Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 K 358/15

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Rückforderung der der Klägerin ursprünglich als sog. KMU gewährten, erhöhten Investitionszulage rechtmäßig ist.

2

Die Klägerin firmierte in den Streitjahren unter M. GmbH. Sie war im Bereich Herstellung von Stahlbauteilen und Handel mit Landtechnikartikeln tätig. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin in den Streitjahren war Herr L. und Geschäftsführer waren die Herren Z. (bis 31. Dezember 2007) und  L.

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Am 6. Februar 2007 ging ein Investitionszulagenantrag für 2006, am 31. Januar 2008 ging ein Investitionszulagenantrag für 2007 und am 23. Januar 2009 ging ein Antrag auf Investitionszulage für 2008 beim Beklagten ein.

4

Beantragt wurde die Zulage für Investitionen, die der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte in S. dienen sollten. Als Abschluss der begünstigten Erstinvestition wurde im Investitionszulagenantrag für 2008 der 22. Dezember 2008 angegeben.

5

Den Anträgen lagen jeweils KMU-Erklärungen bei. Danach hatte die Klägerin im Jahr 2006 47 Mitarbeiter, einen Umsatz von 2,42 Mio. € und eine Bilanzsumme von 2,438 Mio. €, im Jahr 2007 47 Mitarbeiter einen Umsatz von 2,577 Mio. € und eine Bilanzsumme von 2,422 Mio. € und im Jahr 2008 47 Mitarbeiter, einen Umsatz von 2,578 Mio. € und eine Bilanzsumme von 2,44 Mio. €.

6

Mit Bescheiden von 23. März 2007 für 2006, 28. März 2008 für 2007 und 17. März 2009 für 2008 wurden die Investitionszulagen gewährt und dabei der für KMU erhöhte Zulagen-satz von 25 v.H. angesetzt.

7

Gemäß Gesellschafterbeschluss vom 25. November 2009 änderte die Klägerin ihre Firmenbezeichnung in M. GmbH.

8

Mit notariellem Vertrag vom 21. Dezember 2006 erwarb die Klägerin einen Geschäftsanteil von nominell € 1.050.000 = 16,67 v.H. an der Z. GmbH, ... Chaussee, P. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung bei der Z. GmbH wurde dieser Anteil durch notariellen Gesellschafterbeschluss vom 25. November 2009 auf 20 v.H. aufgestockt.

9

Der alleinige weitere Gesellschafter der Z. GmbH ist Herr H.L., der Vater von Herrn M.L.. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wurde Herr M.L. neben Herrn H.L. und Herrn Dr. B. zum weiteren Geschäftsführer der Z. GmbH berufen; er hat Gesamtvertretungsbefugnis.

10

Mit notariellem Vertrag vom 25. November 2009 errichtete die Klägerin eine 100-prozentige Tochtergesellschaft, die nunmehr die Firmenbezeichnung M.M. GmbH erhielt. Geschäftsführer dieser Tochtergesellschaft wurde Herr R.

11

Mit Rahmenvertrag und Vertrag über die Übertragung des operativen Geschäftsbetriebes, beide vom 18. Dezember 2009, hat die Klägerin ihr gesamtes operatives Geschäft einschließlich aller Mitarbeiter (51 Mitarbeiter) und einschließlich der gesamten Kunden-beziehungen und des Goodwill auf die neue M.M. GmbH übertragen. Zu den übertragenen Wirtschaftsgütern gehörten auch die Maschinen, für die der Beklagte der Klägerin in den Jahren 2006 bis 2008 Investitionszulage nach den erhöhten Sätzen für KMU gewährt hat.

12

Im Zeitraum vom 21. November 2013 bis 9. Mai 2014 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung u.a. wegen Investitionszulage für die Streitjahre durch (Bericht vom 19. Mai 2014). Die Prüfung wegen Investitionszulage 2008 geht auf eine Prüfungsanordnung vom 18. Dezember 2012 zurück. Mit erweiterter Prüfungsanordnung vom 13. Dezember 2013 wurde die Prüfung auf die Investitionszulage 2006 und 2007 ausgedehnt. Im Hinblick auf die Investitionszulage gelangte der Prüfer zu folgenden Feststellungen (Tz. 26 des Berichts):

13

Die Tochtergesellschaft der Klägerin, die M.M. GmbH, sei ein verbundenes Unternehmen i.S.v. Rz. 79 des BMF-Schreibens vom 8. Mai 2008, sie sei aber kein KMU. Spätestens seit Herr M.L. 2009 zum weiteren Geschäftsführer bei der Z. GmbH bestellt worden sei, lägen zwischen der Klägerin, deren Tochtergesellschaft und der Z. GmbH verbundene Unternehmen i.S.v. Rz. 164 des BMF-Schreibens vor. Neben der gleichen Geschäftsführung bestehe ein enormer Grad an wirtschaftlicher Verflechtung. So sei das ...werk Schlüsselauftraggeber der Klägerin. Es gebe finanzielle Verflechtungen über nicht unerhebliche Darlehen. Die Unternehmen seien in denselben bzw. in benachbarten Märkten tätig. Die Klägerin sei Zulieferer des ...werks. Die Größenmerkmale der verbundenen Unternehmen seien daher zusammenzurechnen. Die Z. GmbH beschäftige im Zeitpunkt der Übertrag der begünstigten Wirtschafsgüter von der Klägerin auf die M.M. GmbH im Jahr 2009 312 Arbeitnehmer.

14

Die Klägerin und deren Tochterunternehmen seien unstreitig verbundene Unternehmen i.S.d. Investitionszulagenrechts. Streitig sei allein, ob die Klägerin darüber hinaus mit der Z. GmbH ein verbundenes Unternehmen bilde, mit der Folge dass im Zeitpunkt der Übertragung die Tochtergesellschaft kein KMU sei, was der Prüfer bejahte.

15

Auch bei Unterschreiten der formalen Beteiligungskriterien komme die Annahme eines verbundenen Unternehmens in Betracht. Die Beteiligung der Klägerin an der Z. GmbH i.H.v. 20 v.H. an sich rechtfertige nicht die Annahme von verbundenen Unternehmen. Es seien in der Sache aber weitere Umstände gegeben, die hier die Annahme verbundener Unternehmen rechtfertige.

