Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (6. Senat) - 6 A 10310/13
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Bezug, dessen tatsächliche Feststellung er sich zu eigen macht.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28. November 2012 die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Kosten erstrebte, die ihm im Rahmen von Sicherungsarbeiten an Telekommunikationskabeln entstanden waren, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu, da er jedenfalls verjährt sei. Dies gelte ungeachtet der Frage, ob die zweijährige Verjährungsfrist des § 58 TKG 1996 oder die dreijährige Verjährungsfrist des § 77 TKG 2004 i.V.m. § 195 BGB zur Anwendung gelange. Der vom Kläger behauptete Ersatzanspruch gemäß § 52 Abs. 2 TKG 1996 bzw. § 71 Abs. 2 TKG 2004 sei vergleichbar mit einem Anspruch nach § 257 BGB. Insoweit sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auf den Schluss des Jahres abzustellen, in dem die Drittforderungen, von denen zu befreien sei, fällig werden. Maßgeblich sei daher die Fälligkeit der Forderung der bauausführenden Firma gegenüber dem Kläger, nicht aber der Zeitpunkt, zu dem der Kläger diese Forderung beglichen habe. Fällig sei die Forderung der bauausführenden Firma spätestens aufgrund der Erstellung ihrer Schlussrechnung im Jahre 2007 geworden und ihre Verjährung jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2010 eingetreten. Anderweitige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei auf den Sachverhalt nicht übertragbar.
- 3
Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten und vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Der geltend gemachte Anspruch sei gemäß §§ 52 Abs. 2 TKG 1996 bzw. 71 Abs. 2 TKG 2004 gerechtfertigt, da die fraglichen Kosten aufgrund des Vorhandenseins einer Telekommunikationslinie entstanden seien. Es handele sich insoweit um Kosten der Unterhaltung des Verkehrsweges, nicht aber um Kosten aufgrund einer Abänderung der Telekommunikationslinie gemäß §§ 53 TKG 1996 bzw. 72 TKG 2004. Der behauptete Aufwendungsersatzanspruch sei auch der Höhe nach berechtigt und eine Verjährung des geltend gemachten Anspruchs nicht eingetreten. Der Aufwendungsersatzberechtigte erwerbe nämlich seinen Anspruch erst mit Erfüllung der Forderung der von ihm beauftragten bauausführenden Firma. Diesen Forderungsausgleich habe er im Jahre 2010 vorgenommen, weshalb der Ablauf der Verjährungsfrist durch seine im Juni 2012 erhobene Klage gehemmt worden sei. Keinesfalls könne in diesem Zusammenhang auf den Beginn der Verjährungsfrist eines denkbaren Befreiungsanspruchs im Sinne des § 257 BGB abgestellt werden.
- 4
Der Kläger beantragt,
- 5
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 28. November 2012 zu verurteilen, an ihn 22.347,12 € zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 6
Die Beklagte beantragt,
- 7
die Berufung zurückzuweisen.
- 8
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht habe zu Recht festgestellt, ein etwaiger Anspruch des Klägers gemäß § 71 Abs. 2 TKG sei jedenfalls verjährt. Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 77 TKG i.V.m. § 195 BGB habe bereits mit Ablauf des Jahres 2004 begonnen, da die fraglichen Straßenbaumaßnahmen in den Jahren 2003/2004 durchgeführt worden seien. Zudem sei bereits im Jahr 2004 eine (Teil-)Rechnung über die Aufwendungen der bauausführenden Firma für den Schutz der Telekommunikationslinie der Beklagten erstellt worden. Die entsprechende Forderung sei jedenfalls infolge der Erstellung der Schlussrechnung im Jahr 2007 fällig geworden und die Verjährung einer denkbaren Forderung spätestens mit Ablauf des Jahres 2010 eingetreten. Insoweit sei für den Verjährungsbeginn nicht auf den Zeitpunkt der von dem Kläger an das bauausführende Unternehmen geleisteten Zahlung abzustellen. Im Übrigen handele es sich bei den fraglichen Baumaßnahmen nicht um Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG, sondern um solche im Sinne des § 72 Abs. 1 TKG. Zu ihrer Vornahme sei daher allein sie berechtigt gewesen. Entsprechende Kosten könne der Kläger daher nicht geltend machen. Im Übrigen seien die von der bauausführenden Firma angesetzten Preise überhöht gewesen.
