Beschluss vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (5. Senat) - 5 KO 87/18

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung – 000004-7 – vom 10. November 2017 zum finanzgerichtlichen Verfahren 5 K 00/17 über 106,00 Euro wird zurückgewiesen.

Tatbestand

I.

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Die Erinnerungsführerin erklärte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. Mai 2017, dass sie gegen den ihr erteilten Bescheid der F-Behörde vom 13. April 2016 in Form der Einspruchsentscheidung der F-Behörde vom 25. April 2017 Klage erhebe und die Aufhebung des genannten Bescheides beantrage. Bei dem genannten Verwaltungsakt handelt es sich um einen Abrechnungsbescheid über die noch zu leistende Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 558,00 Euro.

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Parallel zum Klageschriftsatz reichte die Erinnerungsführerin mit einem zweiten anwaltlichen Schriftsatz vom 18. Mai 2017 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein.

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Nachdem seitens des Finanzgerichts mit Schreiben vom 20. Juli 2017 ein richterlicher Hinweis erteilt worden war, nahm die Erinnerungsführerin die Klage mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. August 2017 und den Prozesskostenhilfeantrag mit anwaltlichem Schriftsatz vom 07. September 2017 zurück.

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Mit Beschluss vom 17. September 2017 (Aktenzeichen: 5 K 00/17) stellte das Gericht das Klageverfahren gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ein, da die Klage zurückgenommen worden war. Einen Ausspruch über die Kosten des Verfahrens enthält der Beschluss nicht.

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Mit Kostenrechnung – 000004-7 – vom 10. November 2017 wurde die Erinnerungsführerin für das Klageverfahren 5 K 00/17 auf die Zahlung von Gerichtsgebühren in Höhe von 106,00 Euro in Anspruch genommen. Der genannte Betrag errechnet sich nach der mitgeteilten Begründung gemäß Nr. 6111 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz und unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 558,00 Euro.

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Die Erinnerungsführerin hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13. November 2017 Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 10. November 2017 erhoben.

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Sie macht geltend, das Verfahren sei beendet worden, ohne dass eine gerichtliche Kostenentscheidung ergangen sei. Fehle es aber an einer Kostenentscheidung, könnten auch keine Kosten erhoben werden. Zumindest müsse eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz berücksichtigt werden. Weiterhin sei erkennbar beabsichtigt gewesen, die Klage nur unter der Bedingung einzureichen, dass Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Die Erinnerungsführerin beziehe staatliche Unterstützungen in Gestalt der sog. Grundsicherung.

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Bei Aufnahme der Erinnerung wurde auf Veranlassung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle als Erinnerungsgegner das Finanzamt D. - Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt - registriert.

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Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat am 08. Januar 2018 entschieden, der Erinnerung nicht abzuhelfen.

Entscheidungsgründe

II.

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Über die Erinnerung entscheidet gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Einzelrichter.

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1.  Beteiligte des Erinnerungsverfahrens sind die (anwaltlich vertretene) Kostenschuldnerin als Erinnerungsführerin und das [durch die Bezirksrevisorin bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt vertretene] Land Sachsen-Anhalt.

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a)  Zu Recht wurde bei der Aufnahme der Erinnerung (auch) ein Erinnerungsgegner erfasst, obwohl die Staatskasse [vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG)] keine (Anschluss-) Erinnerung erhoben hat.

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Teilweise wird zwar angenommen, dass das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz kein kontradiktorisches Verfahren sei [Brandt, in: Gosch (vormals: Beermann/Gosch), AO/FGO, Stand: November 2017, § 135 FGO RdNr. 18; Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: September 2017, § 135 FGO RdNr. 12]. Läge ein kontradiktorisches Verfahren – ein Verfahren, in dem sich die Beteiligten als Verfahrensgegner gegenüberstehen [Brandt, in: Gosch (vormals: Beermann/Gosch), AO/FGO, Stand: November 2017, § 135 FGO RdNr. 18] – nicht vor, hätte dies zur Folge, dass die Staatskasse nicht am Erinnerungsverfahren beteiligt ist, solange sie nicht selbst Erinnerung oder Anschlusserinnerung erhebt. Eine Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse zu der Erinnerung des Kostenschuldners hätte dann nur interne Bedeutung und müsste weder dem Erinnerungsführer zur Kenntnis gegeben noch in der Erinnerungsentscheidung des Gerichts berücksichtigt werden [so ausdrücklich: Rössler, Wer ist im Kostenerinnerungsverfahren vor dem FG Erinnerungsgegner? DStR 1974, S. 585]. Im Rubrum des Beschlusses über die Erinnerung würde nur der Erinnerungsführer aufgeführt. Der bindende Beschluss würde der Staatskasse (über den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder über den Kostenbeamten) nur formlos mitgeteilt.

