Urteil vom Finanzgericht des Saarlandes - 1 K 25/01

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erzielten im Veranlagungszeitraum 1994 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Zudem waren der Kläger zu 60 % und sein Sohn, R, zu 40 % an der "J T GmbH" mit Sitz in H (T-GmbH) beteiligt. Im Streitjahr übertrug der Kläger seinen Anteil auf R. Der anhängige Rechtsstreit geht um die Frage, ob hierdurch ein Verlust nach § 17 EStG entstanden ist.

Das Stammkapital der T-GmbH, die Transporte im Güternah- und -fernverkehr durchgeführt hat (Bl. 83 ESt 94), betrug 50.000 DM. Durch Vertrag vom 30. Dezember 1986, auf den wegen Einzelheiten Bezug genommen wird, haben der Kläger und R Geschäftsanteile der T-GmbH über 12.500 DM (Kläger) und 25.000 DM (R) von Dritten (W A und H Y) erworben (Bl. 36 ff. ESt 94). R war seitdem - zusammen mit Herrn Y - Geschäftsführer der T-GmbH. Seit 1990 war R Alleingeschäftsführer. Am 9. November 1989 und 24. Februar 1992 hat der Kläger weitere Stammanteile über 5.000 DM (von R) und 12.500 DM (von Herrn Y) erworben (Bl. 45 ESt 94).

Der Verlustvortrag in der Bilanz der T-GmbH zum 31. Dezember 1987 belief sich auf 166.754 DM. Bis zum 31. Dezember 1994 summierten sich die Verluste auf 639.158 DM (Bl. 45 ESt 94; Bl. 24 f.). Der Verlustvortrag der T-GmbH zum 31. Dezember 1994 ist auf 471.635 DM festgestellt worden (KSt 1994). Die Jahresabschlüsse der T-GmbH wiesen u.a. folgende Daten aus (Bilanzheft T-GmbH):

Umsatz Verlust

1987:   1.112.964                 -101.422

1988:   1.290.979                               - 40.329

1989:           1.125.318         - 40.829

1990:               114.381       - 73.874

1991:                51.374       - 16.936

1992:                      0      - 56.251

1993:                     0       - 33.942

1994:                 30.000      - 108.620

Außerordentlicher Ertrag aus Verlustübernahme 609.052

Im August 1990 verbürgte sich der Kläger gegenüber der Volksbank P, der Hausbank der T-GmbH, selbstschuldnerisch bis zu einem Betrag von 320.000 DM für deren Ansprüche gegen die T-GmbH (Bl. 42 EStG 94).

Durch "Geschäftsanteilsveräußerungsvertrag" vom 28. Dezember 1994, auf den wegen Einzelheiten Bezug genommen wird, veräußerte und übertrug der Kläger seine Geschäftsanteile an R (Bl. 58 ff. ESt 94, Bl. 13 ff. Rbh). In derselben Vertragsurkunde wurde die T-GmbH in "I GmbH" umbenannt und der Unternehmensgegenstand dementsprechend geändert (Bl. 17 f. Rbh). Des Weiteren wurde erklärt, dass die Bürgschaft, welche der Kläger im August 1990 für Verbindlichkeiten der T-GmbH gegenüber der Volksbank P übernommen hatte (Bl. 42 EStA), unverändert bestehen bleiben solle (Bl. 47, 60 ESt 94). R war Ende 1994 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der T-GmbH (Bl. 56 EStA). Am 31. Dezember 1994 schrieb der Kläger an die T-GmbH:

"...hiermit bestätige ich Ihnen, dass ich auf die Rückzahlung der Ihnen von mir gewährten Darlehn in Höhe von 248.839 DM unwiderruflich verzichte. Gleichzeitig werde ich die Umschreibung des Darlehns bei der Volksbank P veranlassen."

