Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 76/20

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2020 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

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Die auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO und § 69 BDG) gestützte Beschwerde des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

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1. Der 1962 geborene Kläger steht als Verwaltungsoberinspektor im Dienst der klagenden Bundesagentur. Mit Strafbefehl vom Juni 2017 wurde der Beklagte wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach dem Strafbefehl hatte der Beklagte im September 2001 an einem damals 13 Jahre alten Jungen, der ihn gemeinsam mit anderen Jugendlichen zu Schwimmausflügen und Saunagängen begleitet hatte, auf der Rückfahrt mit dem Auto sexuelle Handlungen vorgenommen, über die das Opfer aus Scham bis zum Jahr 2016 schwieg. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

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Gegen die Wirksamkeit der Disziplinarklage spreche nach Vorlage einer von der zuständigen Amtswalterin unterzeichneten Klageschrift in der Berufungsverhandlung nichts mehr. Die im Strafbefehl enthaltenen Feststellungen könnten der Disziplinarentscheidung nach § 57 Abs. 2 BDG zugrunde gelegt werden. Zudem stehe der im Strafbefehl wiedergegebene Sachverhalt auch aufgrund des glaubhaften Geständnisses des Beklagten im Disziplinarverfahren fest. Das außerdienstliche Dienstvergehen sei disziplinarwürdig. Es führe im Rahmen einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

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2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 69 BDG) zuzulassen.

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Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem ebensolchen Rechtssatz widersprochen hat, der in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt worden ist, und diesen nicht anwendet, weil es ihn f&#252;r unrichtig hält (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14, vom 3. Juli 2007 - 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 4 und vom 6. Mai 2014 - 2 B 90.13 - ZBR 2014, 375 Rn. 10). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

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Allerdings kann der Beschwerde nicht zum Nachteil gereichen, dass die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Berufungsurteil zu etwaigen Mängeln der Klageschrift (UA S. 8 unter I) allenfalls kursorisch sind. Diese lassen einen übergeordneten Rechtssatz, der vom Gericht herauszustellen ist und auf den es für den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ankommt, nur in Ansätzen erkennen. Der Sache nach hat das Berufungsgericht aber die Benennung der Bundesagentur für Arbeit als Klägerin des gerichtlichen Verfahrens in der Klageschrift vom 18. September 2020 und ihre Vertretung als rechtlich zutreffend gewertet.

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Ungereimtheiten ergeben sich aber zunächst daraus, dass das Oberverwaltungsgericht von einer "von der zuständigen Amtswalterin (vgl. Ziff. I.7.2 BAZustAnO) unterzeichneten Klageschrift" spricht. Ungenau sind auch die Angaben im Rubrum des Berufungsurteils zur Vertretung der Klägerin, weil dort nicht der zum Zeitpunkt der Einreichung der zweiten Klageschrift amtierende Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion genannt ist, der die Disziplinarklage wirksam erhoben hat. Diese Umstände machen deutlich, dass das Berufungsgericht die neue Klageschrift nicht richtig erfasst und zudem einen Fehler der Klä;gerin bei der Formulierung der Klageschrift vom 18. September 2020 übersehen hat.

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Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG kann die oberste Dienstbehörde ihre Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage durch allgemeine, im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichende Anordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen. Hiervon ist für den Zuständigkeitsbereich der Klägerin auf der Grundlage der Verordnung zur Durchführung des Bundesdisziplinargesetzes bei den bundesunmittelbaren Körperschaften mit Dienstherrnfähigkeit im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 13. Juli 2006 (BGBl. I S. 1584), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 4. Mai 2016 (BGBl. I S. 1134), durch die Anordnung des zuständigen Vorstands der Bundesagentur für Arbeit über die Ü;bertragung von Befugnissen auf dem Gebiet des Beamten-, Versorgungs- und Disziplinarrechts (BAZustAnO) vom 28. Dezember 2017 (BGBl. I 2018 S. 127) Gebrauch gemacht worden.

9

Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG i.V.m. Nr. I.7.2 BAZustAnO ist für die Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten der Besoldungsgruppe des Beklagten der Vorsitzende der Geschäftsführung der jeweiligen Regionaldirektion zuständig. Zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Klageschrift relevanten Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift in der Berufungsverhandlung vom 23. September 2020 war Herr W., der die Klage für die Dienstherrin des Beklagten - Bundesagentur - erhoben hat, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Klägerin, in deren Geschäftsbereich der Beklagte bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung im September 2017 tätig war. Dementsprechend kommt es auf die unter VI. der Klageschrift vom 18. September 2020 erwähnte Entscheidung der früheren Vorsitzenden der Geschäftsführung der Regionaldirektion zur Erhebung der Disziplinarklage und die unter VI. und in den Anlagen erwähnte "Vollmacht" der Frau S. nicht an. Die Disziplinarklage ist danach am 23. September 2020 nicht, wie vom Berufungsgericht angenommen, von "der zuständigen Amtswalterin" erhoben worden, sondern von demjenigen - zuständigen - Amtswalter, auf den die Klägerin die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage zum Zeitpunkt der Einreichung der zweiten Klageschrift wirksam übertragen hatte. Kläger eines Disziplinarklageverfahrens ist der jeweilige Dienstherr des Beamten; der nachgeordnete Dienstvorgesetzte, auf den die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG übertragen worden ist, ist nicht Kläger, sondern ist lediglich als Vertreter des klagenden Dienstherrn aufzuführen.

