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| Die Klage ist unbegründet. |
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| 1. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich der Gegenstand des Klagebegehrens i.S.v. § 65 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) darauf richtet, einerseits im Wege der Anfechtungsklage den Feststellungsbescheid vom 21. Oktober 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2015 -der zwar kein Steuerbescheid, aber ein sonstiger Verwaltungsakt ist (vgl. Werth in Klein, AO, 14. Aufl., 2018, § 251 Rn. 27; Loose in Tipke/Kruse, FGO, Stand August 2019, § 251 Rn. 68)- aufzuheben, um die mit diesem Verwaltungsakt nach § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) einhergehende Bindungswirkung für die durch den Beklagten insoweit angemeldete Steuerforderung zur Insolvenztabelle i.H. von insgesamt 377.288,56 Euro zu beseitigen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
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| Andererseits beantragt der Kläger „die Veranlagung der Umsatzsteuer 2013 wie von uns beantragt durchzuführen“ (Schriftsatz vom 29. September 2015, S. 2, Gerichtsakte, Bl. 4). In der Umsatzsteuersteuerklärung für das Streitjahr vom 22. Oktober 2014 (USt-Akte, Lasche 2013, Bl. 9 ff.) berechnete der Kläger einen Erstattungsbetrag i.H. von 832.933,04 Euro. Der Senat legt den Klageantrag daher dahingehend aus, dass der Kläger eine entsprechende Festsetzung von Umsatzsteuer zu Gunsten der Insolvenzmasse erreichen möchte und eine Verpflichtung des Beklagten hierzu begehrt (§ 101 Satz 1 FGO). Eine solche Verpflichtung des Beklagten ist auch im laufenden Insolvenzverfahren zulässig, denn -nach dem Begehren des Klägers- soll eine negative Umsatzsteuer für einen Besteuerungszeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt werden. Einem solchen, von dem Kläger angestrebten Bescheid fehlt nämlich die abstrakte Eignung, sich auf die anzumeldenden Steuerforderungen auszuwirken. Darum ist insoweit abweichend von § 251 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. den Vorschriften der Insolvenzordnung ausnahmsweise der Erlass eines Steuerbescheides im laufenden Insolvenzverfahren möglich (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 2009 XI R 63/07, BStBl II 2010, 11 Rn. 18). |
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| Es liegt mithin eine objektive Klagehäufung einer Anfechtungs- und einer Verpflichtungsklage vor (§ 43 FGO). |
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| Soweit der Beklagte für das Streitjahr eine weitere Umsatzsteuerforderung angemeldet hat (115.425 Euro statt bisher 97.630 Euro) und diese ebenfalls bestritten wurde, ist darüber vom Senat nicht zu entscheiden. Insoweit handelt es sich um eine bisher nicht titulierte Forderung. Wird diese --so wie vorliegend- bestritten, obliegt es dem Beklagten, diese Forderung nach § 251 Abs. 3 AO zunächst durch Bescheid festzustellen. Erst ein solcher Feststellungsbescheid könnte im Rahmen des § 68 Satz 1 FGO zum Verfahrensgegenstand werden. Bloß nachrichtliche Steuerberechnungen -wie vorliegend vom 15. Dezember 2016 (Gerichtsakte, Bl. 159)- sind dagegen keine Verwaltungsakte und werden deshalb nicht zum Gegenstand des Verfahrens (Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl., 2019, § 68 Rn. 40). |
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| 2. Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg, denn der Feststellungsbescheid vom 21. Oktober 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
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| Die Ges hat im Streitjahr als Unternehmerin unstreitig Umsätze i.H. ausgeführt. Die Umsatzsteuer hat der Beklagte zutreffend mit 19% aus den Entgelten i.H. von 607.500 Euro mit 115.425 Euro errechnet. Die Ges kann einen Vorsteuerbetrag i.H. von 17.794,66 Euro abziehen (Umsatzsteuerschuld 97.630,34 Euro). Von letzterem geht auch der Beklagte im streitgegenständlichen Feststellungsbescheid aus. Er ist davon zwar -aus seiner Sicht mangels Unternehmereigenschaft der Ges- im Klageverfahren zwischenzeitlich abgerückt, ohne allerdings den Feststellungsbescheid zu ändern. Er berichtigte lediglich seine Steuerberechnung und die Anmeldung von Steuerforderungen zur Insolvenztabelle. Diese sind aber -wie oben bereits dargestellt- nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. |
