Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 11 K 67/06

Tatbestand

 
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Beklagten vom 9. August 2004 über den Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens.
Der Kläger ist Landwirt und Besitzer der auf seinem Anwesen in X befindlichen Obstabfindungsbrennerei Nr. 001 mit einer monopolbegünstigten Erzeugungsgrenze von 300 Litern Alkohol (lA). Zudem ist er zum Beauftragten in der Obstabfindungsbrennerei Nr. 002 seiner Ehefrau B bestellt.
Im Jahre 2002 führte das Zollfahndungsamt (ZFA) bei einem Branntweinhändler eine Überprüfung der Branntweinankaufsbelege durch. Dabei stellte es erhebliche Alkoholverkäufe des Klägers im Zeitraum November 1993 bis März 2002 fest. Das Hauptzollamt (HZA) verglich die festgestellten Alkoholverkäufe mit den seiner Ansicht nach im Rahmen genehmigter Brennverfahren erzeugbaren Alkoholmengen und kam zu einem Mehrverkauf von ca. 4.500 lA, für den seiner Ansicht nach ein Nachweis einer ordnungsgemäßen Erzeugung nicht vorlag. Daraufhin wurde ein Strafverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet und aufgrund eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts Y vom 24. Oktober 2002 am 3. Dezember 2002 das Anwesen des Klägers, auf dem sich die Brennerei befindet, durchsucht.
Nachdem der Kläger gegenüber dem HZA die Absicht bekundet hatte, trotz des laufenden Strafverfahrens auf seiner Brennerei Alkohol zu erzeugen, entzog das HZA dem Kläger und seiner Brennerei mit Bescheid vom 9. August 2004 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gemäß § 117 a der Brennereiordnung (BO) die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen. Hiergegen erhob der Kläger fristgemäß Einspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, er habe mit dem eigenen sowie mit den ihm zur Verfügung stehenden Kontingenten anderer Brennereien genügend Alkohol ordnungsgemäß erzeugen und auf seinen Namen verkaufen können. Bei den festgestellten Mehrverkäufen handele es sich somit um Alkohol aus angemeldeten Brennverfahren.
Auf Vorschlag des HZA stimmte der Kläger dem Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens zu.
Am 14. November 2005 erstellte das ZFA im Rahmen des Strafverfahrens seinen Schlussbericht, wonach sich der Tatvorwurf auf rund 10.800 lA erhöhte. Daraufhin teilte das HZA dem Kläger die Fortführung des Einspruchsverfahrens mit und wies mit Einspruchsentscheidung vom 1. März 2006 den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner bei Gericht am 30. März 2006 eingegangenen Klage vom 17. März 2006.
Zur Begründung führt er aus, das HZA ermittele seit März 2002 und damit seit rund vier Jahren gegen den Kläger. Die von der Behörde vermeintlich festgestellten Mehrverkäufe von Alkohol, die nicht aus einem ordnungsgemäß angemeldeten Brennverfahren stammen könnten, seien u. a. inzwischen vom ZFA im Bericht vom 14. November 2005 festgehalten worden. Dieser Schlussbericht enthalte betriebswirtschaftlich so wesentliche Fehler, dass er als vernünftiger Nachweis für die Vorwürfe nicht dienen könne. So fehle es in einer Übersicht über die angemeldeten Brennverfahren und die dabei erzielten Mengen einerseits und die Verkäufe andererseits insbesondere an einem richtigen Anfangsbestand der Fortschreibung. Ebenso, wie man bei einem Kassenbuch den Anfangsbestand in die Berechnung der Kassenumsätze einbeziehen müsse, sei es auch bei einer derartigen Bestandsverprobung betriebswirtschaftlich notwendig, einen angemessenen und richtigen Anfangsbestand zugrunde zu legen. Dies sei aber in dem Bericht nicht erfolgt. Weiterhin sei in dem Bericht kein Endbestand festgelegt worden. Es dürfe wiederum analog auf die Kassenbuchführung verwiesen werden. Um eine Kassenbuchführung abschließend beurteilen zu können, benötige man einen Anfangsbestand, die Einnahmen und die Ausgaben. Erst dann könne objektiv nachgewiesen werden, ob der Endbestand richtig oder falsch sei. Fehle es aber sowohl am Anfangsbestand als auch am Endbestand, dann sei betriebswirtschaftlich die Auflistung von Einnahmen und Ausgaben allenfalls eine Fehlerfeldbeurteilung, aber gerade kein Nachweis einer falschen Kassenbuchführung.
Entsprechend verhalte es sich bei den von der Verwaltung angestellten Übersichten. Unter Berücksichtigung ordnungsgemäßer Anfangsbestände und ordnungsgemäßer Endbestände ergebe sich eine nachweislich richtige Erzeugung und Abverkauf von Branntwein. Hierauf habe der Kläger in mehreren Schreiben hingewiesen. Gleichwohl stelle sich das HZA auf den Standpunkt, wenn er einen Verdacht hege, sei er befugt, nach § 117 a BO von der Möglichkeit des Abfindungsentzugs Gebrauch zu machen. Ein solcher Verdacht rechtfertige aber nicht das finanzbehördliche Ermessen, nach § 117 a BO von der Möglichkeit des Abfindungsentzugs Gebrauch zu machen. Hierzu bedürfe es einer ordnungsgemäßen sachlichen Begründung, insbesondere wenn nunmehr inzwischen vier Jahre verstrichen seien, ohne dass die Behörde eine angemessene Darstellung der Gründe für ihren Verdacht vorgelegt habe.
10 
Es gehe nicht, dass über einen wesentlichen Teil eines Obst produzierenden landwirtschaftlichen Betriebes ein faktisches Berufsverbot verhängt werde. § 117 a BO sei, soweit er der Behörde eine derartige Sofortmaßnahme einräume, verfassungswidrig. Ein Strafgericht könne gem. § 132 a der Strafprozessordnung (StPO) ein vorläufiges Berufsverbot gegen einen Beschuldigten verhängen, wenn dringende Gründe dafür sprächen, dass im Urteil ein endgültiges Berufsverbot gem. § 70 des Strafgesetzbuches (StGB) gegen ihn ausgesprochen wird. Aufgrund der überragenden Bedeutung der in Art. 12 des Grundgesetzes (GG) garantierten Berufsfreiheit rechtfertige aber allein das Vorliegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen die Verhängung eines vorläufigen Berufsverbotes nicht. Dies habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 entschieden (2 BvR 673/05, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - Information StW - 2006, 289). Obwohl es sich hier um ein Gericht gehandelt und eine gesetzliche Ermächtigung vorgelegen habe, habe das BVerfG diese Bestimmung in dem genannten Beschluss suspendiert. Wenn es aber schon einem Gericht aufgrund einer gesetzlichen Norm nicht anstehe, ein vorläufiges Berufsverbot auszusprechen, wie viel weniger stehe es dann einer Behörde zu, die sich dabei nicht einmal auf ein Gesetz, sondern nur auf eine Verordnung stützen könne und wolle. Im Gegensatz zum entschiedenen Fall finde hier keine richterliche Kontrolle für den Entzug eines Grundrechtes statt.
