynamik der Vorwegleistungen habe die Gefahr einer sich verringernden Vergütung für die Leistungen innerhalb der RLV bestanden, die ihrerseits als Folge der RLV-Systematik bereits einer strengen Mengensteuerung unterlegen hätten. Eine Quotierung der Vorwegleistungen komme nicht nur dann in Frage, wenn eine Mengenausweitung dieser Leistungen selbst unmittelbar nachzuweisen sei. Feste Honorarkontingente könnten auch für Laborärzte gebildet werden. In gleicher Weise zulässig sei die Bildung von festen Honorarkontingenten für bestimmte Leistungen, auch soweit diese von verschiedenen Arztgruppen erbracht werden; von derartigen leistungsbezogenen Töpfen könnten auch Leistungen erfasst werden, die nur auf Überweisung erbracht werden dürfen. Schließlich seien auch Mischsysteme mit Honorartöpfen sowohl für bestimmte Leistungsbereiche als auch für bestimmte Arztgruppen zulässig. Jedenfalls als Anfangs- und Erprobungsregelung sei die Steuerungsmaßnahme rechtmäßig. Bereits der BewA selbst habe die Regelung begrenzt und sie zum Quartal III/2010 wesentlich geändert. Auch im HVV sei die Regelung zunächst nur quartalsweise eingeführt worden. Letztlich habe sie nur vier Quartale gegolten.

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Mit Urteil vom 18.11.2015 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit Beschlüssen vom 20.4.2009 und 22.9.2009 habe der BewA in zulässiger Weise für die streitbefangenen Quartale die Möglichkeit eröffnet, Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) und Kostenerstattungen des Kapitels 32, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen RLV vergütet wurden, einer Steuerung zu unterziehen, um einer nachteiligen Auswirkung auf die MGV zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (zB durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken. Diese Regelungen stünden in Einklang mit höherrangigem Recht. Mit dem System der RLV und begrenzten Gesamtvergütungen seien Leistungen, die ohne Mengenbegrenzung und ohne Preissteuerung vergütet werden, kaum vereinbar.

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Auch die konkrete Ausgestaltung der Quotierung der Kostenerstattungen nach Kapitel 32 EBM-Ä sowie der Laborkonsiliar- und Laborgrundpauschale in den HVV 2009 und 2010 sei durch die Ermächtigung des BewA gedeckt und entspreche höherrangigem Recht. Ua seien die Kostenpauschalen des Kapitels 40 EBM-Ä in den HVV 2009 und 2010 - im Unterschied zu den HVV in anderen KÄV-Bezirken - nicht quotiert worden, was sich zugunsten der Klägerin ausgewirkt habe. Laut Anlage 5 des HVV 2010 hätten die Partner des HVV entsprechend dem Beschluss des BewA vom 22.9.2009 ab Januar 2010 Laborleistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä sowohl im hausärztlichen als auch im fachärztlichen Versorgungsbereich von der Quotierung ausgenommen.

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Die Begrenzungsregelungen in den HVV bewirkten die Bildung eines leistungsbezogenen Honorarkontingents jeweils für den hausärztlichen und den fachärztlichen Versorgungsbereich für die in der 3. Nachtragsvereinbarung zum HVV 2009 und in der Anlage 5 zum HVV 2010 genannten Leistungen/Leistungsbereiche. Vergleichbare Steuerungsinstrumente habe das BSG sowohl für einzelne Fachgruppen und Leistungsbereiche als auch für Mischsysteme bei sachlicher Rechtfertigung als rechtmäßig angesehen. Es sei nicht Voraussetzung, dass zwingend eine Mengenausweitung der jeweils quotierten Leistungen konkret nachgewiesen sei. Regelungszweck der Vergütungssteuerung nach § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V sei nicht nur die Verhinderung einer Mengenausweitung der ärztlichen Tätigkeit, sondern auch eine insgesamt angemessene Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen. Nach den von der Beklagten vorgelegten Daten sei zwar im Verhältnis zu den gebildeten Rückstellungen (15 174 919,12 Euro für das Quartal III/2009) im Bereich "Erwartete Zahlungen für weitere Arztgruppen ohne RLV LG 1-12", in den ua auch die Klägerin als Laborpraxis falle, eine (Mengen-)Ausweitung erfolgt (Abrechnungsvolumen von 18 727 210,30 Euro im Quartal III/2009 vor Anwendung des AI 100). Die Anforderungen der Laborärzte hätten mit 15 102 237,98 Euro nur ganz knapp unter dem gesamten Rückstellungsbetrag für diese Arztgruppe gelegen. Im Hinblick auf eine insgesamt angemessene Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen habe es aber für die streitbefangenen Quartale eines konkreten Nachweises der Mengenausweitung im Bereich der Vorwegleistungen nicht bedurft, um zulässig eine Vergütungssteuerung durchzuführen.

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Soweit die Quartale III/2009 und IV/2009 betroffen seien, sei es für die Vertragspartner des HVV noch nicht zwingend geboten gewesen, ggf vorhandene Verlagerungseffekte zwischen dem haus- und dem fachärztlichen Versorgungsbereich aufgrund der zum 1.10.2008 in Kraft getretenen Laborreform auszugleichen. Soweit im hausärztlichen Versorgungsbereich die Anforderungen im Quartal III/2009 im Verhältnis zum Quartal III/2008 um mindestens 3,160 Millionen Euro zurückgegangen seien, habe die Klägerin selbst darauf hingewiesen, dass Mitglieder der ab 2009 dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordneten direkt abrechnenden Laborgemeinschaften sowohl an der hausärztlichen als auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte seien. Im Übrigen hätten die Vertragspartner des HVV im Rahmen einer Anfangs- und Erprobungsregelung eine weniger differenzierende Regelung treffen können. Im Quartal I/2010 sei Verlagerungen bei Kostenerstattungen nach Abschnitt 32.2 EBM-Ä aufgrund der Laborreform dadurch Rechnung getragen worden, dass ab Januar 2010 Laborleistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä von der Quotierung ausgenommen worden seien.