In der Einkommensteuerklärung 1994 machte der Kläger aus der vorgenannten Übertragung einen Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 EStG i.H.v. 501.880,67 DM geltend, den er wie folgt berechnete (Bl. 115 ESt 94):

Veräußerungspreis                                      0,00

Anschaffungskosten

- aus Erwerben 81.590,30

- aus nachträglicher Inanspruchnahme

o wegen Bürgschaft 171.451,37

o wegen Darlehen 248.839,00              501.880,67

Verlust                                          501.880,67

Bei Durchführung der Veranlagung erkannte der Beklagte diesen Verlust nicht an, weil es sich nicht um ein entgeltliches Übertragungsgeschäft i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG gehandelt habe (Bl. 124 EStG 94) und erließ am 30. Dezember 1998 einen dementsprechenden Einkommensteuerbescheid 1994. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 2. Februar 1999 Einspruch ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 18. Dezember 2000 als unbegründet zurückwies.

Am 15. Januar 2001 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen (Bl. 77),

unter Änderung des Bescheides vom 30. Dezember 1998 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2000, die Einkommensteuer 1994 unter Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 17 Abs. 1 EStG i.H.v. 501.880,67 DM auf 0 DM festzusetzen.

Der Kläger habe die Anteile erworben, um die von der T-GmbH gehaltenen Transportgenehmigungen für den Güternah- und -fernverkehr nutzen zu können. Durch die Umsetzung der entsprechenden EG-Richtlinien sei der Wert dieser Konzessionen hinfällig geworden (Bl. 24). Nach der Trennung von dem Disponenten, Herrn Y, im Jahre 1990 sei ein extremer Umsatzrückgang eingetreten, von dem sich die T-GmbH bis Ende 1994 nicht erholt habe. Das Anlagevermögen habe keine nennenswerten stillen Reserven enthalten (Bl. 24 f.). Zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung sei die T-GmbH schon über ein Jahr untätig gewesen (Bl. 27). Die T-GmbH habe 1993 und 1994 keine Geschäfte mehr abgewickelt (Bl. 46).

R habe 1994 einen Altgummiverwertungsbetrieb als Einzelunternehmen betrieben. Eine sich abzeichnende Partnerschaft mit einem Tochterunternehmen der X AG, H, habe ihn veranlasst, die Anteile des Klägers am Stammkapital der T-GmbH zu übernehmen. Voraussetzung dafür sei gewesen, dass der Kläger die Gesellschaft von allen Verbindlichkeiten freigestellt habe (Bl. 25).

Mit Schreiben vom 30. Dezember 1994 habe der Kläger auf die Rückzahlung seiner Darlehensforderungen gegenüber der T-GmbH verzichtet und sich verpflichtet, die Verbindlichkeiten der T-GmbH gegenüber der Volksbank P zu übernehmen. Aus dieser Bürgschaft sei der Kläger über 171.451,37 DM in Anspruch genommen worden (Bl. 13).

Die am 15. Dezember 1995 erstellte Bilanz der T-GmbH weise zum 31. Dezember 1994 ein buchmäßiges Eigenkapital i.H.v. 19.713,95 DM aus (Bl. 94 ff. EStA). Eine Mietforderung der P GmbH i.H.v. 27.000 DM sei nicht passiviert worden, da zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung festgestanden habe, dass diese Verbindlichkeit nicht beglichen würde (Bl. 25 f.). Im Zusammenhang mit der Kündigung vom 20. Dezember 1995 und der Neuordnung des Mietverhältnisses seien die Verbindlichkeiten entfallen (Bl. 46).

