Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 BN 7/14

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

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1. Die Beschwerde rügt das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung und damit in der Sache einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO), gegen die Hinweis- und Erörterungspflicht des Vorsitzenden (§ 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO) und das Gebot eines fairen Verfahrens. Das Oberverwaltungsgericht habe vor seiner Entscheidung auf den Mangel bei der Ausfertigung des Bebauungsplans hinweisen müssen.

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Der gerügte Verfahrensverstoß liegt nicht vor. Eine gerichtliche Entscheidung ist eine unzulässige Überraschungsentscheidung, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (stRspr, Urteil vom 31. Mai 1983 - BVerwG 4 C 20.83 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 135 S. 24 und Beschlüsse vom 23. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 80.91 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241 S. 91 und vom 13. Januar 2014 - BVerwG 4 BN 37.13 - juris Rn. 11). Das Gericht muss die Beteiligten aber grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Streitstoffes hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst auf Grund der abschließenden Beratung nach der mündlichen Verhandlung ergibt (Urteil vom 31. Juli 2013 - BVerwG 6 C 9.12 - NVwZ 2013, 1614 Rn. 38 m.w.N.).

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Die in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2013 übergebenen Dokumente, namentlich die auf den 5. Juli 2013 datierte Ausfertigung des Teils A des Bebauungsplans sowie eine vom Oberbürgermeister unterzeichnete und gestempelte Fassung des Teils B („Textliche Festsetzungen“) und ihre Eigenschaft als „Original des Plans“ waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, ebenso das Fehlen einer Datumsangabe bei der Ausfertigung des Teils B und Einzelheiten des Bekanntmachungsvermerks. Angesichts dieser Erörterung einzelner Formalien musste die Antragsgegnerin damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Fehler der Ausfertigung des Bebauungsplans stützen könnte. Dass die Antragsgegnerin selbst annahm, den vorhergehenden Ausfertigungsmangel geheilt zu haben, ändert daran nichts.

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2. Mit ihrer Aufklärungsrüge beanstandet die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht hätte durch Zeugenvernehmung den Ablauf der Ausfertigung weiter aufklären müssen. Dies führt nicht zur Zulassung der Revision.

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Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die - wie hier - ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (Beschluss vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6). Etwas Anderes gilt, wenn sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung aufdrängen musste. Maßgeblich ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> und Beschluss vom 20. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 7).

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Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts wurde der streitgegenständliche Bebauungsplan entgegen § 4 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (UA Rn. 56). Nach den besonders gelagerten Umständen des Falles könne die Zugehörigkeit des nicht gesondert ausgefertigten „Teils B“ mit den textlichen Festsetzungen zum ausgefertigten Satzungsteil „Teil A“, der Planzeichnung, nicht in der gebotenen Weise hinreichend sicher festgestellt werden (UA Rn. 60). Das Oberverwaltungsgericht verweist zur Begründung auf den Inhalt der durch Teilüberklebung unter „Teil A“ eingefügten Verfahrensvermerke, die dort in Nr. 9 und Nr. 10 enthaltenen offensichtlichen Unstimmigkeiten sowie das Vorliegen eines weiteren, als „Original“ gestempelten „Teils B“ (UA Rn. 62 f.). Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände hielt das Oberverwaltungsgericht die Ausfertigung für fehlerhaft. Ausgehend von diesem materiellen Standpunkt bedurfte es keiner Aufklärung, wann und in welcher Reihenfolge die Urkunden erstellt worden waren. Denn es kam dem Oberverwaltungsgericht auf eine Gesamtwürdigung der Urkunden, nicht auf deren Entstehung an.

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3. Die Antragsgegnerin wirft dem Oberverwaltungsgericht vor, der Hinweis vom 28. Juni 2013 habe sie in die Irre geführt und damit den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt. Auch dies führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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Der gerichtliche Hinweis vom 28. Juni 2013 konnte sich nicht dazu verhalten, ob die am 5. Juli 2013 erfolgte Ausfertigung fehlerfrei sein würde. Dies gilt hier auch deshalb, weil die vom Oberverwaltungsgericht beanstandeten Mängel - Unklarheiten im Bekanntmachungsvermerk, Vorliegen mehrerer „textlicher Festsetzungen“ ohne Datierung - erstmals mit den Urkunden vom 5. Juli 2013 zu Tage getreten sind. Soweit die Beschwerde in dem Hinweis vom 28. Juni 2013 Bedenken hinsichtlich der Trennung der Teile A und B vermisst, verkennt sie, dass das Oberverwaltungsgericht eine solche Trennung grundsätzlich für zulässig hält (UA Rn. 61).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

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