11 
Die Maßnahme sei zudem unbillig und durch das öffentliche Interesse nicht geboten. Das Berufsverbot sei die letzte und allerschwerwiegendste Konsequenz, es stünden insbesondere mildere Mittel wie z. B. eine Bankbürgschaft oder andere geeignete wirtschaftliche Sicherungsmittel zur Verfügung, die den Interessen des Berechtigten gerecht werde. Dies gelte insbesondere, wenn eine Maßnahme wie vorliegend bereits vier Jahre andauere.
12 
Das Problem der Nachversteuerung von Alkoholmengen im Falle des rechtskräftigen Entzuges des Brennrechtes könne wirtschaftlich ganz anders und sachgerecht gelöst werden. Dazu bedürfe es keines Berufsverbotes.
13 
Der Kläger beantrage, die Rechtsnorm des § 117 a BO - soweit diese als Sofortmaßnahme zum Schutze des Branntweinmonopols den vorläufigen Entzug des Brennrechts anordne - dem BVerfG zur Überprüfung vorzulegen.
14 
Es sei nachweislich falsch, dass keine relevanten Lagerbestände festzustellen seien. Richtig sei, dass bei einer Durchsuchung am 3. Dezember 2002 lediglich die Bestände in der Brennerei und im privaten Keller, nicht aber die Bestände im Branntweinlager aufgenommen worden seien. Es sei eine durch Belege nachweisbare Tatsache, dass aus diesen Beständen im August 2005 z. B. 2.312 Liter reiner Alkohol Weinhefe veräußert worden seien.
15 
Im übrigen verweise der Kläger auf § 158 der Abgabenordnung (AO) und die dort festgelegte Regelung über die Beweiskraft der Buchführung. Weder der Bericht des ZFA noch die Begründung der Einspruchsentscheidung enthielten Umstände des Einzelfalles, die die sachliche Richtigkeit der Buchführung widerlegten. Alle vom ZFA festgestellten Verkäufe seien in der Finanzbuchhaltung ordnungsgemäß gebucht. Die Prüfung des Amtes habe die Richtigkeit der Buchführung sogar erhärtet. Wenn schon die Lebenserfahrung so wichtig erscheine, dann folge aus dieser Lebenserfahrung gerade das Gegenteil von dem, was die Behörde als richtig annehme. Es sei absurd, dass ein Steuerpflichtiger Jahr für Jahr in seiner Buchführung Branntweinverkäufe aufführe, die er widerrechtlich hergestellt habe.
16 
Der Branntwein sei ein rechtmäßiges, steuerfreies Gewinnthesaurierungsmittel im Betrieb. Die Obstbestände würden selbst erzeugt, die Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner Ehefrau seien nicht entgeltlich erfolgt und führten daher auch nicht zu Anschaffungskosten. Weder die Einlagerung der Maische noch das Abbrennen verursachten nennenswerte Kosten und führten daher nicht zu Anschaffungskosten für den rechtmäßig erstellten Branntwein. Deshalb könne der Landwirt diese Bestände ruhig in seinem Lager ohne Ansatz eines nennenswerten Bilanzpostens im Jahresabschluss lagern. Er habe so verkaufsfähige Ware, die er jederzeit in bare Münze umwandeln könne. Erst dann müsse er sie auch in die Gewinn- und Verlustrechnung als Ertrag aufnehmen, wodurch sie seinen steuerpflichtigen Gewinn erhöhe. Bis zu seinem Verkauf stelle er rechtmäßig steuerfreie Gewinnthesaurierung dar.
17 
Aufgrund der Witterungsverhältnisse aber auch aufgrund der Preisschwankungen am Markt träten erhebliche Gewinnschwankungen ein. Dies führe zu einer unverhältnismäßig hohen Steuerzahllast wegen der Progression des Steuertarifes. Deshalb sei es im Interesse des Steuerpflichtigen, durch einen entsprechenden zeitlichen Abverkauf von Waren möglichst einen gleichmäßigen jährlichen Gewinn auszuweisen. Eine derartige Bestandsführung liege also im Interesse des Landwirtes. Bis 1992 habe der Betrieb über Großvieh verfügt, bei dessen Bewertung ebenfalls gesetzmäßig zulässige Bewertungsreserven geschaffen würden. Da dieses Großvieh schon zuvor, zuletzt aber bis zum Jahre 1992, Zug um Zug veräußert worden sei, habe sich aufgrund der Veräußerung eine Realisierung der Bewertungsreserven in den Viehbeständen ergeben. Dies habe zwangsläufig zu erhöhten Gewinnausweisungen geführt. Daher sei es konsequent und verständlich, dass der Steuerpflichtige zur Kompensation dieser Buchgewinne entsprechend stille Reserven durch Erhöhung der Branntweinbestände geschaffen habe, die er rechtmäßig buchmäßig nicht auszuweisen habe. Die nach Auffassung der Zollbehörde unüblich hohen Anfangsbestände, die allmählich in der Folgezeit ab 1992 abverkauft worden seien, seien also betriebswirtschaftlich begründet.
18 
Der Kläger sei seinen Erklärungs- und Nachweispflichten ausreichend nachgekommen. Er erstelle jährlich ordnungsgemäße Jahresabschlüsse. Der Jahresabschluss zum 30. Juli 1999 sei durch einen Erläuterungsbericht ergänzt und von der steuerlichen Betriebsprüfung geprüft und im wesentlichen unbeanstandet geblieben. Die Behörde habe dagegen ihre Ermittlungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt.
19 
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 9. August 2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
20 
Das HZA beantragt, die Klage abzuweisen.