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Es sei auch nicht zwingend erforderlich gewesen, bei der Bildung des jeweiligen Honorarkontingents zwischen überweisungsabhängigen und nichtüberweisungsabhängigen Fachgruppen bzw Leistungen zu unterscheiden. Die Interventionsgrenze einer Quote von 80 % sei in den Quartalen III/2009 bis I/2010 nicht unterschritten worden. Die Klägerin könne schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der angemessenen Vergütung (§ 72 Abs 2 SGB V) kein höheres Honorar beanspruchen.

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Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor, die Umsetzung der Beschlüsse des BewA vom 20.4.2009 und 22.9.2009 durch die Vertragspartner auf Landesebene sei rechtswidrig. Die Vertragspartner hätten einen gemeinsamen Honorartopf für den überwiegenden Teil der freien Leistungen und Kostenerstattungen des Kapitels 32 EBM-Ä gebildet und keine Aufteilung dieses Honorartopfes in gesonderte leistungs- und fachgruppenbezogene Honorartöpfe vorgenommen, wie dies in anderen KÄVen praktiziert worden sei. Eine Anpassung des Honorarvolumens an die Entwicklung der MGV sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe die Regelung mit steigenden Aufwendungen für freie Leistungen und der sich abzeichnenden Mengenentwicklung in diesem Bereich begründet. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der 3. Nachtragsvereinbarung zum HVV 2009 hätten nach den von der Beklagen vorgelegten Daten aber noch keine Anzeichen für eine Mengenausweitung bei den freien Leistungen bestanden. Zwar hätten sich Leistungssteigerungen bei den Laborleistungen ergeben, diese seien aber auf die Laborreform zum 1.10.2008 zurückzuführen gewesen. Der Verringerung der Anforderungen für Laborleistungen im hausärztlichen Bereich um 3,160 Millionen Euro habe eine Erhöhung im fachärztlichen Bereich um 3,55 Millionen Euro gegenübergestanden. Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs hätten Steigerungen der Honoraranforderungen bei den freien Leistungen nur noch in einem Umfang vorgelegen, der unterhalb des Zuwachses der MGV gelegen habe. Die Beschlüsse des BewA erlaubten eine Steuerung der freien Leistungen nur, um einer nachteiligen Auswirkung auf die MGV zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen zB durch Mengenentwicklung entgegenzuwirken. Die Beklagte habe mit den angegriffenen Regelungen nicht auf eine mögliche Mengenausweitung reagiert, sondern Rückgängen der RLV-Werte entgegengewirkt, die auf ihren eigenen Fehlkalkulationen beruhten. Die Quotierung habe nicht dazu dienen dürfen, sinkenden Fallwerten innerhalb der RLV entgegenzutreten. Im Quartal III/2009 ergebe sich durch die Umsetzung der Laborreform eine zu geringe Mittelzuführung zu dem Honorartopf. Das zuvor für Laborleistungen von Hausärzten anerkannte Honorar sei infolge der Anknüpfung an das Quartal III/2008 im hausärztlichen Bereich verblieben und habe dort eine Mengenausweitung bei den freien Leistungen kompensieren können. Im fachärztlichen Versorgungsbereich hätten nur die fachärztlichen Laboranforderungen aus dem Referenzquartal zur Verfügung gestanden. Im Ergebnis sei die Quotierung ein versteckter Honorartransfer aus dem fachärztlichen in den hausärztlichen Bereich. Derartige Verschiebungen seien unzulässig. Die Anteile der einzelnen Fachgruppentöpfe müssten auf der Grundlage des medizinischen Versorgungsbedarfs bemessen werden. Die Quotierungsregelung habe auch deshalb gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßen, weil die Beklagte wesentlich ungleiche Leistungen in einem Honorartopf zusammengefasst habe.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen LSG vom 18.11.2015 und des SG Marburg vom 18.4.2012 aufzuheben und die Honorarbescheide für das Quartal III/2009 und IV/2009 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.9.2010 sowie den Honorarbescheid für das Quartal I/2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2011 zu ändern, soweit die sog Vorwegleistungen nur quotiert vergütet wurden und die Beklagte zu verurteilen, den Honoraranspruch der Klägerin insoweit neu zu bescheiden.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hat zu Recht die angefochtenen Honorarbescheide nicht beanstandet. Die in den HVV der Beklagten für die streitbefangenen Quartale getroffenen Regelungen zur Quotierung der Laborkonsiliarpauschale und der Laborgrundpauschale sowie der Leistungen des Kapitels 32 EBM-Ä sind rechtmäßig. Sie sind durch die Ermächtigungen des BewA in seinen Beschlüssen vom 20.4.2009 und vom 22.9.2009 gedeckt, die ihrerseits mit höherrangigem Recht im Einklang stehen.