Die Anteilsübertragung entspreche dem unter Fremden Üblichen, da die Anteile an der T-GmbH zum Veräußerungszeitpunkt wertlos gewesen seien. Ein Fremder hätte in dieser Situation keine Anteile der Gesellschaft übernommen, geschweige denn etwas für diese bezahlt (Bl. 30 Rbh). Das Erstellen einer Bilanz oder einer Gewinn- und Verlustrechnung zum Zeitpunkt der Übertragung sei nicht erforderlich gewesen, da sowohl dem Übertragenden als auch dem Übernehmer die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft bekannt gewesen seien (Bl. 27, 46). Auch Fremde hätten in gleicher Situation (als Gesellschafter bzw. Geschäftsführer) das Vermögen der Gesellschaft (wenn auch nur überschlägig) ermitteln können (Bl. 27, 46). Eine Überentschuldung der Gesellschaft, die durch den Wegfall der Mietverbindlichkeit 1995 eingetreten sei, sei kein Nachweis dafür, dass die internen Kenntnisse keine Gewähr für die Ermittlung des Anteilswertes geboten hätten (Bl. 46).

Eine Bereicherung des R und eine mögliche (buchmäßige) Überentschuldung der Gesellschaft seien nicht beabsichtigt gewesen (Bl. 27). Die Übertragung der Geschäftsanteile habe auch nicht bezweckt, R eine Existenzgrundlage zu schaffen, da dieser bereits seit nahezu zehn Jahren in einer anderen Branche tätig gewesen sei und sich ein eigenes Unternehmen aufgebaut habe, das er mit neuen Partnern in einer anderen Gesellschaft hätte fortsetzen können (Bl. 27, 47). Für den Kläger habe die Vermeidung des Konkurses der T-GmbH im Vordergrund gestanden. Er habe zum damaligen Zeitpunkt in Verhandlungen mit finanzierenden Banken gestanden und habe seine ohnehin schon angespannte Vermögenssituation nicht mit einer weiteren Insolvenz strapazieren wollen (Bl. 47).

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Übertragung der Gesellschaftsanteile entspreche nicht dem unter fremden Personen Üblichen. Die Anteile seien wegen der Überschuldung der T-GmbH zwar zunächst wertlos gewesen; durch die vollständige Übernahme der Bankverbindlichkeiten und des Verzichts auf die hingegebenen Darlehen sei aber eine Werthaltigkeit eingetreten. (Bl. 37). Fremde Dritte hätten sich bei dem Erwerb von Geschäftsanteilen einen Überblick über die finanzielle Situation des Unternehmens verschafft und den Wert der Anteile nach objektiven Merkmalen, ggf. durch ein Wertgutachten ermittelt. Sie hätten grundsätzlich auf der Vorlage einer Bilanz auf den Tag der Anteilsübernahme, zumindest aber auf die Vorlage eines Vermögensstatus bestanden, in dem auch die latent drohenden Zahlungsverpflichtungen zu berücksichtigen gewesen wären. Die ungewollte Überentschuldung der Gesellschaft zeige, dass eine exakte Wertermittlung trotz interner Kenntnisse nicht möglich gewesen sei (Bl. 38 f., 51).

Darüber hinaus sei die Zuführung neuen Kapitals in eine überschuldete Gesellschaft unter gleichzeitiger Verpflichtung zur unentgeltlichen Übertragung der Geschäftsanteile nur verständlich, weil der Kläger die Existenzgrundlage seines Sohnes habe sichern wollen (Bl.39).

R habe zwar bereits ein Einzelunternehmen gegründet. Die Beteiligten hätten sich jedoch durch die Zuführung von Fremdkapital eine Stärkung am Markt versprochen. Da die Investoren den Erwerb von Geschäftsteilen ihrerseits von der Entschuldung des Unternehmens abhängig gemacht hätten, erscheine es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass der Kläger durch die Übertragung seiner Beteiligung die Existenzgrundlage des Sohnes habe sichern wollen und daher die Geschäftsanteile nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern unentgeltlich übertragen habe (Bl. 39, 52).

Die Einlassung der Kläger, dass die Entschuldung der Gesellschaft ein Insolvenzverfahren habe abwenden sollen, sei nicht schlüssig. Zur Vermeidung des Insolvenzrisikos hätte es lediglich der Erfüllung der Mietforderungen bedurft. Ein Insolvenzantrag durch die Bank sei nicht zu erwarten gewesen, da deren Forderungen durch eine Bürgschaft des Klägers gesichert gewesen seien (Bl. 52).

Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten am 3. Mai 2005 eingehend erörtert worden. Im Anschluss an die Erörterung haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Auf das Protokoll des Erörterungstermins wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten und - betreffend die T-GmbH und R - die Steuerakten der Finanzämter S und D verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Es liegt keine Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG vor.

1. Rechtliche Grundlagen

a.   Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15 bis 17 EStG unterliegen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen aus einer Kapitalgesellschaft zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich - d.h. zu mehr als einem Viertel (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG) - beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 % des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Entsprechendes gilt für einen Veräußerungsverlust. "Veräußerungsgewinn" (oder -verlust) i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.

"Veräußerung" i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG ist die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer Beteiligung auf einen anderen Rechtsträger gegen Entgelt (z.B. BFH vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BStBl. II 1989, 271; vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94, BStBl. II 1997, 727). Eine Veräußerung "gegen Entgelt" liegt vor, wenn das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen von einer Person auf eine andere aufgrund schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts übertragen wird, bei dem Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen werden. Werden wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen Fremden übertragen, so liegt hierin i.d.R. eine Veräußerung, weil eine Entgeltsvereinbarung nur sinnvoll ist, wenn Vermögenswerte übertragen werden. Ausschlaggebend ist der Wille und die Vorstellung der Parteien, wie sie nach den Feststellungen des FG in Erscheinung getreten sind (BFH vom 15. März 1991 VIII R 163/86, BStBl. II 1991, 630; vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl. II 1993, 34; vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158; vom 1. August 1996, VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215). Voraussetzung ist, dass der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung ausschließlich in der Wertlosigkeit der übertragenen Anteile liegt und Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Zuwendung nicht vorliegen (FG Karlsruhe vom 28. November 2003 2 K 148/99, EFG 2005, 105). Die Feststellung der Wertlosigkeit eines Anteils ist eine Schlussfolgerung aus Tatsachen, die das FG als Tatsacheninstanz in jedem Einzelfall festzustellen hat. Bei der Frage, wie die festgestellten Tatsachen unter dem rechtlichen Gesichtspunkt "Wertlosigkeit des Anteils" zu würdigen sind, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. (BFH vom 30. November 1994 VIII B 28/94, BFH/NV 1995, 386). Zur Überprüfung des Wertes des übertragenen Anteils kommt auch das sogenannte Stuttgarter Verfahren in Betracht (FG Karlsruhe a.a.O.; FG Köln vom 19. Juni 1997 7 K 5623/90, EFG 1997, 1508).

b.   Wird ein Veräußerungsverlust nach § 17 EStG aufgrund eines Vertrages unter nahen Angehörigen geltend gemacht, so ist auch auf diesen Vertrag die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den Angehörigenverträgen anwendbar. Hiernach ist bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen von einer Veranlassung durch die Einkunftserzielung grundsätzlich nur auszugehen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die inhaltliche Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen kann nur diese, auf äußerlich erkennbare Beweisanzeichen gestützte Beurteilung sicherstellen, dass die Vertragsbeziehungen tatsächlich im Bereich der Einkunftserzielung und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Ob im Einzelfall ein Vertrag zwischen Angehörigen dem Fremdvergleich standhält, richtet sich nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen Beweisanzeichen ein unterschiedliches Gewicht beigemessen werden; nicht jede geringfügige Abweichung vom Üblichen schließt ohne weiteres die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbildbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine nicht ernstliche Vereinbarung - hier: Veräußerung zum Preise von 0 DM - zulassen (s. z.B. BFH v. 9. Oktober 2001 VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334 mit zahlreichen w.N.).

2. Anwendung im Streitfall

Unter Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze kommt der Senat zu der Überzeugung, dass im Streitfall keine entgeltliche Veräußerung, sondern eine unentgeltliche Veräußerung der Anteile des Klägers auf seinen Sohn R vorliegt.