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Für die Annahme, dass kein kontradiktorisches Verfahren vorliegt, lässt sich zwar anführen, dass das Kostenansatzverfahren und das sich ggf. anschließende Erinnerungsverfahren Annexverfahren zum Rechtsstreit der Hauptsache sind. Außerdem setzt sich das im Rechtsstreit der Hauptsache bestehende widerstreitende Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagtem im Kostenansatz- und Erinnerungsverfahren nicht fort, denn im Erinnerungsverfahren nach § 66 GKG wirkt nur einer der Beteiligten des Rechtsstreits der Hauptsache – Kläger, Beklagter oder Beigeladener – mit. Dem Erinnerungsführer steht in diesem Sinne im Erinnerungsverfahren kein Verfahrensbeteiligter aus dem Rechtsstreit der Hauptsache als Gegner gegenüber [Rössler, Wer ist im Kostenerinnerungsverfahren vor dem FG Erinnerungsgegner? DStR 1974, S. 585 (586); so wohl auch: Brandt, in: Gosch (vormals: Beermann/Gosch), AO/FGO, Stand: November 2017, § 135 FGO RdNr. 18].

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Das Kostenansatz- und Erinnerungsverfahren mag im Verhältnis zum Rechtsstreit der Hauptsache bloßes Folgeverfahren und - unter diesem Blickwinkel - auch kein kontradiktorisches Verfahren sein. Bei diesem Ansatz bleibt indes unberücksichtigt, dass das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ein besonderer Verwaltungsprozess ist, weshalb für das Erinnerungsverfahren der Untersuchungs- und der Amtsermittlungsgrundsatz gelten [Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, Vorb § 154 VwGO RdNr. 34]. Das Erinnerungsverfahren ist hiernach ein eigenständiges, von dem Rechtsstreit in der Hauptsache abzugrenzendes Rechtsbehelfsverfahren. Dies zeigt insbesondere die in § 1 Abs. 5 GKG enthaltene ausdrückliche Anordnung, dass die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes über das Erinnerungsverfahren den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren (der Hauptsache) geltenden Verfahrensvorschriften vorgehen. Damit ist die Beurteilung, ob ein kontradiktorisches Verfahren vorliegt und die Staatskasse deshalb Erinnerungsgegner des Kostenschuldners ist, vom Rechtsstreit der Hauptsache losgelöst vorzunehmen.

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Das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ist ein kontradiktorisches (Streit-) Verfahren, in dem die Staatskasse dem Kostenschuldner als Gegner gegenübersteht. Streitgegenstand des besonderen Verwaltungsprozesses der Erinnerung gegen den Kostenansatz ist der Anspruch der Staatskasse (Justizkasse) auf die Zahlung der Gerichtskosten. Über diesen Anspruch muss das Prozessgericht im Erinnerungsverfahren streitig entscheiden. Besonders deutlich tritt dies in dem – in der Praxis allerdings seltenen – Fall zutage, dass Anschlusserinnerung erhoben wird.

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Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG können der Kostenschuldner und die Staatskasse Erinnerung gegen den Kostenansatz erheben. Erhebt der Kostenschuldner Erinnerung, schließt dies nicht die Möglichkeit der Staatskasse aus, ebenfalls Erinnerung einzulegen [Volpert, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Auflage, Baden-Baden 2017, § 66 GKG Rz. 54]. Die Anschlusserinnerung ist möglich [BayLSG, Beschluss vom 07. Oktober 2014 – L 15 SF 61/14 E – juris (Rz. 19); VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2014 – 17 K 6189/06juris (Rz. 37)]. Das bei einer ausschließlich vom Kostenschuldner erhobenen Erinnerung zu beachtende Verböserungsverbot [Verbot der reformatio in peius - § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO, § 88 VwGO (BFH, Beschluss vom 09. April 1987 – III E 1/87 – BFH/NV 1987, S. 665)] gilt im Erinnerungsverfahren nicht, wenn eine Anschlusserinnerung eingelegt wurde [BayLSG, Beschluss vom 07. Oktober 2014 – L 15 SF 61/14 E – juris (Rz. 19)]. Die deshalb ggf. mögliche Erhöhung der Gerichtskosten wird dabei aber – auch wenn das Verböserungsverbot nicht gilt – nicht über den von Seiten der Staatskasse geforderten Betrag hinausgehen können.