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Wie sich auch aus dem Rubrum des zugrundeliegenden Berufungsurteils des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2007 - 3 LD 5/04 - (n.v.) ergibt, geht der von der Beschwerde herangezogene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2007 - 2 B 113.07 - (juris Rn. 7) tatsächlich davon aus, dass im Falle der Übertragung der Befugnis nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG auf einen nachgeordneten Dienstvorgesetzten dieser im eigenen Namen als Kläger der Disziplinarklage auftritt und nicht der jeweilige Dienstherr, vertreten durch den betreffenden Dienstvorgesetzten, und dass das Auftreten dieses Dienstvorgesetzten als - bloßer - gesetzlicher Vertreter der Dienstbehörde anstelle des Auftretens als Dienstvorgesetzter einen formalen Mangel der Disziplinarklage darstellt, der zu beseitigen ist. Sowohl in dem Berufungsurteil - unter Verweis auf den Beschluss des OVG Lüneburg vom 13. Mai 2005 - 3 ZD 1/05 - (RiA 2006, 187 f.) - als auch im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde wird als Kläger nicht die - zum Zeitpunkt der Klageerhebung dienstherrnfähige (§ 149a Abs. 1 Satz 1 SGB VII in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 2167) - Unfallkasse des Bundes, sondern deren Geschäftsführer als Kläger genannt.

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Von diesem Rechtssatz des Senatsbeschlusses vom 18. Dezember 2007 weicht das hier angegriffene Berufungsurteil, wie von der Beschwerde geltend gemacht, rechtssatzmäßig ab, weil es stillschweigend - rechtlich zutreffend - davon ausgeht, dass im Falle der Übertragung der Befugnis nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG auf einen nachgeordneten Dienstvorgesetzten die Dienstherrin Klägerin und der Dienstvorgesetzte, auf den die Befugnis übertragen worden ist, in der Klageschrift lediglich als Vertreter der Dienstherrin aufzuführen ist.

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Dennoch scheidet die Zulassung der Revision wegen Divergenz aus. Eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht einer Rechtsansicht nicht gefolgt ist, die das Bundesverwaltungsgericht zwar in der Vergangenheit vertreten hat, die aber der seit dieser Entscheidung langjährig geübten gerichtlichen Praxis widerspricht (BVerwG, Beschlüsse vom 5. Mai 1999 - 4 B 35.99 - NVwZ 2000, 65 <66>, vom 6. Mai 2014 - 2 B 90.13 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 22 Rn. 14 f. und vom 9. März 2021 - 2 B 6.21 - Rn. 6 m.w.N.). Die Zulassung der Revision wegen Divergenz dient der Wahrung und Erhaltung der Rechtseinheit. Diese Rechtseinheit ist aber nicht gefährdet, wenn die Entscheidung, von der abgewichen wird, zwischenzeitlich überholt ist (BVerwG, Urteil vom 11. April 2002 - 4 C 4.01 - BVerwGE 116, 169 <173>). Dies ist auch gegeben, wenn das Revisionsgericht die seiner früheren Spruchpraxis widersprechende Rechtsprechung wieder aufgegeben hat und nunmehr wieder in Übereinstimmung mit der früheren ständigen Rechtsprechung entscheidet. So liegt es hier; die genannten Erwägungen des Senatsbeschlusses vom 18. Dezember 2007 zur Frage des Klägers des Disziplinarverfahrens und der Rolle des für den Dienstherrn handelnden Bediensteten im Falle des § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG sind offenkundig unrichtig und widersprechen der ständigen Praxis.