16

Der Z. GmbH sei an der M.M. GmbH (alt) ein Vorkaufsrecht zu Buchwerten eingeräumt worden. Die Z. GmbH habe am Standort der Klägerin eine unselbständige Betriebsstätte unterhalten und sie sei Eigentümerin des Geschäftsgrundstücks der Klägerin.

17

Die Kaufpreissumme für den Erwerb der Anteile an der Z. GmbH durch die M.M. GmbH (alt) sei als langfristiges Darlehen gewährt worden. Die M.M. GmbH (alt) erziele ihre überwiegenden Umsätze als Zulieferer der Z. GmbH. Hinsichtlich der neu gegründeten Tochtergesellschaft der Klägerin sei der Z. GmbH ebenfalls ein Vorkaufsrecht eingeräumt worden. Und die Unternehmen würden nach außen als Z/W-Gruppe auftreten.

18

Hinsichtlich der Investitionszulage 2006 und 2007 sei daher nur der geminderte Investitionszulagensatz zu gewähren.

19

Die Übertragung der Wirtschaftsgüter von der Klägerin auf die Tochtergesellschaft als Nicht-KMU habe zur weiteren Folge, dass sich auch der Bindungszeitraum auf fünf Jahre seit Abschluss des Erstinvestitionsvorhabens und damit hinsichtlich der Investitionszulage 2008 teils bis zum Ablauf des Jahres 2013 verlängere. Innerhalb dieses Zeitraums seien alle begünstigten Wirtschaftsgüter mit Ausnahme des Dreh- und Fräszentrums sowie des Kopierers veräußert worden. Der Geschäftsbetrieb sei bereits eingestellt. Da keine werbende Tätigkeit mehr ausgeübt werde, seien die Verbleibensvoraussetzungen verletzt. Im Ergebnis sei die gesamte Investitionszulage 2008 zurückzufordern.

20

Der Beklagte folgte den Feststellungen insoweit und erließ am 1. Juli 2014 Änderungsbescheide für die Streitjahre 2007 und 2008 und am 11. Juli 2014 für 2006. Am 25. Juli 2014 wurde jeweils Einspruch eingelegt.

21

Im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren wies der Beklagte mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 darauf hin, dass der Prüfer davon ausgegangen sei, dass die im Jahr 2006 angeschafften Wirtschaftsgüter einer Bindungsfrist von drei Jahren unterlägen, weshalb die Minderung des Fördersatzes nur für einen Teil der angeschafften Wirtschaftsgüter erfolgt sei. Der verkürzte Bindungszeitraum sei aber erst durch das Investitionszulagengesetz (InvZulG) 2007 für Investitionen nach dem 31. Dezember 2006 eingeführt worden, weshalb die im Jahr 2006 angeschafften Wirtschaftsgüter vollständig einer fünfjährigen Bindungsfrist unterlägen und die Kürzung des Fördersatzes alle Wirtschaftsgüter betreffe. Der Beklagte wies insoweit darauf hin, dass eine verbösernde Entscheidung in Betracht käme und gab Gelegenheit zur Stellungnahme.

22

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. März 2015 wurde die Investitionszulage 2006 auf 80.034,88 € festgesetzt und die Einsprüche im Übrigen zurückgewiesen. Am 13. April 2015 wurde Klage erhoben (Az.: 1 K 358/15).

23

Die Klägerin meint, die geänderten Investitionszulagenbescheide seien rechtswidrig.

24

Zunächst sei Festsetzungsverjährung hinsichtlich der Investitionszulagenfestsetzung 2006 und 2007 eingetreten. Der ursprüngliche Investitionszulagenbescheid für 2006 sei am 23. März 2007 und der für 2007 am 28. März 2008 ergangen. Damit habe die Festsetzungsfrist für die Investitionszulage 2006 mit Ablauf des Jahres 2007 und für die Investitionszulage 2007 mit Ablauf des Jahres 2008 zu laufen begonnen. Die Frist betrage vier Jahre und sei, da auch keine Hemmung eingetreten sei, mit Ablauf des Jahres 2011 bzw. 2012 abgelaufen. Da in der Sache auch keine neue Tatsache i.S.v. § 173 Abgabenordnung (AO) bekanntgeworden sei, seien die ursprünglichen Investitionszulagenfestsetzungen 2006 und 2007 nicht mehr änderbar gewesen.

25

Sie habe Anspruch auf die erhöhte Investitionszulage. Zwei rechtlich selbständige Unternehmen seien auch investitionszulagenrechtlich bei entsprechend enger Bindung als ein Unternehmen anzusehen (z.B. bei einer Betriebsaufspaltung). Die Übertragung des operativen Geschäfts von der Klägerin auf deren 100-prozentige Tochtergesellschaft im Jahr 2009 sei als eine Übertragung in eine andere Betriebsstätte bzw. in einen Teilbetrieb und damit als Verbleib i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG anzusehen. Denn der Gesetzgeber habe in verschiedenen Regelungen, insbesondere in § 16 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG eine 100-prozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb der Obergesellschaft definiert. Dies gelte nach verschiedenen Ansichten in der Literatur auch für andere Rechtsnormen wie z.B. für § 20 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Teilweise werde vertreten, es komme auf den Normzweck der einzelnen Regelung an, ob bei einer 100-prozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft diese als Betriebsstätte der Obergesellschaft anzusehen sei. Normzweck des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG sei, dass eine Investition in einer Organisationseinheit des investitionszulagenberechtigten Investors im Fördergebiet erfolge und dort verbleibe, weshalb Verschiebungen innerhalb verschiedener Betriebsstätten des Unternehmens im Fördergebiet dieser Regelung unterfielen.

26

Es komme daher - unabhängig ob hier ein Fall des § 2 Abs. 1 Satz 1 oder ein Fall des § 2 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 2007 vorliege - auf die Beurteilung im Investitionszeitpunkt an, also auf 2006 bis 2008. In diesem Zeitraum seien die vom Beklagten angeführten Merkmale für das Vorliegen verbundener Unternehmen zwischen der Klägerin und der Z. GmbH noch nicht vorhanden gewesen. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass im Zeitpunkt der Investition der Alleingesellschafter der Klägerin noch nicht die Geschäftsführung bei der Z. GmbH inne gehabt habe.