21 
Es verweist im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung vom 1. März 2006. Ergänzend führt es aus, der im finanzbehördlichen Ermessen liegende Abfindungsentzug sei nach den Feststellungen des ZFA zur Vermeidung möglicher Missbräuche und Steuerausfälle zwingend geboten und auch hinreichend begründet worden. Der in konkreten behördlichen Feststellungen gründende Tatvorwurf sei erheblich und erscheine auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers nicht willkürlich oder haltlos. Der Kläger verkenne den in der Einspruchsentscheidung ausführlich erläuterten Regelungszweck der Rechtsnorm des § 117 a BO als Sofortmaßnahme zum Schutze des Branntweinmonopols.
22 
Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 28. November 1995 (VII R 6/94, BFHE 1996, 8 - Kurzwiedergabe-, Langtext in der juris-Datenbank) das Brennen unter Abfindung als Konglomerat von steuertechnischen, steuerverfahrensrechtlichen und materiellen steuer- und monopolrechtlichen Vergünstigungen charakterisiert, aus dem aber kein eigenständiges Berufsbild des Abfindungsbrenners folge. Vielmehr handele es sich um eine Besitzstandsregelung. Bei Eingriffen in diese Regelung habe der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einen noch größeren Gestaltungsspielraum als für Berufsausübungsregelung schlechthin. Danach sei den Ausführungen des Klägers, der angefochtene Entzug komme faktisch einem verfassungswidrigen Berufsverbot gleich, nicht zuzustimmen. Er könne seine Brennerei als so genannte Verschlussbrennerei betreiben, was aber erfordere, dass er sie zuvor verschlusssicher einrichte.
23 
Eine Maßnahme zur Verhinderung eines möglichen Missbrauchs steuer- und monopolrechtlicher Vergünstigungen könne nicht durch eine Bankbürgschaft ersetzt werden. Eine zumutbare Alternative zu der angefochtenen Maßnahme sei nicht ersichtlich.
24 
Am 19. Dezember 2006 wurde die Sache mündlich verhandelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der Prozessbevollmächtigte dem Gericht einen Lageplan, zwei Verkaufsrechnungen vom 31. Dezember 2005 bzw. vom 7. Dezember 2006 sowie zwei Seiten mit Unterschriften vor. Den Angaben des Prozessbevollmächtigten zufolge handelt es sich dabei um eine Seite mit Unterschriften des Klägers und um eine Seite mit den Unterschriften derjenigen Personen, in deren Namen der Kläger nach den Feststellungen des ZFA Branntwein verkauft haben soll. Sämtlichen Unterlagen wurden in Kopie vorgelegt.
25 
Zudem trug der Prozessvertreter vor, bei der Durchsuchung des Anwesens seien lediglich die Bestände in den Räumen der Brennerei erfasst worden, nicht aber die im Tanklager der alten Brennerei lagernden Bestände. Aus diesen stammten auch die in den soeben vorgelegten Verkaufsbelegen dokumentierten Branntweinmengen. Angaben zu den gelagerten Mengen und Branntweinsorten konnte er jedoch nicht machen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die von der Zollverwaltung im Rahmen des Strafverfahrens beschlagnahmten Unterlagen, auf die er jedoch keine Zugriff habe.
26 
Auf die Nachfrage des Senates, wie er auf den Ansatz von 1.950 DM für den Bestand an Branntweinerzeugnissen gekommen sei, erklärte der Prozessbevollmächtigte, da keine Anschaffungs- und Herstellungskosten anfielen, sei die Höhe des Ansatzes in der Bilanz nicht relevant. So könne man den Liter reinen Alkohol z.B. mit 10 Pfennig ansetzen.
27 
Dem Gericht lagen bei seiner Entscheidung ein Band Verwaltungsakten sowie das Amtsbelegheft der Brennerei Nr.  001 vor.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die Klage ist zulässig, sie ist indessen nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 9. August 2004, mit dem das HZA dem Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, entzogen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
29 
Nach § 57 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) i. V. m. § 11 der Branntweinmonopolverordnung (BrMV) und § 117 a S. 1 BO kann das HZA Brennereien, Brennereibesitzern und Stoffbesitzern die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, auf Zeit oder auf Dauer versagen oder entziehen, wenn das Steueraufkommen gefährdet ist oder wenn gegen die Vertrauenswürdigkeit des Brennereibesitzers oder des Stoffbesitzers Bedenken bestehen.
30 
Die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die durch das Gericht nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden kann. Auf Grund der Wahlfreiheit der Behörde in der Rechtsfolgenbestimmung kann sich eine Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung und eine Verletzung des Klägers in seinen Rechten nur daraus ergeben, dass die Behörde die gesetzliche Ermächtigung nicht einhält oder den ihr vom Gesetz gezogenen äußeren Rahmen überschreitet (Ermessensüberschreitung/ Ermessensunterschreitung), dass die Behörde die inneren Schranken ihres Handelns absichtlich oder irrtümlich verkennt (Ermessensfehlgebrauch) oder die Behörde nicht beachtet, dass aufgrund der Sachlage des Einzelfalles die Ermessensgrenzen ausnahmsweise so eingeengt sind, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, während jede andere Entscheidung notwendig zu einem Ermessensfehler führt (so genannte "Ermessensreduzierung auf Null", vgl. zum Ganzen Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 102 FGO Rz. 1 ff.). Dabei darf das Gericht - außer im Falle der "Ermessensreduzierung auf Null" nicht das eigene Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltungsbehörde setzen (Tipke/Kruse, a. a. O, § 102 FGO Rz. 9).
31 
Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich. Das HZA ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass aufgrund der vom ZFA getroffenen Feststellungen erhebliche Bedenken gegen die Vertrauenswürdigkeit des Klägers bestehen und damit der Anwendungsbereich des § 117a S. 1 BO erfüllt ist. Der Senat hat keine Veranlassung, die tatsächlichen Feststellungen des ZFA in Zweifel zu ziehen. Auch sind die Schlüsse, die das HZA aus den Tatsachenfeststellungen gezogen hat, nachvollziehbar und verstoßen nicht gegen logische Denkgesetze.
32 
Im vorliegenden Fall hat das HZA die Bedenken gegen die Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 117 a BO auf seinen Verdacht einer durch den Kläger begangenen Steuerhinterziehung gestützt. Auf die Frage, ob der Kläger tatsächlich eine im strafrechtlichen Sinne vollendete Steuerhinterziehung begangen hat, kommt es in diesem Rahmen nicht an, da ein Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, nicht den Nachweis einer Steuerhinterziehung voraussetzt, sondern von der Vertrauenswürdigkeit des Brennereibesitzers (bzw. die Gefährdung des Steueraufkommens) abhängt, der auch bei einem begründeten Verdacht einer Steuerhinterziehung vorliegen kann. Bei der Beurteilung, ob eine Ermessensentscheidung rechtmäßig ist, ist nämlich insbesondere der Zeck der Vorschrift zu berücksichtigen, auf der die Entscheidung beruht.