- 9
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 10
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der von ihm behauptete Zahlungsanspruch ist nämlich sachlich nicht gerechtfertigt.
- 11
Soweit der Kläger sein Begehren auf § 52 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes - TKG 1996 - vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) stützt, gilt dies schon deshalb, weil ein entsprechender Anspruch verjährt wäre. Das Telekommunikationsgesetz 1996 ist nämlich mit Ablauf des 25. Juni 2004 außer Kraft getreten (vgl. § 152 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes - TKG - vom 22. Juni 2004 [BGBl. I S. 1190]). Die für einen Anspruch gemäß § 52 Abs. 2 TKG 1996 - sein Entstehen vor Ablauf des 25. Juni 2004 unterstellt - geltende zweijährige Verjährungsfrist wäre daher spätestens mit Schluss des Jahres 2006 abgelaufen gewesen (§ 58 TKG 1996). Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger aber keine Maßnahmen ergriffen, die zu einer Hemmung der Verjährung hätten führen können.
- 12
Aber auch ein aus § 71 Abs. 2 TKG abgeleiteter Zahlungsanspruch des Klägers ist nicht gegeben. Insoweit sind schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der Regelung nicht erfüllt; im Übrigen ist ein auf diese Vorschrift gestützter Zahlungsanspruch jedenfalls verjährt.
- 13
Die in Teil 5 Abschnitt 3 des Telekommunikationsgesetzes normierten Wegerechte (§§ 68 ff. TKG) regeln die Benutzung von Verkehrswegen für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien durch den Bund. Wird dabei die Unterhaltung eines Verkehrsweges erschwert, so hat gemäß § 71 Abs. 2 TKG der Nutzungsberechtigte dem Unterhaltungspflichtigen die aus der Erschwerung erwachsenden Kosten zu ersetzen. Ergibt sich hingegen nach Errichtung einer Telekommunikationslinie, dass die Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs entgegensteht, so ist die Telekommunikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen (§ 72 Abs. 1 3. Alternative TKG). In diesem Fall hat der Nutzungsberechtigte die gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken (§ 72 Abs. 3 TKG). Diese Bestimmung verpflichtet allein den Nutzungsberechtigten, die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Sie schließt es aus, dass die Behörde, die hinsichtlich des Verkehrsweges unterhaltungspflichtig ist, die gebotenen Arbeiten an der Telekommunikationslinie selbst vornimmt. § 53 Abs. 3 TKG kommt insoweit ein abschließender Charakter zu (BVerwG, Beschluss vom 28. März 2003 - 6 B 22.03 - juris, Rn. 5 f.). Er schließt einen Rückgriff des Wegebaulastträgers auf den Nutzungsberechtigten aus. Hält sich der Unterhaltungspflichtige nicht an die von § 72 TKG geregelte Zuständigkeit, leistet er daher Arbeiten auf eigenes finanzielles Risiko (Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 72 TKG Rn. 19). Deshalb kommt ein Kostenerstattungsanspruch nach § 71 Abs. 2 TKG unabhängig davon, ob eine Unterhaltungsmaßnahme vorliegt, jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es sich um einen Fall handelt, der von § 72 TKG erfasst wird mit der Folge, dass der Unterhaltungspflichtige an der Durchführung der betreffenden Maßnahme aus Rechtsgründen gehindert ist (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 6 B 21/12 - juris, Rn. 3). Vorliegend betrifft der von dem Kläger behauptete Ersatzanspruch Aufwendungen für Maßnahmen, deren Durchführung gemäß § 53 Abs. 3 TKG allein der Beklagten oblegen hätten. Ihre Inanspruchnahme durch den Kläger ist daher ausgeschlossen.