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Damit besteht im Ergebnis in gleicher Weise wie im Rechtsstreit der Hauptsache die Situation, dass das Gericht über wiederstreitende (kontradiktorische) Anträge entscheiden muss.

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Dieser Gegensatz zwischen den (widerstreitenden) Interessen des Kostenschuldners und der Staatskasse besteht genauso, wenn allein der Kostenschuldner Erinnerung erhebt. Der – auch in einem Rechtsstreit der Hauptsache geltende – Grundsatz des Verbotes einer reformatio in peius bewirkt lediglich, dass der Streit eingegrenzt ist, also bei einer Erinnerung des Kostenschuldners nur um die Verringerung der Gerichtskostenforderung gestritten wird und nur hierüber durch das Gericht streitig entschieden werden muss.

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Dieser Widerstreit ist im Übrigen auch daran ablesbar, dass der Kostenbeamte nach § 2 Abs. 1 der Kostenverfügung - KostVfg. - (JMBl. LSA 2014, S. 79) gehalten ist, die Gerichtskosten rechtzeitig, richtig und vollständig anzusetzen. Dies schließt die Verpflichtung mit ein, unrichtige Kostenansätze auch von Amts wegen richtigzustellen (§§ 28 Abs. 2, 29 Abs. 1 und 2 KostVfg.). Deshalb liegt es nahe, dass seitens der Staatskasse – soweit keine Nachforderung nach § 20 GKG in Betracht kommen sollte – sofort Anschlusserinnerung erhoben würde, wenn im Erinnerungsverfahren erkennbar wird, dass die gerichtliche Kostenrechnung nicht zu hoch, sondern zu niedrig war. Damit ist das nur von dem Kostenschuldner betriebene Erinnerungsverfahren aber auch in dieser Hinsicht faktisch ein kontradiktorisches Verfahren oder einem solchen Verfahren zumindest gleichgestellt.

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Für die Annahme eines kontradiktorischen Verfahrens lässt sich schließlich auch noch anführen, dass das Gericht nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verpflichtet ist, den Gegner des Erinnerungsführers als Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung anzuhören, wenn beabsichtigt ist, der Erinnerung ganz oder teilweise stattzugeben [so ausdrücklich: Oestreich, in: Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKGFamGKG, Stand: November 2017, § 66 GKG RdNr. 70]. Gegner des Erinnerungsführers kann in diesem Sinne regelmäßig nur die Staats- bzw. Justizkasse sein.

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Das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ist deshalb ein streitiges Verfahren, an dem Kostenschuldner und Staatskasse bzw. Justizkasse als Erinnerungsführer und Erinnerungsgegner beteiligt sind [ebenso: FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Oktober 2017 – 3 KO 1255/15 – zur Veröffentlichung vorgesehen; OVG Berlin, Beschluss vom 7. März 1978 – VI L 12/77juris; ebenso zur Erinnerung nach § 66 GKG i.V.m. den §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 1 JBeitrG: BFH, Beschluss vom 29. April 2005 – VII E 1/05 – BFH/NV 2005, S. 1597, Beschluss vom 29. April 2005 – VII E 2/05, VII E 3/05 – BFH/NV 2005, S. 1598; FG Hamburg, Beschluss vom 29. Juli 2011 – 3 KO 130/11 – Rpfleger 2012, S. 157; FG Düsseldorf, Beschluss vom 26. August 2005 – 11 Ko 1910/05 GK – juris (insoweit in EFG 2005, S. 1894 nicht abgedruckt); FG Bremen, Beschluss vom 28. Februar 1994 – 2 93 342 E 2 – EFG 1994, S. 584 (586); vgl. auch: LG Lüneburg, Beschluss vom 30. April 1981 – 4 T 13/81 – DGVZ 1981, S. 125].

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b)  Erinnerungsgegner ist das Land Sachsen-Anhalt, nicht das Finanzamt D. (Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt), weshalb das Rubrum vor der Entscheidung über die Erinnerung entsprechend zu ändern und die Bezirksrevisorin am Verfahren zu beteiligen war.

