Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 BN 12/15
Gründe
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Die Beschwerde hat Erfolg.
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1. Die Revision ist allerdings nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Der Antragsteller legt entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Er formuliert schon keine Rechtsfrage, die er für klärungsfähig und -bedürftig hält, sondern beschränkt sich auf die bloße Behauptung, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu. Das genügt nicht.
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2. Die Beschwerde ist aber begründet, weil das Urteil an einem Verfahrensmangel leidet, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dem Oberverwaltungsgericht ist bei der Prüfung der Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zu Lasten des Antragstellers ein Fehler unterlaufen.
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Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 S. 137; stRspr). An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht. Auch insoweit genügt es, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <218 f.>). Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen eigenen abwägungserheblichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 a.a.O. und Beschluss vom 17. Dezember 2012 - 4 BN 19.12 - BauR 2013, 753 Rn. 3).
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Der Antragsteller befürchtet in erster Linie eine Lärmzunahme auf seinem außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstück durch den motorisierten Verkehr auf der Erschließungsstraße zwischen dem geplanten Wohngebiet und dem ... Pfad.
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Das Interesse, von planbedingtem Verkehrslärm verschont zu bleiben, ist nur dann ein abwägungserheblicher Belang, wenn es über die Bagatellgrenze hinaus betroffen wird (BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 4 CN 1.98 - BRS 62 Nr. 51 S. 275; Beschluss vom 24. Mai 2007 - 4 BN 16.07 und 4 VR 1.07 - BRS 71 Nr. 35 S. 166 f.). Wann das der Fall ist, lässt sich nicht durch reine Subsumtion ermitteln (Paetow, NVwZ 1985, 309 <312>), sondern nur unter Einbeziehung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls beurteilen (BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 - 4 NB 11.91 - BRS 54 Nr. 41 S. 120). Das ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters (BVerwG, Urteil vom 17. September 1998 - 4 CN 1.07 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 126 S. 110; Beschlüsse vom 21. Dezember 2010 - 4 BN 44.10 - juris Rn. 9 und vom 20. Juli 2011 - 4 BN 22.11 - BauR 2012, 76 Rn. 6).
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Das Oberverwaltungsgericht hat das Lärmschutzinteresse als nicht so gewichtig angesehen, dass es von der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung hätte berücksichtigt werden müssen. Bei dem Verkehr, der durch den angefochtenen Bebauungsplan auf der Erschließungsstraße generiert werde, handele es sich nur um den An- und Abfahrtsverkehr des im östlichen Teil des Plangebiets vorgesehenen neuen Wohngebiets mit 24 Grundstücken. Die Erschließungsstraße verlaufe vom Grundstück des Antragstellers aus gesehen in einem Abstand von 75 m parallel zur nördlichen Grundstücksgrenze und werde von dem Anwesen des Antragstellers durch das vorhandene und nach dem Inhalt der Planung zu erhaltende Wäldchen getrennt. Angesichts dieser Sachlage erscheine es ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Umweltbericht nennenswerte und erhebliche Belastungen der näheren Umgebung durch den Kfz-Verkehr ausschließe.
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Die Sachlage, von der das Oberverwaltungsgericht ausgegangen ist, stimmt mit der Sachlage, wie sie sich nach den Akten darstellt, nicht überein. Das Oberverwaltungsgericht hat die Behauptung der Beigeladenen übernommen, dass das neue Baugebiet 24 Grundstücke umfasse. Das Baugebiet kann aber in eine höhere Anzahl von Grundstücken parzelliert werden. Der Antragsteller nennt eine Anzahl von 32, die Antragsgegnerin eine solche von 30. Auch ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Entfernung zwischen dem Grundstück des Antragstellers und der Erschließungsstraße geringer ist als 75 m. Im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht ist von 60 m, im Beschwerdeverfahren von 57 m die Rede. Ob das Oberverwaltungsgericht auch dann eine nur geringfügige Betroffenheit des Antragstellers angenommen hätte, wenn es seiner Entscheidung den zutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt hätte, ist ungewiss. Der Umweltbericht, auf den es Bezug genommen hat, schafft keine Klarheit. Ihm lässt sich weder entnehmen, mit welchem Verkehrsaufkommen auf der Erschließungsstraße zu rechnen ist, noch enthält er auf Fakten basierende Aussagen zu dem Ausmaß der Beeinträchtigungen der Nachbarschaft. Er beschränkt sich auf die subjektiv geprägte Einschätzung der Gutachter, das zu erwartende Verkehrsaufkommen werde die nähere Umgebung nicht nennenswert belasten und erhebliche Auswirkungen durch verkehrliche Immissionen könnten für die benachbarten Gebiete ausgeschlossen werden.
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Der Mangel der vorinstanzlichen Entscheidung nötigt zur Zurückverweisung der Sache, die nach § 133 Abs. 6 VwGO auch im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision möglich ist. Das Oberverwaltungsgericht wird sich mit den Lärmschutzbelangen des Antragstellers erneut befassen und dabei auch in den Blick nehmen müssen, dass der Antragsteller die abschirmende Wirkung des Wäldchens mit einer nicht offensichtlich neben der Sache liegenden Argumentation in Abrede gestellt hat. Von der Zurückverweisung ist nicht deshalb abzusehen, weil - wie die Beigeladene meint - der Senat an die tatrichterlichen Feststellungen und die vorinstanzliche Würdigung des Sachverhalts gebunden sei. Die Bindung nach § 137 Abs. 2 VwGO tritt nicht ein, wenn das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit einer Klage oder eines Normenkontrollantrags zu beurteilen hat (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 7 C 11.12 - NVwZ 2015, 1070 Rn. 12; stRspr).
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Dem Senat ist es selbst nicht möglich, die Antragsbefugnis - aus anderen Gründen - zu bejahen. Etwaige Gefahren für die Verkehrssicherheit im Bereich der Kreuzung von Erschließungsstraße und ... Pfad sowie das geltend gemachte Hochwasserrisiko für das Plangebiet sind keine abwägungsbeachtlichen Belange des Antragstellers. Seine erstmals im Schriftsatz vom 23. Juni 2015 aufgestellte Behauptung, das Hochwasserrisiko für das Plangebiet setze sich auf seinem Grundstück fort, hält der Senat für unbeachtlich. Sie ist ersichtlich eine Reaktion auf die zutreffende Replik der Beigeladenen zur Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 11. Mai 2015, der Antragsteller nehme mit der Warnung vor Gefahren für das Plangebiet ausschließlich fremde Interessen wahr. Auch durch die Festsetzung einer Fläche für einen privaten Fußweg zur Verbindung des Plangebiets mit dem Baugebiet, in dem das Grundstück des Antragstellers liegt, werden abwägungserhebliche Belange des Antragstellers nicht berührt. Die Festsetzung führt nicht dazu, dass der Kfz-Verkehr im Baugebiet zunimmt und dessen Straßen, zu deren Unterhaltung auch der Antragsteller verpflichtet ist, einer erhöhten Abnutzung unterliegen. Der Hinweis des Antragstellers, dass der Verbindungsweg breit genug sei, um auch Kfz-Verkehr aufzunehmen, liegt neben der Sache. Ist ein Fußweg festgesetzt, ist eine Benutzung durch Fahrzeuge rechtlich ausgeschlossen. Allein darauf kommt es an.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
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Referenzen
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 137 1x
- VwGO § 132 2x
- VwGO § 133 2x
- VwGO § 47 3x