33 
§ 117 a BO dient dem Schutz des Branntweinmonopols. Das Brennen unter Abfindung stellt eine nicht unerhebliche Vergünstigung dar, da in Abfindungsbrennereien unter Verzicht auf Verschlüsse die Menge des herzustellenden Branntweins geschätzt wird. Dabei verbleibt dem Brennerei- bzw. Stoffbesitzer eine steuerfreie Überausbeute an Alkohol, für die keine Abgaben bezahlt werden müssen. Dieses Prinzip der Schätzung setzt aber eine besondere steuerliche Zuverlässigkeit voraus. Wird beim Brennen unter Abfindung Missbrauch getrieben, sind die außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren hergestellten Branntweinmengen oft nur schwer oder gar nicht nachzuweisen. Bestehen daher Bedenken gegen die Zuverlässigkeit, muss sichergestellt sein, dass ein - gegebenenfalls weiterer - Missbrauch bis zur rechtskräftigen Feststellung, ob tatsächlich außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren Branntwein hergestellt wurde, ausgeschlossen ist. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Vergünstigung unter Abfindung zu brennen bis dahin entzogen wird. Diese verwaltungspolizeiliche Maßnahme darf zwar nicht aus jedem noch so geringen Anlass erfolgen; sie muss jedoch bei tatsächlichen Anhaltspunkten konsequent ergriffen werden, soll sie nicht ins Leere laufen.
34 
Ein unwiderlegbarer Nachweis einer vollendeten Steuerhinterziehung ist demnach nicht notwendig. Es reichen vielmehr tatsächliche Anhaltspunkte für mangelnde Vertrauenswürdigkeit aus, um Bedenken und damit auch einen Abfindungsentzug auf Zeit zu begründen. Solche Anhaltspunkte hat das HZA durch seinen Verweis auf die Feststellungen des ZFA hinreichend dargelegt. Soweit der Kläger diese Feststellungen dadurch zu entkräften versucht, dass er die fehlende Bestimmung eines Anfangs- und Endbestands an Branntwein bemängelt, hält ihm das HZA zu Recht entgegen, bei der Durchsuchung des Anwesens seien keine relevanten Lagerbestände festgestellt worden. Auch habe er keinerlei konkrete Angaben dazu gemacht, in welcher Menge und Art er seinerzeit Alkohol gelagert haben wolle, der beim Abgleich nicht berücksichtigt worden sei. Zwar erklärte der Prozessvertreter in der mündlichen Verhandlung, bei der Durchsuchung des Anwesens seien lediglich die Bestände in den Räumen der Brennerei erfasst worden, nicht aber die im Tanklager der alten Brennerei lagernden umfangreichen Bestände, aus denen die in den nunmehr vorgelegten Verkaufsbelegen dokumentierten und veräußerten Branntweinmengen stammten. Angaben zu den gelagerten Mengen und Branntweinsorten konnte er jedoch nicht machen.
35 
Selbst, wenn dieser Tatsachenvortrag zuträfe, würde dies die festgestellten Mehrverkäufe in den Jahren 1993 bis 2002 nicht erklären, im Gegenteil. Wären im Zeitpunkt der Durchsuchung des Anwesens im Jahre 2002 noch größere Branntweinbestände vorhanden gewesen, würde dies die Menge des Branntweins, dessen ordnungsgemäße Herstellung nicht nachgewiesen werden kann, noch erhöhen. Denn die vom HZA festgestellten Mengen resultieren ja aus den bis zum Jahr 2002, also vor der Durchsuchung, erfolgten Branntweinverkäufen. Die behaupteten Lagerbestände wären demnach der Menge der errechneten Mehrverkäufe noch hinzuzurechnen und würden damit den strafrechtlichen Tatvorwurf noch erhöhen.
36 
Auch der Hinweis des Prozessbevollmächtigten auf die Beweiskraft der Bilanzen, deren Richtigkeit weder vom HZA noch vom ZFA jemals in Frage gestellt worden seien, geht fehl. Zunächst ist festzustellen, dass aus der vom Klägervertreter vorgelegten Bilanz nicht auf die vorhandene Menge Branntwein geschlossen werden kann. Im Kontennachweis zur Bilanz zum 30. Juni 1999 sind unter der Kontonummer...1 (Bestand Branntweinerzeugnisse) 1.950 DM angegeben. Der Prozessvertreter konnte aber in der mündlichen Verhandlung nicht erläutern, wie er auf diesen Betrag gekommen war. Vielmehr antwortete er, es sei unerheblich, mit welchem Betrag man den Branntwein in die Bilanz aufnehme, da keine nennenswerten Herstellungskosten entstünden. Man könne z. B. einfach 10 Cent pro Liter Alkohol ansetzen. Ob er in diesem Fall tatsächlich 10 Cent pro Liter angesetzt hat , ließ der Prozessvertreter offen. Eine Rückrechnung auf einen tatsächlichen Bestand ist daher nicht möglich.
37 
Das ZFA ist bei seiner Mengenermittlung auch nicht von dem in der Bilanz aufgeführten Branntweinbestand und -erlös, sondern von den beim Branntweinaufkäufer B. festgestellten Verkaufsbelegen ausgegangen. Die Bilanzen des Klägers spielten in diesem Zusammenhang ersichtlich keine Rolle. Das HZA und das ZFA haben die Bilanzen des Klägers demnach nie überprüft und hatten daher keinen Anlass, die Richtigkeit der Bilanzen anzuzweifeln.