- 14
Ausreichend für die Annahme einer nach Errichtung einer Telekommunikationslinie beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges ist jeder physisch-reale Eingriff in den Straßenkörper, der zur Folge hat, dass der Verkehrsweg als technisches Bauwerk umgestaltet wird, d.h. jeder bauliche Eingriff in den Bestand des Verkehrsweges (BVerwG, Urteil vom 1. Juli 1999 - 4 A 27/98 -, NVwZ 2000, 316 [317], und Beschluss vom 19. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 4; HessVGH, Urteil vom 2. März 2012 - 7 A 237/10 -, juris, Rn. 45). Der im Auftrag des Klägers in den Jahren 2003 und 2004 erfolgte Ausbau der L 164 zwischen den Einmündungen der K 116 und K 130 auf einer Länge vom 2.650 m stellte eine solche Maßnahme dar.
- 15
Die von der Beklagten errichtete Telekommunikationslinie stand der beabsichtigten Maßnahme auch entgegen im Sinne des § 72 Abs. 1 3. Alternative TKG. Dies ist nämlich bereits dann der Fall, wenn die Telekommunikationslinie bei Wegeänderungen nach den üblichen Baumethoden entsprechend den anerkannten Regeln der Technik Probleme bereitet (BR-Drs. 755/03, S. 114; Manssen, a.a.O., § 72 Rn. 14) bzw. das Vorhandensein der Telekommunikationslinie Schwierigkeiten bei den zur Änderung des Verkehrsweges vorzunehmenden Arbeiten auslöst, die Maßnahmen an der Telekommunikationslinie selbst notwendig machen (HessVGH, a.a.O., Rn. 47). Die von dem Kläger mit der Durchführung des Straßenausbaus beauftragte bauausführende Firma hat Maßnahmen in diesem Sinne durchgeführt, deren Kosten von dem Kläger nunmehr entgegen der in § 72 Abs. 3 TKG getroffenen Aufgabenzuweisung gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden.
- 16
Diese Einschätzung ist offenkundig, soweit die hierüber erstellte Rechnung der bauausführenden Firma vom 28. Juni 2004 bzw. die Schlussrechnung aus dem Jahr 2007 Kosten für Verlegungsarbeiten an der Telekommunikationslinie der Beklagten enthält. Der Kläger selbst ist sowohl in seinem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 27. April 2007 als auch in der Klageschrift u.a. von der Durchführung von Leitungsumlegungen ausgegangen und hat deshalb einen Betrag in Höhe von 417,22 € von dem festgestellten Schlussbetrag abgesetzt.
- 17
Als dem Anwendungsbereich des § 72 Abs. 1 und 3 TKG zuzuordnende Maßnahme sind auch die in der genannten Schlussrechnung ausgewiesenen Kosten für die Sicherung längslaufender Leitungen in Höhe von 17.628,00 € netto zu qualifizieren (Position 01.06.0016). Ein deutlicher Beleg hierfür ist der Umstand, dass hierin ausweislich der sog. „Mengenermittlung Projekt“ u.a Kosten für die Freilegung von Kabeln enthalten sind. Maßnahmen der Freilegung - und nicht nur solche der Verlegung - der Telekommunikationslinie stellen aber solche im Sinne des § 72 TKG dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 3 und 7). Von ihnen sind weitere Sicherungsmaßnahmen, die mit einer solchen Freilegung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, sachlich nicht zu trennen. Folgerichtig hat daher der Kläger in seinem Schreiben vom 27. April 2007 die fraglichen Maßnahmen insgesamt als „Sicherungsarbeiten an vorhandenen Leitungen“ bezeichnet. In seinem weiteren an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21. April 2008 hat er in diesem Zusammenhang von Kosten für die Sicherung bzw. Umverlegung von Telekommunikationsleitungen gesprochen. Der Kläger selbst hat daher sowohl Leitungsumlegungen als auch Maßnahmen der Leitungssicherung einer einheitliche Betrachtungsweise unterzogen. In den beiden genannten Schreiben hat er darüber hinaus lediglich hinsichtlich des für Untergrundverbesserungen benötigten feineren Materials - worauf noch nachfolgend eingegangen wird - eine separate Bewertung vorgenommen. Der hier vorgesehenen Kostenzuordnung steht auch nicht entgegen, dass die fraglichen Sicherungsarbeiten, die den wesentlichen Teil der geltend gemachten Kosten verursachten, nur teilweise mit Verlegungsarbeiten an der Telekommunikationslinie verknüpft waren. Denn eine - auch nur vorübergehende - Verlegung der Telekommunikationslinie ist keine zwingende Voraussetzung dafür, den Anwendungsbereich des § 72 TKG als eröffnet zu erachten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 3 und 7).
