Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 4 K 202/16

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin (Klin) wendet sich mit ihrer Klage gegen die Versagung des Erlasses der Einkommensteuer (ESt) und des Solidaritätszuschlags zur ESt für die Streitjahre 2011 und 2012. Soweit die Klin darüber hinaus den Erlass von Zinsen und Säumniszuschlägen begehrt, wurde das Verfahren abgetrennt.
Die Klin stimmte am 5. September 2011 in der Anlage U für das Jahr 2010 dem Antrag ihres geschiedenen Ehemannes (im Folgenden nur noch Ehemann) auf Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben in Höhe von (i.H.v.) 10.800 EUR „dem Grunde“ nach schriftlich durch Unterzeichnung zu. Durch ihre Unterschrift bestätigte sie außerdem, zur Kenntnis genommen zu haben, dass die Zustimmung erstmals für das angegebene Kalenderjahr, aber auch für alle folgenden Kalenderjahre gilt, dass die Zustimmung nur vor Beginn des Kalenderjahres, für das sie erstmals nicht gelten soll, widerrufen werden kann und dass die Klin die Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte versteuern müsse, soweit sie vom Geber als Sonderausgaben abgezogen werden könnten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage U verwiesen.
Der Ehemann machte in seinen ESt-Erklärungen für die Streitjahre die an die Klin geleisteten Unterhaltsleistungen i.H.v. jeweils 10.800 EUR als Sonderausgaben geltend. Die ESt-Veranlagungen des Ehemannes erfolgten insoweit antragsgemäß durch das Finanzamt (FA) X durch ESt-Bescheide vom 15. März 2013 (Streitjahr 2011) und vom 29. April 2014 (Streitjahr 2012). Die Veranlagungen sind bestandskräftig. Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des FA X und die ESt-Bescheide Bezug genommen.
Der Beklagte (Bekl) setzte gegen die Klin durch ESt-Bescheid vom 27. März 2014 die ESt 2011 i.H.v. 813 EUR und durch Bescheid vom 22. Mai 2014 die ESt 2012 i.H.v. 5.094 EUR zuzüglich Solidaritätszuschlag i.H.v. 222,42 EUR fest. In beiden Streitjahren berücksichtigte der Bekl die Unterhaltsleistungen des Ehemannes an die Klin i.H.v. jeweils 10.800 EUR als sonstige Einkünfte. Den Einspruch vom 10. April 2014 gegen den ESt-Bescheid des Streitjahres 2011, der sich gegen die Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte richtete, nahm die Klin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten (Bev) vom 2. Juni 2014 wieder zurück.
Auf Antrag der Klin stundete der Bekl die Steuerforderungen der Streitjahre zuletzt mit Verfügung vom 17. November 2014 gegen monatliche Raten zu je 50 EUR bis einschließlich April 2015 und stellte die Schlussrate i.H.v. 3.365,82 EUR antragsgemäß zum 1. Juni 2015 fällig. Ihrer monatlichen Zahlungsverpflichtung kam die Klin bis einschließlich März 2015 jeweils pünktlich nach.
In einem vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Y am 4. März 2015 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Ehemann gegenüber der Klin, an den Bekl ESt 2011 i.H.v. 687,20 EUR sowie ESt 2012 i.H.v. 3.171,62 EUR, jeweils zuzüglich Säumniszuschlägen, zu bezahlen. Zwischenzeitlich war jedoch bereits das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ehemannes eröffnet worden. Die Klin meldete daraufhin ihre im Vergleich titulierten Forderungen gegen den Ehemann am 11. August 2015 im Insolvenzverfahren an. Diese wurden aber, soweit sie die Streitjahre betreffen, nicht zur Tabelle festgestellt.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2015 beantragte die Klin beim Bekl, „die vorliegenden Steuerverbindlichkeiten“ gemäß § 227 Abgabenordnung (AO) zu erlassen. Sie ließ vortragen, entgegen jeglicher Erwartung und entgegen den bisherigen Verhandlungen vor dem Familiengericht sei zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ehemannes eröffnet worden. Sie sei von ihrem Ehemann seinerzeit unzutreffend informiert worden. Dieser habe ihr mitgeteilt, dass er die Unterlagen (Anlage U) lediglich zur Vorlage für seinen Steuerberater benötige und der Klin dadurch kein Nachteil entstehe. Sie erziele ein Arbeitseinkommen i.H.v. knapp 1.600 EUR und sei einem minderjährigen Kind unterhaltsverpflichtet. Die Unterhaltsleistungen seien vom Ehemann in den letzten Monaten nicht mehr geleistet worden. Es könne nur vermutet werden, dass im Insolvenzverfahren keine Quote erzielt werden könne.
Der Bekl lehnte den Erlassantrag durch Bescheid vom 26. Mai 2015 ab. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass weder sachliche noch persönliche Erlassgründe vorlägen. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen setze nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit des Betroffenen voraus. Erlassbedürftigkeit sei gegeben, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden könne. Lebe der Steuerpflichtige jedoch in wirtschaftlichen Verhältnissen, die ohnehin eine Durchsetzung der Steueransprüche ausschlössen, sei ein Erlass nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden. Erlassbedürftigkeit liege in diesem Fall nicht vor.
Mit Schreiben ihres Bev vom 26. Juni 2015 erhob die Klin dagegen Einspruch. Zur Begründung ließ sie vortragen, dass sie die Zustimmung seinerzeit nach ausdrücklichem Hinweis des Ehemannes, er werde davon nur jeweils für ein Jahr Gebrauch machen, erteilt habe. Sie habe nicht realisiert, dass ohne ihre ausdrückliche Zustimmung der Unterhaltsschuldner jeweils auch für die Folgejahre die entsprechenden steuerlichen Vergünstigungen in Anspruch nehmen könne. Der Vergleich vor dem Familiengericht sei unter der Annahme geschlossen worden, dass der Ehemann leistungsfähig sei. Dieser Vergleich sei durch das Insolvenzverfahren des Ehemanns aber überholt und der Anspruch vom Insolvenzverwalter nicht anerkannt worden. Wie der Vergleich vor dem Familiengericht zeige, sei die Klin grundsätzlich berechtigt gewesen, die Zustimmung zum Realsplitting davon abhängig zu machen, dass ihr die steuerlichen Nachteile vom Ehemann ersetzt werden. Es könne nicht von sachlicher Billigkeit ausgegangen werden, wenn die Klin, die für das laufende Jahr keine ausdrückliche Zustimmung zum Sonderausgabenabzug erteilt habe, nur aufgrund der Fortwirkung der Zustimmung steuerliche Nachteile zu tragen habe, die ihr bei ordnungsgemäßem Verlauf und ohne Insolvenzverfahren vom Unterhaltsschuldner hätten ersetzt werden müssen. Ausgehend von dem gesetzlichen Grundsatz, dass Unterhaltszahlungen nicht steuerpflichtig seien, sei geboten, von der Klin keine Steuer zu fordern. Andernfalls müsse sie allein im Hinblick auf die Steuerforderung ein Insolvenzverfahren einleiten.
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Zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trug sie vor, sie erziele ein regelmäßiges monatliches Bruttoeinkommen i.H.v. 2.234,19 EUR. Außerdem werde auch Weihnachtsgeld gezahlt. Die Abzüge vom Lohn summierten sich auf knapp 750 EUR. Die Haushaltsausgaben beliefen sich auf knapp 400 EUR. Für die Miete einschließlich Nebenkosten, insbesondere Strom und Gas, seien monatlich 759 EUR zu leisten. Versicherungsprämien fielen i.H.v. 42,60 EUR monatlich an. Für den Sohn sei eine Kid-Card, Nachhilfe-Unterricht sowie Sport-Unterricht i.H.v. monatlich 122,50 EUR zu bezahlen. Gegenüber der Schwester der Klin bestehe eine Restdarlehensverbindlichkeit i.H.v. 1.800 EUR, die in monatlichen Raten von 50 EUR abgetragen werde. Aus einer Umschuldung von Verbindlichkeiten bei der Q-Bank schulde die Klin einem privaten Darlehensgeber noch 5.000 EUR‚ zahlbar in Monatsraten zu je 80 EUR.