38 
Soweit der Prozessbevollmächtigte vorträgt, es widerspreche dem gesunden Menschenverstand, dass jemand illegal Branntwein herstelle, die Verkaufserlöse aber dann in die Bilanz aufnehme, überzeugt dies nicht. Wenn jemand außerhalb genehmigter Brennverfahren Branntwein herstellt, beim Verkauf des Branntweins aber Verkaufsbelege des Aufkäufers unterschreibt, ist es nur konsequent, die bereits bei einem Dritten in der Buchhaltung erfassten Verkäufe auch in die eigene Bilanz aufzunehmen. Die Bilanz wird dadurch auch nicht unrichtig, da sie mit der Aufnahme der Verkaufserlöse in die Bilanz ja nur tatsächlich durchgeführte Verkäufe abbildet. Über den Ausweis des Bestands, der jedoch nur eingeschränkt möglich ist (s.o.), und des Verkaufserlöses von Branntwein hinaus kann die Bilanz keine Aussage treffen, insbesondere nicht über die ordnungsgemäße Erzeugung des verkauften Branntweins. Das Risiko der Aufdeckung außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren hergestellter Branntweinmengen über die Bilanz ist wegen der geschätzten Erzeugungsmenge zudem äußerst gering.
39 
Ob sich im anhängigen Strafverfahren später sämtliche Vorwürfe nachweisen lassen, ist für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit nicht maßgeblich. Zweck des § 117a BO ist schließlich nicht die Vorwegnahme des Strafverfahrens, sondern der Ausschluss eines - gegebenenfalls weiteren - Missbrauchs bis zur rechtskräftigen Feststellung, ob tatsächlich außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren Branntwein hergestellt wurde.
40 
Im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen des ZFA und den Umfang einer möglichen Steuerhinterziehung in Höhe von rund 140.000 EUR erscheint die Ermessensentscheidung des HZA sachgerecht. Diese Entscheidung entspricht Abs. 18 der diesbezüglichen Verwaltungsvorschrift in der Vorschriftensammlung der Finanzverwaltung - VSF - V 2265, die die zuständigen Behörden anweist, in den Fällen, in denen mit einem Abfindungsverlust nach § 116 a Abs. 1 S. 1 Nr. 9 i.V.m. Abs. 2 BO infolge einer Steuerstraftat zu rechnen ist, für die Zeit zwischen der Aufdeckung der Tat und ihrer rechtskräftigen Aburteilung in der Regel von der Möglichkeit des Abfindungsentzugs nach § 117a BO Gebrauch zu machen. Das HZA hat diese Dienstanweisung bei seiner Ermessensentscheidung in nicht zu beanstandender Weise angewendet. Gründe, warum er von einer Annahme des Regelfalls zwingend hätte absehen müssen, sind nicht ersichtlich. Die Dienstanweisung an sich ist rechtlich auch nicht zu beanstanden. Zwar engt der Bundesminister der Finanzen die Ermessensausübung des entscheidenden Beamten zur Sicherung einer einheitlichen Verfahrensweise mit dieser Verwaltungsanweisung ein; aufgrund der Begrenzung dieser Regelung auf den Regelfall, wodurch anders lautende Einzelfallentscheidungen möglich sind, ist an dieser Regelung jedoch nichts auszusetzen.
41 
Das HZA hat in seiner Einspruchsentscheidung auch dargetan, dass er den zeitlich begrenzten Entzug der Vergünstigung unter Abfindung zu brennen, im Hinblick auf den Verordnungszweck für erforderlich hält, da der Kläger seine Absicht kund getan habe, erneut zu brennen.
42 
Anders als der Kläger meint, gibt es auch kein milderes Mittel zur Erreichung des Zwecks, nämlich der Sicherung des Branntweinmonopols. Insbesondere kann eine Bankbürgschaft diese Sicherheit nicht gewährleisten, da sie nur die Durchsetzung eines bestehenden Anspruches sichern kann. Der zeitlich begrenzte Entzug soll aber abgesehen von dem vorbeugenden Schutz vor - ggf. weiterem - Missbrauch verhindern, dass die entstandene Steuer mangels Nachweis der tatsächlich erzeugten Alkoholmengen nicht erhoben werden kann. Ein solcher Nachweis ist aber in Abfindungsbrennereien mangels entsprechender Erfassung der Branntweinmengen in der Regel nicht zu erbringen, da beim Brennen unter Abfindung die Steuer nach standardisierten, im Regelfall zugunsten der Brenner eher niedrig bemessenen Ausbeutesätzen berechnet wird. Um für den Fall eines durch Strafurteil kraft Gesetzes rückwirkend eintretenden Abfindungsverlustes (§ 116 a Abs. 1 S. 1 Nr. 9  i.V.m. Abs. 2 BO) die erzeugten Alkoholmengen feststellen zu können, bedürfte es einer verschlusssicheren Einrichtung der Brennerei. Eine Bankbürgschaft ist nicht geeignet, die Schwierigkeiten bei einer nachträglichen Feststellung der erzeugten Alkoholmengen zu beseitigen. Dies hat das HZA bereits in der Einspruchsentscheidung dargetan.
43 
Die Maßnahme ist auch im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer nicht unangemessen. Zum einen hat das Verwaltungsverfahren mit Zustimmung des Klägers zeitweise geruht, zum anderen sind die Ermittlungen von Branntweinmehrverkäufen zeitlich sehr aufwendig, was einen zügigen Abschluss des Ermittlungsverfahrens oft verhindert. Aber auch unabhängig davon verfehlte § 117a BO seinen Zweck, würde man mit dem Hinweis auf eine zugegebenerweise lange Verfahrensdauer auf den zeitlich begrenzten Abfindungsentzug als Sicherungsmaßnahme verzichten.
44 
Die Behauptung des Klägers, der Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, komme einem Berufsverbot gleich, ist nicht zutreffend. Das HZA hat zu Recht auf das Urteil des BFH vom 28. November 1995 (a. a. O.) hingewiesen, in dem der BFH festgestellt hat, dass das Abfindungsbrennen als Konglomerat von steuertechnischen, steuerverfahrensrechtlichen und monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen zu charakterisieren ist. Daraus folge aber kein eigenständiges Berufsbild eines Abfindungsbrenners, denn die bloße Inanspruchnahme steuerrechtlicher Vergünstigungen reiche für die Begründung eines solchen Berufsbildes nicht aus. Der Abfindungsbrenner sei ebenso wie der Verschlussbrenner nach dem Berufsbild (Obst-)Brenner. Demgemäß greife der dauernde Ausschluss von der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, nicht in das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl ein. Dem Betroffenen bleibe es unbenommen, seinen Beruf als (Obst-)Brenner - wenn auch in der Regelform des Brennens unter Verschluss - fortzuführen. Hierauf habe er unter den Voraussetzungen der §§ 52 ff.BranntwMonG einen Rechtsanspruch. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an. Wenn aber bereits der dauerhafte Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, keinen Verstoß gegen die Berufsfreiheit darstellt, so gilt dies erst recht für den einen geringeren Eingriff darstellenden Entzug auf Zeit (bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens). Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Kläger hauptberuflich Landwirt ist und die Brennerei nur einen Nebenerwerb bzw. Teilbereich seiner beruflichen Tätigkeit darstellt. Die Entscheidung des HZA kann daher kein faktisches Berufverbot darstellen. Eine Vorlage an das BVerfG erübrigt sich daher.