27

Für die Gewährung der erhöhten Investitionszulage sei es investitionszulagenrechtlich unschädlich, wenn ein Unternehmen zu einem nach Zulagengewährung liegenden Zeit-punkt den KMU-Status verliere. Gleiches müsse gelten, wenn zu diesem späteren Zeit-punkt begünstigte Wirtschaftsgüter auf die Tochter übertragen würden. Das Gesetz stelle hinsichtlich der Zulagenhöhe und des Bindungszeitraums schließlich auf den Investitions-zulagenbeginn ab.

28

Die Regelungen in § 2 Abs. 1 InvZulG differenzierten in den Sätzen 1 und 4 zwischen zwei verschiedenen Sachverhalten. Diese seien im Wege teleologischer Normauslegung und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu bestimmen. In den Fällen des Satzes 1 sei kein außenstehender Dritter beteiligt, wohingegen der Satz 4 Fälle erfasse, in denen ein Dritter mit bis zu 75 v.H. wirtschaftlich an der Verschiebung beteiligt sei.

29

Die Frage, ob eine 100-prozentige Tochtergesellschaft als Betriebsstätte bzw. Teilbetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG anzusehen sei, sei zudem höchstrichterlich nicht geklärt.

30

Die Richtlinien der EU-Kommission (Anhang zur Empfehlung vom 6. Mai 2003) würden für die Beurteilung von KMU und dem Vorliegen eines verbundenen Unternehmens eine drei-fache Abstufung vorsehen, nämlich vollständig alleinstehende Unternehmen, Partnerunternehmen und verbundene Unternehmen. Die Abgrenzungsmerkmale seien definiert. Bei einer Beteiligung von bis zu 25 v.H. handle es sich um vollständig alleinstehende Unter-nehmen, bei einer Beteiligung von über 25 v.H. bis 50 v.H. handle es sich um Partnerunternehmen und bei einer Beteiligung von über 50 v.H. handle es sich um verbundene Unternehmen. Diese Richtlinie habe den Zweck den sog. Fallbeileffekt abzumildern, der ansonsten bei einer nur geringfügigen Überschreitung der Größenmerkmale eintreten würde. Diesem Zweck sei aber auch Rechnung zu tragen, wenn Unternehmen nicht aufgrund wechselseitiger Beteiligungen, sondern aufgrund von anderen Merkmalen - z.B. der Zusammenarbeit in der Geschäftsführung und einer Beteiligung von unter 25 v.H. wie hier - beurteilt würden. Es käme auf das Gesamtbild der Verhältnisse an. Deshalb sei bei einem nur geringen Grad der für die Zusammenfassung sprechenden Merkmale von Partnerunternehmen und erst bei einer praktisch vollständigen wirtschaftlichen Verflechtung bzw. umfassenden Zusammenarbeit von verbundenen Unternehmen auszugehen.

31

Die Klägerin und die Z. GmbH seien danach lediglich als Partnerunternehmen anzusehen. Folglich seien die Größenmerkmale der Unternehmen nur anteilig - entsprechend der Beteiligungshöhe von 16,67 v.H. in den Streitjahren - zu berücksichtigen. Da die Z. GmbH die Größenmerkmale - nämlich die Anzahl der Arbeitnehmer - nur geringfügig überschreite, würden die Größenmerkmale bei einer nur anteiligen Zurechnung nicht überschritten.

32

Auch die Rechtsfrage, ob bei der Zusammenfassung aufgrund sonstiger Merkmale eine Abstufung zwischen Partnerunternehmen und verbundenen Unternehmen vorzunehmen ist, sei höchstrichterlich nicht entschieden.

33

Der Fall sei auch nicht mit dem vergleichbar, den der BFH dem EuGH vorgelegt habe (Rs. C-110/13), denn das Ausmaß der für eine Zusammenfassung der Klägerin und der Z. GmbH sprechenden Gründe sei bei weitem nicht so ausgeprägt, so dass sich die Frage stelle, ob eine Zusammenfassung der Unternehmen möglich sei.

34

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Änderung des Bescheids über eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz 2005 für das Kalenderjahr 2006 vom 11. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2015 und die Bescheide jeweils über die Änderung des Bescheids über eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz 2007 für das Kalenderjahr 2007 und für das Kalenderjahr 2008 vom 1. Juli 2014 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12. März 2015 aufzuheben.

35

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

36

Der Beklagte meint, die Klägerin sei im Zeitpunkt der Gewährung der Zulagen unstreitig ein KMU gewesen. Es käme hierauf aber nicht an, sondern abzustellen sei auf den Zeitpunkt der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die Tochtergesellschaft im Jahr 2009. In diesem Zeitpunkt sei zu überprüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen gegeben seien.

37

Die Tochtergesellschaft sei kein Teilbetrieb i.S.d. EStG oder etwa eine Betriebsstätte der Muttergesellschaft, sondern ein eigenständiges Unternehmen mit eigener investitionszulagenrechtlicher Anspruchsberechtigung. Insoweit könne in der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die Tochtergesellschaft kein Verbleib bei der Muttergesellschaft gesehen werden, sondern es liege eine Übertragung auf ein verbundenes Unternehmen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1a InvZulG 2007 vor. Auch die Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sei eine Rechtsnachfolge und die Anspruchsvoraussetzungen seien neu zu prüfen.

38

Die einkommensteuerliche Regelung zum Teilbetrieb könne im Investitionszulagenrecht nicht angewendet werden. Jede Gesellschaft, die der Steuerpflicht des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) unterliege, sei ein Anspruchsberechtigter i.S.d. § 1 Abs. 1 InvZulG. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG diene dazu, Anspruchsberechtigte ohne Sitz aber mit Betriebsstätte im Fördergebiet denen mit Sitz im Fördergebiet anzugleichen, nicht aber um eine Zurechnung einer Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft zu er-möglichen.

39

Die Ausführungen zu sog. Partnerunternehmen lägen neben der Sache, da ein verbundenes Unternehmen gegeben sei, was ausreiche.

