Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 B 41/15

Tenor

Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Kläger wenden sich gegen Polizeieinsätze in ihrer früheren gemeinsamen Wohnung. Sie haben mit ihrer Klage im Berufungsverfahren die Feststellung begehrt, dass das Eindringen und Verbleiben der Polizei in ihrer Wohnung am 11./12. Januar 2010, ihre Fesselung und die ihres Sohnes am 11. Januar 2010, die Durchsuchung ihrer Privatunterlagen am 11. Januar 2010, die Gewaltanwendung ihnen gegenüber in der Wohnung am 11. Januar 2010 sowie das Eindringen und der Aufenthalt der Polizeibeamten in ihrer Wohnung am 16. Mai 2010 rechtswidrig waren. Der Verwaltungsgerichtshof hat durch das angefochtene Urteil festgestellt, dass die Fesselung der Kläger durch die Polizei am 11. Januar 2010 rechtswidrig war, und im Übrigen die Berufung der Kläger gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II

2

Die Beschwerde der Kläger kann keinen Erfolg haben. Sie haben keinen Grund für eine Zulassung der Revision ordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Jedenfalls liegen die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vor.

3

1. Die Rechtssache hat nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

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Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf.

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Die Antwort auf die aufgeworfene Rechtsfrage muss einen Ertrag erbringen, der über den Einzelfall hinausweist, also für die einheitliche Auslegung und Anwendung einer Norm oder für die Fortentwicklung des Rechts von Bedeutung ist. Die Frage grundsätzlicher Bedeutung muss sich mithin abstrakt fassen lassen. Sie darf nicht von den konkreten Besonderheiten des Einzelfalles geprägt sein.

6

Die Antwort auf die aufgeworfene Frage muss sich aus den revisiblen Vorschriften des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) ergeben. Anderenfalls wäre sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Richtet sich die Antwort nach den irrevisiblen Vorschriften des Landesrechts, wäre das Bundesverwaltungsgericht in dem Revisionsverfahren an die Antwort gebunden, die der Verwaltungsgerichtshof auf die gestellte Frage aus den Vorschriften des Landesrechts gewonnen hat (§ 173 VwGO, § 560 ZPO).

7

Die Kläger haben in ihrer Beschwerdebegründung keine Frage bezeichnet, die nach diesen Voraussetzungen die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Sie haben Fragen formuliert, welche eng mit den konkreten Einzelheiten ihres Falles verbunden sind, hingegen nicht dargelegt, welcher verallgemeinerungsfähige Ertrag, der über den Einzelfall hinausweist, von dem angestrebten Revisionsverfahren erwartet werden kann. Insbesondere richtet sich die Antwort auf die von ihnen aufgeworfenen Fragen nach dem irrevisiblen Landesrecht, nämlich nach den Vorschriften des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG). Aus ihnen ergeben sich sowohl die Voraussetzungen für die angegriffenen Maßnahmen der Polizei (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 PAG für das Betreten und Verbleiben in der Wohnung) als auch deren Grenzen, die durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogen werden (Art. 4 PAG). In Anwendung allein der Art. 22, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PAG ergibt sich ferner, ob über das Betreten der Wohnung hinaus eine Durchsuchung der Wohnung oder von Sachen im Sinne dieser Vorschriften vorgelegen hat.

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2. Die Kläger haben keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezeichnet, der vorliegt und auf dem das angefochtene Urteil beruht.

9

a) Bereits unklar ist, welchen Verfahrensfehler die Kläger geltend machen wollen, soweit sie rügen, der Verwaltungsgerichtshof habe den zum Teil geschwärzten Ausdruck aus dem ZEUS-Programm verwertet, den der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2015 vorgelegt hat. Sollten sie insoweit eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen rügen wollen, lägen die Voraussetzungen einer Aufklärungsrüge jedenfalls nicht vor.

10

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Ausdruck aus dem ZEUS-Programm zur Klärung der Frage mit herangezogen, wann, auf wessen Veranlassung und aus welchen Gründen neben der zunächst informierten Polizeistreife das Unterstützungskommando (USK) an dem Einsatz in der Wohnung der Kläger teilgenommen hat. Diese Frage hat es durch Vernehmung der am Einsatz beteiligten Beamten als Zeugen geklärt und sich ergänzend auf den Ausdruck aus dem ZEUS-Programm und den hierzu gegebenen Erläuterungen des Beklagten gestützt. Wenn die Kläger vermuten, dass sich aus den geschwärzten Stellen in dem Ausdruck bei ihrer Offenlegung Widersprüche zu den Aussagen der Zeugen hätten ergeben können, hätten sie in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag stellen und die Vorlage des ungeschwärzten Ausdrucks verlangen müssen. Das haben sie nicht getan. Sie haben in ihrer Beschwerde weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich, dass sich dem Verwaltungsgerichtshof von sich aus hätte aufdrängen müssen, den Beklagten zur Vorlage eines ungeschwärzten Ausdrucks aufzufordern.

11

b) Ebenfalls nicht auf einen Verfahrensfehler führt die weitere Rüge der Kläger, der Verwaltungsgerichtshof habe es unterlassen, das ihm vorliegende, von dem Polizeieinsatz gefertigte Video in voller Länge abzuspielen. Aus den Darlegungen der Kläger ergibt sich weder ein Verstoß des Verwaltungsgerichtshofs gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör noch gegen seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.

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Die Kläger haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2015 damit einverstanden erklärt, dass das Video zu Beweiszwecken verwendet werden soll. Weder dem Protokoll über die mündliche Verhandlung noch den Entscheidungsgründen des Urteils lässt sich mit letzter Sicherheit entnehmen, ob das Video in der mündlichen Verhandlung zu Beweiszwecken abgespielt worden ist oder ob der Verwaltungsgerichtshof sich das Video außerhalb der mündlichen Verhandlung angesehen und in der mündlichen Verhandlung nur seinen Inhalt mit den Beteiligten erörtert hat. Wie die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung selbst darlegen, ist jedenfalls bei der Vernehmung der Zeugen die Frage behandelt worden, wie das Video zustande gekommen ist und dass eine geschnittene Version des Videos existiert, die für ein Strafverfahren gegen die Kläger wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angefertigt worden ist. Es wäre Sache der Kläger gewesen, sich daraufhin rechtliches Gehör zu verschaffen und die Einsicht in das Originalvideo zu beantragen, wenn sie den Eindruck hatten, dass ihnen nicht das Originalvideo zur Einsicht überlassen worden war. Ebenso hätten sie das vollständige Abspielen des Originalvideos in der mündlichen Verhandlung zu Beweiszwecken beantragen müssen, wenn sie dessen Verwertung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht (mehr) ohne eine solche Vorführung hinnehmen wollten, weil sie die Gefahr einer Manipulation des Videos zu erkennen glaubten. Angesichts des Ablaufs der Beweisaufnahme war der Verwaltungsgerichtshof weder zu weiteren Hinweisen an die Kläger noch zu einem vollständigen Abspielen des Videos von Amts wegen verpflichtet.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

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