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| Zudem wurde der Ges nach dem Vortrag des Beklagten ein Umsatzsteuererstattungsanspruch für das Streitjahr i.H. von 270.535,72 Euro durch Verrechnung mit Steuerschulden gewährt (Schriftsatz vom 5. Dezember 2019, Gerichtsakte, Band II, Bl. 237), der nunmehr vom Beklagten mit dem Feststellungsbetrag zurückgefordert wird (Teil der Position Umsatzsteuer 2013). In einer Steuerberechnung für das Streitjahr vom 20. Juni 2014 wurde zwar ein Betrag i.H. von 270.536,11 Euro als „bereits ausgezahlt/umgebucht“ bezeichnet (USt-Akte, Lasche 2013, Bl. 6). Diese geringe Abweichung führt der Senat aber auf eine Rundungsdifferenz zurück. Diese Verrechnung i.H. von 270.535,72 Euro bestreitet die Bevollmächtigte (Schriftsätze vom 4. Dezember 2019, Gerichtsakte, Band II, Bl. 232 und vom 14. Januar 2020, Gerichtsakte, Band II, Bl. 242). |
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| Nach der Überzeugung des Senats steht fest, dass eine Verrechnung zugunsten der Ges jedenfalls in dieser Höhe stattfand. So wurden die mit den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das 2. und 4. Quartal des Streitjahres i.H. von 4.696,97 Euro bzw. i.H. von 923.235,73 Euro von der Ges errechneten Erstattungsansprüche (Rotbeträge) mit Umsatzsteuer- und Lohnsteuerschulden der Ges jedenfalls i.H. von 270.535,72 Euro verrechnet. Dies ergibt sich aus dem Kontoblatt der Ges, welches der Beklagte erläutert hat (Gerichtsakte, Band II, Bl. 237 f.). |
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| Demnach wurde die Umsatzsteuerschuld der Ges für das 4. Quartal 2012 i.H. von 287.513,11 Euro (Kennziffer 0200 4412) mit dem (zunächst angemeldeten) Erstattungsanspruch aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 4. Quartal des Streitjahres (Kennziffer 0200 4413) verrechnet. Des Weiteren fanden Verrechnungen dieses Erstattungsanspruchs und eines weiteren Erstattungsanspruchs der Ges aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. Quartal des Streitjahres mit Lohnsteuerschulden von Juli 2013 (Kennziffer 0010 0713) und August 2013 bis Januar 2014 (Kennziffern 0010 0813 bis 0010 0114) i.H. von 12.928 Euro (ohne die Berücksichtigung von Verrechnungen mit dem Solidaritätszuschlag und der evangelischen Kirchensteuer) statt, die den vom Beklagten im angefochtenen Feststellungsbescheid geltend gemachten Erstattungsanspruch i.H. von 270.535,72 Euro (gesamtsaldiert) sogar noch übersteigen. |
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| Die im Feststellungsbescheid angegebenen Säumniszuschläge (6.727,50 Euro + 685 Euro = 7.412,50 Euro) und ein Verspätungszuschlag (1.710 Euro) wurden ebenfalls zutreffend ermittelt. |
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| Soweit der Kläger der vom Beklagten auf dieser Grundlage zutreffend ermittelten Steuerforderung einen Berichtigungsanspruch des Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG entgegenhält (vgl. Aktenvermerk vom 13. November 2019, Gerichtsakte, Bl. 211), kann dem nicht gefolgt werden. |
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| a) Die Voraussetzungen der Berichtigung eines unberechtigten Steuerausweises i.H. von 930.563,38 Euro (4.897.702 Euro x 19%) liegen nicht vor. |
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| Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Der danach geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 3 UStG). |