Zwar spricht der Wortlaut des Vertrages vom 28. Dezember 1994 ("Veräußerer", "Erwerber", "Geschäftsanteilsveräußerungsvertrag" u.ä.) für einen entgeltliche Vorgang. Es könnte auch bei einer Gesamtbetrachtung der Vertragsregelungen der Wille der Beteiligten erkannt werden, die Anteile zum Werte von 0 DM zu übertragen. Denn die Anteile waren aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens, die sich in ihren Betriebsergebnissen seit 1987 widerspiegelt, im Dezember 1994 zweifelsfrei wertlos und die T-GmbH war erheblich überschuldet. Die Regelungen des Vertrages enthalten keine Zahlungsverpflichtung des Erwerbers, sondern Absprachen, die darauf abzielten, die Überschuldung der T-GmbH zu beseitigen.

Hierbei sind die Beteiligten aber - wie der Beklagte im Ergebnis zu Recht anmerkt - nicht in der Weise vorgegangen, wie dies unter fremden Dritten üblich gewesen wäre. Es ist kein Vermögensstatus erstellt worden, aus dem die exakte Vermögenslage der T-GmbH zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung erkennbar wäre. Es sind auch keine Absprachen über verbleibende Risiken (z.B. Steuernachzahlungen aus einer Betriebsprüfung die Vorjahre betreffend) und die verdeckten Werte der T-GmbH getroffen worden. Zu diesen verbliebenen Werten der T-GmbH gehört nach Auffassung des Senats insbesondere auch der Verlustvortrag i.H.v. 471.635 DM, den das Finanzamt S für die T-GmbH (zu diesem Zeitpunkt: "A-GmbH") am 18. August 1998 zum 31. Dezember 1994 festgestellt hat. Verlustvorträge dieser Art sind seit jeher Handelsobjekt gewesen und nach Überzeugung des Senats ist hierin der eigentliche Grund für die "Revitalisierung" der T-GmbH zur weiteren Nutzung durch das Unternehmen des R zu sehen. Dies gilt um so mehr, als R sein Einzelunternehmen - wie der Kläger selbst vorträgt - ansonsten mit dem neuen Partner auch im Rechtsmantel einer neuen GmbH hätte betreiben können. R hat zudem ein zumindest vergleichbares Unternehmen bis zum 19. Oktober 1994 in der "AB GmbH" betrieben (s. EStA 93 des R).

In das Bild einer unentgeltlichen Anteilsübertragung passt es zudem, dass der Kläger und R ihre Beteiligungen untereinander seit jeher wirtschaftlich nicht gegeneinander abgegrenzt haben, wie dies unter fremden Dritten selbstverständlich gewesen wäre: Im Erörterungstermin konnte weder geklärt werden, weshalb der Kläger bei der Anschaffung der Anteile durch Vertrag vom 30. Dezember 1986 von den 150.000 DM, die von den Erwerbern (der Kläger und R) gesamtschuldnerisch zu tragen waren, 80.000 DM getragen haben will, obwohl er damals lediglich einen Geschäftsanteil i.H.v. 12.500 DM (R dagegen: 25.000 DM) erworben hatte. Ebenso blieb ungeklärt, weshalb nur der Kläger entsprechende Darlehen gegeben und nur der Kläger eine Bürgschaft übernommen hatte, obwohl auch R - soweit ersichtlich - hierzu in der Lage gewesen wäre. Dies alles zeigt, dass weder durch den streitigen Vertrag, noch in der Zeit davor, zwischen dem Kläger und R Abrechnungen stattgefunden haben, die kaufmännischen Gepflogenheiten entsprechen. Deshalb ist auch die streitige Vereinbarung vor allem nur aus dem nahen Verwandtschaftsverhältnis der Vertragspartner und weniger aus den wirtschaftlichen Gegebenheiten heraus nachvollziehbar, so dass insgesamt von einer unentgeltlichen, schenkweisen Anteilsübertragung auszugehen ist.