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Durch Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2015 wies der Bekl den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die Klin in der Anlage U zur ESt-Erklärung 2010 durch Unterschrift bestätigt habe, zur Kenntnis genommen zu haben, dass die Zustimmung erstmals für das benannte Kalenderjahr und - solange sie nicht widerrufen werde - auch für alle darauf folgenden Kalenderjahre gelte, dass die Zustimmung nur vor Beginn des Kalenderjahres, für das sie erstmals nicht gelten solle, widerrufen werde könne und dass sie die Unterhaltsleistungen bis zum Höchstbetrag von 13.805 EUR als sonstige Einkünfte versteuern müsse. Die Anwendung der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (in der in den Streitjahren geltenden Fassung; EStG) würde daher unterlaufen werden, wenn im Streitfall im Rahmen eines Billigkeitserlasses die Unterhaltsleistungen nicht als sonstige Einkünfte besteuert würden. Ein Erlass der aus der Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen resultierenden Steuer aus sachlichen Billigkeitsgründen könne auch nicht mit der Begründung begehrt werden, die Klin sei von ihrem Ehemann unzutreffend informiert worden. Der Wortlaut der Anlage U sei eindeutig. Auch könne der Umstand, dass der Ehemann der Klin den finanziellen Nachteil durch die Versteuerung der Unterhaltsleistungen nicht ausgeglichen habe, nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit führen. Ein nicht erfüllter zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch könne im Zuge der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht im Rahmen eines sachlich begründeten Billigkeitserlasses kompensiert werden. Ohnehin sei nicht nachgewiesen, dass der Ehemann zum Ausgleich verpflichtet ist. Im Übrigen habe die Klin ihren Einspruch gegen den Steuerbescheid des Streitjahres 2011 zurückgenommen; die Steuerfestsetzung sei damit bestandskräftig geworden. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen komme grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung darstelle. Aus diesem Grund könne ein Billigkeitserlass nicht gewährt werden, wenn der Steuergläubiger nur einer von mehreren Gläubigern des Steuerpflichtigen und nicht derjenige sei, auf dessen Forderung die wirtschaftliche Notlage des Steuerpflichtigen maßgeblich beruhe. Ein Erlass scheide aus, wenn die Einziehung der in Frage stehenden Steueransprüche angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen ohnehin ausgeschlossen sei und der Erlass sich infolgedessen auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen nicht konkret auswirken könne. Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit komme deshalb ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen grundsätzlich nicht in Betracht. Ein Erlass komme des Weiteren nicht in Betracht, wenn er im wirtschaftlichen Ergebnis lediglich dritten Gläubigern des Steuerpflichtigen zugutekommen würde. Nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung eines angemessenen Betrags für den notwendigen Bedarf an Nahrung und Kleidung, für Wohnung, für ärztliche Behandlung, für den notwendigen Hausrat und für die sonstigen erforderlichen Ausgaben des täglichen Lebens der Klin und ihres Sohnes verblieben der Klin monatlich mehr als 200 EUR zur freien Verfügung. Hinzu komme einmalig im Monat November das Weihnachtsgeld i.H.v. 2.010,77 EUR (brutto). Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit seien damit nicht ersichtlich. Eine Begleichung der Steuerschuld sei jedenfalls im Rahmen einer Stundung nach § 222 AO möglich. Neben dem Finanzamt als Steuergläubiger seien zwei weitere Privatgläubiger vorhanden, die nicht auf ihre Forderung verzichtet hätten. Das FA habe sein Ermessen nach alledem zu Recht dahingehend ausgeübt, den begehrten Erlass von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zu versagen.
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Wegen der Einzelheiten des Verwaltungs- und Einspruchsverfahrens wird auf die beigezogenen Akten des Bekl verwiesen.
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Dagegen erhob die Klin mit Schreiben ihres Bev vom 20. Januar 2016 Klage. Ihr Begehren stützt sie in erster Linie auf sachliche Unbilligkeit. Zivilrechtlich sei sie dem Ehemann gegenüber nur Zug um Zug gegen Freistellung der damit korrespondierenden steuerlichen Belastungen verpflichtet gewesen, dem Sonderausgabenabzug der Unterhaltsleistungen zuzustimmen. Ohne „finanzrechtliche Vorgaben“ habe die Klin dem Sonderausgabenabzug durch den Ehemann daher erst dann zuzustimmen müssen, wenn sichergestellt gewesen sei, dass ihr die steuerlichen Nachteile auch tatsächlich ersetzt würden. Dem Bekl müsse klar sein, dass dieses „staatlich verankerte Steuersparmodell“ grundsätzlich nur dann für die Beteiligten in Betracht komme, wenn tatsächlich für beide Seiten ein positives wirtschaftliches Ergebnis berechnet und erzielbar sei und jeder rational handelnde Steuerpflichtige ein Zurückbehaltungsrecht ausübe, sofern ihm nicht die jeweils zu ersetzenden Nachteile auch faktisch erstattet würden. Der Bekl habe bei seiner Entscheidung auch verkannt, dass genau dieses Korrespondenzprinzip im Lichte von Art. 6 Grundgesetz mit den formalen Vorgaben des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG kollidiere. Durch die Vorgabe, dass der Widerruf vor Beginn des Kalenderjahres, für dass die Zustimmung erstmals nicht gelten solle, erfolgen müsse, werde dem Unterhaltsberechtigten die Möglichkeit genommen, für das jeweils aktuelle Kalenderjahr eine für ihn belastende Versteuerung davon abhängig zu machen, dass ihm jeweils die Steuernachteile durch den Unterhaltspflichtigen ersetzt werden. Der Klin habe deshalb nicht mehr auf die eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Ehemannes reagieren können. Die Insolvenzforderung der Klin sei uneinbringlich. Damit sei auch die Geschäftsgrundlage zwischen der Klin und dem Ehemann entfallen. Aufgrund der Tatsachen, dass Unterhaltszahlungen grundsätzlich nicht zu versteuern seien, die Zustimmung zum Realsplitting aufgrund familienrechtlicher Verpflichtungen erfolge und die Zustimmung denknotwendig mit dem entsprechenden Erstattungsanspruch durch den Unterhaltspflichtigen verbunden sei, gehe der Verweis des Bekl auf das Insolvenzrisiko fehl.
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Zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses trägt die Klin vor, sie erziele ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen einschließlich Kindergeld i.H.v. 1.890,48 EUR. Laufende monatliche Ausgaben habe sie i.H.v. 979,50 EUR und jährliche Ausgaben i.H.v.1.063,95 EUR.
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Sie habe folgende Verbindlichkeiten:
     