45 
Der Verweis des Klägers auf die Rechtsprechung des BVerfG zu § 132 a StPO geht daher ins Leere. Selbst unter Anwendung der in dieser Entscheidung getroffenen Grundsätze, wäre die Entscheidung des HZA nicht zu beanstanden. Er hat sich nämlich nicht auf die Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 117a BO beschränkt, sondern darüber hinaus ausgeführt, warum er den Entzug der Abfindung für nötig hält, dass ein Entzug auf Zeit ausreichend ist und es kein milderes Mittel gibt.
46 
Gerade in einer Zeit, in der für gewerbliche Brennereien das Auslaufen des Branntweinmonopols und damit aller Vergünstigungen in Sicht ist, ist es dringender als je erforderlich, Missbräuche beim Abfindungsbrennen zu verfolgen, damit nur noch diejenigen Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer, die sich als steuerehrlich und damit vertrauenswürdig erweisen, so wie es das Gesetz will, in den Genuss der monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen kommen (BFH-Beschluss vom 19. März 2001 VII B 231/00, BFH/NV 2001,1012).
47 
Das HZA  hat in seiner Einspruchsentscheidung sowohl die tatsächlichen Voraussetzungen als auch seine Ermessenserwägungen ausreichend dargetan. Die Entscheidung ist daher bei der gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu beanstanden.
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1 und 143 Ab. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
49 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Gründe

 
28 
Die Klage ist zulässig, sie ist indessen nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 9. August 2004, mit dem das HZA dem Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, entzogen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
29 
Nach § 57 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) i. V. m. § 11 der Branntweinmonopolverordnung (BrMV) und § 117 a S. 1 BO kann das HZA Brennereien, Brennereibesitzern und Stoffbesitzern die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, auf Zeit oder auf Dauer versagen oder entziehen, wenn das Steueraufkommen gefährdet ist oder wenn gegen die Vertrauenswürdigkeit des Brennereibesitzers oder des Stoffbesitzers Bedenken bestehen.
30 
Die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die durch das Gericht nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden kann. Auf Grund der Wahlfreiheit der Behörde in der Rechtsfolgenbestimmung kann sich eine Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung und eine Verletzung des Klägers in seinen Rechten nur daraus ergeben, dass die Behörde die gesetzliche Ermächtigung nicht einhält oder den ihr vom Gesetz gezogenen äußeren Rahmen überschreitet (Ermessensüberschreitung/ Ermessensunterschreitung), dass die Behörde die inneren Schranken ihres Handelns absichtlich oder irrtümlich verkennt (Ermessensfehlgebrauch) oder die Behörde nicht beachtet, dass aufgrund der Sachlage des Einzelfalles die Ermessensgrenzen ausnahmsweise so eingeengt sind, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, während jede andere Entscheidung notwendig zu einem Ermessensfehler führt (so genannte "Ermessensreduzierung auf Null", vgl. zum Ganzen Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 102 FGO Rz. 1 ff.). Dabei darf das Gericht - außer im Falle der "Ermessensreduzierung auf Null" nicht das eigene Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltungsbehörde setzen (Tipke/Kruse, a. a. O, § 102 FGO Rz. 9).
31 
Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich. Das HZA ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass aufgrund der vom ZFA getroffenen Feststellungen erhebliche Bedenken gegen die Vertrauenswürdigkeit des Klägers bestehen und damit der Anwendungsbereich des § 117a S. 1 BO erfüllt ist. Der Senat hat keine Veranlassung, die tatsächlichen Feststellungen des ZFA in Zweifel zu ziehen. Auch sind die Schlüsse, die das HZA aus den Tatsachenfeststellungen gezogen hat, nachvollziehbar und verstoßen nicht gegen logische Denkgesetze.
32 
Im vorliegenden Fall hat das HZA die Bedenken gegen die Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 117 a BO auf seinen Verdacht einer durch den Kläger begangenen Steuerhinterziehung gestützt. Auf die Frage, ob der Kläger tatsächlich eine im strafrechtlichen Sinne vollendete Steuerhinterziehung begangen hat, kommt es in diesem Rahmen nicht an, da ein Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, nicht den Nachweis einer Steuerhinterziehung voraussetzt, sondern von der Vertrauenswürdigkeit des Brennereibesitzers (bzw. die Gefährdung des Steueraufkommens) abhängt, der auch bei einem begründeten Verdacht einer Steuerhinterziehung vorliegen kann. Bei der Beurteilung, ob eine Ermessensentscheidung rechtmäßig ist, ist nämlich insbesondere der Zeck der Vorschrift zu berücksichtigen, auf der die Entscheidung beruht.
33 
§ 117 a BO dient dem Schutz des Branntweinmonopols. Das Brennen unter Abfindung stellt eine nicht unerhebliche Vergünstigung dar, da in Abfindungsbrennereien unter Verzicht auf Verschlüsse die Menge des herzustellenden Branntweins geschätzt wird. Dabei verbleibt dem Brennerei- bzw. Stoffbesitzer eine steuerfreie Überausbeute an Alkohol, für die keine Abgaben bezahlt werden müssen. Dieses Prinzip der Schätzung setzt aber eine besondere steuerliche Zuverlässigkeit voraus. Wird beim Brennen unter Abfindung Missbrauch getrieben, sind die außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren hergestellten Branntweinmengen oft nur schwer oder gar nicht nachzuweisen. Bestehen daher Bedenken gegen die Zuverlässigkeit, muss sichergestellt sein, dass ein - gegebenenfalls weiterer - Missbrauch bis zur rechtskräftigen Feststellung, ob tatsächlich außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren Branntwein hergestellt wurde, ausgeschlossen ist. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Vergünstigung unter Abfindung zu brennen bis dahin entzogen wird. Diese verwaltungspolizeiliche Maßnahme darf zwar nicht aus jedem noch so geringen Anlass erfolgen; sie muss jedoch bei tatsächlichen Anhaltspunkten konsequent ergriffen werden, soll sie nicht ins Leere laufen.