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1. Der BewA war nach § 87b Abs 4, Abs 2 Satz 7 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378; im Folgenden: aF) berechtigt, die regionalen Vertragspartner dazu zu ermächtigen, Regelungen für den Fall etwaiger Überschreitungen des Vergütungsvolumens für die freien Leistungen (hier im Folgenden auch: Vorwegleistungen) zu treffen.

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Durch § 87b SGB V aF war dem BewA für die Zeit ab dem 1.1.2009 die Aufgabe übertragen worden, bundeseinheitliche Vorgaben für die Honorarverteilung zu treffen, die von den regionalen Vertragspartnern zu beachten waren (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 15 ff; vgl auch BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 36 f). Neben dem Verfahren zur Berechnung und Anpassung der RLV hatte der BewA nach § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V aF Vorgaben ua zur Umsetzung von § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V aF zu bestimmen; § 87b Abs 2 Satz 7 SGB V aF regelte, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden konnten, wenn sie besonders gefördert werden sollten oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich war. Die dem BewA durch das Gesetz übertragene Aufgabe, Vorgaben zur Umsetzung der Vergütung von Leistungen außerhalb der RLV zu erlassen, berechtigte ihn nicht nur, Vorgaben dazu zu machen, welche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden (siehe hierzu BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 37; BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 17), sondern auch zu Vorgaben, die sich auf die Modalitäten der Vergütung dieser Leistungen beziehen (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 19). Dazu gehörten auch Regelungen für den Fall einer Überschreitung des für die freien Leistungen vorgesehenen Vergütungsvolumens (BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 26 ff; BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 26 f). Der Senat hat bereits bezogen auf die außerhalb von RLV vergüteten laborärztlichen Leistungen entschieden, dass der Grundsatz gilt, dass angesichts begrenzter Gesamtvergütungen kein Leistungsbereich generell von Steuerungsmaßnahmen ausgenommen werden kann (BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 42 ff).

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2. Die normativen Vorgaben hat der BewA zutreffend umgesetzt (vgl BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 15 ff; BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 24 ff), was die Klägerin zu Recht im Revisionsverfahren nicht mehr in Frage stellt. Mit Beschluss vom 20.4.2009 Teil B (DÄ 2009, A-942) eröffnete der BewA mit Wirkung vom 1.7.2009 bis 31.12.2009 ua die Möglichkeit, Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und Kostenerstattungen des Kapitels 32, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen RLV vergütet wurden, einer Steuerung zu unterziehen. Der Wortlaut der Regelung lautete: "Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und Kostenerstattungen des Kapitels 32, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen vergütet werden, können einer Steuerung unterzogen werden, um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (z. B. durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken. Dies gilt auch für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und Kostenerstattungen des Kapitels 32, welche von Arztgruppen erbracht werden, die nicht dem Regelleistungsvolumen unterliegen". Außerdem unterlagen nach dem genannten Beschluss ua auch die Laborkonsiliarpauschale und Laborgrundpauschale (GOP 12210 und 12225) nicht mehr dem RLV.

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Mit Beschluss vom 22.9.2009 (DÄ 2009, A-2103), Teil F Abschnitt II Nr 1, verlängerte der BewA diese Ermächtigung für das gesamte Jahr 2010: "Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen vergütet werden, können - soweit dies nicht bereits gemäß Abschnitt I. dieses Beschlusses erfolgt - einer Steuerung unterzogen werden, um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (z. B. durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken. Dies gilt auch für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, welche von Arztgruppen erbracht werden, die nicht dem Regelleistungsvolumen unterliegen. Für den Fall, dass es für Kostenerstattungen des Abschnitts 32.2 Verlagerungen zwischen dem haus- und dem fachärztlichen Versorgungsbereich aufgrund der zum 1. Oktober 2008 in Kraft getretenen Laborreform gibt, treffen die Partner der Gesamtverträge geeignete Maßnahmen, die sicherstellen, dass es nicht zu - durch die Laborreform bedingten - finanziellen Verwerfungen zwischen den Versorgungsbereichen kommt".