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§ 66 GKG setzt die Befugnis der Staatskasse zur Erhebung der Erinnerung voraus. Entsprechendes gilt für die Verfahrensbeteiligung der Staatskasse, wenn der Kostenschuldner Erinnerungsführer ist. Das Gerichtskostengesetz beantwortet dabei nicht die Frage, ob die Staatskasse unmittelbar selbst als Erinnerungsführer oder -gegner am Erinnerungsverfahren beteiligt ist [sog. Behördenprinzip], wie dies etwa § 63 Abs. 1 FGO und § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO für den Finanz- und Verwaltungsprozess vorsieht. Denkbar ist auch, dass Verfahrensbeteiligter nur die Trägerkörperschaft sein kann, deren Behörde die streitige Entscheidung getroffen hat [vgl. z.B. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO].

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Da Behörden grundsätzlich rechtlich unselbstständig sind und ihre Handlungen dem jeweiligen Rechtsträger zugerechnet werden [Kastner, in: Fehling/Kastner/Störmer, Handkommentar Verwaltungsrecht (VwVfG VwGO Nebengesetze), 4. Auflage, Baden-Baden 2016, § 1 VwVfG RdNr. 10], können Behörden nur dann selbst Verfahrensbeteiligte sein, wenn für das jeweilige Verfahren eine entsprechende ausdrückliche Regelung bzw. Anordnung vorhanden ist. Hieran fehlt es, weshalb das Land Sachsen-Anhalt Beteiligter des Erinnerungsverfahrens gegen den Kostenansatz ist.

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Das Finanzamt D. - Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt - ist Gerichtskasse für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt [Runderlass des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt vom 28. November 2014 – 2221-313001 – MBl. LSA 2014, S. 736]. Der Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt obliegen dabei aber nur die Aufgaben, die sich aus dem Justizbetreibungsgesetz (bis zum 30. Juni 2017: Justizbeitreibungsordnung) ergeben, sowie Entscheidungen über Stundung, Erlass und Niederschlagung von Gerichtskosten. Für die in der Erinnerung nach § 66 GKG zur gerichtlichen Überprüfung gestellte gerichtliche Kostenrechnung – den Kostenansatz – ist die Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt nicht zuständig. Der in § 66 GKG verwendete Begriff der Staatskasse kann deshalb nicht auf das Finanzamt D. - Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt - bezogen werden [ebenso: FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Oktober 2017 – 3 KO 1255/15 – zur Veröffentlichung vorgesehen].

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Soweit es den Kostenansatz betrifft, enthält der Erlass des Ministerpräsidenten - zugleich Beschluss der Landesregierung und Gemeinsamer Runderlass der Staatskanzlei und der Ministerien - vom 09. April 2013 – 5002-202.4 – über die Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt [MBl. LSA 2013, S. 204] im Teil 1 Kapitel 4 Abschnitt 3 die Anordnung, dass das Land Sachsen-Anhalt in Verfahren kostenrechtlicher Art, insbesondere bei Wertfestsetzungen, der Festsetzung von Kosten für und gegen den Fiskus, durch die Bezirksrevisoren der Gerichte vertreten wird.

28

Gemäß Ziffer I.2.1 Buchstabe g der Geschäftsanweisung für Bezirksrevisoren [Allgemeine Verfügung des Ministeriums der Justiz vom 29. Mai 2007 – 2332-202.1 – JMBl. LSA 2007, S. 185; geändert durch Allgemeine Verfügung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung vom 05. November 2014 – 2332-202.1 – JMBl. LSA 2014, S. 183] wird bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein Bezirksrevisor eingesetzt. Die Bestellung des Bezirksrevisors obliegt gemäß Ziffer I.1.1 der Geschäftsanweisung für Bezirksrevisoren dem Präsidenten des Gerichts, der auch die Dienstaufsicht über den Bezirksrevisor ausübt (Ziffer I.3.2 Geschäftsanweisung für Bezirksrevisoren).

29

Die Wortwahl der Regelungen über die Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt durch den Bezirksrevisor deutet darauf hin, dass das Behördenprinzip nicht im Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz gilt. Verfahrensbeteiligter ist im Erinnerungsverfahren das Land Sachsen-Anhalt, dieses vertreten durch den Bezirksrevisor [ebenso: FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Oktober 2017 – 3 KO 1255/15 – zur Veröffentlichung vorgesehen].