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| Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). Ob ein Anzahlungsempfänger als Unternehmer handelt, ist dabei für die Anwendbarkeit von § 14c Abs. 2 Satz 2, 1. Alternative UStG aus der objektivierten Sicht der Anzahlenden (sog. Empfängersicht) zu beurteilen (BFH-Urteil vom 17. Juli 2019 V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466 Rn. 24). |
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| Vor diesem Hintergrund kann der Ges die Unternehmereigenschaft nicht abgesprochen werden, denn trotz der betrügerischen Absicht und der Errichtung eines Schneeballsystems bestand von Anfang an die Absicht -wenn auch durch unzulässige Methoden- Einnahmen zu erzielen. Auch aus Sicht der Anzahlenden wollte die Ges mit ihren Tätigkeit Einnahmen erzielen und damit unternehmerisch tätig sein. |
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| Zwar hat die Ges Lieferungen oder sonstige Leistungen an ihre Kunden nicht ausgeführt. Dennoch hat sie keine Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen. |
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| Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Dies gilt auch für Teilleistungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG). Wird allerdings das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). |
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| (a) Damit der Steueranspruch nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG entstehen kann, ist es zunächst erforderlich, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestandes, d.h. der künftigen Lieferung oder sonstigen Leistung, bereits bekannt und somit insbesondere der Gegenstand oder die Dienstleistung zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung genau bestimmt ist. |
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| Vorliegend waren die maßgeblichen Elemente der künftigen Lieferung des jeweiligen BHKW festgelegt (BFH-Urteil vom 17. Juli 2019 V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466 Rn. 21). |
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| Wie sich aus dem Senat vorliegenden Anzahlungsrechnungen vom 15. November 2011 und 30. Mai 2012 ergibt, waren die BHKW als Kaufgegenstand jeweils mit Seriennummer identifizierbar bezeichnet. Der Gesamtkaufpreis wurde mit 225.000 Euro ausgewiesen (Gerichtsakte, Bl. 128 und 131). Als Termin der Inbetriebnahme waren spätestens sechs Monate nach Auftragserteilung vereinbart (Auftragsbestätigung, S. 2, Gerichtsakte, Bl. 133). |
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| Diese Angaben genügen, um die geschuldete Lieferung hinreichend genau bestimmen zu können. |
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| (b) Zusätzliche Voraussetzung ist, dass der Eintritt des Steuertatbestandes zu dem Zeitpunkt der Anzahlung -aus der objektivierten Sicht des Anzahlenden-- nicht unsicher ist. Dies wäre insbesondere bei betrügerischem Verhalten nicht der Fall, wenn der Anzahlende wusste oder hätte wissen können, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war (EuGH-Urteile FIRIN vom 13. März 2014 C-107/13, ABl EU 2014, Nr. C 135, 14-15 Rn. 36 und 39 ff. sowie Kollroß und Wirtl vom 31. Mai 2018 C-660/16 und C-661/16, ABl EU 2018, Nr. C 259, 10-11 Rn. 49 bis Rn. 51; BFH-Urteile vom 29. Januar 2015 V R 51/13, BFH/NV 2015, 708 Rn. 13 f., vom 17. Juli 2019 V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466 Rn. 20 und vom 5. Dezember 2018 XI R 44/14, BFH/NV 2019, 499 Rn. 41 f.). |
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| Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass es nicht zur Lieferung oder sonstigen Leistung kommt, selbst wenn dies von Anfang an feststeht. Denn sowohl der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung beim anzahlenden Kunden als auch -hier streitgegenständlich- die Steuerentstehung beim Anzahlungsempfänger hängen weder davon ab, ob der Anzahlungsempfänger im Zahlungszeitpunkt die Leistung objektiv erbringen kann noch ob er das will. Auf einen nach außen nicht offengelegten, geheimen Vorbehalt des Anzahlungsempfängers kommt es somit nicht an. Entscheidend ist deshalb nicht die innere Absicht zur Leistungserbringung, sondern nur die gegenüber den anzahlenden Kunden nach außen geäußerte Absicht zur Leistungserbringung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 2019 V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466 Rn. 22 f.). |
