Beschluss vom Finanzgericht des Saarlandes - 1 V 282/05

Tatbestand

I. Die Antragstellerin wurde im Jahre 1996 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet. Gegenstand des Unternehmens sind die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung sowie als Baubetreuer im fremden Namen für fremde Rechnung, die gewerbsmäßige Vermittlung des Abschlusses von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte gewerbliche Räume, Wohnräume und Darlehn, sowie sämtliche damit zusammenhängenden und den Gesellschaftszweck fördernden Geschäfte (Dok, Bl. 3 R). Gesellschafter der Antragstellerin sind S, C und N. S und C sind auch Geschäftsführerinnen der Antragstellerin.

Bei der Antragstellerin fand im Jahre 2004 eine Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 2001 bis 2003 statt. Gegenstand der Prüfung war u.a. eine von der Antragstellerin in der Bilanz zum 31. Dezember 2003 vorgenommene Teilwertabschreibung i.H. von 133.039,92 Euro auf im Umlaufvermögen der Antragstellerin befindliche Grundstücke (BP-Akte, Bl. 54 R). Laut Tz. 3.1. des BP-Berichtes vom 25. April 2005 hatte die Antragstellerin im Februar 1999 vier Grundstücke der Gemeinde B (Gesamtfläche: 4.068 qm) erworben. Es handelte sich Bauerwartungsland im zukünftigen Neubaugebiet "A". Zum Zeitpunkt des Erwerbs hatte die Antragstellerin von der Gemeinde B die Auskunft erhalten, innerhalb von zwei bis drei Jahren sei mit der Vorlage eines Bebauungsplanes zu rechnen. Die Anschaffungskosten der Grundstücke betrugen 194.059,92 Euro (Bil, Bl. 85). Die Antragstellerin stützte ihre Teilwertabschreibung auf eine Auskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte des Landkreises S vom 26. November 2003, wonach die Grundstücke einen Wert von 15 Euro je qm besäßen. Im September 2004 erfolgte das Planfeststellungsverfahren für das erwähnte Neubaugebiet.

Nach Auffassung des Prüfers fehlte es an den Voraussetzungen für die Vornahme einer Teilwertabschreibung, da eine dauerhafte Wertminderung nicht vorgelegen habe.

Der Antragsgegner schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 23. August 2005 einen Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2003. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 21. September 2005 Einspruch ein (Bl. 9). Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

Zeitgleich beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung (Bl. 10). Am 26. September 2005 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag ab (Bl. 12).

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 beantragte die Antragstellerin sinngemäß (Bl. 2.),

den Körperschaftsteuerbescheid vom 23. August 2005 insoweit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung auszusetzen, als eine Teilwertabschreibung i.H. von 133.039,92 Euro nicht anerkannt worden ist.

Die Antragstellerin macht unter Hinweis auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten (Bl. 15 ff.) des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater e.V. geltend (Bl. 2 ff.), die streitige Teilwertabschreibung sei aufgrund einer dauerhaften Wertminderung gerechtfertigt.

Der Antragsgegner beantragt (Bl. 44),

den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.

Der Antragsgegner verweist auf die Weigerung der Antragstellerin, eine Wertermittlung auf den Anschaffungszeitpunkt (1999) vorzunehmen. Der Antragsgegner bestreitet das Vorliegen einer dauerhaften Wertminderung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO zulässig; er ist jedoch nicht begründet.

1. Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Steuerbescheides dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, d.h. ein Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als ein Misserfolg (BFH - Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533; vom 28. November 1974 V B 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Steuerpflichtigen Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut zumachen sind, oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre. Der Steuerpflichtige muss substantiiert darlegen, dass diese Voraussetzungen in seinem Fall erfüllt sind. Im Streitfall ist dies nicht geschehen.

2. Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Körperschaftsteuerbescheides 2003, soweit dieser die Voraussetzungen für die Vornahme einer Teilwertabschreibung verneint.

2.1. Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 8 Abs.1 KStG i.V.m. § 5 Abs.1 EStG hat die bücherführende Antragstellerin ihren Gewinn nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermitteln. Die Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter richtet sich für die Steuerbilanz gemäß § 5 Abs.6 EStG nach den steuerrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 6 Abs.1 Nr.2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Umlagevermögens mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Nur soweit der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger zu bemessen ist, kann dieser angesetzt werden.

Teilwert ist nach der Legaldefinition in § 6 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. In Ausfüllung dieser Teilwertdefinition ist bei der Bewertung von Umlaufvermögen grundsätzlich davon auszugehen, dass der Teilwert den Wiederbeschaffungskosten entspricht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. November 1994 I R 68/92, BStBl II 1995, 336 m.w.N.).

2.2. Anwendung im Streitfall

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Betrachtung ist die Entscheidung des Antragsgegners, eine Teilwertabschreibung nicht zuzulassen, nicht zu beanstanden. Denn offenkundig liegt eine dauernde Wertminderung hinsichtlich der vier Grundstücke der Antragstellerin nicht vor.