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Zumindest seit dem von der Beschwerde herangezogenen Beschluss des Senats vom 18. Dezember 2007 geht das Bundesverwaltungsgericht für diejenigen Disziplinargesetze, die für die Zurückstufung, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts die Erhebung der Disziplinarklage vorsehen, wie selbstverständlich davon aus, dass Kläger des gerichtlichen Verfahrens der jeweilige Dienstherr des betroffenen Beamten ist und nicht derjenige Bedienstete des Dienstherrn, der für diesen die Klage erhebt. Die mit der Disziplinarklage angestrebten Disziplinarmaßnahmen betreffen das Dienstverhältnis, das zwischen Dienstherrn und Beamten besteht. Ziel sämtlicher Disziplinarmaßnahmen ist die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, für die der Dienstherr zu sorgen hat. Die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage folgt aus dem Dienstverhältnis und steht deshalb dem Dienstherrn zu; § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG regelt lediglich die Zuständigkeit für die Erhebung der Klage. Ohnehin führt die Annahme, Kläger des gerichtlichen Disziplinarverfahrens sei der konkrete Bedienstete, der für den Dienstherrn handelt, im Falle des Todes oder des Ausscheidens dieses Bediensteten aus dem Dienst des Dienstherrn zu absurden Ergebnissen. Dies gilt auch für den Vollzug der Kostenentscheidung der gerichtlichen Entscheidung, sollte diese dem betroffenen Beamten nicht sämtliche Kosten auferlegen.

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3. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Beklagte beimisst.

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Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist bei den von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht der Fall.

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a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage:

"Ist der bei außerdienstlich begangenen Dienstvergehen für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme zunächst zu bestimmende Orientierungsrahmen in Form von Abstufungen zu reduzieren, wenn der betroffene Beamte strafrechtlich - lediglich - zu der im Strafgesetz vorgesehenen Mindeststrafe, die unter einem Jahr liegt, verurteilt worden ist?"

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Diese Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil sie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens - verneinend - beantwortet werden kann (BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 28. November 2017 - 2 B 53.17 - Buchholz 240 § 42 BBesG Nr. 32 Rn. 5).

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Die in der Fragestellung zum Ausdruck kommende Erwägung einer Abstufung des Orientierungsrahmens widerspricht der Funktion dieses Verfahrensschritts bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG, die im pflichtgem8;ßen Ermessen des Gerichts liegt und primär nach der Schwere des Dienstvergehens zu bestimmen ist. Wie bereits die Bezeichnung verdeutlicht, bestimmt die Ausrichtung an dem zum Tatzeitpunkt geltenden Strafrahmen lediglich die Bandbreite der für das konkrete Dienstvergehen in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahme i.S.v. § 5 BDG. Die generelle Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlusts am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - BVerwGE 154, 10 Rn. 19 f.). Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind. Aus dieser Funktion des Orientierungsrahmens leitet sich die in der Praxis des Senats übliche Formulierung ab, dass ausgehend vom Strafrahmen der Orientierungsrahmen "bis hin" zur Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet ist (BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 32 und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 39 Rn. 16).

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Die weiteren Schritte zur Festlegung der Disziplinarmaßnahme, etwa ob der Orientierungsrahmen ausgeschöpft oder gar überschritten wird, sind eine Frage des konkreten Einzelfalls und der dem Disziplinargericht aufgegebenen Würdigung sämtlicher be- und entlastenden Umstände. Die dem Disziplinargericht in diesem Zusammenhang obliegenden Überlegungen betreffen die Bestimmung des Orientierungsrahmens nicht mehr.

20

b) Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam sieht die Beschwerde des Beklagten ferner die Frage an:

"Ist der Umstand, dass eine Tat, die als außerdienstliches Dienstvergehen gewürdigt wird, bereits sehr lange zurückliegt, bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme als Milderungsgrund zu berücksichtigen?"

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Diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 69 BDG, weil sie im angestrebten Revisionsverfahren nicht rechtsgrundsätzlich geklärt werden könnte. Die Frage betrifft die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme durch das Gericht nach Maßgabe von § 13 BDG. Diese Bemessung ist aber stets eine Frage der Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls (stRspr, zuletzt BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - NJW 2020, 2907 Rn. 39) und entzieht sich damit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung. Eine genaue Bestimmung von Milderungsgründen, die im Rahmen der Bemessungsentscheidung vom Gericht nach Tatbestand und Rechtsfolge zu prüfen wären, ist dem Bundesdisziplinargesetz gerade nicht zu entnehmen.

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c) Zuletzt benennt die Beschwerde die Frage:

"Ist der Umstand, dass ein außerdienstliches Dienstvergehen, welches keinen Bezug zum Dienst hat, und von dem Strafgericht - lediglich - mit der im Gesetz vorgesehenen Mindeststrafe von sechs Monaten geahndet worden ist, als Milderungsgrund bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen?"

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Auch diese Frage verleiht der Rechtssache nicht die erforderliche grundsätzliche Bedeutung, weil sie auf der Grundlage der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - wiederum verneinend - beantwortet werden kann.

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Unter Aufgabe der teilweise entgegenstehenden Auffassung im Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - (BVerwGE 152, 228 Rn. 38) hat der Senat im Anschluss an seine frühere Rechtsprechung entschieden, dass der konkreten im Wege der Strafzumessung ausgesprochenen Strafe aufgrund der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht keine die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung zukommt (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 34 f. und Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 B 24.16 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 38 Rn. 13).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

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