Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 PB 25/11

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht entscheidungserheblich oder haben keine grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Die in den Abschnitten 2. und 3. der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen zum Maßnahmebegriff beim Initiativantrag des Personalrats nach § 70 BPersVG sowie im Zusammenhang mit einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG sind schon nicht entscheidungserheblich. Von ihrer Beantwortung hängt der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht ab. Dieses hat in einer Hilfserwägung - in Übereinstimmung mit dem Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2002 - BVerwG 6 P 7.01 - (Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 104 S. 35 f.) - selbständig tragend darauf abgestellt, dass die Gefährdungsbeurteilung mit Blick auf das Regelwerk in § 81 BPersVG nicht mitbestimmungspflichtig nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG ist (OVG - BA S. 10). Zu dieser rechtssystematischen Aussage, die ohne Klärung des Maßnahmebegriffs auskommt, verhält sich die Beschwerdebegründung nicht (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG).

3

2. Abgesehen davon haben die beiden Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung.

4

a) Es unterliegt keinen Zweifeln und bedarf daher nicht der Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren, dass der Maßnahmebegriff in § 70 BPersVG denselben Sinngehalt hat wie derjenige in § 69 BPersVG. Dies folgt nicht nur aus der Verwendung desselben Begriffs, sondern auch aus dem rechtssystematischen und teleologischen Zusammenhang beider Vorschriften. Während § 69 BPersVG die übliche Form der Mitbestimmung regelt, bei welcher der Personalrat auf Vorhaben des Dienststellenleiters reagiert, gestattet § 70 BPersVG dem Personalrat die Ausübung des Mitbestimmungsrechts in aktiver Form dort, wo der Dienststellenleiter untätig bleibt. Dabei ändert sich der Inhalt des Mitbestimmungsrechts nicht (vgl. Beschlüsse vom 24. Oktober 2001 - BVerwG 6 P 13.00 - BVerwGE 115, 205 <210 f.> = Buchholz 251.7 § 66 NWPersVG Nr. 5 S. 5, vom 29. September 2004 - BVerwG 6 P 4.04 - Buchholz 251.5 § 69 HePersVG Nr. 1 S. 2 f. und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 6 PB 5.09 - Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 18 Rn. 9). Die vom Personalrat im Wege des Initiativrechts angestrebte und durchsetzbare Entscheidung des Dienststellenleiters muss daher ebenfalls den Anforderungen des personalvertretungsrechtlichen Maßnahmebegriffs erfüllen, also auf eine Veränderung der Beschäftigungsverhältnisse oder der Arbeitsbedingungen abzielen und darf nicht lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme dienen (vgl. Beschlüsse vom 14. Oktober 2002 a.a.O. S. 33 und vom 5. November 2010 - BVerwG 6 P 18.09 - Buchholz 251.95 § 51 MBGSH Nr. 7 Rn. 11).

5

b) Dass die Durchführung einer Gefährdungsanalyse nach § 5 Abs. 1 ArbSchG nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG unterfällt, ist durch den zitierten Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2002 geklärt. Die dort getroffene Aussage war nicht auf die Befragung der Beschäftigten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG beschränkt, deren Mitbestimmungspflichtigkeit damals Streitgegenstand war. Sie erfasste der Sache nach die Gefährdungsbeurteilung insgesamt, welche durch die Befragung eingeleitet wurde. Nicht nur wegen deren Ergebnisoffenheit hat der Senat eine Änderung der Arbeitsverhältnisse oder Arbeitsbedingungen verneint. Auch darin, dass das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung häufig die Veränderungsbedürftigkeit der Arbeitsbedingungen anzeigt, hat er noch keine Veränderung der Arbeitsbedingungen selbst erblickt (a.a.O. S. 33 f.). Schließlich hat der Senat in seiner Argumentation zu § 81 BPersVG zwischen einer beteiligungs-, aber nicht mitbestimmungspflichtigen Vorbereitungsphase, als welche sich der Erkenntnisprozess nach §§ 5, 6 ArbSchG darstellt, und der Entscheidungsphase unterschieden, auf welche sich die Mitbestimmung konzentriert (a.a.O. S. 35 f.)

6

3. Der Senat entnimmt den Ausführungen in Abschnitt 4. der Beschwerdebegründung die Anregung, seine Rechtsprechung zur Gefährdungsbeurteilung zwecks Effektivierung der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG zu überdenken. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass der Senat im Beschluss vom 14. Oktober 2002 aufgezeigt hat, dass bei fehlender Mitbestimmungspflichtigkeit der Gefährdungsanalyse die Mitbestimmung des Personalrats bei der Verhütung von Gesundheitsbeeinträchtigungen keineswegs leerläuft. Der Personalrat kann die Zustimmung zu Maßnahmen des Gesundheitsschutzes mit der Begründung verweigern, diese seien wegen Mängel einer zuvor durchgeführten Gefährdungsbeurteilung unzureichend (a.a.O. S. 36). Hat der Dienststellenleiter nach durchgeführter Gefährdungsbeurteilung von Maßnahmen des Gesundheitsschutzes überhaupt abgesehen, so kann der Personalrat im Wege des Initiativrechts nach § 70 Abs. 1 Satz 1 BPersVG beantragen, Maßnahmen zu ergreifen, die nach Maßgabe einer mängelfreien Gefährdungsanalyse zu treffen sind (a.a.O. S. 37). Damit vergleichbar ist die hier in Rede stehende Fallgestaltung, in welcher der Dienststellenleiter bereits von der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung absieht. In diesen Fällen kann der Initiativantrag des Personalrats darauf gerichtet sein, Maßnahmen des Gesundheitsschutzes nach Maßgabe einer durchzuführenden Gefährdungsanalyse zu treffen. Darüber muss der Dienststellenleiter in der Sache entscheiden. Lehnt er den Initiativantrag ab, so geht die Angelegenheit nach Maßgabe von § 69 Abs. 3 und 4 BPersVG in das Stufen- bzw. Einigungsstellenverfahren über (§ 70 Abs. 1 Satz 2 BPersVG).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen