Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 B 21/12
Gründe
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Die Beschwerde, mit der sich die Kläger allein auf den Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsrechtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410). Daran gemessen rechtfertigen die von den Klägern aufgeworfenen und von ihnen als rechtsgrundsätzlich angesehenen Fragen nicht die Zulassung der Revision.
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Die von den Klägern als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage, "bei welchen Straßenbaumaßnahmen und in welcher Höhe ein Straßenbaulastträger Erschwerniskosten gegenüber einem Telekommunikationsunternehmen geltend machen kann", rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Wird die Frage unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschwerdebegründung sinngemäß dahingehend konkretisiert, ob der Verkehrswegeunterhaltungsberechtigte bei der grundhaften Erneuerung einer Straße von dem nutzungsberechtigten Telekommunikationsunternehmen die Erstattung solcher Kosten verlangen kann, die ihm durch die nur vorübergehende Verlegung der Telekommunikationslinie sowie durch Vorarbeiten, die den Zugriff auf die Telekommunikationslinie erst ermöglichen, entstanden sind, fehlt ihr die für eine Zulassung erforderliche Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren. Insoweit erweist sich die Frage nicht als "grundsätzlich", weil sie sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten lässt. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt einer Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung bedarf. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 25. August 2011 - BVerwG 6 B 16.11 - juris Rn. 5). So liegt es hier.
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Entgegen der Auffassung der Kläger steht ihnen als Verkehrswegeunterhaltungsberechtigten weder unmittelbar aus § 71 Abs. 2 TKG noch aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift gegen die Beklagte als nutzungsberechtigtes Telekommunikationsunternehmen ein Anspruch auf die Erstattung solcher Kosten zu, die ihnen dadurch entstanden sind, dass sie im Rahmen der grundhaften Erneuerung einer Straße Maßnahmen zur vorübergehenden Verlegung einer Telekommunikationslinie sowie Vorarbeiten, die den Zugriff auf die Telekommunikationslinie erst ermöglichen, selbst durchgeführt haben. § 71 Abs. 2 TKG bestimmt, dass der Nutzungsberechtigte dem Unterhaltungspflichtigen die aus der Erschwerung erwachsenden Kosten zu ersetzen hat, wenn "die Unterhaltung erschwert" wird. Soweit die Kläger geltend machen, der Begriff der Unterhaltung sei unter Berücksichtigung der straßenrechtlichen Vorschriften weit auszulegen und umfasse alle Maßnahmen, die durch Instandhaltung oder Instandsetzung die Straße in ihrem Bestand erhalten sollen oder sie ohne wesentliche Veränderungen gegenüber dem früheren Zustand wiederherstellen oder erneuern, übersehen sie, dass ein Kostenerstattungsanspruch nach § 71 Abs. 2 TKG unabhängig davon, ob eine Unterhaltungsmaßnahme vorliegt, jedenfalls dann nicht in Betracht kommt, wenn es sich um einen Fall handelt, der von § 72 TKG erfasst wird mit der Folge, dass der Unterhaltungspflichtige an der Durchführung der betreffenden Maßnahmen aus Rechtsgründen gehindert ist. Hierzu gehören die hier in Rede stehenden Maßnahmen einer Freilegung und vorübergehenden Verlegung der Telekommunikationslinie im Rahmen der grundhaften Erneuerung einer Straße.
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Nach § 72 Abs. 1 TKG ist eine Telekommunikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen, wenn sich nach ihrer Errichtung ergibt, dass sie den Widmungszweck eines Verkehrsweges nicht nur vorübergehend beschränkt oder die Vornahme der zu seiner Unterhaltung erforderlichen Arbeiten verhindert oder die Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges entgegensteht. § 72 Abs. 3 TKG bestimmt, dass der Nutzungsberechtigte in allen diesen Fällen die gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der mit § 72 Abs. 1 TKG wörtlich übereinstimmenden Vorgängervorschrift des § 53 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2010) - TKG a.F. - liegt eine "Änderung des Verkehrsweges", die eine Folgepflicht zu Lasten einer in der Straße verlegten Telekommunikationslinie auslöst, immer dann vor, wenn in den Bestand des Verkehrsweges baulich eingegriffen wird; darauf, ob der Verkehrsweg auf Dauer verlegt wird oder sonst einen anderen Zustand erhält, kommt es nicht an (Urteil vom 1. Juli 1999 - BVerwG 4 A 27.98 - BVerwGE 109, 192 <197 f.>).