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| Unter Anwendung dieser Grundsätze ist es nach der Überzeugung des erkennenden Senats im Streitfall nicht anhand objektiver Umstände erwiesen, dass die Kunden der Ges bei der Anzahlung wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass die Bewirkung der für die Anzahlung versprochenen Leistung unsicher war. |
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| Dabei geht der Senat übereinstimmend mit den Feststellungen des LG M, Urteil vom xx.xx. 2013 xxx -auf die sich im Übrigen auch der Kläger und der Beklagte berufen- davon aus, dass auch die von den Kunden unter Auswahl von Option II geschlossenen Verträge auf die Lieferung von BHKW gerichtet waren (S. 9 f., Rb-Akte, Bl. 20 f.). Bei Abschluss des -- Pakets, welches integraler Bestandteil der jeweils abgeschlossenen Verträge war, sollte die Ges das jeweilige BHKW lediglich verwalten (vgl. Auftragsbestätigung vom 30. Mai 2012, S. 2, Gerichtsakte, Bl. 133). |
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| Lieferungen eines Unternehmers sind nach § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist insoweit auf die maßgebenden zivilrechtlichen Vereinbarungen abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2018 XI R 44/14, BFH/NV 2019, 499 Rn. 29 ff. m.w.N.) |
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| Zwar bezeichnet auch das LG M das „Investment“ als Dauerschuldverhältnis, da über mehrere Jahre unterschiedliche, überwiegend wiederkehrende Leistungen, auszutauschen seien. Es würdigt aber überzeugend und nachvollziehbar den abgeschlossenen Vertrag als Kaufvertrag gerichtet auf die Verschaffung der Verfügungsmacht an dem jeweiligen BHKW. So führt es weiter aus, dass der Kunde durch den „Kauf“ der BHKW investieren wollte. Entgegen dieses „im Rahmen des Gesamtengagements … zu würdigenden Kaufs“ seien von der Anzahlung zwar keine BHKW gekauft, sondern das Geld sei dazu verwendet worden, andere Investitionen in die Heizhäuser zu tätigen. Obwohl die Vertragskonstruktion „schwer bis überhaupt nicht nachvollziehbar“ sei, stellt das LG M fest, dass die BHKW von der Ges „für“ die Kunden gekauft und diesen übereignet werden sollten. |
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| Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Option II in den Auftragsbestätigungen als „Leasing“ bezeichnet wurde und nach Unterzeichnung des Auftrags über den Restbetrag pro BHKW i.H. von 185.000 Euro (225.000 Euro ./. Anzahlung von 40.000 Euro netto) noch ein „Leasingvertrag“ mit einer Laufzeit von acht Jahren ausgestellt werden sollte (Anlage 1 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 18. November 2016, Gerichtsakte, Bl. 133). Denn in den Anzahlungsrechnungen der Ges, mit denen jeweils ein Nettokaufpreis von 40.000 Euro abgerechnet wurde, wurde gegenüber den Kunden ein „Gesamtkaufpreis der Anlage“ von 225.000 Euro ausgewiesen (Anlage 1 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 18. November 2016, Gerichtsakte, Bl. 128). Zudem sollten die Leasingverträge nicht von der Ges, sondern von den Kunden selbst abgeschlossen werden. In einem Leasingvertrag heißt es dann auch, dass die E-GmbH in die „Bestellung des Kunden“ eintreten werde (Anlage 1 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 18. November 2016, Gerichtsakte, Bl. 129). Insofern folgerichtig wurden die geschlossenen Leasingverträge von der E-GmbH auch gegenüber dem Kunden gekündigt (Anlage zum Schreiben der Bevollmächtigten vom 19. November 2015, Rb-Akte, Bl. 26). Waren aber die Kunden selbst Vertragspartner der Leasingverträge, spricht dies nach Auffassung des Senats dafür, dass die Ges auch eine Lieferung des BHKW an die Kunden schuldete. Über diesen Anspruch verfügten dann die Kunden gegenüber der E-GmbH durch eine Abtretung zur Absicherung des Finanzierungsleasings. |