40

Dem Senat haben u.a. die Investitionszulagen-, die Betriebsprüfungs- und die Rechtsbehelfsakten vorgelegen (fünf Bände). Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

41

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

42

Eine Änderung der Investitionszulagenfestsetzung für die Jahre 2006 und 2007 ist zulässig, da Festsetzungsverjährung insoweit nicht eingetreten ist. Die Übertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter auf die neue M.M. GmbH im Jahre 2009 führte dazu, dass ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO eintrat, weil die neue M.M. GmbH in diesem Zeitpunkt kein KMU war. In der Folge mindert sich hinsichtlich der Investitionszulage 2006 und 2007 der Zulagensatz. Hinsichtlich der Investitionszulage 2008 liegt ein zulagenschädliches vorzeitiges Ausscheiden der veräußerten begünstigten Wirtschaftsgüter vor. Im Einzelnen:

43

1. Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO - die Anwendbarkeit der Abgaben-ordnung ergibt sich insoweit aus § 5 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2005 bzw. § 13 Satz 1 InvZulG 2007 - ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis), wobei als rückwirkendes Ereignis auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung gilt, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss. Bei Verletzung der Bindungsfristen des Investitionszulagenrechts liegt gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ein rückwirkendes Ereignis vor (vgl. Heß in Heß/Martin, InvZulG, § 2 Rz. 177).

44

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2005 - anzuwenden für Investitionen bis 31. Dezember 2006 - sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen ab-nutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung (Fünfjahreszeitraum) 1. zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören, 2. in einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes oder eines Betriebs der produktionsnahen Dienstleistungen im Fördergebiet verbleiben, 3. in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden und soweit es sich um Erstinvestitionen im Sinne des Absatzes 3 handelt.

45

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2007 - anzuwenden für Investitionen ab 1. Januar 2007 - sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, 1. die zu einem Erstinvestitionsvorhaben im Sinne des Absatzes 3 gehören, 2. die mindestens fünf Jahre nach Beendigung des Erstinvestitionsvorhabens (Bindungszeitraum) a) zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen oder des Beherbergungsgewerbes des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören, b) in einer Betriebsstätte eines solchen Betriebs des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet verbleiben, c) in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 Prozent privat genutzt werden.

46

Nach § 2 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 2007 verringert sich für nach dem 31. Dezember 2006 begonnene Erstinvestitionsvorhaben der Bindungszeitraum auf drei Jahre, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 S. 36) im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens erfüllt. Wobei es gemäß § 2 Abs. 1 Satz 5 InvZulG 2007 für den Anspruch auf Investitionszulage unschädlich ist, wenn das bewegliche Wirtschaftsgut innerhalb des Bindungszeitraums 1. a) in das Anlagevermögen eines mit dem Anspruchs-berechtigten verbundenen Unternehmens eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet übergeht, oder b) in einem mit dem Anspruchsberechtigten verbundenen Unter-nehmen eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet verbleibt und 2. dem geförderten Erstinvestitionsvorhaben eindeutig zugeordnet bleibt.

47

Der begünstigte Betrieb oder die begünstigte Betriebsstätte muss im Anwendungsbereich des InvZulG 2007 dem Anspruchsberechtigten oder einem verbundenem Unternehmen im Bindungszeitraum zuzurechnen sein, wobei die Bindung des Wirtschaftsgutes an das Anlagevermögen des Investors zur Folge hat, dass Investor und Nutzender des begünstigten Wirtschaftsgutes grundsätzlich rechtlich identisch sein müssen (vgl. Heß in Heß/Martin, InvZulG, § 2 Rz. 145).

48

Das bedeutet: War es im Anwendungsbereich des InvZulG 2005 noch möglich, begünstigte Wirtschaftsgüter an ein anderes Unternehmen zu übertragen oder zu verkaufen, welches ebenfalls die Voraussetzungen erfüllte, ist dies im Anwendungsbereich des InvZulG 2007 nur noch möglich, wenn dieses andere Unternehmen ein verbundenes ist.

49

Da die begünstigten Wirtschaftsgüter im Streitfall an ein Unternehmen veräußert wurden, welches mit dem Veräußerer verbunden ist, da beide Unternehmen zu einer Unternehmensgruppe gehören, d.h., gesellschaftsrechtlich verbunden sind, sich am gleichen Standort befinden und beide zu den begünstigten Wirtschaftszweigen gehören (BT-Drucks. 16/1409 Bes. Teil zu § 2), ergeben sich aus der gesetzlichen Änderung keine Besonderheiten.

50

2. Wird ein begünstigtes Wirtschaftsgut innerhalb des Zugehörigkeits- und Verbleibens-zeitraums an ein begünstigtes verbundenes Unternehmen übertragen, hängt der Anspruch auf die erhöhte Investitionszulage davon ab, ob auch das verbundene Unternehmen eine erhöhte Investitionszulage erhalten hätte, wenn es anstelle des Anspruchsberechtigten die Investition vorgenommen hätte (BMF-Schreiben vom 8. Mai 2008, BStBl I 2008, 590, Rz. 83; BFH-Urteil vom 2. März 1990 III R 77/88, BFHE 160, 370, BStBl II 1990, 750).

51

Demzufolge ist nach Auffassung des Senats der Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsgutes durch den Anspruchsberechtigten maßgebend, d.h., die Voraussetzungen müssen nicht im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens vorliegen, sondern im Zeitpunkt der Übertragung (vgl. auch Heß in Heß/Martin, InvZulG, § 2 Rz. 208).

52

Das Abstellen auf die Umstände zu einem früheren Zeitpunkt, beispielsweise dem des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens, scheidet aus. Das ergibt sich daraus, dass dieses verbundene Unternehmen zu diesem Zeitpunkt unter Umständen noch nicht vorhanden ist, z.B. weil die gesellschaftsrechtliche Beteiligung noch nicht in dem erforderlichen Umfang vorliegt oder auch weil das Unternehmen noch nicht existiert.

53

Die Sachlage ist auch anders als der Fall, in dem der Anspruchsberechtigte ursprünglich ein KMU war und sich die Verhältnisse geändert haben. Denn bei verbundenen Unter-nehmen handelt es sich um eigenständige Rechtsträger mit grundsätzlich eigener Anspruchsberechtigung.