34 
Ein unwiderlegbarer Nachweis einer vollendeten Steuerhinterziehung ist demnach nicht notwendig. Es reichen vielmehr tatsächliche Anhaltspunkte für mangelnde Vertrauenswürdigkeit aus, um Bedenken und damit auch einen Abfindungsentzug auf Zeit zu begründen. Solche Anhaltspunkte hat das HZA durch seinen Verweis auf die Feststellungen des ZFA hinreichend dargelegt. Soweit der Kläger diese Feststellungen dadurch zu entkräften versucht, dass er die fehlende Bestimmung eines Anfangs- und Endbestands an Branntwein bemängelt, hält ihm das HZA zu Recht entgegen, bei der Durchsuchung des Anwesens seien keine relevanten Lagerbestände festgestellt worden. Auch habe er keinerlei konkrete Angaben dazu gemacht, in welcher Menge und Art er seinerzeit Alkohol gelagert haben wolle, der beim Abgleich nicht berücksichtigt worden sei. Zwar erklärte der Prozessvertreter in der mündlichen Verhandlung, bei der Durchsuchung des Anwesens seien lediglich die Bestände in den Räumen der Brennerei erfasst worden, nicht aber die im Tanklager der alten Brennerei lagernden umfangreichen Bestände, aus denen die in den nunmehr vorgelegten Verkaufsbelegen dokumentierten und veräußerten Branntweinmengen stammten. Angaben zu den gelagerten Mengen und Branntweinsorten konnte er jedoch nicht machen.
35 
Selbst, wenn dieser Tatsachenvortrag zuträfe, würde dies die festgestellten Mehrverkäufe in den Jahren 1993 bis 2002 nicht erklären, im Gegenteil. Wären im Zeitpunkt der Durchsuchung des Anwesens im Jahre 2002 noch größere Branntweinbestände vorhanden gewesen, würde dies die Menge des Branntweins, dessen ordnungsgemäße Herstellung nicht nachgewiesen werden kann, noch erhöhen. Denn die vom HZA festgestellten Mengen resultieren ja aus den bis zum Jahr 2002, also vor der Durchsuchung, erfolgten Branntweinverkäufen. Die behaupteten Lagerbestände wären demnach der Menge der errechneten Mehrverkäufe noch hinzuzurechnen und würden damit den strafrechtlichen Tatvorwurf noch erhöhen.
36 
Auch der Hinweis des Prozessbevollmächtigten auf die Beweiskraft der Bilanzen, deren Richtigkeit weder vom HZA noch vom ZFA jemals in Frage gestellt worden seien, geht fehl. Zunächst ist festzustellen, dass aus der vom Klägervertreter vorgelegten Bilanz nicht auf die vorhandene Menge Branntwein geschlossen werden kann. Im Kontennachweis zur Bilanz zum 30. Juni 1999 sind unter der Kontonummer...1 (Bestand Branntweinerzeugnisse) 1.950 DM angegeben. Der Prozessvertreter konnte aber in der mündlichen Verhandlung nicht erläutern, wie er auf diesen Betrag gekommen war. Vielmehr antwortete er, es sei unerheblich, mit welchem Betrag man den Branntwein in die Bilanz aufnehme, da keine nennenswerten Herstellungskosten entstünden. Man könne z. B. einfach 10 Cent pro Liter Alkohol ansetzen. Ob er in diesem Fall tatsächlich 10 Cent pro Liter angesetzt hat , ließ der Prozessvertreter offen. Eine Rückrechnung auf einen tatsächlichen Bestand ist daher nicht möglich.
37 
Das ZFA ist bei seiner Mengenermittlung auch nicht von dem in der Bilanz aufgeführten Branntweinbestand und -erlös, sondern von den beim Branntweinaufkäufer B. festgestellten Verkaufsbelegen ausgegangen. Die Bilanzen des Klägers spielten in diesem Zusammenhang ersichtlich keine Rolle. Das HZA und das ZFA haben die Bilanzen des Klägers demnach nie überprüft und hatten daher keinen Anlass, die Richtigkeit der Bilanzen anzuzweifeln.
38 
Soweit der Prozessbevollmächtigte vorträgt, es widerspreche dem gesunden Menschenverstand, dass jemand illegal Branntwein herstelle, die Verkaufserlöse aber dann in die Bilanz aufnehme, überzeugt dies nicht. Wenn jemand außerhalb genehmigter Brennverfahren Branntwein herstellt, beim Verkauf des Branntweins aber Verkaufsbelege des Aufkäufers unterschreibt, ist es nur konsequent, die bereits bei einem Dritten in der Buchhaltung erfassten Verkäufe auch in die eigene Bilanz aufzunehmen. Die Bilanz wird dadurch auch nicht unrichtig, da sie mit der Aufnahme der Verkaufserlöse in die Bilanz ja nur tatsächlich durchgeführte Verkäufe abbildet. Über den Ausweis des Bestands, der jedoch nur eingeschränkt möglich ist (s.o.), und des Verkaufserlöses von Branntwein hinaus kann die Bilanz keine Aussage treffen, insbesondere nicht über die ordnungsgemäße Erzeugung des verkauften Branntweins. Das Risiko der Aufdeckung außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren hergestellter Branntweinmengen über die Bilanz ist wegen der geschätzten Erzeugungsmenge zudem äußerst gering.
39 
Ob sich im anhängigen Strafverfahren später sämtliche Vorwürfe nachweisen lassen, ist für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit nicht maßgeblich. Zweck des § 117a BO ist schließlich nicht die Vorwegnahme des Strafverfahrens, sondern der Ausschluss eines - gegebenenfalls weiteren - Missbrauchs bis zur rechtskräftigen Feststellung, ob tatsächlich außerhalb ordnungsgemäßer Brennverfahren Branntwein hergestellt wurde.