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| Des Weiteren spricht der Kläger in seinem Schriftsatz vom 16. Februar 2016 selbst von „Kaufverträgen über die Veräußerung von Blockheizkraftwerken“, welche die Ges mit diversen Kunden in den Jahren 2011 bis 2013 abgeschlossen habe. Sowohl die polizeilichen Ermittlungen als auch das Urteil des AG Ö vom xx.xx. 2015 würden „unsere Auffassung“ unterstreichen, dass die Ges weder willens noch in der Lage gewesen sei, die in Rechnung gestellten BHKW an ihre Kunden „zu liefern“ (S. 1 f., Gerichtsakte, Bl. 36 f.). |
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| Im Übrigen hat die Ges zumindest in der Anfangsphase ihrer Geschäftstätigkeit durch den Abschluss von Verträgen über die Wärmelieferung an die W-KG, über den Bezug von Biomethangas von der V-GmbH und über die Bestellung von zwölf BHKW bei der MB-AG -wovon sechs geliefert wurden- für den Standort eines Heizhauses in P versucht, ein Geschäftsmodell zu realisieren. Auch die Bestellung von (weiteren) zwölf BHKW von einer F-GmbH und der Abschluss eines Rahmenforderungskaufvertrages mit der E-GmbH stützen diese Annahme (vgl. AG Ö, Urteil vom xx.xx. 2015 xxx, S. 4 ff., Gerichtsakte, Bl. 62 ff.). |
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| Vor diesem Hintergrund kann deshalb nicht von einer missbräuchlichen Gestaltung in einem Umfang ausgegangen werden, der es rechtfertigen würde, die mit den Kunden geschlossenen Verträge als reine Kapitalüberlassung zu qualifizieren. Denn die zivilrechtlichen Vereinbarungen lassen --auch wenn sie Teil eines betrügerischen Schnellballsystems waren- keine im vorgenannten Sinne rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung erkennen, die allein zu dem Zweck erfolgte, einen Steuervorteil zu erlangen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2018 XI R 44/14, BFH/NV 2019, 499 Rn. 33). |
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| Unter Würdigung der Gesamtumstände geht der Senat davon aus, dass sich die Kunden von der Ges weder wissentlich betrügen ließen, noch erkennen konnten, dass die Lieferung der BHKW aufgrund sonstiger Umstände unsicher war, in dem sie für die (vermeintlichen) Lieferungen Anzahlungen leisteten. So stellte das AG Ö mit seinem Urteil vom xx.xx. 2015 fest, dass A und B noch im März 2013 (und damit bis kurz vor dem Zeitpunkt des Öffentlichwerdens der Zahlungsunfähigkeit der Ges) Kunden kontaktierten und vorgaben, dass einige Heizhäuser kurz vor der Inbetriebnahme stünden. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Angaben, habe die D-GmbH noch drei BHKW bestellt (S. 5 f., Gerichtsakte, Bl. 62 f.). |
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| Auch die -aus Sicht des Senats- unschlüssigen Rentabilitätsberechnungen (vgl. Anlage zum Schreiben der Bevollmächtigten vom 19. November 2015, Rb-Akte, Bl. 24 f.) sagen nichts darüber aus, ob die bestellten BHKW geliefert werden und genutzt werden können, zumal auch unvernünftige Kaufentscheidungen immer wieder im Rahmen des allgemeinen Wirtschaftsverkehrs anzutreffen sind (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 2019 V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466 Rn. 25 m.w.N.). |
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| Mithin entstand durch die Vereinnahmung der von den Kunden geleisteten Anzahlungen Umsatzsteuer, so dass die Ges in den Anzahlungsrechnungen, Umsatzsteuer zu Recht entsprechend dem gesetzlichen Steuerentstehungstatbestand (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) und damit nicht -was für die Anwendbarkeit § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG erforderlich ist- „unberechtigt“ ausgewiesen hat (BFH-Urteil vom 5. Dezember 2018 XI R 44/14, BFH/NV 2019, 499 Rn. 59). |