54

Keine Besonderheiten bestehen beispielsweise bei Organschaftsverhältnissen i.S.d. §§ 14ff. KStG, d.h., Organträger und Organgesellschaft sind jeweils eigenständige Subjekte für die Förderung der Investitionszulage, anspruchsberechtigt ist, wer die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, mithin wer die begünstigten Investitionen vorgenommen hat (Martin, in Heß/Martin, InvZulG, § 1 Rz. 40, m.w.N.). Das hat zur Folge, dass die Verhält-nisse der Organgesellschaft nicht auf die Organmutter übertragen werden können (Martin, in Heß/Martin, InvZulG, § 1 Rz. 40, m.w.N.), insbesondere gilt die Organgesellschaft trotz ihrer finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung nicht als Betriebs-stätte der Organmutter (BFH-Urteil vom 6. Juli 1978 IV R 24/73, BFHE 126, 102, BStBl II 1979, 18; BFH-Urteil vom 3. Dezember 1998 III R 67/95, juris, m.w.N.). Gleiches gilt um-gekehrt.

55

Auch die angeführte Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kann der Klägerin nicht weiter helfen, denn diese Vorschrift betrifft den Sonderfall der Betriebsveräußerung. Für investitionszulagenrechtliche Zwecke ist sie im Hinblick auf die eigenständige Anspruchsberechtigung ungeeignet. Demzufolge ergeben sich auch in der streit-gegenständlichen Konstellation, in der die ursprünglich anspruchsberechtigte Klägerin zu 100 v.H. die Anteile an der Gesellschaft hält, auf die die begünstigten Wirtschaftsgüter übertragen wurden, keine Besonderheiten.

56

Zwar werden die Begrifflichkeiten im Investitionszulagenrecht grundsätzlich nach den für die Einkommensbesteuerung maßgebenden Grundsätzen ausgelegt, es sei denn, aus dem Zweck oder der Entstehungsgeschichte des Investitionszulagengesetzes ergibt sich etwas anderes. Im Streitfall ist die neue M.M. GmbH aber weder Betrieb, noch Teilbetrieb, noch Betriebsstätte der Klägerin

57

Ein Betrieb wird durch die Ausübung einer selbständigen, nachhaltigen, mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeit unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gekennzeichnet, die über bloße Vermögensverwaltung hinaus geht (Wacker in Schmidt, EStG, § 15, Rz. 8). Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisatorisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist (Wacker in Schmidt, EStG, § 16, Rz. 140). Und eine Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des eigenen Unternehmens dient und über die der Betriebsinhaber die tatsächliche Verfügungsgewalt hat (Heß in Heß/Martin, InvZulG, § 2 Rz. 148, m.w.N.).

58

Die neue M.M. GmbH ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in eine dieser Kategorien einzuordnen, da sie als eigenständiges Rechtssubjekt von der Klägerin unabhängig tätig wird.

59

Soweit in besonderen Fällen der BFH beim Auseinanderfallen von Investor und Nutzen-dem Ausnahmen zugelassen hat, wie im Fall der Betriebsaufspaltung, in dem die Qualifikationsmerkmale des Betriebsunternehmens/des Nutzenden maßgebend sind und die Verwendung im Betriebsunternehmen als eigenbetriebliche Nutzung des Besitzunternehmens gilt (BFH-Urteil vom 28. Januar 1999 III R 13/97, juris), lässt sich dies für die Klägerin nicht nutzbar machen. Denn im Streitfall geht es eben nicht um die Zurechnung von Merkmalen, sondern zu beurteilen ist die rechtsgeschäftliche Übertragung auf ein anderes Unternehmen. Die Sachverhalte sind folglich nicht vergleichbar.

60

3. Für Investitionen im Jahr 2006 wäre erforderlich gewesen, dass der Betrieb der Klägerin bzw. der Betrieb, der die Wirtschaftsgüter erhalten hat, die Begünstigungsvoraus-setzungen des § 2 InvZulG fünf Jahre erfüllt, also bis in das Jahr 2011. Es kommt folglich entscheidend darauf an, ob die neue M.M. GmbH im Übertragungszeitpunkt 2009 ein KMU war, was nach Auffassung des Senats zu verneinen ist.

61

a) Der Begriff der kleinen und mittleren Unternehmen i.S.d. Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 (2003/361/EG, ABlEU 2003 Nr. L 124/36) - sog. KMU-Begriff - gilt sowohl für das InvZulG 2005 als auch für das InvZulG 2007.

62

Im neunten Erwägungsgrund der Empfehlung heißt es: "Damit sich die wirtschaftliche Realität der KMU besser erfassen lässt und aus dieser Kategorie die Unternehmensgruppen ausgeklammert werden können, die über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügen, empfiehlt es sich, die verschiedenen Unternehmenstypen danach zu unter-scheiden, ob es sich um eigenständige Unternehmen handelt, ob sie über Beteiligungen verfügen, mit denen keine Kontrollposition einhergeht (Partnerunternehmen), oder ob sie mit anderen Unternehmen verbunden sind. Der in der Empfehlung 96/ 280/EG angegebene Beteiligungsgrad von 25 v.H., unterhalb dessen ein Unternehmen als autonom gilt, wird beibehalten."

63

Im elften Erwägungsgrund ist ausgeführt: "Aus Gründen der Vereinfachung, vor allem für die Mitgliedstaaten und die Unternehmen, ist es zum Zwecke der Definition der verbundenen Unternehmen angezeigt, jene Voraussetzungen zu übernehmen, die in Artikel 1 der Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. L 193 vom 18.Juli 1983, S. 1.), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 283 vom 27. Oktober 2001, S. 28.), festgelegt sind, sofern sie dem Zweck dieser Empfehlung entsprechen."

64

Im zwölften Erwägungsgrund heißt es: "Damit der Nutzen der verschiedenen Regelungen oder Maßnahmen zur Förderung der KMU nur den Unternehmen zugutekommt, bei denen ein entsprechender Bedarf besteht, ist es gleichermaßen wünschenswert, die Beziehungen zu berücksichtigen, die gegebenenfalls durch natürliche Personen zwischen den Unternehmen bestehen. Damit sich die Prüfung dieser Situation auf das unbedingt Not-wendige beschränkt, gilt es, diese Beziehungen nur bei den Unternehmen zu berücksichtigen, die Tätigkeiten auf dem gleichen relevanten Markt oder auf benachbarten Märkten nachgehen, indem man sich erforderlichenfalls auf die von der Kommission gegebene Definition des relevanten Marktes bezieht, die Gegenstand der Mitteilung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft ist (ABl. C 372 vom 9. Dezember 1997, S. 5.).