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3. Die Umsetzung der Beschlüsse des BewA in den HVV für die streitbefangenen Quartale ist nicht zu beanstanden. Unter der Überschrift "Konvergenzregelung zur Vermeidung überproportionaler Honorarverluste" stellten die Vertragspartner der Nachtragsvereinbarung zum HVV 2009 im November 2009 zunächst fest, dass die RLV-Fallwerte im fachärztlichen Bereich seit dem 1. Quartal kontinuierlich gesunken seien. Aufgrund der gleichzeitigen deutlichen Ausweitung im Bereich der Vorwegleistungen in der MGV bestehe die Gefahr einer weiteren Verringerung der Vergütung der RLV-Fachgruppen. Da die Leistungen dieser Gruppen den Kernbereich der Grundversorgung darstellten und zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung notwendig seien, sollten die vom BewA eingeräumten Möglichkeiten einer abweichenden Steuerung im Rahmen einer Konvergenzphase genutzt werden. Auf der Grundlage des Beschlusses des Erweiterten BewA vom 15.1.2009 idF vom 27.2.2009 und 20.4.2009 wurden die folgenden Festlegungen getroffen. Für das Quartal III/2009 bestimmte Ziffer 6.1 der 3. Nachtragsvereinbarung sodann, dass für die Honorierung der aus der Anlage zu der Vereinbarung ersichtlichen Leistungen im jeweiligen Versorgungsbereich (Hausärzte/Fachärzte) deren im Quartal III/2008 anerkannter und mit dem Punktwert 0,035001 Euro sowie etwaigen Anpassungsfaktoren gemäß Nr I 3 multiplizierter Leistungsbedarf in vollem Umfang (100 %) zur Verfügung stand. Sofern dieses Honorarvolumen überschritten wurde, erfolgte eine für den jeweiligen Versorgungsbereich einheitliche Quotierung. In der Anlage zur Nachtragsvereinbarung waren im fachärztlichen Bereich ua "erwartete Zahlungen für weitere Arztgruppen ohne RLV ohne Leistungen LG 14 (Kosten/Kostenpauschalen) und LG 13 (Wegegelder)", die Laborkonsiliarpauschale und die Laborgrundpauschale, Nr 12210, 12225 EBM-Ä, sowie das gesamte Kapitel 32 EBM-Ä genannt. Das entsprach der Einordnung in Anlage 2 Nr 2 zu Teil F des Beschlusses des BewA vom 27./28.8.2008, geändert durch Teil A Ziffer 9 Nr 2b des Beschlusses vom 20.4.2009, wonach ua erwartete Zahlungen für nicht in Anlage 1 genannte Arztgruppen (nicht RLV-relevante Arztgruppen), laboratoriumsmedizinische Untersuchungen des Kapitels 32 und Kostenpauschalen des Kapitels 40 nicht dem RLV unterlagen. Sie waren jedoch Bestandteil der MGV iS des § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V, da eine Vergütung der Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung weder gesetzlich ausdrücklich vorgesehen noch von den hierfür zuständigen Gesamtvertragspartnern eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde (vgl dazu BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 61; BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 44). Der Anpassungsfaktor nach Nr I 3 des HVV war die Veränderungsrate, die der BewA zur Ermittlung des Orientierungswertes zur Berücksichtigung der Auswirkungen des zum 1.1.2008 in Kraft getretenen EBM festgelegt hatte.

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Für das Quartal IV/2009 stand nach Ziffer 6.2 der 3. Nachtragsvereinbarung "aufgrund des weiteren Rückgangs der RLV-Werte im Vergleich zum Quartal III/09" 90 % des im Quartal IV/2008 anerkannten und mit dem Punktwert 0,035001 Euro und etwaigen Anpassungsfaktoren gemäß Nr I 3 HVV multiplizierten Leistungsbedarfs zur Verfügung. Bei einer Überschreitung des Honorarvolumens erfolgte eine für den jeweiligen Versorgungsbereich einheitliche Quotierung der Vergütung. Das durch die Begrenzung auf 90 % frei werdende Honorarvolumen werde, so Ziffer 6.2 Satz 3 der Nachtragsvereinbarung, gezielt zur Stützung der RLV-Leistungen verwendet.

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Eine Regelung wie für das Quartal IV/2009 fand sich im HVV 2010 für das Quartal I/2010 im Abschnitt II Nr 6.1. Danach standen im Quartal I/2010 für die Honorierung der aus der Anlage 5 zu der Vereinbarung ersichtlichen Vorwegleistungen, zu denen wiederum ua die "erwartete Zahlungen für weitere Arztgruppen ohne RLV ohne Leistungen LG 14 (Kosten/Kostenpauschalen) und LG 13 (Wegegelder)" gehörten, im jeweiligen Versorgungsbereich (Hausärzte/Fachärzte) 90 % des im Quartal I/2008 anerkannten und mit dem Punktwert 0,035048 Euro sowie etwaigen Anpassungsfaktoren gemäß Nr I 3 multiplizierten Leistungsbedarfs zur Verfügung. Auch in diesem Quartal erfolgte eine für den jeweiligen Versorgungsbereich einheitliche Quotierung, sofern dieses Honorarvolumen überschritten wurde. Das durch die Begrenzung auf 90 % frei werdende Honorarvolumen werde, so ausdrücklich Abschnitt II Nr 6.1 Satz 3 HVV 2010, gezielt zur Stützung der RLV-Leistungen verwendet. Ausgenommen von der Regelung waren im Quartal I/2010 die Laborleistungen aus dem Abschnitt 32.2 EBM-Ä (Allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen). Die Vorinstanzen haben zu Recht diese Regelungen in ihrer Zielsetzung und Umsetzung nicht beanstandet.

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a) SG und LSG ist zunächst darin zuzustimmen, dass es sich bei den in der Nachtragsvereinbarung zum HVV 2009 und im HVV 2010 hinsichtlich der Vorwegleistungen getroffenen Maßnahmen um die Bildung eines Honorarkontingents handelte. Dass dies auf der Grundlage der in den entsprechenden Quartalen des Jahres 2008 abgerechneten Leistungen erfolgte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass bei der Bildung von Honorarkontingenten auch an Verhältnisse in einem früheren Quartal angeknüpft werden kann (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 11 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Diese Grundsätze gelten auch nach der Neugestaltung der Vergütungssystematik durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) in der Zeit ab dem 1.1.2009, soweit Leistungen nicht Bestandteil der RLV sind (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 31-33). Sog Honorartöpfe begrenzen die Auswirkungen der Leistungsdynamik auf einzelne Arztgruppen und bestimmte Leistungen. Sie setzen über ein absinkendes Vergütungsniveau prinzipiell Anreize zu zurückhaltender Leistungserbringung, schützen aber vor allem Ärzte oder Arztgruppen vor einem Absinken der für die Honorierung ihrer Leistungen zur Verfügung stehenden Anteile der Gesamtvergütung. Dieser Zusammenhang besteht auch bezogen auf die Anteile der Gesamtvergütung, die für die vorab zu vergütenden "freien" Leistungen eingesetzt werden im Verhältnis zu den Anteilen, die noch für die vom RLV erfassten Leistungen zur Verfügung stehen (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 11 für die pathologischen GOP des Kapitels 19 EBM-Ä).

