Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (9. Senat) - 9 B 45/12
Gründe
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Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führen nicht zur Zulassung der Revision.
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a) Die Frage,
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"ob entgegen der Konzentrationswirkung der §§ 74 Abs. 1, 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG die erforderliche Regelung der Nutzung einer Straßenbaumaßnahme von der Genehmigung des Straßenbauvorhabens abgekoppelt und in einem gesonderten Verfahren geregelt werden darf",
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rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie - jedenfalls soweit sie einer verallgemeinerbaren Antwort zugänglich ist - bereits auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann. Danach kann aufgrund der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 VwVfG, durch die die Zuständigkeitsgrenzen zwischen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden überbrückt werden, je nach den Umständen des Einzelfalls im Planfeststellungsbeschluss auch über die Anordnung der zur Ausstattung der straßennotwendigen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu entscheiden sein; denn neben der Planfeststellung entfallen alle nach anderen Vorschriften erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Hoheitsakte. Geboten ist eine solche Mitregelung im Planfeststellungsbeschluss insbesondere dann, wenn das Straßenbauvorhaben nur zusammen mit einer entsprechenden Beschilderung oder einer Lichtsignalanlage seiner baulichen Bestimmung gemäß sicher benutzt werden kann (Beschluss vom 7. Juli 2000 - BVerwG 4 B 94.99 - juris Rn. 17).
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Hiervon ausgehend macht der Kläger zu Unrecht geltend, die temporäre Freigabe eines Seitenstreifens, die durch die streitige Plangenehmigung vom 8. Oktober 2010 vorbereitet werden soll, sei "nicht notwendige Folgemaßnahme des plangenehmigten Vorhabens, sondern Teil der funktionellen Einheit des plangenehmigten Vorhabens selbst" und hätte deshalb aufgrund der Konzentrationswirkung zwingend mitgeregelt werden müssen. Bei der Freigabe des Seitenstreifens als Fahrstreifen handelt es sich um eine zeitlich nachgelagerte straßenverkehrsrechtliche Anordnung nach § 41 Abs. 2 StVO (vgl. Zeichen 223.1 bis 223.3 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO), die nach den Feststellungen der Vorinstanz hier lediglich temporär (in Spitzenverkehrszeiten und zudem nur tagsüber) erfolgen soll und die für die sichere Benutzung der in Rede stehenden baulichen Anlagen (Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen sowie Haltebuchten) - anders als in dem soeben genannten Beispiel einer Beschilderung oder Beampelung - gerade nicht erforderlich ist.
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b) Die des Weiteren vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
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"ob die dauerhafte Umwandlung einer Standspur, die von den Hauptfahrspuren durch entsprechende Markierungen getrennt ist, in eine Hauptfahrbahn die Voraussetzungen einer Änderung einer Straße im Sinne von § 17 Satz 1 FStrG erfüllt und planfeststellungsbedürftig ist",
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rechtfertigt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Die Frage würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen, denn die vom Kläger angefochtene Plangenehmigung hat - wie unter a) ausgeführt - lediglich die Vorbereitung einer temporären Freigabe eines Seitenstreifens, nicht aber die dauerhafte Umwandlung einer Standspur in eine Hauptfahrbahn zum Gegenstand.
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2. Auch die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg.
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Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 m.w.N.).
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Diese Darlegungsanforderungen erfüllt die Beschwerde, die sich auf eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2010 - BVerwG 9 B 103.09 - (Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 35) beruft, nicht. Zwar benennt sie einen in dieser Entscheidung aufgestellten Rechtssatz ("Folgemaßnahmen sind zu treffen, um die Probleme zu lösen, die durch das Vorhaben für die Funktionsfähigkeit der anderen Anlagen (...) entstehen." Sie erkennt aber selbst, dass der Verwaltungsgerichtshof auf den genannten Beschluss ausdrücklich Bezug nimmt und dem dort aufgestellten Rechtssatz folgt. Soweit die Beschwerde dennoch kritisiert, das Gericht habe "die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Seitenstreifenfreigabe in der Plangenehmigung aber trotzdem nicht für erforderlich gehalten", sowie im Folgenden unter I.1.2 in der Art einer Revisionsbegründung Einzelheiten der gerichtlichen Bewertung des Lärmschutzgutachtens problematisiert, rügt sie letztlich die fehlerhafte Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Einzelfall. Damit kann eine Divergenzrüge nicht begründet werden.