Diese hat die Immobilien im Jahre 1999 zum Zwecke der Weiterveräußerung erworben. Sie hat dabei offensichtlich einen Preis entrichtet (rd. 47 Euro/qm), der nicht unerheblich über dem damaligen Bodenrichtwert lag. Hiervon geht der Senat aus, nachdem der Gutachterausschuss am 26. November 2003 erklärt hat, der Bodenrichtwert zu diesem Zeitpunkt betrage 15 Euro/qm (Bl. 2). Es nicht erkennbar und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen, dass der entsprechende Bodenrichtwert im Anschaffungszeitpunkt über diesem Betrag lag. Der von der Antragstellerin gezahlte Betrag beinhaltete mithin einen hohen spekulativen Anteil, auch was die Realisierung der Pläne hinsichtlich der Aufstellung eines Bebauungsplanes betrifft. Die Antragstellerin konnte angesichts der Unverbindlichkeit der gemeindlichen Aussage, in den "nächsten zwei bis drei Jahren" (Bl. 30) sei mit einer Erschließung zu rechnen, nicht unbedingt darauf bauen, dass sich diese Erwartung tatsächlich und dann auch noch in dieser Zeitspanne realisieren lassen würde. Zudem kann von einer dauernden Wertminderung dann generell nicht gesprochen werden, wenn sich die Erwartung -wenn auch mit zeitlicher Verzögerung- schließlich doch erfüllt hat, wie dies im Streitfall infolge des im September 2004 erfolgten Aufstellungsbeschlusses geschehen ist. Eine insgesamt unwesentliche Verzögerung einer keineswegs gesicherten Planung führt nach Auffassung des Senats nicht zur Annahme einer "dauernden Wertminderung".

Demzufolge geht der Senat bei summarischer Betrachtung davon aus, dass eine Teilwertabschreibung nicht gerechtfertigt war.

3. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war somit als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 FGO). Zur Zulassung der Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

Gründe

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO zulässig; er ist jedoch nicht begründet.

1. Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 FGO).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat bisher immer angeschlossen hat, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Steuerbescheides dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, d.h. ein Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als ein Misserfolg (BFH - Beschlüsse vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl. III 1967, 533; vom 28. November 1974 V B 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Steuerpflichtigen Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut zumachen sind, oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre. Der Steuerpflichtige muss substantiiert darlegen, dass diese Voraussetzungen in seinem Fall erfüllt sind. Im Streitfall ist dies nicht geschehen.

2. Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Körperschaftsteuerbescheides 2003, soweit dieser die Voraussetzungen für die Vornahme einer Teilwertabschreibung verneint.

2.1. Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 8 Abs.1 KStG i.V.m. § 5 Abs.1 EStG hat die bücherführende Antragstellerin ihren Gewinn nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermitteln. Die Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter richtet sich für die Steuerbilanz gemäß § 5 Abs.6 EStG nach den steuerrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 6 Abs.1 Nr.2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Umlagevermögens mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Nur soweit der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger zu bemessen ist, kann dieser angesetzt werden.

Teilwert ist nach der Legaldefinition in § 6 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. In Ausfüllung dieser Teilwertdefinition ist bei der Bewertung von Umlaufvermögen grundsätzlich davon auszugehen, dass der Teilwert den Wiederbeschaffungskosten entspricht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. November 1994 I R 68/92, BStBl II 1995, 336 m.w.N.).

2.2. Anwendung im Streitfall

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Betrachtung ist die Entscheidung des Antragsgegners, eine Teilwertabschreibung nicht zuzulassen, nicht zu beanstanden. Denn offenkundig liegt eine dauernde Wertminderung hinsichtlich der vier Grundstücke der Antragstellerin nicht vor.

Diese hat die Immobilien im Jahre 1999 zum Zwecke der Weiterveräußerung erworben. Sie hat dabei offensichtlich einen Preis entrichtet (rd. 47 Euro/qm), der nicht unerheblich über dem damaligen Bodenrichtwert lag. Hiervon geht der Senat aus, nachdem der Gutachterausschuss am 26. November 2003 erklärt hat, der Bodenrichtwert zu diesem Zeitpunkt betrage 15 Euro/qm (Bl. 2). Es nicht erkennbar und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen, dass der entsprechende Bodenrichtwert im Anschaffungszeitpunkt über diesem Betrag lag. Der von der Antragstellerin gezahlte Betrag beinhaltete mithin einen hohen spekulativen Anteil, auch was die Realisierung der Pläne hinsichtlich der Aufstellung eines Bebauungsplanes betrifft. Die Antragstellerin konnte angesichts der Unverbindlichkeit der gemeindlichen Aussage, in den "nächsten zwei bis drei Jahren" (Bl. 30) sei mit einer Erschließung zu rechnen, nicht unbedingt darauf bauen, dass sich diese Erwartung tatsächlich und dann auch noch in dieser Zeitspanne realisieren lassen würde. Zudem kann von einer dauernden Wertminderung dann generell nicht gesprochen werden, wenn sich die Erwartung -wenn auch mit zeitlicher Verzögerung- schließlich doch erfüllt hat, wie dies im Streitfall infolge des im September 2004 erfolgten Aufstellungsbeschlusses geschehen ist. Eine insgesamt unwesentliche Verzögerung einer keineswegs gesicherten Planung führt nach Auffassung des Senats nicht zur Annahme einer "dauernden Wertminderung".

Demzufolge geht der Senat bei summarischer Betrachtung davon aus, dass eine Teilwertabschreibung nicht gerechtfertigt war.

3. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war somit als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 FGO). Zur Zulassung der Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

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