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A... (Umschuldung Q-Bank) 5.000 EUR‚
      
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Schwester B... 3.300 EUR‚
        
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Kaution für Mietwohnung 1.100 EUR‚
        
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Schulden wegen Erwerb Waschmaschine 600 EUR‚
        
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Privatdarlehen Frau C... 300 EUR‚
        
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Nachhilfe für den Sohn D... 368 EUR,
        
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Eigenbeteiligung Prozesskosten dieses Verfahrens 150 EUR,
        
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Nachzahlung Nebenkosten 263 EUR,
        
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Reparaturkosten Kfz, Schulden bei der Mutter 350 EUR,
        
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überwiesene Beträge für die gegenständliche Verbindlichkeit 452 EUR,
        
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Schulden Familienkasse wegen Rückforderung Kindergeld (noch nicht verbindlich geklärt, gegebenenfalls auch mit Anwaltsgebühren) ca. 10.000 EUR.
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 Diese tilge sie monatlich (nur) wie folgt:
        
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A... 80 EUR
        
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Schwester B... 100 EUR
        
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Kaution 70 EUR
        
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Waschmaschine 40 EUR
        
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C... 30 EUR.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18. März 2016 und 20. Juli 2016 samt Anlagen verwiesen.
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Die Klin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids des Bekl vom 26. Mai 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2015 den Beklagten zu verpflichten, die für das Jahr 2011 veranlagte ESt der Klin i.H.v. 687,20 EUR sowie die für das Jahr 2012 veranlagte ESt der Klin i.H.v. 3.171,62 EUR nebst Solidaritätszuschlag gemäß § 227 AO zu erlassen.
19 
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
20 
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung. Im Übrigen bekräftigt er, dass eine Billigkeitsmaßnahme nur in Betracht komme, wenn sie sich auf die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen konkret auswirken könne. Auch nach den im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen scheitere ein (vollständiger oder teilweiser) Erlass im Streitfall aber daran, dass die Klin unabhängig von einer solchen Billigkeitsmaßnahme in wirtschaftlichen Verhältnissen lebe, die eine Durchsetzung der in Frage stehenden Steueransprüche ausschließe und ein Erlass daran nichts ändern könne. Der Erlass der Steuer käme im Ergebnis nicht der Klin, sondern den weiteren 11 Gläubigern zugute. Der Bekl sei auch nicht derjenige Gläubiger, der die Existenzgefährdung der Klin verschuldet habe. Weiterhin lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die weiteren Gläubiger auf ihre Forderungen ganz oder zum Teil verzichtet hätten. Im Übrigen bediene die Klin aktuell lediglich fünf Gläubiger. Eine gleichmäßige Schuldentilgung sei damit nicht gegeben.
21 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
22 
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten am 16. Juni 2016 erörtert. Auf das Protokoll wird verwiesen. Beide Beteiligte haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Bekl hat den Erlass der ESt und des Solidaritätszuschlags zu Recht abgelehnt. Ermessensfehler liegen insoweit nicht vor. Die Einziehung der Steuer ist weder aus sachlichen noch aus persönlichen Gründen unbillig im Sinne von § 227 AO.
24 
Gemäß § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 Finanzgerichtsordnung (FGO) gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Das Finanzgericht (FG) ist darauf beschränkt zu prüfen, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat(BFH-Urteil vom 27. September 2001 X R 134/98, BStBl II 2002, 176).
25 
1. Sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen werden kann, dass die Einziehung der Steuer den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht. Dies kann seinen Grund entweder in Gerechtigkeitsgesichtspunkten oder in einem Widerspruch zu dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck haben. § 227 AO ermächtigt allerdings nicht zur Korrektur des Gesetzes. Der Erlass ist daher nur zulässig, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BStBl II 2016, 117 Rn. 24 m.w.N.). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 29/10, BStBl II 2013, 505 Rn. 21 m.w.N.).
26 
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für einen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit nicht vor.
27 
a) Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen (Geber) an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten (Empfänger) sind gemäß § 22 Nr. 1a EStG sonstige Einkünfte des Empfängers, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Geber abgezogen werden können. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann der Geber die Unterhaltsleistungen bis zur Höhe von 13.805 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehen, wenn er dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden. Die Zustimmung ist bis auf Widerruf wirksam. Der Widerruf muss vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem FA erklärt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 bis 5 EStG). Antrag und Zustimmung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirken demnach rechtsgestaltend. Sie überführen die Unterhaltsleistungen in den steuerrechtlich relevanten Bereich und ändern so ihren Rechtscharakter. Ohne Antragstellung sind die Unterhaltsleistungen nach § 12 Nr. 2 EStG - vom Ausnahmefall des § 33a Abs. 1 EStG abgesehen - einkommensteuerrechtlich unbeachtlich. Durch die Antragstellung des Gebers und die Zustimmung des Empfängers werden die Unterhaltsleistungen einerseits beim Geber zu Sonderausgaben und andererseits beim Empfänger zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften (BFH-Urteile vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 und vom 12. Dezember 2007 XI R 36/05, BFH/NV 2008, 792).
28 
Die Zustimmung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung, deren Wirkung im Bereich des Abgabenrechts liegt, deren Voraussetzungen aber zivilrechtlicher Natur sind (BFH-Urteile vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 und vom 12. Dezember 2007 XI R 36/05, BFH/NV 2008, 792). Der Geber hat - in der Regel - einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung (BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825; Bundesgerichtshof [BGH], Urteile vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris und vom 9. Oktober 1985 IVb ZR 39/84, juris). Der Empfänger hat einen zivilrechtlichen Anspruch auf Ausgleich der dadurch bedingten - insbesondere einkommensteuerrechtlichen - Nachteile, den er dem Zustimmungsverlangen des Gebers entgegenhalten kann (BGH-Urteile vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris Rn. 13 und vom 9. Oktober 1985 IVb ZR 39/84, juris; BT-Drs. 9/1772, S. 3).
29 