65

In Artikel 2 des Anhangs der Empfehlung, der die Mitarbeiterzahlen und finanzielle Schwellenwerte zur Definition der Unternehmensklassen regelt, ist bestimmt: "(1) Die Größenklasse der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) setzt sich aus Unternehmen zusammen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft. (2) Innerhalb der Kategorie der KMU wird ein kleines Unternehmen als ein Unternehmen definiert, das weniger als 50 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. EUR nicht übersteigt. (3) Innerhalb der Kategorie der KMU wird ein Kleinstunternehmen als ein Unternehmen definiert, das weniger als 10 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Mio. EUR nicht überschreitet."

66

In Art. 3 Absatz 3 des Anhangs der Empfehlung heißt es: „Verbundene Unternehmen sind Unternehmen, die zueinander in einer der folgenden Beziehungen stehen: a) Ein Unter-nehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens; b) ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremiums eines anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen; c) ein Unternehmen ist gemäß einem mit einem anderen Unter-nehmen abgeschlossenen Vertrag oder aufgrund einer Klausel in dessen Satzung berechtigt, einen beherrschenden Einfluss auf dieses Unternehmen auszuüben; d) ein Unternehmen, das Aktionär oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens ist, übt gemäß einer mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern dieses anderen Unternehmens getroffenen Vereinbarung die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte von dessen Aktionären oder Gesellschaftern aus. Es besteht die Vermutung, dass kein beherrschender Einfluss ausgeübt wird, sofern sich die in Absatz 2 Unterabsatz 2 genannten Investoren nicht direkt oder indirekt in die Verwaltung des betroffenen Unternehmens einmischen - unbeschadet der Rechte, die sie in ihrer Eigenschaft als Aktionäre oder Gesellschafter besitzen. Unternehmen, die durch ein oder mehrere andere Unternehmen, oder einem der in Absatz 2 genannten Investoren, untereinander in einer der in Unterabsatz 1 genannten Beziehungen stehen, gelten ebenfalls als verbunden. Unternehmen, die durch eine natürliche Person oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen miteinander in einer dieser Beziehungen stehen, gelten gleichermaßen als verbundene Unternehmen, sofern diese Unternehmen ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind. Als benachbarter Markt gilt der Markt für ein Produkt oder eine Dienstleistung, der dem betreffenden Markt unmittelbar vor- oder nachgeschaltet ist."

67

b) Der EuGH hat in seinem Urteil vom 27. Februar 2014 (C-110/13, juris) hiervon ausgehend Grundsätze entwickelt, anhand derer bestimmt werden kann, ob Unternehmen als „verbunden“ angesehen werden können und hierzu Folgendes (Rz. 28-35) ausgeführt:

68

"Wie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 und 4 des Anhangs der KMU-Empfehlung ergibt, zielen diese Bestimmungen grundsätzlich nur auf den Fall ab, dass Unternehmen zueinander in einer der in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a bis d des Anhangs aufgezählten Beziehungen stehen.

69

Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass eine Einstufung der betreffenden Unternehmen als verbundene Unternehmen stets ausscheidet, wenn diese Voraussetzung formal nicht erfüllt ist.

70

Die KMU-Empfehlung ist nämlich unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen, die zu ihrem Erlass geführt haben (vgl. entsprechend Urteil vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C-91/01, Slg. 2004, I-4355, Rn. 49).

71

Hierzu geht aus den Erwägungsgründen 9 und 12 der KMU-Empfehlung hervor, dass die Definition der verbundenen Unternehmen dazu dient, die wirtschaftliche Realität der KMU besser zu erfassen und aus dieser Kategorie die Unternehmensgruppen auszuklammern, die über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügen, damit der Nutzen der verschiedenen Regelungen oder Maßnahmen zur Förderung der KMU nur Unternehmen zugutekommt, bei denen ein entsprechender Bedarf besteht. Wie in den genannten Er-wägungsgründen weiter ausgeführt wird, gilt es, damit sich die Prüfung der Beziehungen, die durch natürliche Personen zwischen den Unternehmen bestehen, auf das unbedingt Notwendige beschränkt, diese Beziehungen nur bei Unternehmen zu berücksichtigen, die Tätigkeiten auf dem gleichen relevanten Markt oder auf benachbarten Märkten nachgehen.

72

Die Vorteile, die den KMU gewährt werden, stellen nämlich meist Ausnahmen von allgemeinen Regeln, z. B. im Bereich der staatlichen Beihilfen, dar, so dass der Begriff der KMU eng auszulegen ist.

73

Damit nur Unternehmen erfasst werden, die tatsächlich unabhängige KMU darstellen, ist daher die Struktur von KMU zu untersuchen, die eine wirtschaftliche Gruppe bilden, deren Bedeutung über die eines solchen Unternehmens hinausgeht, und es ist darauf zu achten, dass die Definition der KMU nicht durch eine rein formale Erfüllung der Kriterien umgangen wird (vgl. Urteil Italien/Kommission, Rn. 50).

74

Im Hinblick auf dieses Ziel ist Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs der KMU-Empfehlung somit dahin auszulegen, dass Unternehmen, die zueinander in keiner der in Rn. 28 des vorliegenden Urteils genannten Beziehungen stehen, aber wegen der Rolle, die eine natürliche Person oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen spielt, gleichwohl eine einzige wirtschaftliche Einheit darstellen, als verbundene Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, sofern sie ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind (vgl. entsprechend Urteil Italien/Kommission, Rn. 51).

75

Im Übrigen ist die Voraussetzung des gemeinsamen Handelns natürlicher Personen erfüllt, wenn sich solche Personen abstimmen, um Einfluss auf die geschäftlichen Entscheidungen der betreffenden Unternehmen auszuüben, so dass diese nicht als wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen angesehen werden können. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an; es ist nicht zwingend erforderlich, dass zwischen den genannten Personen vertragliche Beziehungen bestehen oder dass sie auch nur die Ab-sicht haben, die KMU-Definition zu umgehen."

76

c) Im Streitfall ist anhand der Struktur der Unternehmen der Klägerin, der neuen M.M. GmbH und der Z. GmbH zum Zeitpunkt der Übertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter im Jahr 2009 festzustellen, dass diese Unternehmen als verbunden i.S.d. Art. 3 Absatz 3 des Anhangs der (oben angeführten) Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 anzusehen sind.

