Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 17/12

Gründe

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Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

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1. Der Beklagte, der als beamteter Gymnasiallehrer im Dienst des klagenden Landes stand, wurde wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 4 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Strafgerichts war er im Jahr 2007 im Besitz von kinderpornografischen Bilddateien gewesen, die er auf einem privaten Computer gespeichert hatte. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

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2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18 S. 3). Zwischen beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten allgemeinen Rechtsgrundsatzes bestehen. Demzufolge liegt eine Divergenz nicht vor, wenn das Oberverwaltungsgericht einen abstrakten Rechtssatz im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

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Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerde nicht. Sie benennt bereits weder eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts noch einen abstrakten Rechtssatz. Soweit die Beschwerde auf den im Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - (Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12) aufgestellten Leitsatz rekurriert, nach dem sich der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften wegen der Variationsbreite der denkbaren Fallgestaltungen keiner bestimmten Disziplinarmaßnahme im Sinne einer Regelmaßnahme zuordnen lässt, waren die diesem Leitsatz zugrunde liegenden Erwägungen auf die bis zum 31. März 2003 geltende Rechtslage bezogen. Danach konnte der Besitz kinderpornografischer Schriften nach § 184 Abs. 5 StGB a.F. mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Diesen Strafrahmen hat der Gesetzgeber durch das Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3007) mit Wirkung vom 1. April 2004 auf zwei Jahre erhöht. Daher hat der Senat bereits in dem Urteil vom 19. August 2010 klargestellt, dass sich seitdem die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischer Schriften bei Lehrern angesichts der besonderen Dienstpflichten dieser Beamten an der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu orientieren hat (Rn. 24).

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Dies hat der Senat in dem Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - (NVwZ-RR 2012, 607) dahingehend ergänzt, dass ein beamteter Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden kann, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zu berücksichtigen sind (Rn. 11).

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Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es hat die einschlägige Rechtsprechung des erkennenden Senats vielmehr ausdrücklich zitiert. Das Oberverwaltungsgericht hat die Maßgabe seiner Entscheidungsfindung auch der Sache nach zugrunde gelegt und sich mit den Umständen des vorliegenden Falles - insbesondere auch Zeitdauer und Häufigkeit der Zugriffe auf das Bildmaterial - sowie dem Persönlichkeitsbild des Beklagten auseinandergesetzt.

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Dass es hierbei auf das Lehreramt des Beklagten Bezug genommen hat, ist nicht zu beanstanden. Die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtverletzungen ist daran zu messen, ob das Verhalten in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Maßstab der Betrachtungen ist deshalb das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Urteil vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 14). Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die strafrechtlich geahndeten außerdienstlichen Pflichtenverstöße des Beklagten einen Bezug zu seinem Dienstposten aufweist. Der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften bei einem Lehrer gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184 Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann (Beschluss vom 25. Mai 2012 a.a.O. Rn. 11).

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Die bisher beanstandungsfreie Tätigkeit des Beklagten steht der Maßnahme nicht entgegen. Es ist in der Rechtsprechung vielmehr geklärt, dass auch eine langjährige Dienstleistung ohne Beanstandungen und ggf. mit überdurchschnittlichen Leistungen bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht mildernd ins Gewicht fällt (vgl. zuletzt Beschluss vom 23. Januar 2013 - BVerwG 2 B 63.12 - Rn. 13). Gleiches gilt für die Frage, ob das Dienstvergehen in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 26 m.w.N.).

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Der Vortrag, die erforderliche Gesamtabwägung habe im vorliegenden Fall nicht stattgefunden, wendet sich gegen die fallbezogene disziplinarrechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht und ist ersichtlich nicht geeignet, eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO darzulegen.

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3. Die Beschwerde des Beklagten hat auch keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage aufgezeigt. Die generellen Anforderungen an die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials von Lehrern sind, wie oben unter 2. dargelegt, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. zuletzt Beschluss vom 25. Mai 2012 a.a.O. Rn. 8 ff.). Neuen oder zusätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie wendet sich vielmehr auch mit der Grundsatzrüge in der Sache gegen die fallbezogene Anwendung dieser Anforderungen durch das Oberverwaltungsgericht.

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