Für die Argumentation der Klin spricht, dass das Zustimmungserfordernis im Rahmen der unterhaltsrechtlichen Leistungsbeziehung zwischen Geber und Empfänger dem Schutz des in der Regel schutzbedürftigen, sozial schwächeren Empfängers dienen soll. Der Empfänger soll die Möglichkeit haben, sich vor steuerlichen und außersteuerlichen Nachteilen zu schützen und zu diesem Zweck seine Zustimmung zur Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs durch den Geber z.B. auch davon abhängig machen dürfen, dass der Geber die beim Empfänger dadurch anfallenden Steuern übernimmt (BFH-Urteile vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 und vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825; BT-Drs. 8/2201, S. 5; BT-Drs. 9/1772, S. 3). Die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1990 eingeführte Bindung des Empfängers an seine einmal erteilte Zustimmung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 4 und 5 EStG) hat allerdings zu einer erheblichen Beeinträchtigung dieses ursprünglich mit der Zustimmung verfolgten Ziels geführt. Der Empfänger trägt nunmehr das Risiko, dass der Geber die anfallenden Steuern auch tatsächlich erstattet bzw. zukünftig erstatten wird (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825). Stellt der Empfänger beispielsweise im Jahr 03 fest, dass der Geber die versprochene Erstattung der für das Jahr 01 beim Empfänger im Jahr 02 festgesetzten Steuer nicht leistet, dann ist nach der gesetzlichen Regelung ein Widerruf erst für das Jahr 04 zulässig. Für den Unterhaltsempfänger wird damit das eigentlich beabsichtigte Druckmittel entscheidend entwertet. Nunmehr ist er es, der notfalls auf dem Klagewege darum streiten muss, die steuerliche Mehrbelastung von dem durch das Realsplitting begünstigten Geber erstattet zu bekommen (BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825). Diese Entscheidung samt Risikoverlagerung hat der Gesetzgeber jedoch bewusst getroffen und davon ausschließlich die gemäß § 894 Abs. 1 Zivilprozessordnung erzwungene Zustimmung ausgenommen (vgl. dazu BT-Drs. 11/5979, S. 39). Im Übrigen wirkte nach alter Rechtslage die Zustimmung des Gebers zwar nur für einen Veranlagungszeitraum, dennoch ging aber auch von ihr bereits eine Bindungswirkung dergestalt aus, dass auch sie nicht zurückgenommen werden konnte (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Diese Bindungswirkung widerspricht nach der Auffassung des BFH nicht den Zielvorstellungen des Gesetzgebers (BFH-Urteil vom 22. September 1999 XI R 121/96, BStBl II 2000, 218 aE).
30 
Davon abgesehen ist der Schutz des Empfängers steuerrechtlich seit je her nur durch das Zustimmungserfordernis als solches verwirklicht. Sämtliche Rechte und Pflichten zwischen Geber und Empfänger ergeben sich darüber hinaus ausschließlich aus den zwischen ihnen bestehenden - vielfältigen - zivil- und familienrechtlichen Leistungsbeziehungen (vgl. BT-Drs. 8/2118, S. 63; BT-Drs. 8/2201, S. 5). Daran hat das Zustimmungserfordernis des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nichts geändert. So können sowohl der Geber einen bestehenden Anspruch auf Zustimmung gegen den Empfänger als auch der Empfänger einen bestehenden Ausgleichsanspruch gegen den Geber ausschließlich vor den Zivilgerichten durchsetzen (vgl. oben). Der Gesetzgeber hat insbesondere die Wirksamkeit der Zustimmung und die Besteuerung des Empfängers weder vom Bestehen noch von der tatsächlichen Durchsetzung eines Ausgleichsanspruchs gegen den Geber abhängig gemacht (so ausdrücklich BFH-Beschluss vom 17. Juli 1989 X B 39/89, BFH/NV 1990, 551 [juris-Rn. 14]; vgl. auch BFH-Urteile vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 [juris-Rn. 21] sowie vom 25. Oktober 1988 IX R 53/84, BStBl II 1989, 192; Stöcker, in: Bordewin/Brandt, EStG, 390. Aktualisierung 2016, § 10 Rn. 465). Es muss deshalb bei der objektiven Geltung des Steuerrechts einerseits und dem subjektiven Rechtschutz gegen den Ehegatten ausschließlich durch das Zivilrecht andererseits verbleiben. Soweit der zivilrechtliche Schutz aufgrund der dortigen oder allgemeiner Regelungen und Wertungen (vermeintlich) an seine Grenzen stößt (vorliegend z.B. durch das Insolvenzrecht), kann und muss das durch das Steuerrecht weder hinterfragt noch korrigiert werden. Damit würden nicht nur die abgewogenen zivilrechtlichen (oder allgemeinen rechtlichen) Wertungen unterlaufen und das Steuerrecht überfrachtet, sondern würden auch FA und FG - auch im Erlassverfahren - überfordert (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 17]), zumal schon die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Geber vom Empfänger Erteilung der in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgesehenen Zustimmungserklärung beanspruchen kann, eine Gesamtwürdigung der gegenseitigen Leistungsbeziehung nach unterhaltsrechtlichen Kriterien erfordert, bei der Steuervorteile auf der einen und Steuernachteile auf der anderen Seite nur zwei von zahlreichen zu beachtenden Gesichtspunkten darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 15]). Nicht (völlig) zu Unrecht stellt der Bekl daher in Frage, ob vorliegend überhaupt ein Ausgleichsanspruch der Klin gegen ihren Ehemann bestand. Dies kann aber weder im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren noch im finanzgerichtlichen Verfahren geklärt werden (BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 17]). Dem Empfänger obliegt es demnach nicht nur, selbst seinen Ausgleichsanspruch gegen den Geber vor den Zivilgerichten durchzusetzen, sondern er trägt nach den eindeutigen gesetzlichen Regelungen und Wertungen auch das endgültige Risiko der Durchsetzbarkeit des Anspruchs (vgl. BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 [juris-Rn. 21]; Stöcker, in: Bordewin/Brandt, EStG, 390. Aktualisierung 2016, § 10 Rn. 478; vgl. auch BFH-Urteil vom 25. Oktober 1988 IX R 53/84, BStBl II 1989, 192). Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass die Betroffenen einerseits ihr gemeinschaftliches Wahlrecht unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Unterhaltsrechts treffen und dabei die Belastungsverschiebungen in angemessener Weise ausgleichen (BT-Drs. 8/2201, S. 8) und andererseits ausreichenden Rechtsschutz durch das Zivilrecht und die Zivilgerichte erlangen können. Soweit der Bundesgerichtshof die Pflicht des Empfängers, dem Sonderausgabenabzug des Gebers zuzustimmen, für den Regelfall ausdrücklich nicht von der Stellung von Sicherheiten für den Nachteilsausgleichsanspruch abhängig macht (BGH-Urteil vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris Rn. 22 ff.), kann und muss auch diese - in Abwägung der beiderseitigen Interessenlage und in Kenntnis möglicher Folgen getroffene - Wertscheidung des Zivilrechts im Bereich des Steuerrechts hingenommen werden.
31 
Es entspricht darüber hinaus allgemeinen steuerrechtlichen Wertungen, dass der Steuerpflichtige, der frei entscheiden kann, ob und wie er ein Wahlrecht ausübt, selbst dafür verantwortlich ist, ob er die mit seiner Wahlrechtsausübung verfolgten Zwecke erreicht. Es gibt keinen Grund, dies bei der steuerlichen Behandlung von Unterhaltsleistungen anders zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 X R 49/07, BFH/NV 2010, 1790). Auf die Begleitumstände und Motive, aufgrund derer die Zustimmung abgegeben wurde, kommt es daher nicht an: Ist die Zustimmung erteilt, so ist (bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen) der Sonderausgabenabzug zu gewähren, fehlt sie, so ist der Sonderausgabenabzug zu versagen (BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022). Im Übrigen ist auch in anderen Fällen die Besteuerung nicht davon abhängig, ob der Steuerpflichtige einen ggf. bestehenden zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch bezüglich der Steuerschuld durchsetzen kann oder nicht. Die Erfüllung der ESt-Schuld ist der Einkommensverwendung zuzurechnen und einkommensteuerrechtlich daher unbeachtlich. Es ist nicht ersichtlich, weshalb davon im Fall von Unterhaltsleistungen im Allgemeinen und im vorliegenden Fall im Besonderen aus Billigkeitsgründen abgewichen werden sollte.
32 
Trotz eines nicht durchsetzbaren Ausgleichsanspruch ist die Besteuerung der Unterhaltsleistungen beim Empfänger auch deshalb nicht unbillig, weil seine Leistungsfähigkeit durch den Zufluss der Unterhaltsleistungen tatsächlich erhöht wurde. Der Gesetzgeber hätte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Steuerpflicht der Unterhaltsleistungen unabhängig von der Zustimmung des Empfängers anordnen können (vgl. zum ursprünglichen Gesetzesentwurf BT-Drs. 8/2118. S. 5; vgl. auch Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rn. C11). Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber - unterstellt, er habe die vorliegende Fallgestaltung nicht bedacht - den Fall in der Weise gesetzlich geregelt hätte, dass zwar der Sonderausgabenabzug beim Geber (wie vorliegend) unverändert bestehen bleibt, die Steuerpflicht des Empfängers aber entfällt. Das kann vielmehr ausgeschlossen werden, hätte es doch zur Folge, dass die Unterhaltsleistungen die Bemessungsgrundlage der ESt beim Geber zwar mindern, beim Empfänger aber nicht korrespondierend erhöhen, ein Teil der Einkünfte der Ehegatten (des Gebers) also endgültig nicht besteuert würden. Zweck der gesetzlichen Regelungen der § 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 22 Nr. 1a EStG ist jedoch allenfalls, den Nachteil aufgrund des Wegfalls des Splittingtarifs - zumindest teilweise - durch ein sog. Realsplittung auszugleichen (vgl. BT-Drs. 8/2118, S. 62; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 123. Ergänzungslieferung 2002, § 10 Rn. C9), nicht jedoch, einen Teil der Einkünfte steuerfrei zu stellen. Dies ginge weit über die Wirkungen des (normalen) Splittingtarifs hinaus. Aus § 268 AO, wonach ein zusammenveranlagter Ehegatte die Aufteilung der (Gesamt-)Steuerschuld verlangen kann, ergibt sich keine andere Wertung. § 268 AO betrifft lediglich die Steuererhebung. Hinsichtlich des Aufteilungsmaßstabs verweist § 270 AO auf das materielle Steuerrecht (inklusive der vorliegend relevanten §§ 10 und 22 EStG).