77

Dafür sprechen folgende Umstände:

78

Da die Klägerin einzige Gesellschafterin der neuen M.M. GmbH ist, sind die beiden Unternehmen nach Art. 3 Abs. 3 a) des Anhangs verbundene Unternehmen.

79

Soweit es die Beziehung zwischen der Klägerin und der Z. GmbH betrifft, hat der Prüfer unter Tz. 26 des Berichts vom 19. Mai 2014 u.a. die historische Entwicklung der Klägerin, deren Tochtergesellschaft und der Z. GmbH sowie deren wirtschaftliche Verflechtungen dargestellt. Diese Darstellung selbst ist unstreitig, weshalb der Senat sie der Entscheidung als sachlich zutreffend zugrunde legt.

80

Am Standort in S. bestand seit 2001 die M.M. GmbH. Gegründet wurde diese GmbH von Herrn H.L. auf Grundlage einer Vollmacht seiner Ehefrau A. L., welche seit Gründung alleinige Gesellschafterin war. Im Gesellschaftsvertrag der GmbH war zugunsten der Z. GmbH ein Vorkaufsrecht zu Buchwerten geregelt. Am Standort der GmbH unterhielt die Z. GmbH bis 2006 eine unselbstständige Betriebsstätte. Die Z. GmbH ist zudem Eigentümerin des Geschäftsgrundstücks der GmbH und vermietet dieses an die GmbH. Mit Vertrag vom 1. Januar 2006 erwarb die M.M. GmbH die Vermögenswerte der Betriebsstätte in S. und beschäftigten die Arbeitnehmer weiter. In zeitlichem Zusammenhang und unter Verzicht auf das angeführte Vorkaufsrecht erfolgte eine Übertragung der Gesellschaftsanteile von Frau A.L. auf deren Sohn M.L., der seither alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist.

81

Ende 2006 erwarb die M.M. GmbH 16,66 v.H. der Anteile der Z. GmbH. Der Kaufpreis war nicht zu entrichten. Vielmehr wurde der Erwerberin insoweit ein langfristiges Darlehen gewährt. Als im Jahr 2009 die M.M. GmbH in die M. GmbH umfirmierte und die neue M.M. GmbH gegründet wurde, wurde in den Gesellschaftsvertrag ein Passus aufgenommen, wonach der Z. GmbH wiederum ein Vorkaufsrecht zu Buchwerten eingeräumt wurde.

82

Im November 2009 wurde der Anteil der Klägerin an der Z. GmbH auf 20 v.H. erhöht. Weiterer Gesellschafter der Z. GmbH ist neben der Klägerin der Vater von Herrn M.L., Herr H.L. Seit 2009 ist Herr M.L. neben seinem Vater und einer weiteren Person Geschäftsführer der Z. GmbH.

83

Es lässt sich folglich feststellen, dass die Mitglieder der Familie L., insbesondere Vater und Sohn in den aufgeführten Gesellschaften teils als Gesellschafter, teils als Geschäftsführer, teils in beiden Funktionen auf die Unternehmensschicksale der Unternehmen Einfluss nehmen können. Die dargestellte geschichtliche Entwicklung der Gesellschaften zeigt, dass die Mitglieder der Familie L. - Vater, Mutter und Kind - verschiedene Gesellschaften gründen, die Gesellschaftsanteile untereinander abtreten und auch teilweise als Geschäftsführer tätig werden. Insgesamt entsteht das Bild eines - nicht mehrerer getrennter - Familienunternehmen, bestehend aus verschiedenen Gesellschaften.

84

Insbesondere der Umstand, dass der Z. GmbH Vorkaufsrechte bezüglich der Anteile an der M.M. GmbH eingeräumt wurden, zeigt auf, dass hier eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen tätig wird. Unter fremden Dritten dürfte etwas derartiges genauso fremd sein, wie die langfristige Stundung einer Kaufpreisforderung wegen Geschäftsanteilsübertragung bzw. die Umwandlung dieser Kaufpreisforderung in ein langfristiges Darlehen.

85

Die Unternehmen der Klägerin, deren Tochter und der Z. GmbH sind auch unbestritten im gleichen Markt bzw. in benachbarten Märkten tätig.

86

Die M.M. GmbH erzielte - so die ebenfalls unbestrittene Feststellung des Prüfers - den überwiegenden Teil ihrer Erlöse aus Zulieferungen an die Z. GmbH. 2008 betrug der Umsatzanteil der Lieferung an die Z. GmbH 70 v.H., 2009 betrug er 41 v.H. und 2010 betrug er annähernd 65 v.H.. Die Leistungsbeziehungen sind nicht nur einseitig. Die M.M. GmbH hat von der Z. GmbH 2008 Eingangsleistungen im Wert von etwa 267.000 €, 2009 im Wert von etwa 123.000 € und 2010 im Wert von etwa 141.000 € bezogen, die sowohl im produktiven Bereich als auch den Verwaltungsbereich betrafen (zum Beispiel Lohnbuchhaltung, Mitarbeiterschulung).

87

Neben den bestehenden Lieferbeziehungen bestehen auch finanzielle Beziehungen zwischen den Unternehmen. Die Z. GmbH finanzierte den Anteilserwerb 2006 durch eine entsprechende Darlehensgewährung. Diese Finanzierung wurde 2011 durch eine disquotale, die M. GmbH begünstigende, Gewinnausschüttung der Z. GmbH vollständig abgelöst. Daneben unterstützte die Z. GmbH die M.M. GmbH durch Gewährung verschiedener Kredite seit 2009 sowie durch Stundung des monatlichen Mietzinses für das Geschäftsgrundstück seit Februar 2009.

88

Des Weiteren bezeichnen sich die Unternehmen als Z/W-Gruppe und es findet sich ein gemeinsamer Internetauftritt.

89

Diese Umstände zeigen deutlich, dass die hinter den Unternehmen stehenden Personen ihr Verhalten aufeinander abstimmen und die Unternehmen nicht etwa miteinander konkurrieren, sondern sich gegenseitig unterstützen und das mit Mitteln, die fremde Dritte einander nicht gewähren würden.

90

Dass die handelnden Personen ersten Grades miteinander verwandt sind, stützt dieses Ergebnis. Schließlich ist es nur natürlich, dass Familienmitglieder einander unterstützen, und in aller Regel an einem Strang ziehen. Bei dieser Wertung geht es auch nicht darum, nachteilige Schlüsse über die handelnden natürlichen Personen zu ziehen, allein weil dieser miteinander verwandt sein. Hier zeigt vielmehr die Vielzahl einzelner Umstände, dass einerseits die Familienbande intakt sind, andererseits die natürlichen Personen ihr Handeln aufeinander abgestimmt haben. Die Klägerin, deren Tochterunternehmen und die Z. GmbH können daher nicht als wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen beurteilt werden.

91

Dem weiteren Einwand der Klägerin, im Streitfall lägen nur sogenannte Partnerunternehmen vor und es dürften daher nur Größenmerkmale anteilig berücksichtigt werden, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Weder lässt sich diese Deutung der Empfehlung der Kommission entnehmen, noch nimmt der EuGH in seiner oben bezeichneten Entscheidung eine derartige Abgrenzung vor. Da im Übrigen hier bereits feststeht, dass die Klägerin, deren Tochterunternehmen und die Z. GmbH verbundene Unternehmen sind, kann dies letztlich auch dahinstehen.

92

d) Da somit innerhalb des Verbleibenszeitraums von fünf Jahren die begünstigten Wirtschaftsgüter 2009 auf ein Unternehmen übertragen wurde, welches im Übertragungszeit-punkt kein KMU war, liegt insoweit ein rückwirkendes Ereignis vor, dass eine Korrektur aufgrund von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO zulässt.

93

4. Für den Fall eines rückwirkenden Ereignisses beginnt die Festsetzungsfrist nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre und war daher noch nicht abgelaufen, als der Beklagte die Prüfung im Dezember 2013 auf die Investitionszulage 2006 und 2007 erweitert hat. Insoweit war der Fristablauf nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt.

94

5. Aufgrund der Übertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter von der Klägerin auf die M.M. GmbH mindert sich die Bemessungsgrundlage, da die erhöhte Zulage eben nur in Betracht kommt, wenn die Investition in einem Betrieb erfolgt, der ein KMU ist.

95

Gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2005 beträgt die Investitionszulage 12,5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage. Diese erhöht sich gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2005 auf 25 vom Hundert für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen im Sinne des § 2 Abs. 1 entfällt, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter während des Fünfjahreszeitraums in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EG Nr. L 107 S. 4), ersetzt durch die Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 S. 36), erfüllt.

96

Da die Voraussetzung für die erhöhte Investitionszulage mit der Übertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter 2009 auf die neu gegründete M.M. GmbH nicht mehr erfüllt war, hat der Beklagte die erhöhte Zulage zu Recht zurückgefordert.

97

6. Für die Investitionen im Jahr 2007 wäre im Hinblick auf die Festsetzungsverjährung erforderlich gewesen, dass der Betrieb der Klägerin bzw. der Betrieb, der die Wirtschaftsgüter erhalten hat, die Begünstigungsvoraussetzungen des § 2 InvZulG fünf bzw. drei Jahre (nur bei Vorliegen eines KMU) erfüllt, also bis ins Jahr 2011 bzw. 2009. Wie aber bereits festgestellt wurde, handelt es sich um eine investitionszulagenschädliche Übertragung in ein verbundenes Unternehmen, welches im Übertragungszeitpunkt eben kein KMU war, so dass eine fünfjährige Bindungsfrist galt. Insoweit liegt ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO vor. Eine Änderung war ebenfalls noch möglich, da die Festsetzungsfrist im Hinblick auf die Ende 2013 angeordnete Prüfung nicht abgelaufen war (§ 175 Abs. 1 Satz 2, 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 171 Abs. 4 Satz 1 AO).

98

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2007 beträgt die Investitionszulage 12,5 Prozent der Bemessungsgrundlage. Diese erhöht sich nach § 5 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 2007 auf 25 Prozent der Bemessungsgrundlage, für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen im Sinne des § 2 Abs. 1 entfällt, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter während des Bindungszeitraums in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 erfüllt.

99

Da die Voraussetzung für die erhöhte Investitionszulage mit der Übertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter 2009 auf die neu gegründete M.M. GmbH nicht mehr erfüllt war, hat der Beklagte die erhöhte Zulage zu Recht zurückgefordert.

100

7. Im Hinblick auf die Investitionszulage 2008 ist die Frage der Festsetzungsverjährung einerseits unstreitig und andererseits ist eine solche zweifelsfrei nicht eingetreten.

101

Hier kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob die begünstigten Wirtschaftsgüter die Verbleibensvoraussetzungen erfüllt haben, was nach Auffassung des Senats aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Feststellung zur Veräußerung der begünstigten Wirtschaftsgüter vor Ablauf des Verbleibenszeitraums im Jahr 2013 und der Einstellung der werbenden Tätigkeit der M.M. GmbH im Laufe des Jahres 2013 anzunehmen ist.

102

Auch im Hinblick auf die Investitionszulage 2008 ist festzustellen, dass die Übertragung der begünstigten Wirtschaftsgüter von der Klägerin auf deren Tochterunternehmen im Jahr 2009, wie auch die Veräußerung der begünstigten Wirtschaftsgüter und die Betriebseinstellung rückwirkende Ereignisse i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 AO darstellen, die eine Korrektur rechtfertigen. Da im Übertragungszeitpunkt auf die Tochtergesellschaft diese kein KMU war, verringerte sich auch nicht der Bindungszeitraum auf drei Jahre (§ 2 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 2007), weshalb die begünstigten Wirtschaftsgüter fünf Jahre in einem werbend tätigen Betrieb hätten verbleiben müssen. Die Beweislast für diesen Umstand trägt die Klägerin. Da aber nicht einmal behauptet wurde, dass die Verbleibensvoraussetzungen erfüllt wurden, geht der Senat insoweit von der Richtigkeit der Feststellung des Beklagten aus. Die vollständige Rückforderung der Investitionszulage für 2008 erfolgte damit zu Recht.

103

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

104

III. Gründe für eine Zulassung i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO sind weder vorgetragen noch er-sichtlich. Das Investitionszulagenrecht ist auslaufendes Recht und der Klärungsbedarf einer Rechtsfrage lässt sich auch nicht mit dem Fehlen einer höchstrichterlichen Rechtsprechung begründen (vgl. BFH, Beschluss vom 21. September 2015 III B 125/14, juris).


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