3.   Die Klage war nach alledem als unbegründet abzuweisen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern gemäß § 135 Abs. 1 FGO auferlegt.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Es liegt keine Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG vor.

1. Rechtliche Grundlagen

a.   Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15 bis 17 EStG unterliegen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen aus einer Kapitalgesellschaft zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich - d.h. zu mehr als einem Viertel (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG) - beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 % des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Entsprechendes gilt für einen Veräußerungsverlust. "Veräußerungsgewinn" (oder -verlust) i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.

"Veräußerung" i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG ist die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer Beteiligung auf einen anderen Rechtsträger gegen Entgelt (z.B. BFH vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BStBl. II 1989, 271; vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94, BStBl. II 1997, 727). Eine Veräußerung "gegen Entgelt" liegt vor, wenn das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen von einer Person auf eine andere aufgrund schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts übertragen wird, bei dem Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen werden. Werden wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen Fremden übertragen, so liegt hierin i.d.R. eine Veräußerung, weil eine Entgeltsvereinbarung nur sinnvoll ist, wenn Vermögenswerte übertragen werden. Ausschlaggebend ist der Wille und die Vorstellung der Parteien, wie sie nach den Feststellungen des FG in Erscheinung getreten sind (BFH vom 15. März 1991 VIII R 163/86, BStBl. II 1991, 630; vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl. II 1993, 34; vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158; vom 1. August 1996, VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215). Voraussetzung ist, dass der Grund für die fehlende Entgeltsvereinbarung ausschließlich in der Wertlosigkeit der übertragenen Anteile liegt und Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Zuwendung nicht vorliegen (FG Karlsruhe vom 28. November 2003 2 K 148/99, EFG 2005, 105). Die Feststellung der Wertlosigkeit eines Anteils ist eine Schlussfolgerung aus Tatsachen, die das FG als Tatsacheninstanz in jedem Einzelfall festzustellen hat. Bei der Frage, wie die festgestellten Tatsachen unter dem rechtlichen Gesichtspunkt "Wertlosigkeit des Anteils" zu würdigen sind, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. (BFH vom 30. November 1994 VIII B 28/94, BFH/NV 1995, 386). Zur Überprüfung des Wertes des übertragenen Anteils kommt auch das sogenannte Stuttgarter Verfahren in Betracht (FG Karlsruhe a.a.O.; FG Köln vom 19. Juni 1997 7 K 5623/90, EFG 1997, 1508).

b.   Wird ein Veräußerungsverlust nach § 17 EStG aufgrund eines Vertrages unter nahen Angehörigen geltend gemacht, so ist auch auf diesen Vertrag die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den Angehörigenverträgen anwendbar. Hiernach ist bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen von einer Veranlassung durch die Einkunftserzielung grundsätzlich nur auszugehen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die inhaltliche Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen kann nur diese, auf äußerlich erkennbare Beweisanzeichen gestützte Beurteilung sicherstellen, dass die Vertragsbeziehungen tatsächlich im Bereich der Einkunftserzielung und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Ob im Einzelfall ein Vertrag zwischen Angehörigen dem Fremdvergleich standhält, richtet sich nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen Beweisanzeichen ein unterschiedliches Gewicht beigemessen werden; nicht jede geringfügige Abweichung vom Üblichen schließt ohne weiteres die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbildbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine nicht ernstliche Vereinbarung - hier: Veräußerung zum Preise von 0 DM - zulassen (s. z.B. BFH v. 9. Oktober 2001 VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334 mit zahlreichen w.N.).

2. Anwendung im Streitfall

Unter Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze kommt der Senat zu der Überzeugung, dass im Streitfall keine entgeltliche Veräußerung, sondern eine unentgeltliche Veräußerung der Anteile des Klägers auf seinen Sohn R vorliegt.