- 18
Ebenfalls als eine die Telekommunikationslinie selbst betreffende Maßnahme im Sinne des § 72 Abs. 1 TKG einzustufende Kostenposition sind die Aufwendungen für das Herstellen von Suchgräben in Höhe von 1.352,47 € netto zu verstehen. Hierbei handelt es sich um notwendige Vorbereitungsmaßnahmen, um nachfolgend erforderliche Sicherungsmaßnahmen an der Telekommunikationslinie selbst oder sogar deren Verlegung durchführen zu können. Diese notwendigen Vorarbeiten können kostenmäßig nicht von den unmittelbaren Maßnahmen im Sinne des § 72 Abs. 1 TKG getrennt werden (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 3 und 6).
- 19
Die Zuordnung sämtlicher oben genannter Maßnahmen in den Anwendungsbereich des § 72 Abs. 1 TKG steht auch mit Sinn und Zweck der Regelung des § 72 Abs. 3 TKG in Einklang. Danach hat - wie dargelegt - in derartigen Fällen der Nutzungsberechtigte (hier: die Beklagte) die gebotenen Maßnahmen zu bewirken. Damit geht das Interesse einher, dass die insoweit gebotenen Arbeiten sachgerecht ausgeführt werden. Indem § 72 Abs. 3 TKG ausschließlich den zur Nutzung des Verkehrsweges mit einer Telekommunikationslinie Berechtigten verpflichtet und berechtigt, die gebotenen Maßnahmen ins Werk zu setzen, verfolgt er auch den Zweck, dass die gebotenen Arbeiten sachgerecht durchgeführt werden. Der Nutzungsberechtigte verfügt nämlich im Vergleich zum Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen über größere Erfahrung und Sachkunde im Zusammenhang mit Arbeiten an Telekommunikationslinien (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2003, a.a.O., Rn. 8). Die Änderungs- und Beseitigungspflicht des Nutzungsberechtigten nach § 72 TKG ist deshalb weit zu verstehen (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2012, a.a.O., Rn. 6). Auch dieser Gesichtspunkt legt es nahe, die beschriebenen Maßnahmen als solche im Obliegenheitsbereich der Beklagten zu verstehen. Dies gilt für Verlegungsarbeiten ohne jeden Zweifel; aber auch für die Durchführung von Sicherungsarbeiten an der Telekommunikationslinie ist niemand sachnäher als die Beklagte selbst.
- 20
Die sich danach ergebende Zuordnung der fraglichen Maßnahmen in den Anwendungsbereich des § 72 Abs. 1 TKG wurde im Übrigen ursprünglich auch von dem Kläger selbst geteilt. So hat er in seinem Schreiben an die Beklagte vom 21. April 2009 u.a. ausgeführt, sie sei nach §§ 71 Abs. 2, 72 Abs. 3 TKG zur Kostentragung verpflichtet. Nachfolgend legte er dar, es sei zum einen erforderlich gewesen, im Rahmen der Herstellung der Untergrundverbesserung feineres Material in der obersten Lage zum Schutz der Telekommunikationsleitung einzubauen, was zu Erschwerniskosten nach § 71 Abs. 2 TKG führte. Zum anderen hätten teilweise Telekommunikationsleitungen verlegt werden müssen. Die damit verbundenen Kosten stellten Folgekosten im Sinne des § 72 Abs. 3 TKG dar. Der Kläger selbst hat danach lediglich die Kosten im Zusammenhang mit der Untergrundverbesserung als solche im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG verstanden. Erst im Rahmen seiner Klageschrift vom 6. Juni 2012 hat er ausschließlich auf § 71 Abs. 2 TKG bzw. § 52 Abs. 2 TKG 1996 abgestellt und in nachfolgenden Schriftsätzen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 TKG verneint.