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Wie der Senat mit Urteil vom 17.7.2013 (B 6 KA 45/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 24 ff) entschieden hat, verbietet sich bei begrenzter Gesamtvergütung eine isolierte Betrachtung der Honorierung der freien Leistungen. Eine Mengensteuerung der nicht vom RLV erfassten Leistungen dient der Sicherung einer insgesamt angemessenen Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen. Eine feste, begrenzte Gesamtvergütung schließt die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen mit einem garantierten Punktwert aus. Mengenbegrenzungen oder Quotierungen sind unvermeidlich, und jeder Garantiepreis für bestimmte, mengenmäßig nicht begrenzte Leistungen führt bei entsprechender Mengenentwicklung zwangsläufig zu einer Absenkung der Vergütung anderer Leistungen. Die umfassende Festlegung von "absolut" festen Punktwerten ist auch in dem seit 2009 geltenden Vergütungssystem von vornherein ausgeschlossen, weil bei gedeckelter Gesamtvergütung die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht werden kann, dass entweder die RLV so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten oder dass dies zu Lasten der "freien Leistungen" geht (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 24 ff). Insofern steht das Ziel der Kalkulationssicherheit in einem Spannungsverhältnis zu der Begrenztheit des zur Verteilung zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumens (vgl BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 6 KA 33/14 R - Juris RdNr 56).

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Auch in seinem Urteil vom 11.12.2013 (B 6 KA 6/13 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 21) hat der Senat klargestellt, dass das Grundsystem der Vergütung der Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen durch die KKn mit einem - steigenden, aber grundsätzlich festen - Betrag auch unter Geltung des in der Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 geltenden Rechts nicht durchweg kompatibel mit der Vorstellung ist, eine bestimmte, den Großteil der vertragsärztlichen Leistungen auf einem bestimmten Fachgebiet umfassende Leistungsmenge je Fall mit festen Preisen zu vergüten, und dass eine Vergütung mit festen Euro-Beträgen danach nur in dem Idealfall in Betracht kommt, in dem das zur Verteilung benötigte Vergütungsvolumen der Summe der gesamtvertraglich vereinbarten Gesamtvergütungen entspricht (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 28 ff). Gerade mit Blick auf das System der RLV ergibt sich die Notwendigkeit, alle innerhalb der MGV zu vergütenden freien Leistungen (ggf) einer Steuerung zu unterziehen. Ein RLV soll nach seiner gesetzlichen Definition einer bestimmten Leistungsmenge entsprechen, die mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet wird (§ 87b Abs 2 Satz 2 SGB V aF). Innerhalb eines RLV werden die typischen und speziellen Leistungen einer Arztgruppe honoriert (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 26 mwN; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29 RdNr 22). Das System der RLV beeinflusst auch die Vergütung solcher Leistungen, die nicht Bestandteil der RLV sind. Wenn diese ohne Steuerungs- oder Begrenzungsmöglichkeiten vergütet werden müssten, hätte das erhebliche Auswirkungen auf die Vergütung der in das RLV der jeweiligen Arztgruppen fallenden und gleichermaßen aus der MGV zu vergütenden Leistungen (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 18). Je höher der Anteil der darauf entfallenden Vergütungen ist, desto niedriger fallen die RLV aus. Angesichts begrenzter Gesamtvergütung setzt das System der RLV daher eine Quotierung auch der außerhalb dieses Systems vergüteten sog freien Leistungen voraus (so schon BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 26). Diese unmittelbare Konsequenz der verbindlichen Einführung eines Systems von RLV zum 1.1.2009 durch den Gesetzgeber des GKV-WSG erfasst auch die innerhalb der MGV zu honorierenden Leistungen der Laborärzte (vgl BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 23 zur insofern vergleichbaren Gruppe der Pathologen).

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Die Klägerin trägt in ihrer Revisionsbegründung selbst vor, es sei aufgrund der nicht den Erwartungen der Beklagten entsprechenden Entwicklung der MGV zu einem Rückgang der RLV-Fallwerte gekommen. Nach den Angaben der Beklagten fand für das RLV übersteigende fachärztliche Leistungen im Quartal III/2009 eine Quote von 8,351 % Anwendung. Dass die Begrenzung der MGV aber nicht allein zu Lasten der Arztgruppen gehen darf, die den größten Teil ihrer Leistungen im RLV abrechnen, sondern sich auf die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen auswirken muss, folgt bereits aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Eine Quotierung der Vorwegleistungen ist deshalb in ihrer Höhe nicht zu beanstanden, solange dies nicht zu einer ungerechtfertigten Privilegierung der RLV-Leistungen und zu einer Gefährdung der Versorgung mit freien Leistungen führt. Beides ist hier nicht ersichtlich.