33 
b) Abgesehen von diesen allgemeinen Erwägungen, die bereits einem Billigkeitserlass entgegenstehen, beruht die mangelnde Durchsetzbarkeit der Ausgleichsforderung der Klin für die Streitjahre im vorliegenden Fall maßgeblich auf dem Umstand, dass die Klin - nach ihrem Vortrag - auf die Erklärung des Ehemannes vertraut hat, dieser werde von der Zustimmung nur im Jahr 2010 Gebrauch machen. Sie hat (schon) deshalb nicht zeitnah vom Ehemann Ausgleich (auch) für die Streitjahre verlangt. Hätte sie zeitnah Ausgleich verlangt, wäre sie mit ihrer Forderung, weil die Insolvenz erst im Jahr 2015 eintrat, nicht ausgefallen. Bekanntlich muss man sein Vertrauen dort suchen, wo man es gelassen hat. Das Vertrauen der Klin hat vorliegend aber allenfalls der Ehemann enttäuscht, nicht der Bekl bzw. der Fiskus. Die von der Klin unterzeichnete Anlage U war auch eindeutig, wie der Bekl zutreffend ausführt. Soweit sich das (Insolvenz-)Risiko des Weiteren durch Zeitablauf verwirklicht hat, kann auch das nicht zulasten des Fiskus gehen. Es obliegt allein der Klin, einen etwaig bestehenden Ausgleichsanspruch zeitnah durchzusetzen. Der Bekl kann darauf keinen Einfluss nehmen. Das durch Zeitablauf verwirklichte Risiko der Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs kann die Klin deshalb keinesfalls zulasten der Allgemeinheit auf den Fiskus abwälzen. Das gilt auch dann, wenn die Verzögerung durch Unkenntnis der Klin vom Bestehen des Ausgleichsanspruchs verursacht worden sein sollte; auch dieses Risiko trägt nach allgemeinen Wertungen die Klin. Das Zustimmungserfordernis in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG räumt dem Empfänger (nur) die Möglichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 15]) ein, die Zustimmung von einem zivilrechtlichen Ausgleich abhängig zu machen. Macht der Empfänger davon keinen (zeitnahen) Gebrauch, geht das zu seinen Lasten.
34 
Entgegen des Vortrags der Klin war auch nicht, jedenfalls nicht allein, die „Fortwirkung“ der Zustimmungserklärung ursächlich für die eingetretene Situation der Klin. Es kann vielmehr unterstellt werden, dass die Klin, würde ihre Zustimmung nicht ohnehin für die Folgejahre gegolten haben, auch für die Streitjahre gesonderte Zustimmungserklärungen abgegeben hätte, denn die Insolvenz des Ehemannes trat, wie ausgeführt, erst im Jahr 2015 ein. Vorher konnte sie mit einem Ausgleich der Nachteile durch den - ausweislich der ESt-Bescheide zumindest augenscheinlich - vermögenden Ehemann rechnen und hätte auch das Familiengericht die Klin im Verweigerungsfalle noch in den Jahren 2013 und 2014 zur Erteilung der Zustimmung - ohne Sicherheitsleistung des Ehemannes (vgl. BGH-Urteil vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris Rn. 22 ff.) - verurteilen müssen. Gegenteiliges wurde jedenfalls nicht vorgetragen und ist nicht ersichtlich, zumal die Eheleute aufgrund dieser Rechtslage noch im Jahr 2015 den gerichtlichen Vergleich schlossen. Im Übrigen hätte die Klin ihre im Jahr 2011 erteilte Zustimmung auch nach aktuell geltender Rechtslage noch bis zum Ablauf des Jahres 2011 mit Wirkung jedenfalls für das Streitjahr 2012 widerrufen können. Das hat sie jedoch nicht getan.
35 
c) Nach alledem beruht der Ausfall der Klin mit ihrem Ausgleichsanspruch maßgeblich auf mangelnder Rechtsdurchsetzung gegen ihren Ehemann und enttäuschtem Vertrauen in ihren Ehemann. Einen Billigkeitserlass der Steuer zum Nachteil der Allgemeinheit rechtfertigt das nicht. Aber selbst wenn der Klin die Durchsetzung des zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs von Anfang an von Rechts wegen nicht möglich gewesen sein sollte, ist diese Wertentscheidung des Zivil- und Insolvenzrechts hinzunehmen und rechtfertigt ebenfalls keinen Billigkeitserlass. Die Erwägung des Bekl, das Risiko der Nichterfüllung ihres zivilrechtlichen Anspruchs trage die Klin, ist daher nicht zu beanstanden.
36 
2. Der Erlass gemäß § 227 AO aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit voraus. Nur die Erfüllung beider Voraussetzungen lässt die Einziehung der Steuer als unbillig erscheinen. Deshalb reicht für die Ablehnung eines Erlasses bereits die Verneinung einer der beiden Voraussetzungen aus. Da die Entscheidung über die Gewährung oder Versagung von Billigkeitsmaßnahmen eine Ermessensentscheidung ist, können Gegenstand der richterlichen Kontrolle nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552 m.w.N.).
37 
Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552 m.w.N.). Erlassbedürftigkeit liegt aber nicht vor, wenn der Steuerpflichtige unabhängig von einer Billigkeitsmaßnahme in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, die (wegen des Pfändungsschutzes) eine Durchsetzung der in Frage stehenden Steueransprüche ausschließen, ein Erlass hieran nichts ändern könnte und aus diesem Grunde nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden wäre (BFH-Beschluss vom 24. Oktober 1988 X B 54/88, BFH/NV 1989, 285).
38 
Die wirtschaftliche Notlage muss gerade durch die Steuerfestsetzung verursacht sein (BFH-Urteile vom 10. Mai 1972 II 57/64, BStBl II 1972, 649 und vom 22. April 1975 VII R 54/72, BStBl II 1975, 727; BFH-Beschluss vom 20. Februar 1990 IV B 94/89, BFH/NV 1991, 16). Deshalb setzt ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen - neben der Erlassbedürftigkeit und der Erlasswürdigkeit des Steuerpflichtigen - voraus, dass der Erlass der Steuer dem Steuerpflichtigen und nicht einem Dritten (Gläubiger des Steuerpflichtigen) zugutekommt (BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 V B 130/99, BFH/NV 2000, 411; vom 12. Mai 2003 V B 252/02, BFH/NV 2003, 1285 und vom 8. August 2006 X B 31/06, juris Rn. 4).
39 
Nach diesen Grundsätzen hat der Bekl den Erlass der ESt aus persönlichen Billigkeitsgründen zu Recht und ermessensfehlerfrei versagt, was die Klin wohl auch nicht (mehr) in Abrede stellt. Die Steueransprüche gegen die Klin sind nicht oder allenfalls in Höhe eines geringen monatlichen Betrags durchsetzbar. Soweit eine wirtschaftliche Notlage der Klin vorliegt, wurde diese auch nicht maßgeblich durch die fraglichen Steueransprüche des Bekl, sondern durch andere erhebliche Ansprüche Dritter verursacht. Der Bekl führt zutreffend aus, dass er nur einer von zahlreichen Gläubigern ist. Tatsächlich dürfte die Klin überschuldet und ein Insolvenzverfahren angezeigt sein, entgegen der Ausführungen der Klin aber nicht wegen der Ansprüche des Bekl, sondern maßgeblich wegen der übrigen Verbindlichkeiten der Klin. Dass die anderen Gläubiger auf ihre Ansprüche verzichten würden, hat die Klin weder vorgetragen noch ist das ersichtlich. Ein Erlass würde daher nicht der Klin, sondern ausschließlich den übrigen Gläubigern - ggf. durch eine höhere Quote in einem Insolvenzverfahren - zugutekommen.
40 
Soweit die Klin den Sachverhalt insoweit im Klageverfahren gegenüber ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren durch die Benennung zusätzlicher Gläubiger weiter erhellt hat, kann das zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Zwar ist grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Es kann der Klin aber nicht zugutekommen, dass sie den Sachverhalt im Verwaltungsverfahren zu ihren Gunsten nur verkürzt dargestellt hat. Davon abgesehen sind die Ermessenserwägungen des Bekl in der Einspruchsentscheidung auch davon unabhängig nicht zu beanstanden und kann der Bekl seine Ermessenserwägungen im Klageverfahren noch ergänzen (§ 102 Satz 2 FGO).
41 
Auf die Prüfung der Erlasswürdigkeit hat der Bekl zu Recht verzichtet. Diese scheitert im Übrigen aber bereits daran, dass die Klin zuletzt vorrangig vor allem ausgesuchte private Gläubiger, nicht aber in gleichem Maße den Bekl bedient hat.
42 
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