- 21
Fraglich ist nach alledem lediglich die Zuordnung der Kosten für die Verbesserung des Straßenuntergrunds im Hinblick auf Frostschutzschichten für Telekommunikationsleitungen in Höhe von 1.198,89 € netto. Diese Aufwendungen könnten bei isolierter Betrachtung möglicherweise Kosten im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG darstellen. Allerdings lassen sie sich auch dem Anwendungsbereich des § 72 Abs. 1 und 3 TKG mit der Erwägung zuordnen, die Ausführung einer Telekommunikationslinie stehe einer beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges schon dann entgegen, wenn die Leitung nach den üblichen Baumethoden entsprechend den anerkannten Regeln der Technik Probleme bereitet (BR-Drs. 755/03, S. 114). Solche Probleme löste die Telekommunikationslinie der Beklagten im fraglichen Bereich aus, da sie diese zusätzlichen Frostschutzmaßnahmen erforderlich machte. Für die Einschlägigkeit der Regelung des § 72 TKG spricht aber angesichts des vorliegenden Sachverhalts entscheidend der Umstand, dass die explizit für Frostschutzmaßnahmen geltend gemachten Kosten im Vergleich zu den Gesamtkosten der Maßnahme einen Anteil von deutlich weniger als 10 % ausmachen. Unter diesen Umständen wäre es sachwidrig und nicht mit der Absicht des Gesetzgebers zu vereinbaren, mit § 72 TKG eine abschließende Zuordnung der von der Regelung erfassten Maßnahmen zu schaffen, wenn man eine Aufspaltung einer letztlich einheitlichen Gesamtmaßnahme in Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 71 TKG und Änderungsmaßnahmen im Sinne des § 72 TKG vornehmen würde. Dies gilt jedenfalls bei einem derartigen vergleichsweise geringen Anteil der - hier insoweit unterstellten - Unterhaltungsmaßnahme am Umfang der Gesamtmaßnahme.
- 22
Selbst wenn man aber diesbezüglich anderer Auffassung wäre und diese Kosten als Aufwendungen anerkennen würde, die durch eine Erschwerung der Unterhaltung des Verkehrsweges hervorgerufen wurden, so wäre ein hierauf gestützter Ersatzanspruch des Klägers gleichwohl nicht gerechtfertigt, da die Beklagte insoweit zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben hat. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung, mit der gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung hätte gehemmt werden können, war nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 77 TKG i.V.m. § 195 BGB bereits abgelaufen.