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2.  Die Erinnerung ist unbegründet.

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a)  Die in der angegriffenen Kostenrechnung angesetzte Gerichtsgebühr in Höhe von 106,00 Euro ist entstanden und fällig geworden.

32

Nach Nr. 6110 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (KV GKG) werden für das gerichtliche Klageverfahren 4,0 Gebühren erhoben. Die Gebührenforderung entsteht mit der Einreichung der unbedingten und unterschriebenen Klageschrift beim Gericht [zur Parallelregelung in Nr. 5110 KV GKG: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06. Juli 2010 – 2 O 52/10 – NVwZ-RR 2010, S. 822 f.].

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Die Klage wurde von der Erinnerungsführerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. Mai 2017 erhoben. Der Schriftsatz ist mit der Unterschrift des Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin versehen. Im Text des Schreibens findet sich kein Hinweis darauf, dass es sich nur um einen Klageentwurf oder eine nur unter der Bedingung der vorherigen Prozesskostenhilfebewilligung erhobene Klage handeln könnte oder sollte. Es handelt sich um eine unbedingt erhobene Klage.

34

Auch der zweite anwaltliche Schriftsatz vom 18. Mai 2017, mit dem Prozesskostenhilfe beantragt wurde, enthält keine Mitteilung, dass die Klage nur für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe erhoben werden soll.

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Der Einschätzung, dass eine wirksame Klageerhebung vorliegt, vermag die Erinnerungsführerin nicht mit Erfolg entgegen zu halten, dass sie Grundsicherungsleistungen beziehe.

36

Für Bezieher von Sozial(hilfe)leistungen wird es sich zwar regelmäßig empfehlen, eine Klage möglichst erst dann zu erheben, wenn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegt. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Vorgehensweise erscheint offenkundig. Dies hilft aber nicht darüber hinweg, dass für die Auslegung der Prozesserklärung – wie der Begriff bereits bildhaft ausdrückt – der Inhalt der abgegebenen Erklärung maßgebend ist. Dies gilt auch für mittellose Verfahrensbeteiligte, erst Recht, wenn sie – wie im vorliegenden Verfahren – bei der Klageerhebung anwaltlich beraten und vertreten waren.

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Die nach Nr. 6110 KV GKG entstandene gerichtliche Verfahrensgebühr ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG – bereits – mit Eingang der Klageschrift bei Gericht fällig geworden.

38

Streitgegenstand der anhängig gemachten Klage war die Abrechnung eines Betrages von 558,00 Euro, so dass dieser Betrag auch nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG als Streitwert anzunehmen war [vgl. Ratschow, in: Gräber, FGO, 8. Auflage, München 2015, Vor § 135 FGO RdNr. 160 - Abrechnungsbescheid - ].

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Damit errechnete sich gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 GKG nach Klageerhebung zunächst eine Gebührenforderung in Höhe von:
(35,00 Euro + 18,00 Euro)  x  4  =  212,00 Euro.

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Da das Klageverfahren durch Klagerücknahme beendet wurde, ermäßigt sich die gerichtliche Verfahrensgebühr nach der für das finanzgerichtliche Prozessverfahren maßgebenden Parallelregelung zu Nr. 1221 KV GKG, die sich in Nr. 6111 KV GKG findet, auf 2,0 Gebühren, d.h. auf (212,00 Euro  :  2  =) 106,00 Euro.

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b)  Die Erinnerungsführerin ist auch Kostenschuldnerin der 106,00 Euro.

42

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 GKG schuldet die Gerichtskosten, wer das Verfahren des Rechtszuges beantragt hat. Diese Regelung gilt unmittelbar, ohne dass es einer gerichtlichen Kostenentscheidung bedarf, d.h. die Erinnerungsführerin ist bereits durch die Erhebung der Klage Kostenschuldnerin geworden.

43

Hätte das Gericht im Rahmen des Beschlusses vom 17. September 2017 (Aktenzeichen: 5 K 00/17) ausdrücklich ausgesprochen, dass die Erinnerungsführerin nach § 136 Abs. 5 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, wäre dieser Schuldgrund "nur" zusätzlich zu der Verpflichtung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG hinzugetreten.

44

3.  Für das Erinnerungsverfahren ist eine Kostenentscheidung entbehrlich (§ 66 Abs. 8 GKG)


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