26

Den Beschlüssen des BewA ist nicht zu entnehmen, dass eine Quotierung nur für den Fall zulässig sein soll, in dem die Mengenausweitung der freien Leistungen kausal für ein Absinken der RLV-Fallwerte ist. Die Formulierung "um einer nachteiligen Auswirkung auf die MGV zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (zB durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken" ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Bereiche untrennbar zusammengehören. Bei begrenzter Gesamtvergütung geht eine Erweiterung des Vergütungsvolumens für die freien Leistungen notwendig zu Lasten des RLV-Vergütungsvolumens. Der Senat hat dementsprechend bereits für das Quartal IV/2010 entschieden, dass das Fehlen von Vorgaben für Mengenbegrenzungen oder Abstaffelungen für die Leistungen des Kapitels 32 EBM-Ä zwingend zur Konsequenz hat, dass bei Überschreitung des Vergütungsvolumens entweder dieses erhöht oder die Leistungen nur quotiert vergütet werden (BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 22). Die Mengenentwicklung hat der BewA lediglich in einem Klammerzusatz als Beispiel für einen Umstand genannt, der sich zu Lasten anderer Arztgruppen auswirken kann. Eine Kontingentierung und die damit verbundene Quotierung ist auch zulässig, um eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen in allen Bereichen zu gewährleisten.

27

Den Beschlüssen des BewA ist ebenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Weise die Steuerung der freien Leistungen vorzunehmen ist. Soweit die Klägerin bemängelt, die Beschlüsse des BewA enthielten keine Ermächtigung für eine Vorabkürzung um 10 %, betrifft dies die Frage, in welchem Umfang durch Kontingentierung und Quotierung Leistungen einer Steuerung unterzogen werden, um nachteilige Auswirkungen auf die MGV zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen zu verhindern. Dies richtet sich nach den Umständen im jeweiligen KÄV-Bezirk und liegt im Gestaltungsspielraum der Partner der Honorarverteilung. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSG Urteil vom 19.2.2014 - B 6 KA 16/13 R - Juris RdNr 31; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 22) steht den Partnern der HVV ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Diese Gestaltungsfreiheit gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 15). Begrenzt wird dieser Spielraum allein durch die gesetzlichen Vorgaben für die Honorarverteilung, insbesondere die Grundsätze der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der leistungsproportionalen Verteilung (vgl dazu zuletzt BSG Beschluss vom 19.1.2017 - B 6 KA 37/16 B - Juris RdNr 11 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 63 RdNr 25). Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom 23.3.2011 (B 6 KA 6/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 63) meint, es hätten hier unzulässige Verschiebungen zwischen den Honorarkontingenten stattgefunden, verkennt sie die unterschiedlichen Ausgangssituationen. Dem Urteil vom 23.3.2011 lag eine unzulässige Kontingentbildung zugrunde, bei der auch nicht vergütete Punktzahlanforderungen berücksichtigt wurden. Wenn es dort heißt, die Kontingentbildung diene der Aufrechterhaltung des Status quo, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass ein Honorarkontingent in seiner Höhe stets gleich bleiben muss. Abweichungen sind vielmehr aus sachlichen Gründen möglich.

28

b) Der Anknüpfung an die entsprechenden Quartale des Jahres 2008 stand nicht entgegen, dass infolge der Laborreform zum 1.10.2008 vermehrt Leistungen des Allgemeinlabors im fachärztlichen Bereich abgerechnet wurden (vgl dazu Köhler/Hess, Kölner Komm zum EBM, Stand: April 2016 zu GOP 40100 S 4; Imbeck, Direktabrechnung durch Laborgemeinschaften, MedR 2009, 10). Zentrales Element dieser Reform war die Einführung der Direktabrechnung der Laborgemeinschaften mit der für ihren Wohnsitz zuständigen KÄV (vgl BSG SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 28; BSG SozR 4-5540 § 25 Nr 1 RdNr 26). Damit sind gezielt Anreize entfallen, über die Erbringung selbst abgerechneter Laborleistungen in einer Laborgemeinschaft Gewinne zu erzielen. Hausärzte haben hierauf in der Weise reagiert, dass sie Leistungen des Allgemeinlabors nicht mehr an eine Laborgemeinschaft, sondern an eine laborärztliche Praxis vergeben haben (vgl näher BSG SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 28 f im Hinblick auf die Kostenpauschale der GOP 40100 EBM-Ä). Das hatte nach der Vergütungssystematik zur Folge, dass Leistungen vom hausärztlichen in den fachärztlichen Versorgungsbereich "verschoben" worden sind. Dem hat nach dem HVV der Beklagten - insoweit trifft der Vortrag der Klägerin zu - kein entsprechender Transfer von Vergütungsanteilen in den fachärztlichen Bereich entsprochen. Zu einem solchen Transfer war die Beklagte jedoch nicht verpflichtet. Die tatsächliche Leistungsverlagerung führte nicht zu einer unzulässigen Stützung des hausärztlichen Bereichs durch den fachärztlichen Bereich, wie die Klägerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats zur Trennung der Vergütungsanteile (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 24) vorträgt. Die von der Beklagten mitgeteilten Quoten der Vorwegleistungen für die Hausärzte einerseits und die Fachärzte andererseits in den Quartalen III/2009 bis I/2010 zeigen lediglich im ersten streitbefangenen Quartal eine bessere Vergütung der hausärztlichen Leistungen, danach eine ungünstigere Entwicklung als bei den Fachärzten (Hausärzte: 100 %, 77,609 % und 70,316 %; Fachärzte 92,868 %, 80,748 % und 82,781 %).