23 
I. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Bekl hat den Erlass der ESt und des Solidaritätszuschlags zu Recht abgelehnt. Ermessensfehler liegen insoweit nicht vor. Die Einziehung der Steuer ist weder aus sachlichen noch aus persönlichen Gründen unbillig im Sinne von § 227 AO.
24 
Gemäß § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 Finanzgerichtsordnung (FGO) gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Das Finanzgericht (FG) ist darauf beschränkt zu prüfen, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat(BFH-Urteil vom 27. September 2001 X R 134/98, BStBl II 2002, 176).
25 
1. Sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen werden kann, dass die Einziehung der Steuer den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht. Dies kann seinen Grund entweder in Gerechtigkeitsgesichtspunkten oder in einem Widerspruch zu dem mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Zweck haben. § 227 AO ermächtigt allerdings nicht zur Korrektur des Gesetzes. Der Erlass ist daher nur zulässig, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BStBl II 2016, 117 Rn. 24 m.w.N.). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 29/10, BStBl II 2013, 505 Rn. 21 m.w.N.).
26 
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für einen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit nicht vor.
27 
a) Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen (Geber) an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten (Empfänger) sind gemäß § 22 Nr. 1a EStG sonstige Einkünfte des Empfängers, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Geber abgezogen werden können. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann der Geber die Unterhaltsleistungen bis zur Höhe von 13.805 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehen, wenn er dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden. Die Zustimmung ist bis auf Widerruf wirksam. Der Widerruf muss vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem FA erklärt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 bis 5 EStG). Antrag und Zustimmung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirken demnach rechtsgestaltend. Sie überführen die Unterhaltsleistungen in den steuerrechtlich relevanten Bereich und ändern so ihren Rechtscharakter. Ohne Antragstellung sind die Unterhaltsleistungen nach § 12 Nr. 2 EStG - vom Ausnahmefall des § 33a Abs. 1 EStG abgesehen - einkommensteuerrechtlich unbeachtlich. Durch die Antragstellung des Gebers und die Zustimmung des Empfängers werden die Unterhaltsleistungen einerseits beim Geber zu Sonderausgaben und andererseits beim Empfänger zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften (BFH-Urteile vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 und vom 12. Dezember 2007 XI R 36/05, BFH/NV 2008, 792).
28 
Die Zustimmung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung, deren Wirkung im Bereich des Abgabenrechts liegt, deren Voraussetzungen aber zivilrechtlicher Natur sind (BFH-Urteile vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 und vom 12. Dezember 2007 XI R 36/05, BFH/NV 2008, 792). Der Geber hat - in der Regel - einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung (BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825; Bundesgerichtshof [BGH], Urteile vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris und vom 9. Oktober 1985 IVb ZR 39/84, juris). Der Empfänger hat einen zivilrechtlichen Anspruch auf Ausgleich der dadurch bedingten - insbesondere einkommensteuerrechtlichen - Nachteile, den er dem Zustimmungsverlangen des Gebers entgegenhalten kann (BGH-Urteile vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris Rn. 13 und vom 9. Oktober 1985 IVb ZR 39/84, juris; BT-Drs. 9/1772, S. 3).
29 
Für die Argumentation der Klin spricht, dass das Zustimmungserfordernis im Rahmen der unterhaltsrechtlichen Leistungsbeziehung zwischen Geber und Empfänger dem Schutz des in der Regel schutzbedürftigen, sozial schwächeren Empfängers dienen soll. Der Empfänger soll die Möglichkeit haben, sich vor steuerlichen und außersteuerlichen Nachteilen zu schützen und zu diesem Zweck seine Zustimmung zur Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs durch den Geber z.B. auch davon abhängig machen dürfen, dass der Geber die beim Empfänger dadurch anfallenden Steuern übernimmt (BFH-Urteile vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 und vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825; BT-Drs. 8/2201, S. 5; BT-Drs. 9/1772, S. 3). Die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1990 eingeführte Bindung des Empfängers an seine einmal erteilte Zustimmung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 4 und 5 EStG) hat allerdings zu einer erheblichen Beeinträchtigung dieses ursprünglich mit der Zustimmung verfolgten Ziels geführt. Der Empfänger trägt nunmehr das Risiko, dass der Geber die anfallenden Steuern auch tatsächlich erstattet bzw. zukünftig erstatten wird (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825). Stellt der Empfänger beispielsweise im Jahr 03 fest, dass der Geber die versprochene Erstattung der für das Jahr 01 beim Empfänger im Jahr 02 festgesetzten Steuer nicht leistet, dann ist nach der gesetzlichen Regelung ein Widerruf erst für das Jahr 04 zulässig. Für den Unterhaltsempfänger wird damit das eigentlich beabsichtigte Druckmittel entscheidend entwertet. Nunmehr ist er es, der notfalls auf dem Klagewege darum streiten muss, die steuerliche Mehrbelastung von dem durch das Realsplitting begünstigten Geber erstattet zu bekommen (BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825). Diese Entscheidung samt Risikoverlagerung hat der Gesetzgeber jedoch bewusst getroffen und davon ausschließlich die gemäß § 894 Abs. 1 Zivilprozessordnung erzwungene Zustimmung ausgenommen (vgl. dazu BT-Drs. 11/5979, S. 39). Im Übrigen wirkte nach alter Rechtslage die Zustimmung des Gebers zwar nur für einen Veranlagungszeitraum, dennoch ging aber auch von ihr bereits eine Bindungswirkung dergestalt aus, dass auch sie nicht zurückgenommen werden konnte (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Diese Bindungswirkung widerspricht nach der Auffassung des BFH nicht den Zielvorstellungen des Gesetzgebers (BFH-Urteil vom 22. September 1999 XI R 121/96, BStBl II 2000, 218 aE).
30 