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Hiervon unabhängig vermag aber auch die inhaltliche Kritik nicht zu überzeugen. Unterstellt man, dass es sich bei der temporären Seitenstreifenfreigabe um eine notwendige Folgemaßnahme handelt, was die Beschwerde jedenfalls im Zusammenhang mit der Divergenzrüge bejaht (anders allerdings im Zusammenhang mit der Grundsatzrüge, s.o.), dann ist eine Abweichung von dem Gebot, notwendige Folgemaßnahmen mitzuregeln, nicht erkennbar, denn das Gericht geht ausdrücklich davon aus, dass die Planfeststellungsbehörde die von der Seitenstreifenfreigabe ausgehenden Lärmbelastungen, wie es das Gebot der Konfliktbewältigung erfordere, untersucht und bei der Abwägung berücksichtigt habe (Urteil Rn. 29 f. und 32).
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3. Schließlich greift auch die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht durch.
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Der Kläger rügt eine Verletzung des sogenannten Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gegen diesen habe das Gericht dadurch verstoßen, dass es von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei. Es habe trotz der unmissverständlichen Formulierung in der Plangenehmigung, dass "die temporäre Freigabe der Seitenstreifen als Fahrstreifen nicht Gegenstand dieses Plangenehmigungsverfahrens" sei (vgl. Plangenehmigung vom 8. Oktober 2010, S. 19 Mitte), angenommen, die Beschränkung der Seitenstreifenfreigabe auf die Tageszeit sei rechtsverbindlicher Inhalt der Plangenehmigung (Urteil Rn. 31).
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Damit ist eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nicht dargetan. Zwischen der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs und der zitierten Passage in der Plangenehmigung besteht kein offensichtlicher Widerspruch. Letztere stellt lediglich den Regelungsumfang der Genehmigung klar; dieser umfasst allein die baulichen Maßnahmen, die sich aus dem Tenor der Plangenehmigung (A 1.) ergeben, nicht aber die temporäre Seitenstreifenfreigabe als solche, die mit den baulichen Maßnahmen lediglich vorbereitet werden soll (vgl. auch Ziff. C 2.3.2. = Seite 24 unten der Plangenehmigung). Diesem Regelungsumfang der Plangenehmigung widerspricht die Annahme des Gerichts nicht, die Beschränkung der Seitenstreifenfreigabe auf die Tageszeit sei rechtsverbindlicher Inhalt der Plangenehmigung geworden. Vielmehr hat das Gericht, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, bei der Seitenstreifenfreigabe handele es sich um eine notwendige Folgemaßnahme, die die Planfeststellungsbehörde wegen des Gebots der Konfliktbewältigung bei der Abwägung habe mitberücksichtigen müssen, konsequenterweise geprüft, ob die durch die Seitenstreifenfreigabe hervorgerufenen Lärmbelastungen mit in den Blick genommen worden sind (vgl. Urteil Rn. 29). Dies hat es bejaht und in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Beschränkung der Seitenstreifenfreigabe auf die Tageszeit ausweislich des Erläuterungsberichts, der zum Bestandteil der Genehmigung gehöre, rechtsverbindlicher Inhalt der Plangenehmigung geworden sei (Urteil Rn. 31). Das bedeutet, dass die Plangenehmigung die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Seitenstreifenfreigabe zwar nicht bereits einschließt, ihr aber die zeitliche Beschränkung verbindlich vorgibt.
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Referenzen
- FStrG § 17 Erfordernis der Planfeststellung 1x
- VwGO § 132 4x
- VwGO § 108 1x
- VwGO § 133 1x
- VwVfG § 74 Planfeststellungsbeschluss, Plangenehmigung 1x
- § 41 Abs. 2 StVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 41 Abs. 1 StVO 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 75 Rechtswirkungen der Planfeststellung 3x