40 
Im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen des ZFA und den Umfang einer möglichen Steuerhinterziehung in Höhe von rund 140.000 EUR erscheint die Ermessensentscheidung des HZA sachgerecht. Diese Entscheidung entspricht Abs. 18 der diesbezüglichen Verwaltungsvorschrift in der Vorschriftensammlung der Finanzverwaltung - VSF - V 2265, die die zuständigen Behörden anweist, in den Fällen, in denen mit einem Abfindungsverlust nach § 116 a Abs. 1 S. 1 Nr. 9 i.V.m. Abs. 2 BO infolge einer Steuerstraftat zu rechnen ist, für die Zeit zwischen der Aufdeckung der Tat und ihrer rechtskräftigen Aburteilung in der Regel von der Möglichkeit des Abfindungsentzugs nach § 117a BO Gebrauch zu machen. Das HZA hat diese Dienstanweisung bei seiner Ermessensentscheidung in nicht zu beanstandender Weise angewendet. Gründe, warum er von einer Annahme des Regelfalls zwingend hätte absehen müssen, sind nicht ersichtlich. Die Dienstanweisung an sich ist rechtlich auch nicht zu beanstanden. Zwar engt der Bundesminister der Finanzen die Ermessensausübung des entscheidenden Beamten zur Sicherung einer einheitlichen Verfahrensweise mit dieser Verwaltungsanweisung ein; aufgrund der Begrenzung dieser Regelung auf den Regelfall, wodurch anders lautende Einzelfallentscheidungen möglich sind, ist an dieser Regelung jedoch nichts auszusetzen.
41 
Das HZA hat in seiner Einspruchsentscheidung auch dargetan, dass er den zeitlich begrenzten Entzug der Vergünstigung unter Abfindung zu brennen, im Hinblick auf den Verordnungszweck für erforderlich hält, da der Kläger seine Absicht kund getan habe, erneut zu brennen.
42 
Anders als der Kläger meint, gibt es auch kein milderes Mittel zur Erreichung des Zwecks, nämlich der Sicherung des Branntweinmonopols. Insbesondere kann eine Bankbürgschaft diese Sicherheit nicht gewährleisten, da sie nur die Durchsetzung eines bestehenden Anspruches sichern kann. Der zeitlich begrenzte Entzug soll aber abgesehen von dem vorbeugenden Schutz vor - ggf. weiterem - Missbrauch verhindern, dass die entstandene Steuer mangels Nachweis der tatsächlich erzeugten Alkoholmengen nicht erhoben werden kann. Ein solcher Nachweis ist aber in Abfindungsbrennereien mangels entsprechender Erfassung der Branntweinmengen in der Regel nicht zu erbringen, da beim Brennen unter Abfindung die Steuer nach standardisierten, im Regelfall zugunsten der Brenner eher niedrig bemessenen Ausbeutesätzen berechnet wird. Um für den Fall eines durch Strafurteil kraft Gesetzes rückwirkend eintretenden Abfindungsverlustes (§ 116 a Abs. 1 S. 1 Nr. 9  i.V.m. Abs. 2 BO) die erzeugten Alkoholmengen feststellen zu können, bedürfte es einer verschlusssicheren Einrichtung der Brennerei. Eine Bankbürgschaft ist nicht geeignet, die Schwierigkeiten bei einer nachträglichen Feststellung der erzeugten Alkoholmengen zu beseitigen. Dies hat das HZA bereits in der Einspruchsentscheidung dargetan.
43 
Die Maßnahme ist auch im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer nicht unangemessen. Zum einen hat das Verwaltungsverfahren mit Zustimmung des Klägers zeitweise geruht, zum anderen sind die Ermittlungen von Branntweinmehrverkäufen zeitlich sehr aufwendig, was einen zügigen Abschluss des Ermittlungsverfahrens oft verhindert. Aber auch unabhängig davon verfehlte § 117a BO seinen Zweck, würde man mit dem Hinweis auf eine zugegebenerweise lange Verfahrensdauer auf den zeitlich begrenzten Abfindungsentzug als Sicherungsmaßnahme verzichten.
44 
Die Behauptung des Klägers, der Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, komme einem Berufsverbot gleich, ist nicht zutreffend. Das HZA hat zu Recht auf das Urteil des BFH vom 28. November 1995 (a. a. O.) hingewiesen, in dem der BFH festgestellt hat, dass das Abfindungsbrennen als Konglomerat von steuertechnischen, steuerverfahrensrechtlichen und monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen zu charakterisieren ist. Daraus folge aber kein eigenständiges Berufsbild eines Abfindungsbrenners, denn die bloße Inanspruchnahme steuerrechtlicher Vergünstigungen reiche für die Begründung eines solchen Berufsbildes nicht aus. Der Abfindungsbrenner sei ebenso wie der Verschlussbrenner nach dem Berufsbild (Obst-)Brenner. Demgemäß greife der dauernde Ausschluss von der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, nicht in das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl ein. Dem Betroffenen bleibe es unbenommen, seinen Beruf als (Obst-)Brenner - wenn auch in der Regelform des Brennens unter Verschluss - fortzuführen. Hierauf habe er unter den Voraussetzungen der §§ 52 ff.BranntwMonG einen Rechtsanspruch. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an. Wenn aber bereits der dauerhafte Entzug der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, keinen Verstoß gegen die Berufsfreiheit darstellt, so gilt dies erst recht für den einen geringeren Eingriff darstellenden Entzug auf Zeit (bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens). Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Kläger hauptberuflich Landwirt ist und die Brennerei nur einen Nebenerwerb bzw. Teilbereich seiner beruflichen Tätigkeit darstellt. Die Entscheidung des HZA kann daher kein faktisches Berufverbot darstellen. Eine Vorlage an das BVerfG erübrigt sich daher.
45 
Der Verweis des Klägers auf die Rechtsprechung des BVerfG zu § 132 a StPO geht daher ins Leere. Selbst unter Anwendung der in dieser Entscheidung getroffenen Grundsätze, wäre die Entscheidung des HZA nicht zu beanstanden. Er hat sich nämlich nicht auf die Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 117a BO beschränkt, sondern darüber hinaus ausgeführt, warum er den Entzug der Abfindung für nötig hält, dass ein Entzug auf Zeit ausreichend ist und es kein milderes Mittel gibt.
46 
Gerade in einer Zeit, in der für gewerbliche Brennereien das Auslaufen des Branntweinmonopols und damit aller Vergünstigungen in Sicht ist, ist es dringender als je erforderlich, Missbräuche beim Abfindungsbrennen zu verfolgen, damit nur noch diejenigen Abfindungsbrenner und Stoffbesitzer, die sich als steuerehrlich und damit vertrauenswürdig erweisen, so wie es das Gesetz will, in den Genuss der monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen kommen (BFH-Beschluss vom 19. März 2001 VII B 231/00, BFH/NV 2001,1012).
47 
Das HZA  hat in seiner Einspruchsentscheidung sowohl die tatsächlichen Voraussetzungen als auch seine Ermessenserwägungen ausreichend dargetan. Die Entscheidung ist daher bei der gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu beanstanden.
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1 und 143 Ab. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
49 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen