Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 B 96/16

Gründe

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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris).

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2. Nach diesen Grundsätzen führt die sinngemäß aufgeworfene Frage,

ob Art. 64 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (ABl. EG L 97/2 vom 30. März 1998) der nachträglichen Verkürzung der Geltungsdauer einer zum Zwecke des Familiennachzuges erteilten Aufenthaltserlaubnis entgegensteht, weil diese Aufenthaltserlaubnis eine unbefristete Arbeitserlaubnis umschließe und der über diese Aufenthaltserlaubnis vermittelte Arbeitsmarktzugang nicht streng akzessorisch ist,

nicht zur Zulassung der Revision. Denn diese Frage ist, soweit sie rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich ist, bereits anhand des Gesetzes unter Berücksichtigung der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beantworten.

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Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof haben zutreffend ausgeführt, dass seit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes im Jahre 2005 die selbständige, von der Arbeitsverwaltung erteilte Arbeitserlaubnis bzw. Arbeitsberechtigung ersatzlos entfallen ist und sich der Zugang zum Arbeitsmarkt nunmehr nach § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG richtet. Nach der insoweit eindeutigen Gesetzeslage beruht die Berechtigung des Klägers zur Erwerbstätigkeit allein auf einer unmittelbar gesetzlichen Gestattung nach § 27 Abs. 5 AufenthG ("Der Aufenthaltstitel nach diesem Abschnitt berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit") bzw. der Vorgängerregelung des mit Wirkung zum 6. September 2013 aufgehobenen (Gesetz vom 29. August 2013, BGBl. I S. 3484) § 28 Abs. 5 AufenthG a.F. Diese Berechtigung ist klar an den Bestand des konkreten Titels gebunden und vermittelt kein von diesem losgelöstes und weitergehendes Recht; die Verknüpfung mit dem Aufenthaltstitel erstreckt sich auch auf den konkreten Aufenthaltszweck. Das Beschwerdevorbringen, dass in dem Aufenthaltstitel keine ausdrückliche oder zeitliche Beschränkung der Zulassung zur Beschäftigung enthalten sei, so dass die erteilte Arbeitserlaubnis unbefristet sei, vernachlässigt, dass es wegen der systematischen Verknüpfung von Aufenthaltserlaubnis und gesetzesunmittelbar an den Titel anknüpfender, akzessorischer Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit dieser Beschränkung nicht bedarf. Diese Hinweise auf andere Fallkonstellationen (z.B. den Arbeitsmarktzugang von Personen mit Aufenthaltsgestattung) rechtfertigen keine andere Beurteilung.

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3. Soweit mit dem Beschwerdevorbringen die Frage, ob mit der nachträglichen Befristung der Aufenthaltserlaubnis auch die erteilte Arbeitserlaubnis nachträglich gekürzt bzw. befristet werden könne, "dürfte im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union zu verneinen sein", eine klärungsbedürftige, jedenfalls zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV verpflichtende unionsrechtliche Zweifelsfrage hat geltend gemacht werden sollen, fehlt es bereits an der nach § 133 Abs. 3 Abs. 3 VwGO erforderlichen Darlegung. Das Beschwerdevorbringen setzt sich insbesondere nicht mit den von der angegriffenen Entscheidung zustimmend in Bezug genommenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander, dass und aus welchen Gründen die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteile vom 2. März 1999 - C-416/96 [ECLI:EU:C:1999:107], El Yassini - und vom 14. Dezember 2006 - C-97/05 [ECLI:EU:C:2006:780], Gattousi) zu den Wirkungen einer ordnungsgemäßen Genehmigung, die zur Ausübung einer Berufstätigkeit für eine die Dauer der Aufenthaltserlaubnis übersteigenden Zeit berechtigt, nicht auf den hier vorliegenden Fall einer einstufigen, gesetzesunmittelbar an den Aufenthaltstitel anknüpfenden Zulassung zur Erwerbstätigkeit übertragbar ist. Auch in der Sache vernachlässigt das Beschwerdevorbringen, dass hier gerade keine von der Aufenthaltserlaubnis getrennte Arbeitserlaubnis erteilt worden ist.

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4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

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