Davon abgesehen ist der Schutz des Empfängers steuerrechtlich seit je her nur durch das Zustimmungserfordernis als solches verwirklicht. Sämtliche Rechte und Pflichten zwischen Geber und Empfänger ergeben sich darüber hinaus ausschließlich aus den zwischen ihnen bestehenden - vielfältigen - zivil- und familienrechtlichen Leistungsbeziehungen (vgl. BT-Drs. 8/2118, S. 63; BT-Drs. 8/2201, S. 5). Daran hat das Zustimmungserfordernis des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nichts geändert. So können sowohl der Geber einen bestehenden Anspruch auf Zustimmung gegen den Empfänger als auch der Empfänger einen bestehenden Ausgleichsanspruch gegen den Geber ausschließlich vor den Zivilgerichten durchsetzen (vgl. oben). Der Gesetzgeber hat insbesondere die Wirksamkeit der Zustimmung und die Besteuerung des Empfängers weder vom Bestehen noch von der tatsächlichen Durchsetzung eines Ausgleichsanspruchs gegen den Geber abhängig gemacht (so ausdrücklich BFH-Beschluss vom 17. Juli 1989 X B 39/89, BFH/NV 1990, 551 [juris-Rn. 14]; vgl. auch BFH-Urteile vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 [juris-Rn. 21] sowie vom 25. Oktober 1988 IX R 53/84, BStBl II 1989, 192; Stöcker, in: Bordewin/Brandt, EStG, 390. Aktualisierung 2016, § 10 Rn. 465). Es muss deshalb bei der objektiven Geltung des Steuerrechts einerseits und dem subjektiven Rechtschutz gegen den Ehegatten ausschließlich durch das Zivilrecht andererseits verbleiben. Soweit der zivilrechtliche Schutz aufgrund der dortigen oder allgemeiner Regelungen und Wertungen (vermeintlich) an seine Grenzen stößt (vorliegend z.B. durch das Insolvenzrecht), kann und muss das durch das Steuerrecht weder hinterfragt noch korrigiert werden. Damit würden nicht nur die abgewogenen zivilrechtlichen (oder allgemeinen rechtlichen) Wertungen unterlaufen und das Steuerrecht überfrachtet, sondern würden auch FA und FG - auch im Erlassverfahren - überfordert (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 17]), zumal schon die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Geber vom Empfänger Erteilung der in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgesehenen Zustimmungserklärung beanspruchen kann, eine Gesamtwürdigung der gegenseitigen Leistungsbeziehung nach unterhaltsrechtlichen Kriterien erfordert, bei der Steuervorteile auf der einen und Steuernachteile auf der anderen Seite nur zwei von zahlreichen zu beachtenden Gesichtspunkten darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 15]). Nicht (völlig) zu Unrecht stellt der Bekl daher in Frage, ob vorliegend überhaupt ein Ausgleichsanspruch der Klin gegen ihren Ehemann bestand. Dies kann aber weder im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren noch im finanzgerichtlichen Verfahren geklärt werden (BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 17]). Dem Empfänger obliegt es demnach nicht nur, selbst seinen Ausgleichsanspruch gegen den Geber vor den Zivilgerichten durchzusetzen, sondern er trägt nach den eindeutigen gesetzlichen Regelungen und Wertungen auch das endgültige Risiko der Durchsetzbarkeit des Anspruchs (vgl. BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 33/03, BStBl II 2005, 825 [juris-Rn. 21]; Stöcker, in: Bordewin/Brandt, EStG, 390. Aktualisierung 2016, § 10 Rn. 478; vgl. auch BFH-Urteil vom 25. Oktober 1988 IX R 53/84, BStBl II 1989, 192). Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass die Betroffenen einerseits ihr gemeinschaftliches Wahlrecht unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Unterhaltsrechts treffen und dabei die Belastungsverschiebungen in angemessener Weise ausgleichen (BT-Drs. 8/2201, S. 8) und andererseits ausreichenden Rechtsschutz durch das Zivilrecht und die Zivilgerichte erlangen können. Soweit der Bundesgerichtshof die Pflicht des Empfängers, dem Sonderausgabenabzug des Gebers zuzustimmen, für den Regelfall ausdrücklich nicht von der Stellung von Sicherheiten für den Nachteilsausgleichsanspruch abhängig macht (BGH-Urteil vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris Rn. 22 ff.), kann und muss auch diese - in Abwägung der beiderseitigen Interessenlage und in Kenntnis möglicher Folgen getroffene - Wertscheidung des Zivilrechts im Bereich des Steuerrechts hingenommen werden.
31 
Es entspricht darüber hinaus allgemeinen steuerrechtlichen Wertungen, dass der Steuerpflichtige, der frei entscheiden kann, ob und wie er ein Wahlrecht ausübt, selbst dafür verantwortlich ist, ob er die mit seiner Wahlrechtsausübung verfolgten Zwecke erreicht. Es gibt keinen Grund, dies bei der steuerlichen Behandlung von Unterhaltsleistungen anders zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 X R 49/07, BFH/NV 2010, 1790). Auf die Begleitumstände und Motive, aufgrund derer die Zustimmung abgegeben wurde, kommt es daher nicht an: Ist die Zustimmung erteilt, so ist (bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen) der Sonderausgabenabzug zu gewähren, fehlt sie, so ist der Sonderausgabenabzug zu versagen (BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022). Im Übrigen ist auch in anderen Fällen die Besteuerung nicht davon abhängig, ob der Steuerpflichtige einen ggf. bestehenden zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch bezüglich der Steuerschuld durchsetzen kann oder nicht. Die Erfüllung der ESt-Schuld ist der Einkommensverwendung zuzurechnen und einkommensteuerrechtlich daher unbeachtlich. Es ist nicht ersichtlich, weshalb davon im Fall von Unterhaltsleistungen im Allgemeinen und im vorliegenden Fall im Besonderen aus Billigkeitsgründen abgewichen werden sollte.
32 
Trotz eines nicht durchsetzbaren Ausgleichsanspruch ist die Besteuerung der Unterhaltsleistungen beim Empfänger auch deshalb nicht unbillig, weil seine Leistungsfähigkeit durch den Zufluss der Unterhaltsleistungen tatsächlich erhöht wurde. Der Gesetzgeber hätte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Steuerpflicht der Unterhaltsleistungen unabhängig von der Zustimmung des Empfängers anordnen können (vgl. zum ursprünglichen Gesetzesentwurf BT-Drs. 8/2118. S. 5; vgl. auch Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rn. C11). Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber - unterstellt, er habe die vorliegende Fallgestaltung nicht bedacht - den Fall in der Weise gesetzlich geregelt hätte, dass zwar der Sonderausgabenabzug beim Geber (wie vorliegend) unverändert bestehen bleibt, die Steuerpflicht des Empfängers aber entfällt. Das kann vielmehr ausgeschlossen werden, hätte es doch zur Folge, dass die Unterhaltsleistungen die Bemessungsgrundlage der ESt beim Geber zwar mindern, beim Empfänger aber nicht korrespondierend erhöhen, ein Teil der Einkünfte der Ehegatten (des Gebers) also endgültig nicht besteuert würden. Zweck der gesetzlichen Regelungen der § 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 22 Nr. 1a EStG ist jedoch allenfalls, den Nachteil aufgrund des Wegfalls des Splittingtarifs - zumindest teilweise - durch ein sog. Realsplittung auszugleichen (vgl. BT-Drs. 8/2118, S. 62; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 123. Ergänzungslieferung 2002, § 10 Rn. C9), nicht jedoch, einen Teil der Einkünfte steuerfrei zu stellen. Dies ginge weit über die Wirkungen des (normalen) Splittingtarifs hinaus. Aus § 268 AO, wonach ein zusammenveranlagter Ehegatte die Aufteilung der (Gesamt-)Steuerschuld verlangen kann, ergibt sich keine andere Wertung. § 268 AO betrifft lediglich die Steuererhebung. Hinsichtlich des Aufteilungsmaßstabs verweist § 270 AO auf das materielle Steuerrecht (inklusive der vorliegend relevanten §§ 10 und 22 EStG).