- 23
Der Lauf der Verjährungsfrist begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit dem Schluss des Jahres 2007, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 27. April 2007 den von ihm behaupteten Ersatzanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte. Zu diesem Zeitpunkt war auch nach seiner Auffassung ein eventuell bestehender Anspruch nach § 71 Abs. 2 TKG auf Ersatz der ihm aus der Erschwerung der Verkehrswegeunterhaltung erwachsender Kosten bereits entstanden und fällig. Er war in seinem Fall konkret auf die Befreiung von einer gegenüber einem Dritten bestehenden Verbindlichkeit im Sinne des § 257 Satz 1 BGB gerichtet, da der Kläger ausdrücklich von der Beklagten die Anweisung der festgestellten Rechnung an die bauausführende Firma verlangte. Dies war auch folgerichtig, da deren Forderung zu diesem Zeitpunkt vom Kläger noch nicht beglichen worden war. Zwar verlangte er im weiteren Verlauf mit Schreiben vom 21. April 2008 die Überweisung des geforderten Gesamtbetrags unmittelbar auf sein Konto. Dies änderte aber nichts an der Rechtsnatur des von ihm verfolgten Anspruchs, da auch zu diesem Zeitpunkt eine Zahlung seitens des Klägers an die bauausführende Firma noch nicht erfolgt war. Dieser Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit verjährte mit Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist Ende des Jahres 2010. Denn für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist des Befreiungsanspruchs gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nicht auf den Schluss des Jahres abzustellen, in dem der Freistellungsanspruch fällig geworden ist, sondern auf den Schluss des Jahres, in dem die Drittforderungen fällig werden, von denen zu befreien ist. Dies war hier der Schluss des Jahres 2007, da die Drittforderung der bauausführenden Firma spätestens - wie dargelegt - mit ihrer im Jahr 2007 erstellten Schlussrechnung fällig geworden war (BGH, Urteil vom 5. März 2010 - III ZR 209/09 -, juris, Rn. 21 f.).
- 24
Dass der Kläger zwischenzeitlich im März 2010 den geforderten Rechnungsbetrag an die bauausführende Firma gezahlt hatte, ändert an dem beschriebenen Ablauf der Verjährungsfrist nichts, da sich der bis dahin bestehende Befreiungsanspruch aufgrund der Zahlung lediglich in einen Erstattungsanspruch umgewandelt hatte, der den Ablauf der Verjährungsfrist unberührt ließ (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1227 f.). Hingegen entstand mit Erfüllung der Drittforderung entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung kein auf unmittelbaren Aufwendungsersatz gerichteter weiterer Ersatzanspruch im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG. Vielmehr konnten dem Kläger die durch das von ihm beauftragte Bauunternehmen abgerechneten Gesamtkosten nur einmal im Sinne des § 71 Abs. 2 TKG erwachsen. Er hatte es deshalb nicht in der Hand, den Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 77 TKG bezogen auf dieselbe Unterhaltungsmaßnahme mehrfach in Lauf zu setzen.
- 25
Soweit das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 30. Januar 2007 - 6 A 11153/06.OVG - unter Berufung auf sein Urteil vom 10. Dezember 2002 - 6 A 11416/02.OVG - festgestellt hat, erst mit Erfüllung der Werklohnforderung der bauausführenden Firma seien ersatzfähige Kosten im Sinne des § 52 Abs. 2 TKG a.F. (= § 71 Abs. 2 TKG) entstanden, wird hieran im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den notwendigen Konsequenzen für einen Befreiungsanspruch aus § 257 Satz 1 BGB bei Anwendung des neuen Verjährungsrechts nicht mehr festgehalten.
- 26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
- 27
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
- 28
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
- 29
Beschluss
- 30
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 22.347,12 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 7 A 237/10 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 68 ff. TKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 72 TKG 9x (nicht zugeordnet)
- 6 A 11153/06 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 130b 1x
- § 72 Abs. 3 TKG 5x (nicht zugeordnet)
- § 72 Abs. 1 und 3 TKG 2x (nicht zugeordnet)
- 4 A 27/98 1x (nicht zugeordnet)
- 6 B 21/12 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 132 1x
- § 72 Abs. 1 3. Alternative TKG 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 2x
- BGB § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung 1x
- § 52 Abs. 2 TKG 4x (nicht zugeordnet)
- § 77 TKG 4x (nicht zugeordnet)
- § 71 TKG 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist 3x
- § 58 TKG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 52 Abs. 2 TKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 53 Abs. 3 TKG 2x (nicht zugeordnet)
- III ZR 209/09 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 53 TKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 71 Abs. 2 TKG 14x (nicht zugeordnet)
- BGB § 257 Befreiungsanspruch 4x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 6 A 11416/02 1x (nicht zugeordnet)
- § 72 Abs. 1 TKG 6x (nicht zugeordnet)