Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 B 70/17

Gründe

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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.

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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

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Das Oberverwaltungsgericht stützt seine von der Beschwerde angegriffene Annahme, der Bebauungsplan Nr. 61520/02 sei unwirksam, jeweils selbständig tragend auf einen Verstoß gegen die Ermittlungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB und auf das Verfehlen des gebotenen Ausgleichs zwischen den betroffenen Belangen. Da das Urteil insoweit auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt ist, setzt die Zulassung der Revision voraus, dass in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 B 38.16 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 3). Daran fehlt es, weil die Beschwerde schon im Hinblick auf die Ermittlungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf darlegt.

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Die Beschwerde möchte insoweit rechtsgrundsätzlich klären lassen,

welche Anforderungen der Ermittlungsgrundsatz nach § 2 Abs. 3 BauGB an die Überplanung von Wohnbebauung in einer Gemengelage stellt,

insbesondere, ob die planende Gemeinde die genaue Zahl, Lage, Genehmigungssituation und tatsächliche Nutzung der zu überplanenden Wohnungen ermitteln muss oder die Feststellung der grundsätzlichen Überplanung von Wohnungen in Kenntnis der ungefähren Anzahl und der grundsätzlichen Genehmigungssituation und Nutzung ausreicht.

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Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Denn die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 - 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 18). Zu ermitteln, zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind alle Belange, die in der konkreten Planungssituation nach Lage der Dinge in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden müssen (stRspr, BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309> und vom 5. Mai 2015 - 4 CN 4.14 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 136 Rn. 14). Nicht abwägungsbeachtlich sind allerdings geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht (stRspr, BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <219>).

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Das Oberverwaltungsgericht hat als Ermittlungsfehler bei der Planaufstellung gerügt, dass es an Angaben zum Anteil der in der Bestandsaufnahme enthaltenen, nicht betriebsbezogenen Wohnungen und ihrer jeweiligen Lage fehle und nicht aufgeklärt worden sei, ob die vorhandenen Wohnnutzungen als solche genehmigt oder jedenfalls aktiv geduldet seien (UA S. 14 f.). Diese Anforderungen hält die Beschwerde für tatsächlich und rechtlich nicht umsetzbar und verweist hierzu auf verschiedene Hemmnisse wie fehlende oder verloren gegangene Bauakten, die verweigerte Mitwirkung von Eigentümern und Nutzern und Grenzen der Sachverhaltsermittlung vor Ort. Das angegriffene Urteil bietet indes keinen Anhalt dafür, dass solche Schwierigkeiten bestanden oder überhaupt zu erwarten waren. Die Vorinstanz hat also nicht die Tatsachen festgestellt, die vorliegen müssten, damit sich die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Frage in einem Revisionsverfahren stellen könnte. In einem solchen Fall kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, weil lediglich die Möglichkeit besteht, dass eine Frage nach Zurückverweisung aufgrund weiterer Sachverhaltsaufklärung erheblich werden kann (BVerwG, Beschlüsse vom 5. September 1996 - 9 B 387.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12, vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62> und vom 21. Januar 2016 - 4 BN 36.15 - BRS 84 Nr. 17 = juris Rn. 9).

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Im Übrigen sind Belange, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über einen Bauleitplan nicht erkennbar waren, nicht abwägungsbeachtlich. Was die planende Stelle nicht "sieht" und nach den gegebenen Umständen nicht zu "sehen" braucht, kann und muss sie in der Abwägung nicht berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 - 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 22). Die Ermittlungspflichten des § 2 Abs. 3 BauGB erstrecken sich deshalb nicht auf Umstände, deren Ermittlung der Gemeinde unmöglich ist. Die Beschwerde zeigt darüber hinausgehenden Klärungsbedarf nicht auf, sondern beschränkt sich der Sache nach auf den Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe die Grenzen der Ermittlungsmöglichkeiten nicht erkannt. Dieser Vorwurf betrifft allein die Rechtsanwendung im Einzelfall und führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

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