Zwar spricht der Wortlaut des Vertrages vom 28. Dezember 1994 ("Veräußerer", "Erwerber", "Geschäftsanteilsveräußerungsvertrag" u.ä.) für einen entgeltliche Vorgang. Es könnte auch bei einer Gesamtbetrachtung der Vertragsregelungen der Wille der Beteiligten erkannt werden, die Anteile zum Werte von 0 DM zu übertragen. Denn die Anteile waren aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens, die sich in ihren Betriebsergebnissen seit 1987 widerspiegelt, im Dezember 1994 zweifelsfrei wertlos und die T-GmbH war erheblich überschuldet. Die Regelungen des Vertrages enthalten keine Zahlungsverpflichtung des Erwerbers, sondern Absprachen, die darauf abzielten, die Überschuldung der T-GmbH zu beseitigen.

Hierbei sind die Beteiligten aber - wie der Beklagte im Ergebnis zu Recht anmerkt - nicht in der Weise vorgegangen, wie dies unter fremden Dritten üblich gewesen wäre. Es ist kein Vermögensstatus erstellt worden, aus dem die exakte Vermögenslage der T-GmbH zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung erkennbar wäre. Es sind auch keine Absprachen über verbleibende Risiken (z.B. Steuernachzahlungen aus einer Betriebsprüfung die Vorjahre betreffend) und die verdeckten Werte der T-GmbH getroffen worden. Zu diesen verbliebenen Werten der T-GmbH gehört nach Auffassung des Senats insbesondere auch der Verlustvortrag i.H.v. 471.635 DM, den das Finanzamt S für die T-GmbH (zu diesem Zeitpunkt: "A-GmbH") am 18. August 1998 zum 31. Dezember 1994 festgestellt hat. Verlustvorträge dieser Art sind seit jeher Handelsobjekt gewesen und nach Überzeugung des Senats ist hierin der eigentliche Grund für die "Revitalisierung" der T-GmbH zur weiteren Nutzung durch das Unternehmen des R zu sehen. Dies gilt um so mehr, als R sein Einzelunternehmen - wie der Kläger selbst vorträgt - ansonsten mit dem neuen Partner auch im Rechtsmantel einer neuen GmbH hätte betreiben können. R hat zudem ein zumindest vergleichbares Unternehmen bis zum 19. Oktober 1994 in der "AB GmbH" betrieben (s. EStA 93 des R).

In das Bild einer unentgeltlichen Anteilsübertragung passt es zudem, dass der Kläger und R ihre Beteiligungen untereinander seit jeher wirtschaftlich nicht gegeneinander abgegrenzt haben, wie dies unter fremden Dritten selbstverständlich gewesen wäre: Im Erörterungstermin konnte weder geklärt werden, weshalb der Kläger bei der Anschaffung der Anteile durch Vertrag vom 30. Dezember 1986 von den 150.000 DM, die von den Erwerbern (der Kläger und R) gesamtschuldnerisch zu tragen waren, 80.000 DM getragen haben will, obwohl er damals lediglich einen Geschäftsanteil i.H.v. 12.500 DM (R dagegen: 25.000 DM) erworben hatte. Ebenso blieb ungeklärt, weshalb nur der Kläger entsprechende Darlehen gegeben und nur der Kläger eine Bürgschaft übernommen hatte, obwohl auch R - soweit ersichtlich - hierzu in der Lage gewesen wäre. Dies alles zeigt, dass weder durch den streitigen Vertrag, noch in der Zeit davor, zwischen dem Kläger und R Abrechnungen stattgefunden haben, die kaufmännischen Gepflogenheiten entsprechen. Deshalb ist auch die streitige Vereinbarung vor allem nur aus dem nahen Verwandtschaftsverhältnis der Vertragspartner und weniger aus den wirtschaftlichen Gegebenheiten heraus nachvollziehbar, so dass insgesamt von einer unentgeltlichen, schenkweisen Anteilsübertragung auszugehen ist.

3.   Die Klage war nach alledem als unbegründet abzuweisen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern gemäß § 135 Abs. 1 FGO auferlegt.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

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