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In der Rechtsprechung des Senats ist ferner geklärt, dass die mit § 72 Abs. 3 TKG wörtlich übereinstimmende Vorgängervorschrift des § 53 Abs. 3 TKG a.F., nach der der Nutzungsberechtigte in den Fällen der Absätze 1 und 2 die gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken hat, es ausschließt, dass die Behörde, die hinsichtlich des Verkehrsweges unterhaltungspflichtig ist, die gebotenen Arbeiten an der Telekommunikationslinie selbst vornimmt (Beschluss vom 28. März 2003 - BVerwG 6 B 22.03 - Buchholz 442.066 § 53 TKG Nr. 2, Rn. 5 ff.). Für den insoweit abschließenden Charakter des § 53 Abs. 3 TKG a.F. (§ 72 Abs. 3 TKG) sprechen neben Wortlaut, Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte insbesondere Sinn und Zweck des § 53 Abs. 3 TKG a.F. (§ 72 Abs. 3 TKG). Diese Bestimmung ergänzt die Regelung des § 52 TKG a.F. (§ 71 TKG) über das Gebot der Rücksichtnahme des Nutzungsberechtigten auf die Unterhaltung und den Widmungszweck des von einer Telekommunikationslinie in Anspruch genommenen Verkehrsweges. Den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes über die Benutzung der Verkehrswege ist - ebenso wie den Vorgängerbestimmungen des Telegraphenwegegesetzes - der Grundsatz zu entnehmen, dass im Fall eines Konflikts zwischen den Interessen an der Nutzung des Verkehrsweges durch eine Telekommunikationslinie und den von dem Wegeunterhaltungspflichtigen repräsentierten Interessen an einer der Widmung entsprechenden Nutzung des Verkehrsweges den zuletzt genannten Belangen der Vorrang einzuräumen ist (vgl. Urteil vom 20. Mai 1987 - BVerwG 7 C 78.85 - BVerwGE 77, 276 <278 f.>). § 53 Abs. 3 TKG a.F. (§ 72 Abs. 3 TKG) setzt diesen Grundsatz in seinem Anwendungsbereich in der Weise um, dass er im Interesse der Allgemeinheit an dem Weg als Verkehrsvermittler eine Pflicht begründet, die Telekommunikationslinie anzupassen. Damit geht das Interesse einher, dass die insoweit gebotenen Arbeiten sachgerecht ausgeführt werden. Indem § 53 Abs. 3 TKG a.F. (§ 72 Abs. 3 TKG) ausschließlich den zur Nutzung des Verkehrsweges mit einer Telekommunikationslinie Berechtigten verpflichtet und berechtigt, die gebotenen Maßnahmen ins Werk zu setzen, verfolgt er auch den Zweck, dass die gebotenen Arbeiten sachgerecht durchgeführt werden. Für den abschließenden Charakter der Regelung spricht daher auch, dass der Nutzungsberechtigte im Vergleich zum Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen über größere Erfahrung und Sachkunde im Zusammenhang mit Arbeiten an Telekommunikationslinien verfügt.
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Hiervon ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass die Änderungs- und Beseitigungspflicht nach § 72 Abs. 1 TKG vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses an einer sachgerechten Ausführung der Arbeiten und der Privilegierung des Nutzungsberechtigten durch die unentgeltliche Einräumung des Nutzungsrechts weit zu verstehen ist und auch die - notwendig mit einem Zugriff auf die Linie selbst verbundene - vorübergehende Verlegung der Telekommunikationslinie sowie - den Zugriff auf die Telekommunikationslinie erst ermöglichende - Vorarbeiten erfassen muss. Es wäre nicht nachvollziehbar, diese Arbeiten trotz des damit verbundenen unmittelbaren Zugriffs auf die Telekommunikationslinie insoweit anders zu behandeln als deren dauerhafte Verlegung oder Entfernung.
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Die Beschwerde zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine andere Beantwortung der sinngemäß aufgeworfenen Rechtsfrage rechtfertigen würden. Entgegen dem Beschwerdevorbringen widerspricht es nicht der gesetzlichen Systematik, dass der Nutzungsberechtigte "Erschwerniskosten" nach § 71 Abs. 2 TKG bei "reinen Unterhaltungsmaßnahmen", nicht aber bei einer § 72 TKG unterfallenden Änderung des Verkehrsweges tragen müsse. Auch nach § 72 Abs. 3 TKG besteht eine umfassende Kostentragungspflicht des Nutzungsberechtigten, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Nutzungsberechtigte die Maßnahmen an der Telekommunikationslinie selbst bewirkt. Der Hinweis der Beschwerde, dass sich wegen der ungenauen Lagebezeichnungen der Telekommunikationslinien in aller Regel erst während der Bauarbeiten herausstelle, ob und in welchem Umfang eine Verlegung von Kabeln erforderlich sei, und es letztlich vom Zufall abhänge, ob die Mehrkosten, die dadurch entstünden, dass in unmittelbarer Nähe der Telekommunikationslinie zur Vermeidung von Beschädigungen nicht mit schweren Maschinen gearbeitet werden könne, vom Straßenbaulastträger oder vom Telekommunikationsunternehmen zu tragen wären, kann der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen nicht entgegengehalten werden. Bestehen Unsicherheiten darüber, ob eine Telekommunikationslinie im Rahmen der beabsichtigten Straßenbaumaßnahmen zu verlegen sein wird, ist es nach der gesetzlichen Ausgestaltung der rechtlichen Beziehungen Sache des Wegeunterhaltungspflichtigen, von dem Nutzungsberechtigten die Freilegung und gegebenenfalls vorübergehende Verlegung der Telekommunikationslinie auf dessen Kosten zu verlangen und gegebenenfalls durch Verwaltungsakt oder im Wege gerichtlichen Rechtsschutzes durchzusetzen (vgl. Beschluss vom 28. März 2003, a.a.O., Rn. 9).
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Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene weitere Frage, in welchem Umfang seitens der Beklagten Erschwerniskosten bei grundhaften Erneuerungen einer Straße zu erstatten sind, ist nicht entscheidungserheblich, da die Kostenerstattungspflicht nach dem rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichtshofs schon dem Grunde nach nicht besteht.
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