29

In welchem Umfang ein Verlagerungseffekt bei Leistungen des Allgemeinlabors langfristig eintreten würde, war zunächst rein tatsächlich nicht zuverlässig absehbar. Das beruhte auch darauf, dass auf der Ebene des EBM-Ä der Verlagerung der Leistungen des Allgemeinlabors in den fachärztlichen Bereich entgegengewirkt wurde. Es sollten auch nach dem 1.10.2008 weiterhin Anreize für die Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors in der Vertragsarztpraxis oder der Laborgemeinschaft bestehen (vgl BSG SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 29). Zudem war nicht der gesamte von Hausärzten benötigte Umfang der Laborleistungen betroffen, sondern nur der Bereich des Allgemeinlabors. Leistungen des Speziallabors wurden - auch auf Anforderung von Hausärzten - immer schon überwiegend von Laborärzten erbracht, sodass ihre Vergütung aus dem fachärztlichen Honorarvolumen erfolgte.

30

In welchem Maße Mengenausweitungen im fachärztlichen Bereich dauerhaft stattfinden würden und ob und ggf in welchem Umfang es in diesem Zusammenhang zu nicht nur vorübergehenden Verwerfungen bei der Honorarverteilung kommen würde, war nicht verlässlich zu beurteilen. SG und LSG haben daher zu Recht entschieden, dass die Beklagte unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung (vgl BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 42; BSGE 88, 126, 137 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 15 S 60) noch nicht gehalten war, in den Quartalen III/2009 und IV/2009 auf Veränderungen durch die Laborreform in ihrer Honorarverteilung zu reagieren. Die Reaktion entsprechend dem Beschluss des BewA vom 22.9.2009 ab dem Quartal I/2010 war insofern ausreichend. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der wirtschaftlich bedeutsame Bereich der Kostenpauschalen des Kapitels 40 EBM-Ä von der Quotierung ausgenommen war.

31

Allerdings zeigte sich bei der Klägerin im Quartal III/2009 eine deutliche Diskrepanz zum Referenzquartal hinsichtlich der Fallzahl, die sich nahezu verdoppelt hatte. Gleichzeitig wurde auch das Honorar gesteigert, wenngleich gemessen am Fallzahlzuwachs im nur geringen Maß von ca 16 %. Hier zeigten sich, wie bereits in den Quartalen IV/2008 bis II/2009, die Auswirkungen der erhöhten Zuweisung von Leistungen des Allgemeinlabors. Dabei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere im Bereich der Leistungen des Allgemeinlabors eine Erhöhung der Fallzahlen nicht notwendig mit ebensolchen Kostensteigerungen einhergeht, die Betriebskosten bei größerem Leistungs- bzw Umsatzvolumen vielmehr einen degressiven Verlauf haben, weil Mitarbeiter und Geräte produktiver eingesetzt werden können (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 24 RdNr 14 mwN). Wäre proportional zur Verlagerung des Allgemeinlabors zu den fachärztlichen Laborpraxen ein Honorarzuwachs ermöglicht worden, hätte dies die Intention des BewA, weiterhin Anreize für die Durchführung von Leistungen des Allgemeinlabors in Laborgemeinschaften zu setzen, auf der Ebene der Honorarverteilung konterkariert. Soweit im Quartal IV/2009 an das Referenzquartal IV/2008 angeknüpft wurde, hatten sich in diesem Quartal die Wirkungen der Laborreform in dem bis zum 31.12.2008 bestehenden fachärztlichen "Labortopf" bereits manifestiert. Bei etwa gleichbleibender Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal sank das Honorar der Klägerin in verhältnismäßig geringem Maße um ca 8,6 %.

32

Bereits ab dem Quartal I/2010 waren nach Abschnitt II Ziffer 6.2 des HVV 2010 die allgemeinen Laborleistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä vom Geltungsbereich der Kontingentierungsregelung ausgenommen. Die Verlagerung von Leistungen des Allgemeinlabors konnte sich damit nicht mehr auf die Vergütung der Leistungen im fachärztlichen Honorartopf für die Vorwegleistungen auswirken. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Zielsetzung der Laborreform, die Leistungserbringung in Laborgemeinschaften zu erhalten, aber Kick-Back-Zahlungen zu verhindern, musste die Beklagte bei der Neuregelung der Vergütung der Vorwegleistungen im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraums in den Quartalen III und IV/2009 die Auswirkungen der Laborreform noch nicht zwingend berücksichtigen. Die Honorare der Klägerin bestätigen, dass damit zwar deutliche, aber insgesamt keine unzumutbaren Belastungen verbunden waren.

33

c) Die Beklagte durfte auch unterschiedliche Vorwegleistungen verschiedener Arztgruppen zusammenfassen. Aufgeführt waren in der Anlage zur 3. Nachtragsvereinbarung bzw der Anlage 5 zum HVV 2010 erwartete Zahlungen für Ermächtigte, Krankenhäuser und Institute, für weitere Arztgruppen ohne RLV und für einzelne Leistungen bzw Leistungskomplexe. Bei den Leistungen handelte es sich im Wesentlichen um diejenigen, deren Vergütungsvolumen bei der Ermittlung des RLV-Vergütungsvolumens des fachärztlichen Versorgungsbereichs nach Anlage 2 Nr 2 zu Teil F des Beschlusses des BewA vom 27./28.8.2008, geändert durch Teil A Ziffer 9 Nr 2b des Beschlusses vom 20.4.2009 in Abzug gebracht wurden. Damit wurden zwar unterschiedliche Leistungen unterschiedlicher Fachgruppen zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit zunächst nur darin bestand, nicht Bestandteil der RLV zu sein. Die Homogenität der Leistungen ist jedoch nicht notwendige Voraussetzung für die Bildung eines Honorarkontingents. Die Bildung von Honorarkontingenten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nach Arztgruppen, nach Leistungsbereichen oder in Form von Mischsystemen zulässig (grundlegend BSGE 83, 1, 2 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 184; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 31-33; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 50). Dies wird sachlich vor allem durch das Ziel gerechtfertigt, die Folgen der gesetzlichen Festlegung von Obergrenzen für die Erhöhung der Gesamtvergütungen in den unterschiedlichen Arztgruppen bzw Leistungsbereichen gleichmäßig umzusetzen (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 63 RdNr 15 mwN). Es kann offenbleiben, ob eine weitere Differenzierung und damit eine passgenauere Abbildung der verschiedenen Leistungsbereiche, wie sie in anderen KÄV-Bezirken durchgeführt wurde, sachgerechter gewesen wäre. Rechtlich zwingend war sie jedenfalls in den streitbefangenen Quartalen nicht. Hier kommt hinzu, dass die Fachgruppe der Klägerin mit ihren Anforderungen das Kontingent deutlich geprägt hat. Wie das LSG für das Quartal III/2009 dargelegt hat, stand für die Arztgruppe, der auch die Klägerin angehörte, eine Rückstellung von ca 15 000 000 Euro zur Verfügung, der Anforderungen in fast gleicher Höhe der Laborärzte gegenüberstanden bei Gesamtanforderungen der Gruppe von ca 18 700 000 Euro. Bei einer solchen Dominanz der laborärztlichen Leistungen konnte die Entwicklung der übrigen erfassten Leistungsbereiche allenfalls geringe Auswirkungen auf das Honorar der Klägerin haben. Tatsächlich war gerade im Bereich der Laborleistungen eine Leistungssteigerung zu verzeichnen. Hätte für diesen Bereich ein gesondertes Kontingent bestanden, wäre eine noch stärkere Quotierung erfolgt. Nach den Berechnungen der Beklagten hätte sich bei isolierter Betrachtung der Ärzte ohne RLV statt einer Quote von 92,868 % eine solche von 81,031 % ergeben.

34

Dass bei dieser Zusammenfassung des Gesamtbereichs der Vorwegleistungen Leistungen von Ärzten ohne RLV mit Leistungen von Ärzten, die auch dem RLV unterlagen, gleich behandelt wurden, rechtfertigt sich aus dem allen betroffenen Leistungen gemeinsamen Umstand, dass sie außerhalb der RLV, aber innerhalb der MGV vergütet wurden. Da auch die Leistungen innerhalb der RLV nur in Grenzen mit einem festen Punktwert vergütet wurden (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 29), ist eine Privilegierung der Ärzte mit RLV insoweit nicht erkennbar. Bei einer im Grundsatz gleichmäßigen Vergütung aller Leistungen relativieren sich die Unterschiede zwischen den Leistungsbereichen. So errechnete die Klägerin für das Quartal IV/2009 eine Quote für die Vergütung der im RLV erbrachten Leistungen von 84,80 % und für die Vorwegleistungen eine Quote von 80,75 %.

35

Es musste bei den Vorwegleistungen auch nicht zwischen Arztgruppen, die ausschließlich auf Überweisung tätig werden, und anderen unterschieden werden. Honorarbegrenzungsinstrumente, die verhindern, dass das Verhalten einer Arztgruppe zu Lasten anderer Arztgruppen geht, sind nach ständiger Rechtsprechung zulässig (BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 54 f; grundlegend: BSGE 83, 1, 2 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 184; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 31-33), und dies gilt auch für Arztgruppen, die - wie Laborärzte - nur auf Überweisung tätig werden können und die die Menge der erbrachten Leistungen nur in begrenztem Maße steuern können (vgl BSGE 119, 231 = SozR 4-2500 § 87b Nr 7, RdNr 54 mwN zu Laborärzten; zu Radiologen vgl BSGE 83, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 182 ff; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 225, 230; zu Pathologen BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 8 RdNr 21 mwN).

36

4. Die Vergütung in den streitbefangenen Quartalen verstieß schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der angemessenen Vergütung oder den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 17.2.2016 - B 6 KA 46/14 R - Juris RdNr 30 ff). Das LSG hat insofern zu Recht ausgeführt, dass eine Gefährdung der Sicherstellung im Bereich der Labormedizin nicht erkennbar ist. Eine Vergütungsquote von 80 %, wie sie in einem anderen KÄV-Bezirk als Untergrenze festgelegt und vom Senat nicht beanstandet wurde (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 4 RdNr 28), wurde nach den Feststellungen des LSG in keinem der streitbefangenen Quartale unterschritten. Die von der Klägerin für das Quartal IV/2009 errechneten Quoten für die Leistungen innerhalb der RLV von 84,8 % und für die freien Leistungen von 80,75 % sind nicht geeignet, eine relevante Diskriminierung der freien Leistungen zu dokumentieren. Im Zeitraum von 2007 bis 2011 stiegen die Ausgaben im Bereich Labor um 6,13 %, womit zwar die Veränderungsrate der ärztlichen Vergütung insgesamt von 9,5 % deutlich, der Wert der Grundlohnentwicklung von 6,57 % aber nur geringfügig unterschritten wurde (vgl BSG SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 35). Die Honorarentwicklung der Klägerin in den Quartalen III/2008 bis I/2011 zeigt ab dem Quartal I/2010 eine kontinuierlich steigende Tendenz und die Klägerin erreichte mit einem Honorar von ca 4 040 000 Euro in etwa wieder das Niveau des Quartals I/2009.

37

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

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