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b) Abgesehen von diesen allgemeinen Erwägungen, die bereits einem Billigkeitserlass entgegenstehen, beruht die mangelnde Durchsetzbarkeit der Ausgleichsforderung der Klin für die Streitjahre im vorliegenden Fall maßgeblich auf dem Umstand, dass die Klin - nach ihrem Vortrag - auf die Erklärung des Ehemannes vertraut hat, dieser werde von der Zustimmung nur im Jahr 2010 Gebrauch machen. Sie hat (schon) deshalb nicht zeitnah vom Ehemann Ausgleich (auch) für die Streitjahre verlangt. Hätte sie zeitnah Ausgleich verlangt, wäre sie mit ihrer Forderung, weil die Insolvenz erst im Jahr 2015 eintrat, nicht ausgefallen. Bekanntlich muss man sein Vertrauen dort suchen, wo man es gelassen hat. Das Vertrauen der Klin hat vorliegend aber allenfalls der Ehemann enttäuscht, nicht der Bekl bzw. der Fiskus. Die von der Klin unterzeichnete Anlage U war auch eindeutig, wie der Bekl zutreffend ausführt. Soweit sich das (Insolvenz-)Risiko des Weiteren durch Zeitablauf verwirklicht hat, kann auch das nicht zulasten des Fiskus gehen. Es obliegt allein der Klin, einen etwaig bestehenden Ausgleichsanspruch zeitnah durchzusetzen. Der Bekl kann darauf keinen Einfluss nehmen. Das durch Zeitablauf verwirklichte Risiko der Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs kann die Klin deshalb keinesfalls zulasten der Allgemeinheit auf den Fiskus abwälzen. Das gilt auch dann, wenn die Verzögerung durch Unkenntnis der Klin vom Bestehen des Ausgleichsanspruchs verursacht worden sein sollte; auch dieses Risiko trägt nach allgemeinen Wertungen die Klin. Das Zustimmungserfordernis in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG räumt dem Empfänger (nur) die Möglichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1990 X R 137/88, BStBl II 1990, 1022 [juris-Rn. 15]) ein, die Zustimmung von einem zivilrechtlichen Ausgleich abhängig zu machen. Macht der Empfänger davon keinen (zeitnahen) Gebrauch, geht das zu seinen Lasten.
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Entgegen des Vortrags der Klin war auch nicht, jedenfalls nicht allein, die „Fortwirkung“ der Zustimmungserklärung ursächlich für die eingetretene Situation der Klin. Es kann vielmehr unterstellt werden, dass die Klin, würde ihre Zustimmung nicht ohnehin für die Folgejahre gegolten haben, auch für die Streitjahre gesonderte Zustimmungserklärungen abgegeben hätte, denn die Insolvenz des Ehemannes trat, wie ausgeführt, erst im Jahr 2015 ein. Vorher konnte sie mit einem Ausgleich der Nachteile durch den - ausweislich der ESt-Bescheide zumindest augenscheinlich - vermögenden Ehemann rechnen und hätte auch das Familiengericht die Klin im Verweigerungsfalle noch in den Jahren 2013 und 2014 zur Erteilung der Zustimmung - ohne Sicherheitsleistung des Ehemannes (vgl. BGH-Urteil vom 23. März 1983 IVb ZR 369/81, juris Rn. 22 ff.) - verurteilen müssen. Gegenteiliges wurde jedenfalls nicht vorgetragen und ist nicht ersichtlich, zumal die Eheleute aufgrund dieser Rechtslage noch im Jahr 2015 den gerichtlichen Vergleich schlossen. Im Übrigen hätte die Klin ihre im Jahr 2011 erteilte Zustimmung auch nach aktuell geltender Rechtslage noch bis zum Ablauf des Jahres 2011 mit Wirkung jedenfalls für das Streitjahr 2012 widerrufen können. Das hat sie jedoch nicht getan.
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c) Nach alledem beruht der Ausfall der Klin mit ihrem Ausgleichsanspruch maßgeblich auf mangelnder Rechtsdurchsetzung gegen ihren Ehemann und enttäuschtem Vertrauen in ihren Ehemann. Einen Billigkeitserlass der Steuer zum Nachteil der Allgemeinheit rechtfertigt das nicht. Aber selbst wenn der Klin die Durchsetzung des zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs von Anfang an von Rechts wegen nicht möglich gewesen sein sollte, ist diese Wertentscheidung des Zivil- und Insolvenzrechts hinzunehmen und rechtfertigt ebenfalls keinen Billigkeitserlass. Die Erwägung des Bekl, das Risiko der Nichterfüllung ihres zivilrechtlichen Anspruchs trage die Klin, ist daher nicht zu beanstanden.
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2. Der Erlass gemäß § 227 AO aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit voraus. Nur die Erfüllung beider Voraussetzungen lässt die Einziehung der Steuer als unbillig erscheinen. Deshalb reicht für die Ablehnung eines Erlasses bereits die Verneinung einer der beiden Voraussetzungen aus. Da die Entscheidung über die Gewährung oder Versagung von Billigkeitsmaßnahmen eine Ermessensentscheidung ist, können Gegenstand der richterlichen Kontrolle nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552 m.w.N.).
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Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552 m.w.N.). Erlassbedürftigkeit liegt aber nicht vor, wenn der Steuerpflichtige unabhängig von einer Billigkeitsmaßnahme in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, die (wegen des Pfändungsschutzes) eine Durchsetzung der in Frage stehenden Steueransprüche ausschließen, ein Erlass hieran nichts ändern könnte und aus diesem Grunde nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden wäre (BFH-Beschluss vom 24. Oktober 1988 X B 54/88, BFH/NV 1989, 285).
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Die wirtschaftliche Notlage muss gerade durch die Steuerfestsetzung verursacht sein (BFH-Urteile vom 10. Mai 1972 II 57/64, BStBl II 1972, 649 und vom 22. April 1975 VII R 54/72, BStBl II 1975, 727; BFH-Beschluss vom 20. Februar 1990 IV B 94/89, BFH/NV 1991, 16). Deshalb setzt ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen - neben der Erlassbedürftigkeit und der Erlasswürdigkeit des Steuerpflichtigen - voraus, dass der Erlass der Steuer dem Steuerpflichtigen und nicht einem Dritten (Gläubiger des Steuerpflichtigen) zugutekommt (BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 V B 130/99, BFH/NV 2000, 411; vom 12. Mai 2003 V B 252/02, BFH/NV 2003, 1285 und vom 8. August 2006 X B 31/06, juris Rn. 4).
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Nach diesen Grundsätzen hat der Bekl den Erlass der ESt aus persönlichen Billigkeitsgründen zu Recht und ermessensfehlerfrei versagt, was die Klin wohl auch nicht (mehr) in Abrede stellt. Die Steueransprüche gegen die Klin sind nicht oder allenfalls in Höhe eines geringen monatlichen Betrags durchsetzbar. Soweit eine wirtschaftliche Notlage der Klin vorliegt, wurde diese auch nicht maßgeblich durch die fraglichen Steueransprüche des Bekl, sondern durch andere erhebliche Ansprüche Dritter verursacht. Der Bekl führt zutreffend aus, dass er nur einer von zahlreichen Gläubigern ist. Tatsächlich dürfte die Klin überschuldet und ein Insolvenzverfahren angezeigt sein, entgegen der Ausführungen der Klin aber nicht wegen der Ansprüche des Bekl, sondern maßgeblich wegen der übrigen Verbindlichkeiten der Klin. Dass die anderen Gläubiger auf ihre Ansprüche verzichten würden, hat die Klin weder vorgetragen noch ist das ersichtlich. Ein Erlass würde daher nicht der Klin, sondern ausschließlich den übrigen Gläubigern - ggf. durch eine höhere Quote in einem Insolvenzverfahren - zugutekommen.
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Soweit die Klin den Sachverhalt insoweit im Klageverfahren gegenüber ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren durch die Benennung zusätzlicher Gläubiger weiter erhellt hat, kann das zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Zwar ist grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Es kann der Klin aber nicht zugutekommen, dass sie den Sachverhalt im Verwaltungsverfahren zu ihren Gunsten nur verkürzt dargestellt hat. Davon abgesehen sind die Ermessenserwägungen des Bekl in der Einspruchsentscheidung auch davon unabhängig nicht zu beanstanden und kann der Bekl seine Ermessenserwägungen im Klageverfahren noch ergänzen (§ 102 Satz 2 FGO).
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Auf die Prüfung der Erlasswürdigkeit hat der Bekl zu Recht verzichtet. Diese scheitert im Übrigen aber bereits daran, dass die Klin zuletzt vorrangig vor allem ausgesuchte private Gläubiger, nicht aber in gleichem Maße den Bekl bedient hat.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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