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| Vor diesem Hintergrund kann es der Senat offenlassen, ob die klägerseits vorgetragene Berichtigung auf der Grundlage von § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG nicht bereits deshalb ausscheidet, weil diese nur einem speziellen Verwaltungsverfahren durchgesetzt werden kann und eine Rückzahlung der ausgewiesenen Steuer an die Kunden voraussetzt (so Korn in Bunjes, UStG, 18. Aufl., 2018, § 14c Rn. 51). |
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| b) Die Bemessungsgrundlage zur Umsatzsteuer ist auch nicht i.H. von 4.897.702 Euro im Streitjahr zu mindern. |
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| Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entsprechendes gilt, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG). |
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| Vereinbart der Unternehmer aber eine Anzahlung, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, kommt es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der Bemessungsgrundlage (vgl. EuGH-Urteil FIRIN vom 13. März 2014 C-107/13, ABl EU 2014, Nr. C 135, 14-15 Rn. 56). Letztgenannte Voraussetzung beruht darauf, dass bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage bildet, für eine Sollbesteuerung aber dann kein Raum bleibt, soweit der leistende Unternehmer das Entgelt vereinnahmt hat. Hat der Unternehmer das „Soll-“Entgelt bereits vereinnahmt, ändert sich die Bemessungsgrundlage nicht schon durch die Minderung des Entgelts, sondern erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (BFH-Urteile vom 2. September 2010 V R 34/09, BStBl II 2011, 991 Rn. 17, vom 17. Juli 2019 V R 9/19, BFH/NV 2019, 1466 Rn. 31 und vom 5. Dezember 2018 XI R 44/14, BFH/NV 2019, 499 Rn. 69 f.). |
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| Vorliegend haben die Kunden der Ges ihre Anzahlungen bisher weder ganz noch teilweise zurückerhalten, so dass die Bemessungsgrundlage nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu mindern ist. |
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| Im Bericht des Klägers vom 21. Juli 2014 anlässlich eines Berichts- und Prüfungstermins heißt es zudem, dass in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ges aktuell keine Masse festzustellen sei. Als Vermögensgegenstände werden lediglich die BHKW bei der W-KG in P, deren Verwertung allerdings von einer bisher „ungelösten tatsächlichen und rechtlichen Gemengelage durchsetzt ist“ und ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten, den der Beklagte -wie den unterstehenden Ausführungen zu entnehmen ist- zu Recht nicht anerkennt (S. 5 ff., Gerichtsakte, Bl. 111 ff.). Somit wird es auch in Zukunft -ohne dass dies im vorliegenden Verfahren streitentscheidend wäre-- nach dem derzeitigen Vermögensstatus der Ges nicht zu einer Rückerstattung der Anzahlungen an die Kunden kommen. |
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| 3. Die Verpflichtungsklage ist unbegründet. |
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| a) Dabei geht der Senat davon aus, dass Beklagte mit dem Erlass des Feststellungsbescheides vom 21. Oktober 2015 nicht nur über die angemeldeten Steuerforderungen, sondern auch über den von dem Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch (i.H. von 832.933,04 Euro) ablehnend entschied, in dem er die Zustimmung zur Steueranmeldung des Streitjahres versagte (§ 168 Satz 2 AO). Dies ergibt aus der Begründung des Feststellungsbescheides. Hiergegen legte der Kläger auch in rechtsschutzgewährender Auslegung seines Schreibens vom 19. November 2015 Einspruch ein, so dass durch die Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2015 auch hierüber mitentschieden wurde. |
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| Zur Vermeidung von Wiederholung verweist der Senat auf seine obenstehenden Ausführungen (unter 2.). |
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| 4. Der Senat hält es für zweckmäßig gemäß § 90a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. |
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